smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 05/2023
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Sanierung & Energie<br />
<strong>smartLiving</strong>.<br />
ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />
UMWELTAMT DER STADT/ENERGIEBERATUNGSZENTRUM/BW-BANK STUTTGART<br />
3. ZUKUNFTSFORUM AM KLEINEN SCHLOSSPLATZ:<br />
IMMOBILIE FIT FÜR DIE ENERGIEWENDE?<br />
Die Landeshauptstadt <strong>Stuttgart</strong> möchte bis 2035 klimaneutral<br />
sein. Einen erheblichen Anteil der Treibhausgasemissionen,<br />
die für den heutigen Klimawandel verantwortlich sind,<br />
gehen auf den Gebäudesektor zurück, insbesondere auf den<br />
täglichen Energieverbrauch. Kein anderer Sektor steuert so<br />
viel zur CO 2<br />
-Gesamtbilanz bei. Damit ist der Gebäudesektor<br />
auch in <strong>Stuttgart</strong> ein wichtiger Hebel bei der Energiewende.<br />
„In unserer kommunalen Wärmeplanung geht es zum einen<br />
um die Versorgung mit klimaneutraler Wärme und die energetische<br />
Sanierung der Gebäude sowie zum anderen um eine<br />
Orientierung für alle <strong>Stuttgart</strong>erinnen und <strong>Stuttgart</strong>er, wo in<br />
der Stadt neue Wärmenetze entstehen sollen“, sagt Jürgen<br />
Görres, Leiter der Energieabteilung im Amt für Umweltschutz<br />
der Landeshauptstadt <strong>Stuttgart</strong>. Damit knüpft die Stadt an das<br />
Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom 8. September <strong>2023</strong> an, das<br />
den Rahmen für Immobilienbesitzer und Kommunen festgelegt.<br />
In der Umsetzung übernehmen auch Banken eine wichtige<br />
Rolle – sowohl bei der Finanzierungsstrategie von Sanierungen<br />
als auch bei Neubauten.<br />
Das 3. Zukunftsforum Ende September in der BW-Bank am<br />
Kleinen Schlossplatz kam genau zum richtigen Zeitpunkt,<br />
denn trotz der Gesetzeslage waren Fragen offengeblieben. Die<br />
drei Kooperationspartner Landeshauptstadt <strong>Stuttgart</strong>, Energieberatungszentrum<br />
<strong>Stuttgart</strong> e.V. (EBZ) und BW-Bank hatten<br />
beim Zukunftsforum alle wichtigen Akteure zusammengebracht<br />
– von Gebäude- oder Wohnungsbesitzern, Immobilienverwaltern,<br />
Spezialisten in Sachen Förderprogramme bis<br />
hin zu Vertretern der Baubranche und des Handwerks.<br />
INTERESSE AN ENERGETISCHER<br />
GEBÄUDESANIERUNG UNGEBROCHEN<br />
Was mache ich mit meiner bestehenden Gasheizung?<br />
Wie muss ich die Randbedingungen des GEG interpretieren?<br />
Unter welchen Bedingungen kann eine Wärmepumpe in Bestandsgebäuden<br />
eingesetzt werden? Wie steht es um den<br />
Ausbau der kommunalen Netze? „Das 3. Zukunftsforum hat<br />
gezeigt, dass das Interesse an nachhaltigen Lösungen und<br />
energetischer Gebäudesanierung in der Region groß ist. Aber<br />
es herrscht aktuell Verunsicherung – sowohl seitens der Immobilienbesitzer<br />
und Investoren als auch seitens des Handwerks“,<br />
meint Gastgeber Johannes Koch, Abteilungsleiter<br />
Immobilienfinanzierung bei der BW-Bank.<br />
Entsprechend intensiv war der Austausch an Messeständen<br />
und in den Fragerunden mit den Referenten. „Bei der Auswahl<br />
der Redner ging es uns darum, die Herausforderungen<br />
der Energiewende aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten“,<br />
sagt Ulrich König, Geschäftsführer beim EBZ. „In<br />
