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tassilo - das Magazin rund um Weilheim und die Seen - Ausgabe November/Dezember 2023

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Platz in den bereits vorhandenen<br />

Städten, Gemeinden <strong>und</strong> Weilern<br />

begrenzt war, nicht alle Vertriebenen<br />

untergebracht werden<br />

konnten, war zusätzlicher Wohnra<strong>um</strong><br />

notwendig. Im Zuge dessen<br />

griff <strong>die</strong> damals neugegründete<br />

Landesregierung auf bereits bestehende<br />

Flächennutzungspläne<br />

einer sogenannten „Neubauernsiedlung“<br />

zurück, <strong>die</strong> einst unter<br />

Adolf Hitler für Zweit- <strong>und</strong> Drittsöhne<br />

von Landwirten, <strong>die</strong> den elterlichen<br />

Hof nicht erben konnten,<br />

vorgesehen waren. Kurz<strong>um</strong>: Die in<br />

<strong>Weilheim</strong>s Hochlandhallen ausharrenden<br />

Vertriebenen hatten<br />

unter anderem <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

in Lichtenau ihr eigenes Zuhause<br />

zu bauen. Wobei Größe, Art <strong>und</strong><br />

Menge der Gebäude klar von der<br />

Landesregierung vorgegeben waren.<br />

„Es gab drei verschiedene<br />

Bauweisen, jedoch mit der immer<br />

gleichen Auf- <strong>und</strong> Zuteilung“,<br />

weiß Cornelia Pscheidl. Ob Anzahl<br />

der Obstbä<strong>um</strong>e, Größe der<br />

landwirtschaftlichen Nutzfläche,<br />

Waldanteil <strong>und</strong><br />

Baug<strong>r<strong>und</strong></strong> – jeder bekam<br />

gleich viel beziehungsweise<br />

gleich wenig. Das<br />

Problem bei all <strong>die</strong>sen<br />

Vorgaben <strong>und</strong> Plänen:<br />

Die aus Sudetendeutschland<br />

stammenden Wahl-<br />

Lichtenauer mussten ihr<br />

neues Zuhause nicht nur<br />

unter Anleitung eines<br />

von der Landesregierung<br />

abgestellten Architekten<br />

komplett eigenhändig<br />

aufbauen. Vor dem eigentlichen<br />

Spatenstich galt es erstmal den<br />

dort viel zu feuchten Moorboden<br />

durch aufwändiges Errichten von<br />

Drainagen zu entwässern.<br />

Zusammenpacken<br />

unter Todesangst<br />

Letztlich packten <strong>die</strong> Vertriebenen<br />

tatkräftig an, zogen alle an<br />

einem Strang <strong>und</strong> bauten sich<br />

In Lichtenau sind alle Straßen nach der Herkunftsregion<br />

ihrer Bewohner benannt.<br />

nach erfolgreicher Entwässerung<br />

tatsächlich ihre eigenen kleinen<br />

Bauernhäuser – ein Wohnhaus<br />

hatte vier Zimmer sowie einen<br />

direkten Stallanbau. „Wir haben<br />

eine Zeit lang zu acht darin gewohnt“,<br />

sagt an <strong>die</strong>ser Stelle Cornelias<br />

Ehemann Helmut Pscheidl.<br />

Cornelia selbst, Münchnerin, kam<br />

erst später, wegen der Liebe, nach<br />

Lichtenau, spricht rückblickend<br />

aber trotzdem von einer sehr<br />

schweren Zeit. „Viele von<br />

den hierher Vertriebenen<br />

waren <strong>und</strong> sind tra<strong>um</strong>atisiert,<br />

weil es für sie damals<br />

geheißen hat: Um 12 Uhr<br />

am Busbahnhof! Wer nicht<br />

kommt, wird erschossen!“<br />

Allein <strong>das</strong> Zusammenpacken<br />

des Notwendigsten<br />

unter Todesangst <strong>und</strong> maximalem<br />

Zeitdruck war eine<br />

Tortur gewesen für <strong>die</strong> Betroffenen.<br />

Doch zurück zur<br />

Entstehung der Lichtenau:<br />

Neben <strong>die</strong>sen einfachen<br />

Wohnhäusern mit kleinem Stall<br />

wurden auch drei große, sogenannte<br />

Mutterhöfe gebaut, von<br />

denen <strong>die</strong> „kleineren“ Selbstversorger<br />

dr<strong>um</strong>her<strong>um</strong> sich Werkzeuge<br />

<strong>und</strong> Maschinen wie Egge, Pflug<br />

<strong>und</strong> – damals noch – Pferd ausleihen<br />

konnten. „Was natürlich von<br />

Beginn an böses Blut bildete, da<br />

bei bestem Wetter nie alle gleichzeitig<br />

auf <strong>die</strong> Felder z<strong>um</strong> Mähen,<br />

Einführen, Aussähen oder Ernten<br />

konnten.“ Umso wertvoller: Das<br />

dorfeigene Wirtshaus namens<br />

„Gasthaus Alpenblick“, in dem<br />

Feste wie Maitanz <strong>und</strong> Erntedank<br />

ausgelassen gefeiert wurden,<br />

<strong>die</strong> Vertriebenen unter sich eine<br />

Mordsgaudi hatten <strong>und</strong> der Zusammenhalt<br />

trotz einzelner Streitereien<br />

<strong>und</strong> Eifersüchteleien gestärkt<br />

wurde. Und heute? „Haben<br />

wir im G<strong>r<strong>und</strong></strong>e keine Probleme<br />

mehr mit Mobbing <strong>und</strong> Ausgrenzung<br />

von Seiten der <strong>Weilheim</strong>er.“<br />

Dafür ist der Zusammenhalt unter<br />

Lichtenauern ka<strong>um</strong> noch vorhanden,<br />

„weil <strong>die</strong> meisten sehr zurückgezogen<br />

für sich leben“. Unter<br />

anderem auch, weil es, schon<br />

länger, <strong>die</strong>ses Wirtshaus als zentralen<br />

Treff nicht mehr gibt. Keine<br />

dorfeigene Schule mehr. Und der<br />

nun vorgesehene Bau eines riesengroßen<br />

Solarparks zu einem<br />

ganz neuen Interessenkonflikt in<br />

einem Ortsteil geführt hat, der<br />

einst einzig <strong>und</strong> allein von Vertriebenen<br />

gebaut wurde. js<br />

„Meine eigenen<br />

vier Wände in einem<br />

familiären Umfeld.<br />

Das ist mir wichtig.“<br />

Hausführung<br />

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november / dezember <strong>2023</strong> | 15

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