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Industrieanzeiger 01.2024

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chen zunächst die Formfüllung, dann das Abkühlverhalten<br />

der Schmelze im Werkzeug. Je weiter man im<br />

Prozess voranschreitet, umso schwieriger wird es,<br />

vernünftige Ergebnisse zu generieren, weil alles auf<br />

Annahmen und Modellen beruht.“ Ein Satz, den er<br />

allzu oft höre, sei: „Das hat mein System so ermittelt,<br />

also muss es stimmen!“ Seine Antwort laute dann<br />

stets: „Nein, muss es nicht!!“ Genau deshalb seien<br />

Menschen mit viel Sachverstand wichtig, die schnell<br />

abschätzen können, ob ein Simulationsergebnis<br />

plausibel oder völlig unrealistisch ist. „Und das gilt<br />

im Übrigen für alle KI-Anwendungen ebenso.“<br />

Gute Kommunikation ist entscheidend<br />

Bis heute ist es in der Industrie üblich, dass der Konstrukteur<br />

ein Bauteil entwickelt und seine Zeichnungen<br />

an den Einkauf weiterreicht. Der Einkäufer vergibt<br />

den Auftrag an den vermeintlich günstigsten<br />

Werkzeugmacher – der oft in China sitzt. Letzterer<br />

fertigt das Werkzeug, ohne die Hintergrundidee des<br />

Teilekonstrukteurs zu kennen. Schließlich reicht der<br />

Werkzeugmacher sein Produkt weiter an das Fertigungsunternehmen,<br />

das beispielsweise in Polen perfekte<br />

Teile produzieren soll. „Und am Ende wundert<br />

sich der Auftraggeber, warum die Qualität nicht<br />

stimmt. Mich wundert das nicht“, sagt Ritter deutlich.<br />

Ein solches Vorgehen könne – zumindest bei<br />

technischen Kunststoffteilen – nicht zum Erfolg führen.<br />

Als Beispiel für ein vermeintlich einfaches Teil<br />

nennt er die Verschlusskappe einer Duschgelflasche.<br />

Damit sie dicht schließt und dennoch die Fingernägel<br />

beim Öffnen nicht brechen, müssen die Teile Toleranzen<br />

im Hundertstelmillimeterbereich einhalten – und<br />

das mit einem Werkstoff, der beim Erstarren insgesamt<br />

um etwa 20 % schwindet.<br />

Je komplexer die Teile werden, umso wichtiger sei<br />

deshalb eine gute Kommunikation entlang er gesamten<br />

Prozesskette, und umso weniger führe das klassische<br />

Vorgehen zum gewünschten Ergebnis. „Qualität<br />

und Wirtschaftlichkeit können nur stimmen, wenn<br />

Die orangefarbene Seite des Polyman zeigt typische Gestaltungsfehler<br />

bei Kunststoffteilen, die blaue wie´s besser geht.<br />

Bild: Steffen Ritter<br />

‚Mouldmaker - the Game‘ soll die deutsche und die englische Nomenklatur vermitteln<br />

und zeigen, wie Werkzeuge aufgebaut sind. Zudem soll es den Spieler darin schulen, die<br />

verschiedenen Komponenten trotz unterschiedlicher visueller Darstellungen zu erkennen.<br />

sich die Beteiligten aus Konstruktion, Werkzeugbau<br />

und Teileproduktion untereinander verständigen<br />

können und die Zwänge des Gegenübers berücksichtigen.<br />

Schließlich führen oft schon kleine konstruktive<br />

Änderungen dazu, dass das Werkzeug einfacher,<br />

der Prozess zuverlässiger oder die Produktion der Teile<br />

wirtschaftlicher gestaltet werden können.“<br />

Nachhaltigkeit als zentrales Thema<br />

Weitere Module, die sein Konzept künftig ergänzen<br />

sollen, kündigt Ritter im Bereich der Nachhaltigkeit<br />

und des Recyclings an. „Das lässt sich nicht mehr getrennt<br />

behandeln und muss bei allen Prozessschritten<br />

berücksichtigt werden. Dazu gehört nicht nur die<br />

Energie- und Ressourceneffizienz, sondern auch,<br />

Bauteile so zu gestalten, dass sie demontiert und damit<br />

repariert oder recycelt werden können.“<br />

Dann nimmt Ritter den Deckel einer PET-Flasche<br />

aus einer Box, wirft ihn in ein Mahlwerk und gibt die<br />

kurze Anweisung: „Jetzt mal die Kurbel drehen!“ Etwas<br />

scheint das Mahlwerk zu blockieren. „Kräftiger“,<br />

sagt er und lächelt wissend. „Selbst bei solch kleinen<br />

Teilen ist ganz schön viel Energie nötig, um sie wieder<br />

in Granulat zu verwandeln, mit dem sich neue<br />

Teile spritzen lassen!“ Das zeige: Auch das Recycling<br />

einfacher Teile ist nicht umsonst und mit einem nicht<br />

zu unterschätzenden Energieaufwand verbunden.<br />

„Insofern müssen wir gut darüber nachdenken, wo<br />

sich Recycling tatsächlich lohnt.“ Hinzu komme, dass<br />

die Qualität der meisten Kunststoffe mit jedem<br />

Recycling-Durchgang schlechter wird und sich das<br />

Material nicht mehr für alle Anwendungen eignet.<br />

Den Text in voller Länge finden Sie unter: http://hier.pro/aLtXl<br />

Bild: Steffen Ritter<br />

<strong>Industrieanzeiger</strong> » 01 | 2024 37

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