Industrieanzeiger 01.2024
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Werkzeug-Familie entwickeln lässt, für die unterschiedlichsten<br />
Bauteile und Themen, daran hatte ich<br />
anfangs nicht gedacht“, blickt der Hochschullehrer<br />
zurück. Schnell zeigte sich jedoch, dass die kompakten<br />
Abmessungen für die Projektteilnehmer eine besondere<br />
Herausforderung darstellen, wenn es darum<br />
geht, alle erforderlichen Komponenten unterzubringen.<br />
Gründe genug für Ritter, seinen projektbasierten<br />
Unterricht auf diesem Konzept aufzubauen.<br />
Die kompakten Abmessungen eines Schooltools –<br />
im Querschnitt misst es 96 mm x 126 mm, in der Tiefe<br />
darf das Maß variieren – und das geringe Gewicht<br />
von 15 bis 20 kg liefern eine ganze Reihe weiterer<br />
Vorteile. Die kleinen Werkzeuge lassen sich nicht nur<br />
im Vorlesungsraum einfach handhaben, sondern<br />
auch ohne Kran auf einer Spritzgießmaschine rüsten.<br />
„Und weil die gespritzten Teile ebenfalls klein sind,<br />
brauchen wir nicht nur wenig Kunststoff“, gibt Ritter<br />
zu bedenken, „dadurch kann ich auch innerhalb weniger<br />
Minuten an der Maschine zeigen, wie es sich<br />
auswirkt, wenn wir beispielsweise die Temperatur<br />
oder sonstige Prozessparameter ändern.“ Außerdem<br />
sind die Werkzeuge mit Blick auf die Material- und<br />
Verbrauchskosten deutlich preiswerter sowie ressourcen-<br />
und platzsparender als ein Pendant in gängiger<br />
Größe. Und: „Wir brauchen keine 350-t-Maschine,<br />
um die Grundlagen des Spritzgießens zu vermitteln.“<br />
Das Prinzip laute: Think small, but smart!<br />
Für Ausbildung und Studium geeignet<br />
„Das Rennen um hochwertige Kunststoffteile entscheidet sich an den Schnittstellen entlang<br />
der Prozesskette“, sagt Prof. Steffen Ritter. Er unterrichtet an der Hochschule Reutlingen<br />
die Konstruktion von Kunststoffteilen sowie die Grundlagen des Werkzeugbaus.<br />
Weil er ein Schooltool so gestalten wollte, dass einzelne<br />
Komponenten bereits zu Beginn der Werkzeugmacher-Ausbildung<br />
gefertigt werden können, ent -<br />
wickelte der Wissenschaftler Schooltool HC. Dessen<br />
Bauteile werden auf manuellen Maschinen oder von<br />
Hand gefertigt. Damit wolle er Ausbilder inspirieren<br />
und ihnen sagen: „Seid nicht so langweilig! Lasst<br />
eure Auszubildenden nicht Jahr für Jahr Fernsehtürme<br />
drehen und Schraubstöcke fräsen. Macht Projekte<br />
gerne modellhaft und klein, aber spannend.“<br />
Das Besondere an Schooltool HC sei, dass es 1:1 in<br />
der akademischen Lehre, der gewerblichen Aus -<br />
bildung und sogar im Trainingsbereich eingesetzt<br />
werden könne. Oft werde er gefragt, ob man Schooltool<br />
HC kaufen kann, berichtet der Professor. Seine<br />
Antwort laute immer: „Nein, das baut ihr euch bitte<br />
selbst.“ Nun habe er sich aber doch entschieden, das<br />
Konzept zu kommerzialisieren. Deshalb er arbeitet er<br />
gerade ein Lernkit, das eine Bauanleitung sowie eine<br />
ausführliche Stückliste enthält. Das Werkzeug an<br />
sich muss aber auch künftig jeder selbst bauen.<br />
Schooltools können zwar alle Elemente enthalten,<br />
die auch für große Werkzeuge charakteristisch sind,<br />
allerdings ist ein typisches Schooltool kein All-inone-Werkzeug,<br />
in dem alle Technologien zugleich<br />
verbaut sind. Das würde die Studenten überfordern.<br />
Der Klassiker ist das so genannte Standard- oder<br />
Auf-Zu-Werkzeug, das einen klaren Aufbau hat, mit<br />
Auswerfer-System, mit Stützleisten, mit Grund- und<br />
Formplatten, in die die Kavitäten, Kühl kanäle, Auswerfer<br />
und Entlüftungen eingearbeitet werden. „Mir<br />
ist wichtig, die Grundlagen solide zu legen und den<br />
Standard zu vermitteln, denn das ist die Basis für den<br />
weiteren Know-how-Aufbau“, betont Ritter.<br />
Mit Polyman, Schooltool oder Polymatter war der<br />
Einfallsreichtum des Professors aber noch nicht erschöpft.<br />
„Game based learning“ oder „Gamification“<br />
sei in aller Munde, wenn es ums didaktische Gestalten<br />
von Lernkonzepten gehe. Die Idee, ein Spiel zu<br />
entwickeln, das Lehr- und Lerninhalte vermittelt,<br />
habe ihn schon länger fasziniert, und so sei der Ge-<br />
Bild: Steffen Ritter<br />
Bild: Steffen Ritter<br />
Schoolool HC wird komplett<br />
auf manuellen Maschinen sowie<br />
mittels Handarbeit hergestellt.<br />
Zum Konzept gehören vier<br />
austauschbare Kavitäten für<br />
unterschiedliche Teile.<br />
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