Vorträgen wurden rechtliche Fragen zum neuen GEG geklärt<br />
und Einblicke in deren Umsetzung in <strong>Stuttgart</strong> gegeben.“<br />
EBZ: WÄRMEPLANUNG ELEMENTARER BAUSTEIN<br />
Der Großteil der genutzten Energie in den Haushalten wird in<br />
Form von Wärme verbraucht. Diese kann durch eine gute<br />
Dämmung der Gebäudehülle reduziert werden. Die Wärmeplanung<br />
und damit der Faktor „Heizen einer Immobilie“<br />
nimmt eine zentrale Bedeutung bei der Energiewende in<br />
<strong>Stuttgart</strong> ein. Egal ob der Austausch einer fossilen Heizung<br />
oder die Reparatur einer Altanlage anstehen: Die Übergangszeiten<br />
sollten genutzt werden, um später problemlos Wärme<br />
aus erneuerbaren Energien nutzen zu können. „Im Dezember<br />
werden die Eignungsgebiete für Wärmenetze in <strong>Stuttgart</strong> beschlossen.<br />
Damit werden Hausbesitzer Klarheit bekommen,<br />
ob sie zukünftig Wärme aus einem Netz bekommen können<br />
oder ob sie weiterhin eine Einzellösung benötigen – zum Beispiel<br />
mit einer elektrischen Wärmepumpe“, erklärt König.<br />
Heizen auf Basis von Wasserstoff wird von Fachleuten eher<br />
kritisch betrachtet. Schließlich wird bezahlbarer Wasserstoff<br />
in den kommenden Jahren dringend in der Industrie und von<br />
anderen Großverbrauchern benötigt. Auch wird die Zahl der<br />
Gasabnehmer zurückgehen und damit die Netzgebühr für die<br />
verbliebenen Nutzer steigen.<br />
„Die gute Nachricht ist: Die meisten Gebäude eignen sich für<br />
die Wärmepumpe“, sagt König. „Für den guten Betrieb einer<br />
Wärmepumpe sind niedrige Vorlauftemperaturen wichtig.<br />
Und die können mit neuen Heizkörpern erreicht werden. Mit<br />
einer eigenen Photovoltaik-Anlage könnte ein Teil des Antriebsstroms<br />
für die Wärmepumpe sogar selbst produziert<br />
werden.“ Ein anderer Ansatz für niedrige Vorlauftemperaturen<br />
ist ein Wärmepumpenkonzept mit einer Deckenheizung.<br />
Diese Idee erprobt das EBZ gemeinsam mit Handwerkern im<br />
<strong>Stuttgart</strong>er Sanierungsstandard an einer Einzelwohnung in<br />
einem Mehrfamilienhaus. Idee ist, das Modell später dort zu<br />
skalieren, wo kein Anschluss an ein Wärmenetz möglich ist<br />
oder die Zentralisierung der Heizung bei den Besitzern keine<br />
Mehrheit findet.<br />
GROSSER STELLENWERT DER WOHNGEBÄUDE<br />
BEI KLIMASCHUTZBEMÜHUNGEN DER STADT<br />
80 Prozent aller <strong>Stuttgart</strong>er Wohngebäude wurden vor 1978<br />
errichtet. 55 Prozent der Heizungen sind älter als 15 Jahre.<br />
„Naturgemäß stehen wir also vor einer Welle zahlreicher<br />
energetischer Sanierungen, für die wir jetzt die richtigen Anreize<br />
setzen müssen“, erklärt Görres: „Nie hatte Klimaschutz<br />
einen höheren Stellenwert als heute in der Gesellschaft. Wir<br />
müssen die Schlagzahl bei unseren klimaschonenden Maßnahmen<br />
in allen Bereichen deutlich erhöhen – bei Mobilität,<br />
bei öffentlichen Gebäuden, bei Wohnungen und bei Häusern.<br />
Um unsere ambitionierten Klimaschutzziele erreichen zu<br />
können, sind wir allerdings in großem Maße auf die Mithilfe<br />
der Gebäudeeigentümer angewiesen. Die Sanierungen bei<br />
den <strong>Stuttgart</strong>er Haushalten ist unerlässlich für das Gelingen<br />
der Energiewende. Aber wir lassen die <strong>Stuttgart</strong>erinnen und<br />
<strong>Stuttgart</strong>er nicht allein: Wir unterstützen dabei mit Beratungen<br />
