Steht seit dem Jahr 2008 an der Spitze der Ulmer Wohnungs- und Siedlungs- Gesellschaft: Frank Pinsler
unternehmen [!] TITELTHEMA 11 „Nur das Beste geht nicht mehr“ Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist eine der Aufgaben von Frank Pinsler. Doch das allein reicht dem Geschäftsführer der UWS nicht. Er verfolgt einen Ansatz, der sozial Benachteiligte integriert und Vielfalt in Quartiere bringt. Ein Gespräch über die Zukunft des Wohnungsbaus und was sich ändern muss. Wie fühlt es sich für Sie an, Ulms größter Vermieter zu sein? Das fühlt sich gut an. Aber es ist auch mit viel Verantwortung verbunden. Jeder achte Bürger Ulms wohnt in einer unserer Wohnungen. Im Mietwohnungsbereich sogar jeder vierte. Bitte beschreiben Sie kurz: Wer und was ist die UWS? Die UWS ist als städtische Wohnungsgesellschaft nicht nur der größte Wohnungsanbieter in Ulm, sondern auch ein Garant für viele Menschen, dass sie sich das Wohnen weiterhin leisten können. Genauso sind wir ein Garant dafür, dass sich die Dinge in der Stadtgesellschaft nicht so stark verschieben, wie das vielleicht woanders ist. Denn eine Wohnung ist nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch ein soziales Gut. Das ist vielen vielleicht nicht bewusst. Wir sehen darin aber unsere Kernaufgabe. Wie lautet Ihre Philosophie? Philosophie ist ein großes Wort. Ich glaube, wenn wir mit unseren 7500 Wohnungen in Ulm sicherstellen können, dass Menschen bezahlbaren Wohnraum bekommen, so ist das eine Art Philosophie. Das machen wir heute, das wollen wir in Zukunft tun und ausbauen. Dennoch muss sich auch eine kommunale Wohnungsgesellschaft refinanzieren. Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus? Bevor ich hierherkam, habe ich bei einem großen Immobilienunternehmen gearbeitet. Da war es relativ einfach: Im Vordergrund stand die Rendite-Maximierung. Der Ansatz der UWS ist anders. Zum einen geht es darum, inwieweit Mieten erhöht werden können und Wohnen trotzdem noch leistbar bleibt. Zum anderen müssen wir Jahresüberschüsse erwirtschaften, die es uns ermöglichen, in den Wohnungsbestand und in Neubauten zu investieren. Die Balance zu finden, ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung und hängt maßgeblich von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Wie beurteilen Sie die Lage im Wohnungsbau? Manche sprechen von einem großen Sturm, der über den Wohnungsbau hinwegfegt. Wir befinden uns in einer extrem schwierigen Situation. Wir haben einen sehr schnellen Zinsanstieg erlebt. Das macht die Refinanzierung schwieriger. Vor allem aber sind die Baukosten rasant gestiegen. 2011 haben wir noch für weniger als die Hälfte der Kosten Neubauten erstellt. Daran sieht man, mit welcher Dynamik sich die Baupreise entwickeln. Was hat das für Ursachen? Da ist zum Beispiel das Thema Preisentwicklung am Baumarkt, das durch die Kapazitäten bedingt ist. Wir hatten Materialknappheit Eine Wohnung ist nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch ein soziales Gut. während der Corona-Krise. Aber auch die zunehmenden gesetzlichen Auflagen machen das Bauen teuer. Viele dieser Vorgaben sind in sich gut begründet und erklärbar. Dennoch muss man sich überlegen, ob all das wirklich notwendig und sinnvoll ist. Was noch hinzu kommt: Wir haben in den vergangenen Jahren Ansprüche entwickelt, die wir uns heute vielleicht nicht mehr leisten können. Zum Beispiel bei der Größe der Wohnfläche oder der Qualität des Innenausbaus. Welche Rolle spielt die zum Teil gestrichene öffentliche Förderung? Das ist einer der Bausteine, die on top kommen. Die Bundesförderung ist praktisch weggefallen. Für geförderten Wohnraum gibt es das Landeswohnraumförderungsprogramm. Das ist so überzeichnet, dass wir bis Ende dieses Jahres keine Mittel abrufen können. Das heißt, wenn wir jetzt einen Neubau starten möchten mit gefördertem Wohnraum, dann können wir frühestens Ende dieses Jahres auf eine Zusage der Mittel hoffen. Ohne diese garantiert zu bekommen. Können Sie unter diesen Bedingungen neue Projekte über Ihre Mieteinnahmen refinanzieren? Zur Person Frank Pinsler (56) ist in Erfurt geboren und aufgewachsen. In der Wendezeit studierte er an der Bauhaus-Universität in Weimar, später promovierte er an der Technischen Universtität Hamburg-Harburg Bauphysik, Werkstoffe und Bauwesen. Bevor er 2008 bei der Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft als Geschäftsführer einstieg, arbeitete er unter anderem acht Jahre für den versicherungsgebundenen Immobiliendienstleister Allianz Real Estate. Seit November 2023 ist er Vorsitzender der Vereinigung badenwürttembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen. Pinsler lebt mit seiner Lebensgefährtin und Hund in Ulm. Er ist sommers wie winters gerne in den Bergen, sei es zum Skifahren oder zum Wandern.