Hamburg Woman 1-2024
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FFasten erlebt seit einiger Zeit einen Hype.<br />
Dabei ist das Prinzip uralt: Unsere Vorfahren<br />
in der Steinzeit aßen immer nur dann, wenn<br />
sie etwas erbeutet hatten – zwischen den<br />
Mahlzeiten lagen oft lange Pausen. Auch<br />
heute noch könnten wir gut längere Zeit ohne<br />
feste Nahrung überstehen. Doch wir leben<br />
im Überfluss, Essen ist immer verfügbar.<br />
Statt zu hungern, essen wir immer mehr,<br />
immer ungesünder, bewegen uns noch dazu<br />
weniger und sind häufig gestresst. Die Folge:<br />
Lebensstilbedingte Zivilisationskrankheiten<br />
wie Übergewicht und Diabetes Typ-2, aber<br />
auch chronische Entzündungen und Herz-<br />
Kreislauf-Erkrankungen nehmen zu.<br />
MACH MAL PAUSE<br />
Wer dem entgegenwirken will, sollte daher<br />
Essenspausen einlegen. Beim Fasten wird<br />
für eine bestimmte Zeit vollständig oder teilweise<br />
auf bestimmte Speisen, Getränke und<br />
Genussmittel verzichtet. Das dient der Entlastung<br />
und der Regeneration des gesamten<br />
Organismus und all seiner Zellen. Auch die<br />
Psyche profitiert, denn der Essensverzicht ist<br />
eine ganzheitliche Erfahrung, die körperliche,<br />
aber auch mentale Veränderungen hervorrufen<br />
kann. Körper und Geist werden durch<br />
die Nahrungsrestriktion auf das Wesentliche<br />
zurückgeführt, Stress und seine gesundheitlichen<br />
Folgen werden reduziert.<br />
Heute ist auch wissenschaftlich belegt,<br />
dass Fasten wirkt. Es heilt Entzündungen,<br />
kann Schmerzen lindern, die Laune heben, den<br />
Stoffwechsel entlasten und kurbelt die Fettverbrennung<br />
an. Die Leistungsfähigkeit steigt, der<br />
Schlaf verbessert sich, gefährliches Bauchfett<br />
wird reduziert und der Darm gestärkt.<br />
MOLEKULARER ZELL-<br />
MÜLL WIRD ENTSORGT<br />
Außerdem fördert Fasten die Autophagie –<br />
eine Art körpereigenes Recycling-System.<br />
Denn wenn der Körper nicht mit der Verdauung<br />
von Nahrung beschäftigt ist, entsorgt er<br />
molekularen Zellmüll, der sich durch Stoffwechselvorgänge<br />
in den Zellen ansammelt.<br />
Alte, geschädigte oder auch überflüssige<br />
Proteine, Fette und Zellorganellen werden<br />
abgebaut, Einzelteile danach neu verwendet.<br />
Die Autophagie hält uns gesund, Störungen<br />
der Prozesse werden mit einer wachsenden<br />
Zahl von Erkrankungen in Verbindung<br />
gebracht, von Diabetes über Krebs bis zu<br />
Parkinson. Auch der Alterungsprozess wird<br />
durch die Autophagie offenbar ausgebremst.<br />
Bedeutet: Fasten hält die Zellen jung und<br />
kann das Leben verlängern.<br />
FÜR JEDE<br />
GIBT ES EINE<br />
RICHTIGE FASTEN-<br />
ART – VOM<br />
INTERVALL-<br />
FASTEN BIS ZU<br />
EINER MEHR-<br />
WÖCHIGEN<br />
FASTENKUR<br />
HEALTH<br />
SCHLANK DURCH FASTEN<br />
Auch ein Gewichtsverlust wird durch Fasten<br />
unterstützt. Denn in Hungerphasen greift der<br />
Körper auf seine Energiereserven zurück, die<br />
er für den Notfall in Organen und im Gewebe<br />
gespeichert hat. Ob der Abnehmerfolg von<br />
Dauer ist, liegt dann jedoch an uns selbst.<br />
Wer nach einer Fastenkur direkt wieder in die<br />
alten Ernährungsmuster verfällt, muss sich<br />
nicht wundern, wenn der Jo-Jo-Effekt eintritt.<br />
Man sollte deshalb immer auf eine dauerhafte<br />
Umstellung der Ernährungsgewohnheiten<br />
setzen. So kann man das Gewicht dann<br />
tatsächlich auch langfristig halten. Moderate<br />
Bewegung unterstützt das Fasten zusätzlich.<br />
Schwimmen, Spaziergänge, Fastenwanderungen,<br />
Yoga und Qigong sind ideal. Die<br />
Bewegung fördert die Autophagie, außerdem<br />
erhöht Fasten in Kombination mit Bewegung<br />
die Ausschüttung und Wirkung von Wachstumshormonen<br />
in den Tiefschlafphasen. Bei<br />
Kindern wurde dadurch etwa ein verbessertes<br />
Längen- und Knochenwachstum festgestellt,<br />
bei Erwachsenen ein besserer Fettabbau.<br />
MIT INTERVALL-<br />
FASTEN STARTEN<br />
Einzig: Fasten ist keine Pille, die man einfach<br />
einnehmen kann. Man muss schon etwas<br />
dafür tun, sich aktiv in Verzicht üben. Wem<br />
die Vorstellung unbehaglich ist, dem sei gesagt:<br />
Ans Fasten gewöhnt man sich. Und jede<br />
findet eine Fastenart, die zu ihr passt. Gut für<br />
Einsteigerinnen und besonders alltagstauglich<br />
ist etwa Intervallfasten.<br />
Es ist keine zeitlich begrenzte Kur, sondern<br />
wird dauerhaft durchgeführt. Ganz nach dem<br />
Motto: It’s not a diet, it’s a lifestyle. Und<br />
wer darf überhaupt eine Fastenkur machen?<br />
Grundsätzlich fast jede. Schwangere, Stillende<br />
und Schwerkranke sollten nicht fasten,<br />
bei chronischen Krankheiten oder anderen<br />
Beschwerden muss vorher das Go vom Hausarzt<br />
eingeholt werden. Einsteigerinnen wird<br />
empfohlen, mit einer professionell begleiteten,<br />
individuell angepassten Kur zu beginnen.<br />
Ein gesunder, fastenerfahrener Mensch, der<br />
ein gutes Körpergefühl hat und sich mit den<br />
Bedürfnissen seines Körpers gut auskennt,<br />
kann dann aber später auch allein fasten.<br />
VIELE MODERNE KONZEPTE<br />
In Sachen Ernährung wurde in den letzten<br />
Jahren vieles, was lange als gesund galt,<br />
durch neue Studien widerlegt. So weiß man<br />
zum Beispiel heute, dass der hohe Konsum<br />
von Weißmehlerzeugnissen und tierischen<br />
Produkten Hand in Hand mit der Zunahme<br />
von Zivilisationskrankheiten geht, weil sie<br />
unter anderem stark säurebildend sind und<br />
Entzündungsprozesse im Körper fördern.<br />
Kuren wie die „F. X. Mayr“-Kur gibt es heute<br />
deshalb auch schon als vegane Variante. Das<br />
Prinzip Fasten, so alt und bewährt es auch<br />
ist, darf also immer wieder auch neu gedacht<br />
werden – und ist damit zeitgemäßer denn je.<br />
HAMBURG<br />
I 01/<strong>2024</strong> 41