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Die Weinstraße - Dezember 2023

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‹ Bahnhof Kaltern in den 1950er-Jahren<br />

Quelle: Alfred Luft, Wien<br />

Endstation der Kalterer Bahn zur Talstation der Mendelbahn.<br />

<strong>Die</strong>se wurden von Anfang an elektrisch betrieben. Aufgrund der<br />

zwei grundverschiedenen Antriebssysteme ergaben sich höhere<br />

Betriebskosten. Daher wurde auch die Überetscher Bahn auf<br />

elektrischen Betrieb umgestellt, was im Jahr 1911 erfolgte. Den<br />

gesamten elektrischen Strom für den Betrieb der Bahn lieferten<br />

die Etschwerke. <strong>Die</strong> zwei Dampflokomotiven wurden durch Motortriebwagen<br />

ersetzt.<br />

In der Nachkriegszeit erlebte die Überetscher Bahn schwierigere<br />

Zeiten wegen der Konkurrenz durch die immer besser ausgebaute<br />

Straße nach Bozen. Das Automobil trat seinen Siegeszug an. Angesichts<br />

der drohenden Auflassung der Bahn fand im Eppaner Kinosaal<br />

eine vielbesuchte Protestversammlung statt. <strong>Die</strong> Gemeinden<br />

Eppan und Kaltern erhoben Einspruch, doch ohne Erfolg. Am<br />

1. August 1963 wurde der Bahnbetrieb für den Personenverkehr<br />

eingestellt und ein Schienenersatzdienst mit Autobussen eingeführt.<br />

Am 1. Mai 1971 folgte auch das Aus für den Güterverkehr.<br />

Damit ging ein Kapitel Südtiroler Mobilitätsgeschichte zu Ende.<br />

<strong>Die</strong> alte Bahntrasse wird heute größtenteils als Radweg genutzt.<br />

DIE BEDEUTUNG DER BAHN<br />

<strong>Die</strong> Überetscher Bahn war, was die Nutzung anbelangt, eine<br />

Mischung aus Lokalbahn für die einheimische Bevölkerung,<br />

Touristenbahn und Bahn für den Wein- und Obsttransport. Sie<br />

brachte einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung für den Fremdenverkehr<br />

und die Landwirtschaft im Überetsch. Aufgrund der<br />

zahlreichen Weintransporte wurde die Bahn von der Bevölkerung<br />

liebevoll Lepsbahnl genannt.<br />

Das Bahnprojekt wurde als rein privatwirtschaftliches Unternehmen<br />

verwirklicht. <strong>Die</strong>ser Umstand hat aber wohl auch die<br />

Auflassung der Bahn 1963 negativ beeinflusst. <strong>Die</strong> Gemeinde Eppan<br />

und Kaltern haben sich erfolglos gegen die Auflassung gewehrt.<br />

Eine Übernahme der Bahn bzw. die benötigte große finanzielle<br />

Unterstützung für eine völlige Erneuerung der in jeder Hinsicht<br />

veralteten Bahn konnten sich die Gemeinden nicht leisten. Vom<br />

Staat wurden keine Geldmittel zur Verfügung gestellt. Ein Privatunternehmen<br />

