22.11.2023 Aufrufe

Mühlviertel Magazin - November 2023

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MÜHLVIERTEL-MAGAZIN | <strong>November</strong> <strong>2023</strong><br />

5 | LOKALES<br />

„Sind an der Kapazitätsgrenze“<br />

Stromnetz gebietsweise<br />

am Anschlag<br />

Der Boom bei Photovoltaik-Anlagen, Lieferengpässe bei Transformatoren<br />

und langwierige Genehmigungsverfahren bei großen Leitungsprojekten:<br />

Die Netz Oberösterreich GmbH kämpft derzeit mit mehreren Herausforderungen.<br />

Foto: <strong>Mühlviertel</strong> <strong>Magazin</strong>/Enzenhofer<br />

Die Energiewende schreitet vor allem<br />

dank des Ausbaus privater Photovoltaik<br />

(PV)-Anlagen zügiger voran, als Experten<br />

prognostiziert haben. Diese an sich<br />

erfreuliche Entwicklung bringt aber<br />

auch große Herausforderungen mit<br />

sich: Etwa im Bereich der Stromnetz-Infrastruktur.<br />

In weiten Teilen Oberösterreichs<br />

und des <strong>Mühlviertel</strong>s ist dafür die<br />

Netz Oberösterreich GmbH, eine Tochter<br />

der Energie AG, verantwortlich.<br />

Dort sieht man sich auch immer wieder<br />

mit Kritik konfrontiert: Etwa, dass viele<br />

Betreiber einer privaten Solarstrom-Anlage<br />

nur die Mindestmenge an Strom<br />

ins Netz einspeisen dürfen, weil man<br />

den Netzausbau verschlafen habe.<br />

„Amazon-Mentalität“<br />

Pressesprecher Wolfgang Denk kann<br />

den Ärger verstehen, wirbt aber gleichzeitig<br />

um Verständnis: „Der Netzausbau<br />

kann für keinen Kunden, der auf<br />

einen Anschluss wartet, schnell genug<br />

gehen. Es herrscht heutzutage aber<br />

auch eine gewisse ‚Amazon-Mentalität‘:<br />

Heute bestellen, morgen Lieferung<br />

und übermorgen läuft die PV-Anlage.“<br />

Dabei werde oft vergessen, dass der<br />

Umbau des Stromnetzes hier unmöglich<br />

Schritt halten könne. „Wir haben<br />

über 100 Jahre gebraucht, um das<br />

Stromnetz mit der heutzutage selbstverständlichen<br />

Versorgungssicherheit<br />

aufzubauen. Jetzt müssen wir dieses<br />

Netz in kurzer Zeit und während des<br />

laufenden Betriebs umbauen, ohne dabei<br />

die Versorgung der Kunden zu<br />

beeinträchtigen.“ Planung, Materialbeschaffung<br />

und Einholung von<br />

behördlichen Genehmigungen würden<br />

entsprechend Zeit benötigen, sagt<br />

Denk, der auch auf Lieferengpässe verweist:<br />

„Vor Corona betrug die Lieferzeit<br />

für einen Ortsnetz-Transformator etwa<br />

zehn Wochen. Zwischenzeitlich waren<br />

wir hier bei über 70 Wochen, mittlerweile<br />

beträgt sie immer noch ein Jahr.“<br />

Verantwortlich dafür sei die große<br />

Nachfrage: „Die Energiewende findet<br />

nicht nur in Oberösterreich statt, sondern<br />

auf der ganzen Welt.“<br />

„Beschränkte Möglichkeiten“<br />

in Bad Leonfelden<br />

Dass das Stromnetz mancherorts bereits<br />

an seine Limits stößt, wird etwa in<br />

Bad Leonfelden sichtbar. Man sei an<br />

den Kapazitätsgrenzen angelangt, bestätigt<br />

Wolfgang Denk: „Es gibt sowohl<br />

was den Verbrauch als auch das Einspeisen<br />

betrifft, nur mehr beschränkte<br />

Möglichkeiten“. Normale Häuslbauer<br />

oder kleine Gewerbebetriebe seien davon<br />

nicht betroffen, eine eventuelle Ansiedelung<br />

eines größeren, energieintensiven<br />

Betriebs müsste man im Anlassfall<br />

aber „genau prüfen“.<br />

Ähnlich ist die Situation beim Umspannwerk<br />

Rohrbach: Auch dort gibt es<br />

derzeit keine Einspeisemöglichkeit<br />

mehr. Das könnte auch Auswirkungen<br />

auf den geplanten Ausbau des Windparks<br />

Sternwind haben: Derzeit wird ja<br />

der in Vorderweißenbach erzeugte<br />

Strom über Rohrbach ins Netz gespeist.<br />

Sollte der Ausbau tatsächlich vonstatten<br />

gehen, werde man aber eine Lösung<br />

finden, sagt Wolfgang Denk. Zudem sei<br />

hier in erster Linie der Projektwerber<br />

gefordert.<br />

Realisierung der 110kV-Leitung<br />

„erst in Jahren“<br />

Abhilfe für oben genannte Kapazitätsprobleme<br />

würde der Lückenschluss bei<br />

der 110kV-Leitung zwischen Rainbach<br />

und Rohrbach und der Neubau des Umspannwerks<br />

Langbruck bei Bad Leonfelden<br />

schaffen, sagt Wolfgang Denk.<br />

Die Umsetzung sei aber ein schwieriges<br />

Unterfangen, räumt der Pressesprecher<br />

der Netz Oberösterreich ein. Derzeit arbeite<br />

man an der Umweltverträglichkeitserklärung<br />

(UVE), im Sommer 2024<br />

könnte ein Termin für die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(UVP) von den Behörden<br />

festgelegt werden. Man rechne<br />

aber mit weiteren Verzögerungen:<br />

„Gegner des Projekts haben bereits Einsprüche<br />

gegen das Ergebnis – wie es<br />

auch immer lauten mag – angekündigt.<br />

Der Baubeginn wird deshalb aller Voraussicht<br />

nach erst in Jahren vonstatten<br />

gehen können“, gibt sich Denk keinen<br />

Illusionen hin. Bei der Interessensgemeinschaft<br />

„Landschaftsschutz <strong>Mühlviertel</strong>“,<br />

die sich gegen die Umsetzung<br />

als Freileitung ausspricht, will man sich<br />

den schwarzen Peter nicht zuschieben<br />

lassen: „Wir sind nicht generell gegen<br />

die 110kV-Leitung. Wir treten aber dafür<br />

ein, dass sie als Erdkabel realisiert<br />

wird.“ ♦ -m.e.-<br />

Der Umbau des Stromnetzes<br />

kann mit der Geschwindigkeit<br />

des Photovoltaik-Ausbaus nicht<br />

Schritt halten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!