Christkatholisch_2023-18
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<strong>Christkatholisch</strong> <strong>18</strong>/<strong>2023</strong> Aus den Gemeinden<br />
17<br />
Baden-Brugg-Wettingen und Aarau<br />
Erlebte Gastfreundschaft mit vielen wertvollen Eindrücken<br />
Der Himmel über Berlin<br />
Im Oktober besuchte eine<br />
kleine Delegation aus Baden-<br />
Brugg-Wettingen und Aarau<br />
die alt-katholische Kirchgemeinde<br />
in Berlin. Es war der<br />
Wunsch, die christkatholische,<br />
resp. alt-katholische Kirche als<br />
eine international vernetzte<br />
Kirche zu erleben, welcher uns<br />
zur Reise nach Berlin bewogen<br />
hat. Pfarrer Theo Pindl hat die<br />
Kontakte nach Berlin hergestellt<br />
und unsere Reise organisiert.<br />
Wir durften im Stadtkloster Segen zu<br />
Gast sein, eine Oase mitten in Berlin,<br />
gegründet von der schweizerischen Gemeinschaft<br />
«Don Camillo» (https://<br />
stadtklostersegen.de). Bereits am ersten<br />
Tag kamen wir in den Genuss einer<br />
Stadtführung durch Berlin Mitte mit<br />
dem ehemaligen Pfarrer der alt-katholischen<br />
Kirchgemeinde Johannes Urbisch.<br />
Besonders interessant waren für<br />
uns die Hinweise auf die Geschichte der<br />
alt-katholischen Gemeinde, die übrigens<br />
im kommenden Jahr ihr 150jähriges<br />
Bestehen feiert. So erfuhren wir,<br />
dass die Kirche am Gendarmenmarkt<br />
eine der ersten Bleiben der alt-katholischen<br />
Kirche in Berlin war, und dass<br />
sich die Kirche in einem Verein bereits<br />
im Juni <strong>18</strong>71 organisierte.<br />
Für alle Teilnehmer erstmalig war der<br />
Besuch des Humboldt-Forums im rekonstruierten<br />
preussischen Königsschloss<br />
Unter den Linden. Bereits die<br />
Frage, ob es Sinn mache, dieses durch<br />
den Krieg zerstörte Schloss zu rekonstruieren<br />
und damit die Spuren der DDR-<br />
Vergangenheit zu tilgen (Abriss des Palastes<br />
der Republik), löste eine jahrelange<br />
Diskussion in der Öffentlichkeit aus. Im<br />
Gebäude, das heute den Namen «Humboldt<br />
Forum» trägt, werden zu grossen<br />
Teilen Objekte aus den ehemaligen deutschen<br />
Kolonien ausgestellt. Wie können,<br />
wie müssen diese Objekte heute interpretiert<br />
werden, die meist gewaltsam aus<br />
dem ursprünglichen kulturellen und sozialen<br />
Kontext ferner Kulturen entwendet<br />
wurden? Was würde es bedeuten,<br />
wenn wir ähnliche Fragen an die Geschichte<br />
unserer Kirche stellen? Was<br />
heisst es heute, christkatholisch zu sein?<br />
Über solche Fragen nachzudenken, bot<br />
der Besuch der Dachterrasse des Forums<br />
mit dem weiten Himmel über Berlin<br />
reichlich Gelegenheit.<br />
Der Himmel unter Berlin<br />
Eine Überraschung für alle war der Besuch<br />
der nahegelegenen neuen U-Bahn<br />
Station «Museumsinsel». Die Rolltreppen<br />
bringen einen tief in die Unterwelt,<br />
wo an der tiefblauen Decke der Station<br />
tausende von kleinen LED-Lichtern<br />
brennen. Man fühlt sich unter einem<br />
Sternenhimmel. Diese vom Schweizer<br />
Architekten Max Dudler gebaute U-<br />
Bahn Station ist eine Referenz an den<br />
Architekten Karl Friedrich Schinkel<br />
(1781-<strong>18</strong>41), der viele Bauten auf der<br />
Museumsinsel erstellt hat. Der Sternenhimmel<br />
in der U-Bahn ist inspiriert<br />
durch ein Bühnenbild, welches Schinkel<br />
im 19. Jh. für eine Inszenierung von<br />
Mozarts «Zauberflöte» entworfen hat.<br />
In Beziehung bleiben<br />
Bereits am Vorabend des Sonntagsgottesdienstes<br />
durften wir bei einem gemeinsamen<br />
Essen Pfarrer Ulf Schmidt,<br />
Pfarrvikarin Ruth Tuschling, sowie einige<br />
Mitglieder der Kirchgemeinde Berlin<br />
kennenlernen. Ulf Schmidt leitet die<br />
Gemeinde seit 2011. Er ist auch Dekan<br />
eines Gemeindegebietes, das sich über<br />
drei Bundesländer erstreckt und eine<br />
Fläche von der Grös se der gesamten<br />
Schweiz umfasst.<br />
Ihm zu Seite steht<br />
Ruth Tusch ling, die<br />
in der anglikanischen<br />
Kirche tätig<br />
war, nun aber in den<br />
Dienst der alt-katholischen<br />
Kirche<br />
treten wird.<br />
Die Rahmenbedingungen<br />
sind also<br />
eine Herausforderung,<br />
vor der unsere<br />
eigenen Probleme<br />
verblassen. Dennoch<br />
ist es Pfarrer Ulf Schmidt und seinem<br />
Vorgänger Johannes Urbisch gelungen,<br />
die Gemeinde wachsen zu lassen<br />
und das Gemeindeleben zu verdichten.<br />
In einem diakonischen Projekt zusammen<br />
mit der benachbarten evangelischen<br />
Gemeinde, in deren Räumlichkeiten<br />
man eingemietet ist, werden Obdachlose<br />
verpflegt, was der alt-katholischen<br />
Gemeinde eine breitere Öffentlichkeit<br />
gibt. Laut Pfarrer Schmidt sind<br />
alle Geistlichen in Deutschland in einer<br />
100%-Anstellung und ihre Gehälter werden<br />
zentral bezahlt. Auf diese Weise ist<br />
der Pfarrer für die Gemeinde eigentlich<br />
immer erreichbar. In Berlin finden die<br />
gut besuchten Gottesdienste immer zur<br />
selben Zeit am selben Ort in Alt-Schöneberg<br />
statt. Das Angebot wird erweitert<br />
durch regelmässige digitale Angebote.<br />
Diese Strukturen erlauben es dem Pfarrer<br />
mit den Gemeindemitgliedern in<br />
Beziehung zu bleiben. Diese Beziehungspflege<br />
liess die Gemeinde in letzten<br />
Jahren stetig wachsen, so dass sie<br />
heute 900 Mitglieder, darunter zahlreiche<br />
Kinder umfasst.<br />
Hansjörg Frank<br />
Link zur alt-katholischen<br />
Kirchen gemeinde Berlin:<br />
https://www.alt-katholisch.de/unseregemeinden/gemeinde-berlin-starseite/<br />
Nach dem<br />
Gottesdienst in der<br />
alt-katholischen<br />
Kirchgemeinde in<br />
Berlin-Schöneberg.<br />
In der Mitte Pfarrer<br />
Ulf Schmidt und<br />
Pfarrvikarin Ruth<br />
Tuschling.<br />
Foto: Theo Pindl