FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 29
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
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q CORNELIA WIEDEMEYER IM INTERVIEW<br />
» Wenn hybrid, dann richtig hybrid. «<br />
Ich muss nicht mehr mit drei dicken Ordnern auf Beiratssitzungen<br />
erscheinen, sondern klappe meinen mobilen Laptop auf.<br />
Auch der Austausch mit den Beiräten erfolgt mittlerweile nur<br />
noch digital. Für die Dokumentation nutzen wir das Datenmanagementsystem<br />
der bremischen öffentlichen Verwaltung.<br />
Ich unterstütze den Wunsch der Beiräte nach einheitlicher<br />
technischer Ausstattung, entsprechenden Schulungen und<br />
einem Informationssystem, wie es die AbgeordnetInnen der<br />
Bremischen Bürgerschaft nutzen.<br />
Mit fällt auf, dass Sie nur die digitale Optimierung von internen<br />
Prozessen beschreiben. Der Fokus meiner Frage liegt woanders:<br />
Kommen wir daher nochmals auf niedrigschwellige,<br />
digitale Beteiligungsmöglichkeiten für die BürgerInnen an der<br />
Lokalpolitik zurück. Hybride Sitzungen, die lokal vor Ort und<br />
gleichzeitig in digitaler Form online stattfinden, wurden zuletzt<br />
wieder eingestellt. Hybride Sitzungen werden in anderen<br />
Bremer Stadtteilen längst erfolgreich praktiziert, aber nicht im<br />
Bremer Westen. Wieso nutzen andere Beiräte in Bremen längst<br />
die Technik, die man weiterhin nicht im Ortsamt West hat,<br />
das immerhin für über 90.000 Menschen in Gröpelingen, Walle<br />
und Findorff zuständig ist ? Wann werden hybride Sitzungen<br />
eingeführt – die auch eine gute Lösung wären, um interessante<br />
ReferentInnen ortsunabhängig von überall dazuzuschalten ?<br />
Ich stimme Ihnen zu. Auch ich würde lieber heute als morgen<br />
sofort hybride Sitzungen realisieren. Ich bin allerdings der<br />
Auffassung: Wenn hybrid, dann richtig hybrid – und keine Notlösungen<br />
mehr. Hybride Sitzungen müssen sicherstellen, dass<br />
der Austausch zwischen den BürgerInnen, ReferentInnen und<br />
dem Beirat technisch einwandfrei gegeben ist. Was wir bisher<br />
im Ortsamt West technisch hinbekommen haben, sind absolute<br />
Notlösungen, die sich schwierig gestaltetet haben – und die es<br />
mit mir als Ortsamtsleiterin so nicht noch einmal geben wird.<br />
Ich bin der Meinung: Ganz oder gar nicht ! Man braucht für<br />
gute Lösungen auch Personal. Die Videositzungen, die während<br />
der Coronazeit online realisiert wurden, waren keine hybriden<br />
Sitzungen, sondern Zoom-Konferenzen. Eine Zoom-Konferenz<br />
kann man natürlich jederzeit machen, aber das ist keine echte<br />
hybride Sitzung – und ich glaube, viele, die die Worte »hybride<br />
Sitzungen« in den Mund nehmen, haben keine Vorstellung<br />
davon, was dafür tatsächlich technisch erforderlich ist.<br />
Wer ist dafür verantwortlich und zuständig, hybride Sitzungen<br />
auf diesem Level einzuführen, wie Sie es sich vorstellen ?<br />
Die Einführung eines professionellen Systems für zukünftige<br />
Videositzungen, die für alle Ortsämter gleiche Bedingungen<br />
für hybride Sitzungen schaffen könnten, muss über die Senatskanzlei<br />
laufen. Erforderlich sind neben der Technik eine<br />
entsprechende Software und personelle Unterstützung. Man<br />
darf vermuten, dass gegenwärtig dafür die finanziellen Mittel<br />
