MAGAZIN - Deutscher Bridge-Verband e.V.

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Fragen an den kleinen
Turnierleiter
■ Christian Farwig
Frage: Beim letzten Paar-Turnier in
unserem Club wurde in der dritten
Spielrunde nach Aufdecken des Dummy
die Turnierleitung gerufen. Vorangegangen
war folgende Reizung bei
dieser Blattverteilung:
Teiler O, Gefahr N/S
♠B873
♥62
♦AB8
♣D10 52
♠10 542
♥KD94
♦D764
♣A
N ♠KD96
W O♥A
♦K10 953
S ♣K97
♠ A
♥ B 10 8753
♦2
♣B8643
West Nord Ost Süd
1 ♦ 2 SA 1)
– 3 ♥ – 4 ♥
alle passen
1) 2SAwurde alertiert und auf Nachfrage
knapp beantwortet: „Beide
Oberfarben.“
Als Ost sein verdecktes Aufspiel umdrehte,kam
der Dummyauf denTisch.
Jetzt wurde die TL gerufen und von
der Gegnerseite die Alert-Auskunft
bemängelt, da man dadurch daran
gehindert worden sei, selbst in das
Pik-Vollspiel zu kommen.
Der Turnierleiter, andessen Tisch
dieses Board bereits von O/W mit 4 ♠
gespielt worden war, entschied, dass
nach Aufdeckung des Anspiels und
des Tisches der Kontrakt 4 ♥ gespielt
werden sollte und behielt sich vor,
eventuell einen berichtigten Scorezuzuteilen.
Die Ergebnisse nach Schluss
des Turniers lauteten:
3x4♠vonO/W erfüllt (420) –
1x4♠im Kontraeinmal gefallen.
Die übrigen sechs Paarungen
spielten 4 ♥ von N/S, davon dreimal
plus 1und einmal sogar im Kontramit
Überstich erfüllt.
Wir sind geteilter Meinung, obTL
eine Korrektur vornehmen muss. UnsereFrage:
HätteSüddie Auskunftseines
Partners „beide Oberfarben“ vor
dem Umdrehen des Ausspiels nicht
korrigieren müssen? Was wären die
Folgen gewesen? Darf nur der Letzte,
der gepasst hatte, seine Ansage korrigieren
oder muss die Reizung bis zum
Alertzurückgenommen werden?
November 2008
Antwort: Die richtige Entscheidung
hängt ganz davonab, wasdie tatsächliche
Partnerschaftsübereinkunft ist.
War die Auskunft falsch, d. h. 2SA
zeigte die roten Farben, oder war die
Reizung falsch und die Auskunft richtig?
Wenn die Auskunftrichtig war, sich
Südinseinem 2SA-Gebot schlichtgeirrt
hat und die N/S-Spieler dies dem
Turnierleiter glaubhaft versichern
können (in diesen Fällen liegt die Beweislast
bei der schuldigen Seite),
dann gibt es fürdie unschuldige Seite
kein Anrecht auf eine Scorekorrektur
oder eine verbesserte Auskunft vor
dem Ausspiel. Essei denn, dass Süd
die unerlaubte Information über seinen
Irrtum, die er durch Partners Auskunft
bekommen hat, ausnutzt. Stellen
sie sich vor, die Reizung wäre gegangen:
West Nord Ost Süd
1 ♦ 2 SA 1)
– 3 ♠ – 4 ♥
alle passen
Jetzt hätte Südmit seinem 4♥-Gebot
die unerlaubte Information durch
Partners Auskunftausgenutzt und der
Turnierleiter sollte einen berichtigten
Scoregeben.
Wenn die Auskunftfalsch war, muss
der Alleinspieler vor dem Umdrehen
des ersten Ausspiels die Auskunftkorrigieren,
etwa in dieser Art: „Bitte das
Ausspiel nicht umdrehen! Mein Partner
hat leider eine falsche Auskunft
gegeben, mein Gebot zeigteTreffund
Coeur.“ Jetzt kann der Ausspieler seine
Kartewieder zurücknehmen (§ 47.E.2)
und Ost kann sein abschließendes
Passe wieder zurücknehmen; die Reizung
lebt jetzt wieder auf.
Dies hat der Turnierleiter falsch
entschieden, der faktische Schaden ist
jedoch begrenzt: Ich kann mir schwer
vorstellen, das Ost auf 4 ♥ jetzt 4 ♠
reizt.Wenn Ost oder West reizen, dann
direkt über 2SAoder 3 ♥. Was jetzt
der Turnierleiter entscheidet, hängt
auch vonder Spielstärke der Paareab.
Aus der Ferne würde ich die Wahrscheinlichkeit
für hinreichend hoch
halten, dass Ost sich auf 3 ♥ mit 3 ♠
meldet, sodas ich als Turnierleiter einen
berichtigten Score geben würde,
in diesem Fall 4 ♠ erfüllt. Aber wie er-
Technik
wähnt – da ist der Turnierleiter am
Tisch unter dem direkten Einfluss der
Einlassungen der Teilnehmer in einer
besseren Position, um den wahrscheinlichen
Ausgang der Hand ohne
den Regelverstoß zu bestimmen. ■
Alerteines DelayedGame Raise
Frage: Beim letzten Club-Turnier
spielten mein Mann und ich eine verzögerte
Oberfarbhebung:
West Nord Ost Süd
1 ♥ – 2 ♣
– 2 ♥ – 3 ♥
– 4 ♥ alle passen
Nach der Reizung fragten uns die
Gegner,was die 2♣-Ansage bedeuten
würde. Wir gaben Auskunft: 4er-Treff,
ab 11 Pkt, in dieser Reizung mit der
Absicht mit der anschließenden Hebung
auf 3 ♥ einen starken Coeur-Anschluss
ab 16 FV zu zeigen. Die Gegner
waren nun der Ansicht, dass wir die
2♣-Ansage hätten alertieren müssen.
Darüber hinaus behaupteten sie,dass
der Antwortende in seiner ersten Antwort
nur eine 5er-Farbe nennen darf.
Ich bitte Sie nun um eine Klärung der
strittigen Fragen.
Antwort: Die Regeln scheren sich
nichtumSinn oder Unsinn vonSystemen
und Konventionen. Dass sich aus
den Regeln ergibt, dass der Antwortende
eine 5er-Farbe haben müsste,
ist nichtrichtig.
Die Frage des Alerts lässt sich auch
leicht beantworten: Eine Alert-Pflicht
bestehtfürdas 3♥-Gebot; hier muss die
Auskunft „partieforcierende Coeur-Hebung
mit mindestens 4er-Treff“ gegeben
werden. Anders sieht esmit 2 ♣
aus. Solange Sie mit Ihrem 2♣-Gebot
eine 4er-Farbe garantieren, gibt es keinen
Grund fürein Alert, auch wenn Sie
daneben auch eine 4er-Unterstützung
in Partners Farben haben könnten. Eine
Analogie: Wenn die Reizung geht:
West Nord Ost Süd
1 ♦ – 1 ♠
dann kann 1 ♠ sehr wohl auch ein 4er-
Karo beinhalten, und kein Mensch
würde deswegen das 1♠-Gebot alertieren.
2 ♣ wäre dann zu alertieren,
wenn es entweder ein natürliches Gebot
oder eine verzögerte Hebung
(„Delayed Game Raise“) sein könnte,
2 ♣ also keine Treff-Länge versprechen
würde. ■
Anfragen können Sie unter
kleinerturnierleiter@
bridgescore.de stellen.
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