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Formen multinationaler Zusammenarbeit in der Entwicklung ...

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Michael Kugler<br />

<strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> militärischer<br />

Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong><br />

geme<strong>in</strong>samen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union<br />

März 2011<br />

Copyright 2011 Michael Kugler<br />

Alle Rechte vorbehalten


FORMEN MULTINATIONALER ZUSAMMENARBEIT<br />

IN DER ENTWICKLUNG MILITÄRISCHER<br />

FÄHIGKEITEN IM RAHMEN DER GEMEINSAMEN<br />

SICHERHEITS- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK DER<br />

EUROPÄISCHEN UNION.<br />

Darstellung und vergleichende Bewertung sowie<br />

Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

verfasst von<br />

Michael Kugler<br />

Diplomarbeit, vorgelegt am Institut für Humanwissenschaften,<br />

Sozial- und Politikwissenschaften <strong>der</strong> Eidgenössischen Technischen<br />

Hochschule (ETH) Zürich, <strong>in</strong> teilweiser Erfüllung <strong>der</strong> Auflagen zur<br />

Erreichung des Grades e<strong>in</strong>es Master of Advanced Studies <strong>in</strong><br />

Security Policy and Crisis Management (MAS SPCM).<br />

Wien, im März 2011<br />

Copyright 2011 Michael Kugler<br />

All Rights Reserved


DANKSAGUNG<br />

Herrn Professor Andreas WENGER und Herrn Generalmajor Wolfgang<br />

WOSOLSOBE danke ich für die umsichtige Betreuung und Anleitung wäh-<br />

rend <strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit.<br />

Dem Leiter des Büros für Sicherheitspolitik im Bundesm<strong>in</strong>isterium für Landesverteidigung<br />

und Sport, Herrn Oberst Dr. Johann FRANK, MAS, danke<br />

ich für die laufende wissenschaftliche und fachliche Unterstützung sowie<br />

für die verständnisvolle Gewährung <strong>der</strong> zur Bearbeitung nötigen Freiräu-<br />

me.<br />

Beim Organisationsteam des MAS SPCM am Zentrum für Sicherheits-<br />

studien an <strong>der</strong> ETH Zürich bedanke ich mich für die effiziente und zielorientierte<br />

Unterstützung während des gesamten Studienganges.<br />

Jenen Kameraden und Freunden, die ihre Freizeit <strong>der</strong> Korrektur <strong>der</strong> vor-<br />

liegenden Arbeit geopfert haben, gebührt me<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Dank.<br />

Die <strong>in</strong> dieser Arbeit getroffenen E<strong>in</strong>schätzungen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e offiziellen<br />

Positionen des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Landesverteidigung und<br />

Sport, son<strong>der</strong>n ausschließlich das Resultat e<strong>in</strong>er akademischwissenschaftlichen<br />

Analyse des Verfassers.<br />

ii


INHALTSVERZEICHNIS<br />

ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................. vi<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ............................................................... vii<br />

ABSTRACT ............................................................................................ viii<br />

1. EINLEITUNG ....................................................................................... 11<br />

1.1 Rahmenbed<strong>in</strong>gungen europäischer militärischer<br />

Fähigkeitsentwicklung .................................................................................... 12<br />

1.1.1 Zukünftige sicherheitspolitische Herausfor<strong>der</strong>ungen .................. 12<br />

1.1.2 <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Verteidigungshaushalte ...................................... 14<br />

1.1.3 Auswirkungen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzkrise ........................................................ 16<br />

1.2 Mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> als Lösungsansatz .......................... 18<br />

1.3 Methode und Aufbau ............................................................................... 21<br />

1.3.1 Forschungsfragen ............................................................................. 21<br />

1.3.2 Aufbau <strong>der</strong> Arbeit .............................................................................. 23<br />

1.4 Begriffe und Themene<strong>in</strong>grenzung ......................................................... 24<br />

2. GRUNDLAGEN DER BEARBEITUNG ............................................... 27<br />

2.1 Europäische Integration als sicherheitspolitisches Konzept ............. 28<br />

2.1.1 Die GSVP als Kernelement <strong>der</strong> GASP .......................................... 29<br />

2.1.2 Zur Bedeutung des militärischen Anteils <strong>der</strong> GSVP .................... 30<br />

2.1.3 Zur Bedeutung <strong>der</strong> GSVP für Österreich ...................................... 32<br />

2.1.4 Zur gestalterischen Rolle Österreichs im Rahmen <strong>der</strong> GSVP ... 34<br />

2.2 Strategische Optionen zur Weiterentwicklung militärischer<br />

Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP .............................................................. 37<br />