nicht vorhanden sind.<br />
Wenn es eine Lösung geben würde, wäre die im Ortsamt West ?<br />
So ist es. Auch wenn die FindorfferInnen dann wieder sagen:<br />
»Warum müssen wir nach Walle ins Ortsamt kommen ?«<br />
Das sehe ich nicht so, weil »hybrid« könnte man sich ja auch<br />
niedrigschwellig und ortsunabhängig an der Sitzung beteiligen.<br />
Einverstanden, aber dazu gibt es noch einen anderen Punkt zu<br />
bedenken: Es herrscht Anwesenheitspflicht. Die Beiratsmitglieder<br />
müssen in Präsenz anwesend sein. Wenn sie sich online<br />
dazuschalten wollen, müsste im Ortsgesetz der rechtliche<br />
Rahmen für die Anwesenheitspflicht neu angepasst werden.<br />
Ist das notwendig ? Die hybride Beiratssitzung findet doch<br />
gleichzeitig wie gehabt nach wie vor auch analog in Präsenz<br />
statt. Die Beiratsmitglieder bleiben im Sitzungssaal weiterhin<br />
zur Anwesenheit verpflichtet. Auch BürgerInnen, die lieber<br />
analog dabei sein möchten, könnten weiterhin zum Ortsamt<br />
in den Sitzungssaal gehen und dort live vor Ort teilnehmen.<br />
Beiratsmitglieder könnten dennoch auf die Idee kommen, sich<br />
online dazuschalten zu wollen. Wie gesagt: Das gibt das Ortsgesetz<br />
wegen der auf Anwesenheit ausgerichteten Formulierungen<br />
derzeit nicht her – und es müsste erst entsprechend angepasst<br />
werden. Es steht auch im Ortsgesetz, das BürgerInnen sich zu<br />
jedem Sachverhalt äußern können. Gilt das auch, wenn sich im<br />
Extremfall hunderte BürgerInnen dazuschalten und äußern<br />
wollen? Solche Punkte müssen durch den Gesetzgeber übergeordnet<br />
für alle Ortsämter rechtlich geklärt werden.<br />
Werfen wir einen Blick auf die derzeitige Internetpräsenz des<br />
Ortsamtes West unter www.ortsamtwest.bremen.de. Die Protokolle<br />
von Beiratssitzungen werden als vorläufige Dokumente<br />
zur Information der BürgerInnen nach drei Wochen hochgeladen<br />
und nach drei Monaten freigegeben. Muss das so sein ?<br />
Der Zeitraum für die Abstimmung der Protokolle ergibt sich<br />
aus der Geschäftsordnung. Wir bemühen uns im Ortsamt,<br />
die Protokolle innerhalb einer Woche fertigzustellen. Danach<br />
erfolgt die Abstimmung mit den SprecherInnen des jeweiligen<br />
Fachausschusses oder des Stadtteilbeirats. Die verantwortlichen<br />
Beiratsmitglieder sind angehalten, möglichst schnell zu antworten,<br />
was sie nicht immer tun. Nach der Freigabe kann das<br />
Protokoll dann als vorläufiges Protokoll online gestellt werden.<br />
Protokolle sind Protokolle. Klar, die müssen erstellt werden.<br />
Aber Sie haben wieder nur interne Prozesse zwischen Ortsamt<br />
und Beirat beschrieben. Meine Frage bezieht sich primär auf<br />
Servicefreundlichkeit hinsichtlich der Information gegenüber<br />
den BürgerInnen – und die damit verbundene Außenwirkung.<br />
Als PDF online abgelegte Protokolle sind das einzige offizielle<br />
Angebot, um sich nachträglich über analog abgehaltene Sitzungen<br />
zu informieren, an denen man vielleicht nicht teilnehmen<br />
konnte, weil man zum Beispiel beruflich verhindert war. Diese<br />
sehr stark eingeschränkte Form der Information, sich über die<br />
Themen und Beschlüsse auf den stattgefundenen Sitzungen zu<br />
informieren, ist aus meiner Sicht im digitalen Zeitalter u<br />
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