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Buch 125 Geschichten / 125 Faszination Gornergrat

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Geschichte 2<br />

Rekordbau in nur zwei Jahren<br />

Die Bauzeit der spektakulären Ausflugsbahn von Zermatt auf den <strong>Gornergrat</strong> dauerte nur 2 Jahre. Doch<br />

die Topografie und die Höhenlage stellten die Bauherren vor ungeahnte Herausforderungen.<br />

Geschichte 3<br />

Eine elektrische Bahn dank Drehstrom<br />

In der Schweiz war Wasser zur Produktion von Strom immer in genügender Menge verfügbar, sodass<br />

der Betrieb von elektrischen Bahnen möglich war. Was lag da näher, als die vorhandenen Ressourcen<br />

zu nutzen?<br />

Von der Idee zur Umsetzung<br />

Schon vor der Eröffnung der Visp – Zermatt-Bahn<br />

reichte der Bieler <strong>Buch</strong>drucker<br />

und Bergfreund Leo Heer-Bétrix<br />

am 22. August 1890 im Bundeshaus ein<br />

Konzessionsgesuch ein. Ziel des Gesuches<br />

war, die Visp – Zermatt-Bahn mit zwei<br />

Zermatter Hochgebirgsbahnen zu verlängern.<br />

Eine Bahn sollte auf den <strong>Gornergrat</strong><br />

fahren und die andere auf das Matterhorn.<br />

Im neuen Gesuch durch die Firma<br />

«Haag & Greulich» vom 10. Juni 1895<br />

wurde nur noch das <strong>Gornergrat</strong>-Projekt<br />

weiterverfolgt.<br />

Die Opposition der Gemeinde Zermatt,<br />

des Grossen Rates und des Kantons Wallis<br />

gegen den Bau der <strong>Gornergrat</strong> Bahn war<br />

gross. Hauptgrund für die Opposition war<br />

die drohende Konkurrenz für die Bergführer<br />

und Träger. Der Bundesrat widersprach<br />

in seinem Schreiben vom 29.10.1895 den<br />

Ängsten mit dem Hinweis, dass sich dieselben<br />

Befürchtungen im Berner Oberland<br />

als grundlos erwiesen hatten.<br />

Kurze Bauzeit in ungewohnter Höhe<br />

Im Mai 1896 wurden die Arbeiten aufgenommen.<br />

Wegen der Höhenlage war<br />

die Bauzeit zwischen der Schneeschmelze<br />

und dem Wintereinbruch äusserst kurz.<br />

In den Jahren 1896 bis 1898 kamen über<br />

1000 Arbeiter gleichzeitig zum Einsatz –<br />

die meisten von ihnen waren Italiener.<br />

Wegen der starken Schneefälle im Frühling<br />

1898 wurde die geplante Eröffnung<br />

auf den 20. August 1898 verschoben.<br />

Die Bergstation lag damals 71 m tiefer<br />

als heute und wurde erst zwischen 1907<br />

und 1909 an den aktuellen Standort auf<br />

3089 m ü.M. verlegt.<br />

«Zu Pferd dauert der zu Fuss nicht<br />

unbeschwerliche Aufstieg 4 Stunden;<br />

der Rückweg zu Fuss oder im<br />

Tragstuhl nimmt für die Meisten<br />

ebenso viel Zeit in Anspruch, so dass<br />

die Tour auf einen vollen Tag anzuschlagen<br />

ist. Mit der Bahn wird sie<br />

auf die Hälfte reduziert (…)»<br />

30. Januar 1892, Auszug aus der<br />

Botschaft des Bundespräsident Walter<br />

Hauser, im Namen des Bundesrates,<br />

an die Bundesversammlung<br />

In den Büchern der ersten Direktoren<br />

und Projektleiter ist vermerkt, dass die<br />

Leistungen der Arbeiter auf Rotenboden<br />

(2700 m ü.M.) nur noch die Hälfte derer<br />

im Tal betrug – und auf dem <strong>Gornergrat</strong><br />

scheinbar gänzlich aufhörte. Die Bauleitung<br />

liess den Arbeitern damals eine<br />

ausserordentliche Pflege zuteilwerden<br />

und ärztliche Untersuchungen wurden<br />

regelmässig durchgeführt.<br />

Besondere Herausforderungen<br />

Der schwierigste Teil des Trassebaus lag<br />

zwischen Zermatt und Riffelalp. Kurz nach<br />

Zermatt mussten die Arbeiter eine Brücke<br />

über den Dorfbach bauen. Weit schwieriger<br />

war die Realisierung der 90 Meter langen<br />

Brücke über die Findelbachschlucht.<br />

Aus Zeitnot verzichteten die Ingenieure<br />

auf die geplanten steinernen Rundbögen.<br />

Stattdessen spannten die Arbeiter<br />