konnte auf Dauer das steigende Defizit des Betriebs<br />

nicht tatenlos hinnehmen.<br />

Über 70 Jahre lang prägte die Überetscher Bahn die Mobilität<br />

im Überetsch. Nahe der Kellerei Kaltern steht heute eine Dampflokomotive<br />

symbolhaft für die Anfänge der Bahn. Sie erinnert an<br />

die emotionale Bindung der Bevölkerung zu ihrem Bahnl und<br />

steht auch für eine mögliche zukünftige Wieder-Inbetriebnahme.<br />

Hätten die Verantwortlichen zur damaligen Zeit, als der Straßenverkehr<br />

den Schienentransport verdrängte, die heutigen Verkehrsprobleme<br />

und die damit zusammenhängende Umweltbelastung<br />

auch nur ansatzweise erahnt, wäre die Überetscher Bahn niemals<br />

abgeschafft worden. Sie wäre heute noch in Betrieb.<br />

FÜR ALLES,<br />

WAS RECHT IST!<br />

Landwirtschaftliches Pachtverhältnis<br />

Im Generellen spricht man immer dann von einem Pachtverhältnis,<br />

wenn der Mietvertrag eine ertragsbringende Sache<br />

(cosa produttiva) zum Gegenstand hat. Bei der ertragsbringenden<br />

Sache kann es sich zum Beispiel um einen Gastbetrieb<br />

(Restaurant, Hotel, usw.) oder aber auch um ein landwirtschaftlich<br />

genutztes Grundstück handeln. Das Rechtsinstitut wird<br />

unter Art. 1615 u. ff. ZGB geregelt, unterliegt jedoch vorwiegend<br />

einer zwingenden Spezialgesetzgebung. Der fortwährenden<br />

Arbeitsleistung und der damit verbundenen Aufrechterhaltung<br />

der betrieblichen Tätigkeit wird damit ein übergeordnetes<br />

und öffentliches Interesse beigemessen. Insbesondere im<br />

Bereich der Agrarverträge, einschließlich der diesbezüglichen<br />

Pachtverhältnisse, wurde die Gesetzgebung in den letzten<br />

Jahrzehnten erheblich abgeändert, wobei dem staatlichen Gesetz<br />

Nr. 203/1982 eine zentrale Rolle zukommt. Grundsätzlich<br />

unterscheidet der Gesetzgeber dabei zwischen Pachtverträgen,<br />

die mit sogenannten Direkterzeugern bzw. Selbstbebauern<br />

(coltivatore diretto) und jenen, die mit Personen, die ebendieser<br />

Voraussetzung entbehren (keine Direkterzeuger bzw.<br />

Selbstbebauer), abgeschlossen werden. Gemäß den gesetzlichen<br />

Bestimmungen gilt jener Landwirt als Direktbebauer, der<br />

selbst und eventuell unter Mithilfe seiner Familienmitglieder<br />

mindestens ein Drittel des nötigen Arbeitsaufwandes für die<br />

Bewirtschaftung des Kulturgrundes erbringt. <strong>Die</strong> Unterschiede<br />

zwischen den beiden vorerwähnten Arten von Pachtverträgen<br />

sind marginal. Hervorzuheben gilt hingegen der Umstand,<br />

wonach nur dem direktbearbeitenden Pächter für den Fall der<br />

Veräußerung des Pachtgrundes an Dritte das landwirtschaftliche<br />

Vorkaufsrecht im Sinne der Bestimmung des Gesetzes<br />

Nr. 590/1965 zusteht. <strong>Die</strong> gesetzliche Dauer des Pachtverhältnisses<br />

beträgt 15 Jahre mit Beginn jeweils am 11. November.<br />

In Ermangelung einer fristgerechten schriftlichen Kündigung<br />

(1 Jahr vor Vertragsende) verlängert sich das Pachtverhältnis<br />

um weitere 15 Jahre, mit einer Maximallaufzeit von 30 Jahren.<br />

Lediglich dem Pächter steht es zu, das Pachtverhältnis jederzeit<br />

mittels Vorankündigung von einem Jahr zu beenden. <strong>Die</strong><br />

Gegenleistung für die Nutzung der Kulturfläche seitens des<br />

Pächters darf ausschließlich in der Bezahlung eines Geldbetrages<br />

bestehen. Aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen<br />

Verpächter und Pächter ist jegliche Form der Unterverpachtung<br />

bzw. Vertragsabtregung untersagt.<br />

Schlussendlich sei noch darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen<br />

und im Gesetz Nr. 203/1982 enthaltenen zwingenden<br />

Bestimmungen über die gesetzlichen Pachtverhältnisse nur<br />

dann von den Vertragsparteien einvernehmlich und rechtsgültig<br />

abgeändert werden können, sofern der entsprechende<br />

Vertrag mit dem Beistand der jeweiligen Berufsorganisation<br />

abgeschlossen wird.<br />

RA Dr. Lorenz Michael Baur<br />

RA Dr. Janis Noel Tappeiner<br />

eingetragen in der Rechtsanwaltskammer Bozen<br />

Gotthard Andergassen<br />

gotthard.andergassen@dieweinstrasse.bz<br />

45 // DIEWEINSTRASSE.BZ

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