und einer Vielzahl von städtischen Förderprogrammen<br />
im Bereich energetische Sanierung.“<br />
BW-BANK BEGLEITET DURCH DSCHUNGEL<br />
DER FÖRDERMÖGLICHKEITEN<br />
Gemeinsam mit der Landeshauptstadt <strong>Stuttgart</strong> arbeitet die<br />
BW-Bank fortlaufend an innovativen Lösungsansätzen auf regionaler<br />
und kommunaler Ebene. „Wir wollen die <strong>Stuttgart</strong>er<br />
Bevölkerung dabei unterstützen, möglichst viele energetische<br />
Modernisierungsvorhaben zu verwirklichen“, erklärt Koch.<br />
„Finanzierung bedeutet aber nicht nur Eigenkapital, Bausparvertrag<br />
und Kreditvergabe. Die Förderlandschaft von Bund,<br />
Ländern und Kommunen bietet viele Chancen – sei es als Zuschüsse,<br />
sei es als günstige Förderdarlehen.“ Allerdings ist es<br />
für Laien nicht leicht zu durchdringen, welche Finanzierungsbausteine<br />
für ihn optimal sind. „Hierfür braucht es neben<br />
dem Sanierungsfahrplan ein schlüssiges Finanzierungskonzept,<br />
in dem öffentliche Zuschüsse oder Darlehen ausgeschöpft<br />
werden und zum Beispiel Zinsen gesichert werden.<br />
Dabei unterstützen wir gerne. Denn je mehr Menschen ihre<br />
Häuser und Wohnungen klimafreundlich sanieren, desto<br />
mehr Energie und damit CO 2<br />
sparen wir auch in der Gemeinschaft<br />
ein.“<br />
Energetisches Sanieren ist für unsere Zukunft wegweisend<br />
und unerlässlich – so die Quintessenz des Zukunftsforums.<br />
Das haben die drei Partner schon vor zehn Jahren erkannt. Ihr<br />
erstes gemeinsames Forum richtete sich damals noch gezielt<br />
an Wohnungseigentümergemeinschaften. Mittlerweile ist das<br />
Thema in der Gesellschaft angekommen. Viele Immobilienbesitzer<br />
aber weiterhin auch Verwalter von Wohngebäuden<br />
befassen sich mit Wärmepumpen oder Photovoltaik, für deren<br />
Finanzierung sie teilweise staatliche Förderungen nutzen<br />
können.<br />
KLIMAFREUNDLICH – FÜR MEHR ATTRAKTIVITÄT<br />
„Doch den Pioniergeist von damals gilt es auch heute wieder<br />
hervorzuholen“, betont Gastgeber Johannes Koch. „Wir sollten<br />
nicht auf gesetzlichen Druck warten, sondern ökonomisch<br />
und ökologisch sinnvolle Entscheidungen treffen. Hierfür haben<br />
wir die Expertise der verschiedenen Disziplinen gebündelt.<br />
Über das EBZ-Netzwerk, das Amt für Umweltschutz und<br />
die Filialen der BW-Bank können wir viele Anlaufpunkte in<br />
der Stadt bieten“, ergänzt Koch. „Aus meiner Sicht hat die<br />
energetische Transformation von Immobilien absolute Priorität.<br />
Denn sanierte Gebäude bieten nicht nur einen höheren<br />
Wohnwert an sich, sondern jedes einzelne klimafreundliche<br />
Gebäude trägt durch die CO 2<br />
-Reduktion zu einem höheren<br />
Lebenswert in der Stadt bei – und steigert damit auch die Attraktivität<br />
<strong>Stuttgart</strong>s gegenüber anderen Städten.“<br />
ENERGIEBERATUNGSZENTRUM STUTTGART E.V. (EBZ)<br />
Das Energieberatungszentrum <strong>Stuttgart</strong> e.V. (www.ebz-stuttgart.de)<br />
ist die lokale Energieagentur in <strong>Stuttgart</strong>. Das EBZ<br />
wurde 1999 im Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt<br />
<strong>Stuttgart</strong> gegründet mit dem Ziel, die Energieeinsparung in<br />
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Foto: BW-Bank<br />
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