Anna Lea Hucht H - Weltkunst
Anna Lea Hucht H - Weltkunst
Anna Lea Hucht H - Weltkunst
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teils verschwinden. <strong>Hucht</strong>s zeichnerische Sorgsamkeit<br />
hat mit dieser gleichsam alchimistischen Vorgehensweise<br />
auf den ersten Blick nichts gemein. Andererseits weisen<br />
in <strong>Hucht</strong>s Arbeiten jene Bildzonen, die anscheinend<br />
eine großzügigere Behandlung erlauben, eine weiche,<br />
nachgerade wattige Struktur auf. Sie zeigt sich bei den<br />
Wänden der Innenräume ebenso wie beim Blick durch<br />
die diversen Fenster, denen <strong>Hucht</strong> ganz so wie den Vasen<br />
und Augen vermehrte Aufmerksamkeit schenkt.<br />
Blicke nach draussen<br />
Ein wiederkehrendes Motiv: Kaum eine Zeichnung, in<br />
der nicht ein Fenster den Blick nach draußen freigäbe.<br />
Die Natur, die dort eher winterstarr daliegt, als zu wachsen<br />
und zu grünen, ist mit zurückhaltendem, sparsam<br />
andeutendem Strich zu Papier gebracht, und diese offenlockere<br />
Textur lässt sich leicht in Verbindung bringen mit<br />
den flüchtigen Farbspuren, die sich in den Malereien von<br />
Erwin Gross atmosphärisch verdichten. Allerdings gilt:<br />
Wie weit die Kunst eines Lehrers im Schüler nachwirkt,<br />
ist, außer bei Verhältnissen sklavischer Nachfolgerschaft,<br />
generell schwer zu bestimmen. Insofern verbieten<br />
sich lineare Schlussfolgerungen und direkte Kausalableitungen.<br />
Zumal bei <strong>Anna</strong> <strong>Lea</strong> <strong>Hucht</strong> noch zu erwägen<br />
wäre, in welchem Maß ihre Erfahrungen aus einer Sommerakademie<br />
mit Franz Hitzler nachwirkt, dessen<br />
Objekte, Gemälde und Druckgraphiken auffällige Bezüge<br />
zur sperrig-expressiven, anarchisch-farbbetonten Ästhetik<br />
der Cobra-Gruppe aufweisen. Wenn, dann sind also<br />
Affinitäten zu möglichen Vorbildern nur mit aller Vorsicht<br />
zu konstatieren. Gleichwohl sind sie nicht völlig ohne<br />
Belang – erst recht nicht, wenn wie bei <strong>Anna</strong> <strong>Lea</strong> <strong>Hucht</strong><br />
jede ausdrückliche Anlehnung an einzelne bestimmte<br />
Künstler unterbleibt. Die möglichen Vorblider geben den<br />
formalen Fundus zu erkennen, auf dem <strong>Hucht</strong> aufbaut,<br />
und sie belegen zugleich die Unabhängigkeit, mit der sie<br />
verfährt, denn nirgends ahmt sie nach oder kopiert sie,<br />
was sie bei ihren Lehrern gesehen hat.<br />
Die Selbstverständlichkeit, mit der <strong>Hucht</strong> Kenntnisse, die<br />
sie erworben, ästhetische Positionen, die sie reflektiert<br />
hat, in ihre Arbeit einbindet oder aber schlichtweg links<br />
liegen lässt, wie es eben dem Gesamtergebnis förderlich<br />
ist, diese Selbstverständlichkeit teilt <strong>Hucht</strong> mit vielen<br />
Künstlern einer jüngeren Generation, deren Protagonisten<br />
grob gesehen in den Jahren zwischen 1970 und 1980<br />
<strong>Anna</strong> <strong>Lea</strong> <strong>Hucht</strong><br />
geboren sind; zu ihnen zählen Sebastian Hammwöhner<br />
(*1974), Uwe Henneken (*1974), David Thorpe (*1972) oder<br />
auch Gabriel Vormstein (*1974), der in seine konzeptuell<br />
vielschichtigen, zuweilen der Arte povera nahe stehenden<br />
Arbeiten gerne Bildzitate aus Werken von Gustav<br />
Klimt oder Egon Schiele einfügt. Als Grund-Tuning ihrer<br />
Einstellung zur Kunst verbindet Zeichner und Maler wie<br />
Vormstein, Hammwöhner oder eben auch <strong>Hucht</strong> ein<br />
unbefangener Umgang mit dem Figurativen und Gegenständlichen.<br />
Bei etlichen Künstlern, die in den Jugendjahren<br />
dieser Generation tonangebend waren, mag eine<br />
solche Haltung aus dem Bedürfnis der Postmoderne<br />
entsprungen sein, eine vermeintlich lineare Entwicklung<br />
umzukehren, die konsequent vom Realismus der Alten<br />
Meister zu den Reduktionen, Abstraktionen und Minimalisierungen<br />
der Moderne führte. Für die Künstlergeneration,<br />
der <strong>Anna</strong> <strong>Lea</strong> <strong>Hucht</strong> angehört, ist das kein Thema<br />
mehr. Ihre ästhetische Sozialisation erfolgte diesseits<br />
hegelianischer (Kunst)-Geschichtsmodelle, die bei fortschreitenden<br />
Abstraktionsprozessen in der Auflösung<br />
und Ablösung der Kunst durch die Philosophie münden.<br />
Eine ästhetische Position, die sich darauf stützt, dass<br />
die Diskussion um die Rolle und Zukunftsfähigkeit der<br />
Moderne überwunden ist, ferner die dezidierte Distanz zu<br />
Dogmen verbunden mit dem Verzicht auf Ironisierungen,<br />
die nur die spiegelverkehrte Fortsetzung einschlägiger<br />
Argumentationen zur modernen und nachmodernen<br />
Kunst wären – all dies gehört zu den Voraussetzungen,<br />
von denen Künstler und Künstlerinnen wie <strong>Anna</strong> <strong>Lea</strong><br />
<strong>Hucht</strong> ausgehen. Der Freiheit kommt dabei einiges<br />
Gewicht zu. Anlass für eine Reihe kleinformatiger Aquarelle,<br />
die ein spindeldürres Mädchen in ekstatischen<br />
Bewegungen beim Abtanzen zeigen, war das Bedürfnis<br />
freier zu gestalten, nachdem <strong>Hucht</strong> zuvor unter beachtlichem<br />
Zeitaufwand großformatige Kohlezeichnungen<br />
gefertigt hatte. Dass diese kleinen Blätter an James<br />
Ensor erinnern, ist Zufall, erklärt die Künstlerin. So wie<br />
es Sache des Betrachters ist, gedankliche Verknüpfungen<br />
zu historischen Motiven wie etwa der „danse macabre“<br />
herzustellen.<br />
Historische Bildformeln<br />
<strong>Hucht</strong> öffnet Räume, die Innenräume und in ebensolchem<br />
Maß Interpretationsräume sind. In ihnen finden<br />
sich Momente, die historische Bildformeln (wie etwa den<br />
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