Industrieanzeiger 01.2024
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TOPSTORY » FACHKRÄFTEAUSBILDUNG<br />
Kabelsalats hinterm Schreibtisch mit und sagte zu<br />
den Studierenden: Entwickelt ein kleines, ein faches<br />
Teil, mit dessen Hilfe sich dieses Durchein ander ordnen<br />
lässt und das mit einem Schooltool-Werkzeug –<br />
was die Größe betrifft – produziert werden kann.“<br />
Die Idee zum Schooltool entstand aus Ritters<br />
Wunsch, seine Vorlesungen anschaulich zu gestalten.<br />
„Dieses Werkzeug ist so kompakt und leicht, dass es<br />
in einen Koffer passt und ich es problemlos in den<br />
Vorlesungsraum mitnehmen kann.“ Das erlaube ihm,<br />
Fragen der Studenten direkt am Werkzeug zu beantworten.<br />
Denn: Ein Schooltool ist so aufgebaut wie<br />
seine großen Geschwister und verfügt über alle<br />
wichtigen Funktionen üblicher Spritzgießwerkzeuge.<br />
Sofort tief in den Prozess einsteigen<br />
Im Projekt muss jede Gruppe zunächst ein Konzept<br />
erarbeiten und dabei unter anderem herausfinden,<br />
welche Bauteilgröße in die vorgegebenen Dimensionen<br />
eines Schooltools passt. Die Teilnehmer müssen<br />
also sofort in den Prozess ein tauchen und darüber<br />
nachdenken, wie ein Werkzeug für das vorgesehene<br />
Kunststoffteil aufgebaut sein muss und welcher Platz<br />
für Kühlkanäle, Auswerfer und Co. vorzusehen ist.<br />
Auf Basis dieser Erkenntnisse erarbeiten sie dann die<br />
Randbedingungen für ihre Lösung. Im Beispielprojekt<br />
reichten die Ideen von einfachen Klammern oder<br />
Kabel-Klipsen bis hin zu jenem pfiffigen Vorschlag,<br />
der schnell Cable Carlo getauft wurde.<br />
Im Projektverlauf gibt´s sogenannte Meilensteine,<br />
an denen der Professor mit seinen Studierenden die<br />
jeweiligen Projektstände bespricht. Neben der Entwicklung<br />
des Bauteils gehört auch die Konstruktion<br />
des Spritzgießwerkzeugs sowie dessen technische<br />
Dokumentation zur Aufgabe. „Durch die Präsentation<br />
der unterschiedlichen Lösungen befruchten sich die<br />
Gruppen gegenseitig, wodurch das Know-how aller<br />
Teilnehmer steigt“, berichtet Ritter. Hinzu komme,<br />
dass der Wettbewerb für alle auch ein Ansporn sei,<br />
die bestmögliche Lösung umzusetzen. Auch das bereite<br />
die Studierenden auf ihr späteres Berufsleben<br />
und den dort herrschenden Wettbewerbsdruck vor.<br />
Verständnis für drei Aspekte elementar<br />
Fürs erfolgreiche Umsetzen eines Kunststoffteils<br />
müssen die Kursteilnehmer drei große Themenbereiche<br />
verinnerlichen: die Konstruktionsrichtlinien, den<br />
Produktionsprozess und die Materialeigenschaften.<br />
Die Konstruktionsrichtlinien bringt Polyman auf den<br />
Punkt. Viele der häufigen Gestaltungsfehler bei<br />
Kunststoffteilen sind in ihm dargestellt. Das kleine,<br />
zweifarbige Kunststoffteil zeigt ungünstige Lösungen<br />
auf der orangefarbenen Seite und die besseren<br />
Alternativen gegenüberliegend auf der blauen Seite.<br />
Das zugehörige Faltblatt erläutert die jeweiligen Problempunkte<br />
und deren Lösung.<br />
Hinzu kommt, dass sich die organischen Kunststoffe<br />
ganz anders verhalten als Metalle mit ihrem kristallinen<br />
Aufbau. „Das muss verstanden werden“, wiederholt<br />
der Professor. Die Materialeigenschaften verschiedener<br />
Kunststoffe bildet er mit Polymatter in<br />
einer sicht- und fühlbaren Weise ab. Polymatter<br />
besteht aus kleinen, an einem Ring aufgereihten<br />
Musterteilen, die aus verschiedenen Kunststoffen<br />
und in bunten Farben in einem Schooltool-Werkzeug<br />
gespritzt wurden. Geometrie und Größe der Teile sind<br />
identisch. Direkt nebeneinander aufgereiht, veranschaulichen<br />
sie jedoch die unterschiedlichen Eigenschaften<br />
verschiedener Kunststoffe hinsichtlich des<br />
Schwindungsverhaltens, der Haptik, der Festigkeit<br />
oder des Klangs und damit schlussendlich auch der<br />
Wertigkeit, die das jeweilige Material vermittelt.<br />
‚Schooltool One‘ war ursprünglich als reiner<br />
Demonstrator gedacht. „Dass sich daraus eine ganze<br />
Ein Teil, verschiedene Kunststoffe – Polymatter vermittelt sehr anschaulich die<br />
unterschiedlichen Materialeigenschaften.<br />
Bild: Steffen Ritter<br />
Ein Schooltool auf der Spritzgießmaschine im Reutlinger Technikum.<br />
Hier wurden gerade Prüfkörper für Zugversuche gespritzt.<br />
Bild: Mona Willrett<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 01 | 2024