ein eisernes Fachwerk auf die Pfeiler.<br />

Im ersten Streckenteil mussten des Weiteren<br />

vier Tunnels gebaut werden. Damit<br />

der Dampfbauzug das Material zu den<br />

Baustellen transportieren konnte, wurden<br />

die Gleise sukzessive verlegt. Damit<br />

die Steigungen von 200 Promille bewältigt<br />

werden konnten, mussten die Gleise<br />

durch Zahnstangen ergänzt werden. Die<br />

Bauingenieure entschieden sich für das<br />

Zahnstangensystem von Ingenieur Roman<br />

Abt.<br />

Die Strecke von Zermatt (1604 m ü.M.) bis<br />

auf den <strong>Gornergrat</strong> (3089 m ü.M.) misst<br />

heute 9,3 Kilometer und überwindet<br />

1485 Höhenmeter.<br />

Die Elektrizität bildete damit die Grundlage,<br />

um die dampfbetriebenen Züge zu<br />

ersetzen. Das hatte den Vorteil, dass die<br />

von weit her angeschaffte Kohle für den<br />

Betrieb der Dampfzüge wegfiel. Ende<br />

des 19. Jahrhunderts verkehrten in der<br />

Schweiz auf den rund 3000 Kilometern<br />

Bahnlinie ausschliesslich dampfbetriebene<br />

Züge, die nach und nach durch elektrische<br />

Züge ersetzt wurden.<br />

Strom statt Dampf<br />

1895 testeten Mitarbeitende der Firma<br />

Brown Boveri zwischen Lugano und Paradiso<br />

einen mit Drehstrom angetriebenen<br />

Tramwagen. Die Technologie wurde auch<br />

beim <strong>Gornergrat</strong>-Projekt verwendet, wo<br />

die Firma Haag & Greulich eine leistungsfähige<br />

reine Zahnradbahn mit dem System<br />

Abt sowie mit elektrischem Betrieb<br />

baute. Die Bauingenieure entschieden<br />

sich für den Drehstrom mit 725-Volt Drehstromversorgung.<br />

Voraussetzung dafür war unter andern<br />

eine ausreichende Stromproduktion. Diese<br />

sicherte sich August Haag am 11. Oktober<br />

1895 für 100 0000 Franken, als er das<br />

beschränkte Nutzungsrecht des Findelbaches<br />

von der Gemeinde Zermatt erwarb.<br />

Das Turbinenhaus Zentrale Findelbach<br />

wurde am Fusse der Findelbachbrücke gebaut<br />

und versorgte die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

mit der nötigen Energie.<br />

Am 24. November 1897 wurde der erste<br />

Motorwagen der <strong>Gornergrat</strong> Bahn mit<br />

der Visp – Zermatt-Bahn angeliefert. Im<br />

Anschluss wurden auf den bereits bestehenden<br />

zwei Kilometern Geleise erste,<br />

erfolgreiche Tests durchgeführt.<br />

Energieeffizienz dank Rekuperation<br />

Charakteristisch für den Drehstrombetrieb<br />

sind zwei Fahrleitungsdrähte und<br />

zwei zweipoligen Bügel, welche die Bahn<br />

mit den Fahrleitungsdrähten verbinden.<br />

Die Konstruktion erlaubt durch Rekuperation,<br />

dass die Bahn eigenen Strom produzieren<br />

kann. Dafür dient der Motor bei<br />

der Talfahrt als Generator und speist die<br />

gewonnene Energie direkt ins Netz zurück.<br />

Auf der Bergfahrt kann die Bahn die<br />

erzeugte Energie dann wieder einsetzen.<br />

Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn nutzt diese umweltfreundliche<br />

Technik bereits seit der ersten<br />

Fahrt am 20. August 1898. 3 talwärts fahrende<br />

Züge der <strong>Gornergrat</strong> Bahn produzieren<br />

auch heute noch genügend Strom<br />

für eine bis zwei bergwärts fahrende<br />

Kompositionen. Die Zentrale Findelbach<br />

liefert seit vielen Jahrzehnten den restlichen<br />

Strom für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn aus<br />

Wasserkraft. Aktuell wird die elektrische<br />

Energie zu 100 Prozent beim Elektrizitätswerk<br />

Zermatt bezogen.<br />

Die ehemalige Zentrale Findelbach wird<br />

heute als Eventlokal «Turbina» betrieben.<br />

Dort können Gäste die historischen Turbinen<br />

noch heute bestaunen.<br />

2 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 3

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