2.2.1 Darstellung <strong>der</strong> Literatur zu strategischen Optionen ................... 38<br />

2.2.2 Strategische Optionen für Österreich ............................................ 41<br />

iii


3. EXKURS: ENTWICKLUNG MILITÄRISCHER FÄHIGKEITEN<br />

IM RAHMEN DER EU .............................................................................. 45<br />

3.1 Das Planziel 2010 .................................................................................... 45<br />

3.1.1 Der EU-Streitkräfteplanungsprozess ............................................. 47<br />

3.1.2 Bestehende Fähigkeitsdefizite ........................................................ 48<br />

3.1.3 Die Europäische Verteidigungsagentur ......................................... 50<br />

3.2 Der Capability Development Plan ......................................................... 51<br />

3.3 EU-NATO-Dimension <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung ............................... 52<br />

3.4 Aspekte <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung im Vertrag von Lissabon ........... 54<br />

4. FORMEN MULTINATIONALER ZUSAMMENARBEIT IN DER<br />

FÄHIGKEITSENTWICKLUNG ................................................................ 59<br />

4.1 Grundsätzliche Überlegungen zur <strong>Zusammenarbeit</strong> .......................... 59<br />

4.1.1 Beweggründe und Zielsetzungen ................................................... 59<br />

4.1.2 Kooperationsför<strong>der</strong>nde Aspekte ..................................................... 62<br />

4.2 Beschreibung möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen ............................ 66<br />

4.2.1 Geme<strong>in</strong>same Nutzung nationaler Fähigkeiten ............................. 68<br />

4.2.2 Koord<strong>in</strong>ierte Verwendung nationaler Fähigkeiten ........................ 71<br />

4.2.3 Rollen- und Aufgabenteilung ........................................................... 75<br />

4.2.4 Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten durch<br />

geme<strong>in</strong>same Beschaffung ......................................................................... 79<br />

4.3 Erste zusammenfassende Betrachtung ............................................... 82<br />

5. BEWERTUNG DER EINZELNEN ZUSAMMENARBEITSFORMEN ... 85<br />

5.1 Erarbeitung von Bewertungskriterien .................................................... 86<br />

5.1.1 Kategorie „politische Kriterien“ ........................................................ 89<br />

5.1.2 Kategorie „wirtschaftliche Kriterien“ ............................................... 92<br />

5.1.3 Kategorie „militärisch-operationelle Kriterien“ .............................. 94<br />

5.2 Bewertung <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler Fähigkeiten ........ 99<br />

5.3 Bewertung <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten Verwendung nationaler<br />

Fähigkeiten .................................................................................................... 103<br />

5.4 Bewertung <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung ..................................... 109<br />

iv


5.5 Bewertung <strong>der</strong> Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten<br />

durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung ................................................................ 114<br />

6. ZUSAMMENFASSUNG UND ABLEITUNGEN ................................. 121<br />

6.1 Zusammenfassung <strong>der</strong> Analyseergebnisse ....................................... 121<br />

6.2 Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik ........................................................ 125<br />

LITERATURVERZEICHNIS ................................................................... 133<br />

Anhang A-1: Bewertungskriterien ...................................................... 141<br />

Anhang A-2: Ergebnis <strong>der</strong> Bewertung ............................................... 143<br />

v


ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

Abbildung 1: Beweggründe für <strong>Zusammenarbeit</strong> ..................................... 60<br />

Abbildung 2: Bestimmende Parameter für die geme<strong>in</strong>same Nutzung<br />

nationaler Fähigkeiten .............................................................................. 69<br />

Abbildung 3: Bestimmende Parameter für die koord<strong>in</strong>ierte<br />

Verwendung nationaler Fähigkeiten ......................................................... 72<br />

Abbildung 4: Bestimmende Parameter für die Rollen- und<br />

Aufgabenteilung ....................................................................................... 76<br />

Abbildung 5: Bestimmende Parameter für die Zusammenlegung<br />

von kritischen Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>samen Beschaffung ................. 80<br />

Abbildung 6: Stärken und Schwächen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation ......... 87<br />

Abbildung 7: Möglichkeiten und Risiken im Zusammenhang mit<br />

mult<strong>in</strong>ationalen Kooperationen ................................................................. 87<br />

Abbildung 8: Kategorisierung <strong>der</strong> Bewertungskriterien ............................ 88<br />

vi


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

ASDE Air Situation Data Exchange<br />

AWACS Airborne Warn<strong>in</strong>g and Control System<br />

BMLVS Bundesm<strong>in</strong>isterium für Landesverteidigung und Sport<br />

CDP Capability Development Plan<br />

CoE Center of Excellence<br />

C-IED Counter Improvised Explosive Devices<br />

EATC European Air Transport Command<br />

EATF European Air Transport Fleet<br />

EAC European Airlift Center<br />

ESVP Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

EU Europäische Union<br />

EVA Europäische Verteidigungsagentur<br />

GASP Geme<strong>in</strong>samen Außen- und Sicherheitspolitik<br />

GSVP Geme<strong>in</strong>same Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

HLG Headl<strong>in</strong>e Goal<br />

IED Improvised Explosive Devices<br />

IISS International Institute for Strategic Studies<br />

MCCE Movement Coord<strong>in</strong>ation Center Europe<br />

NAEW&CF NATO Airborne Early Warn<strong>in</strong>g and Control Force<br />

NATO Nordatlantische Vertragsorganisation<br />

NATO/PfP NATO Partnerschaft für den Frieden<br />

NORDEFCO Nordic Defence Cooperation<br />

ÖBH Österreichisches Bundesheer<br />

SAC Strategic Airlift Capability<br />

SCC Sealift Coord<strong>in</strong>ation Center<br />

SSZ Ständig Strukturierte <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

SWOT Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats<br />

vii


ABSTRACT<br />

Angesichts steigen<strong>der</strong> sicherheitspolitischer Herausfor<strong>der</strong>ungen bei<br />

gleichzeitiger Reduktion budgetärer Mittel für Verteidigung wird es für die<br />

Mitgliedsstaaten <strong>der</strong> Europäischen Union zunehmend schwieriger, das für<br />

die anspruchsvollen Aufgabenstellungen im <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagement<br />

erfor<strong>der</strong>liche Spektrum an militärischen Fähigkeiten - parallel zu<br />

jenen, die zur nationalen Aufgabenerfüllung benötigt werden - aufrecht zu<br />

erhalten.<br />

Als e<strong>in</strong> Lösungsansatz wird, sowohl auf <strong>der</strong> politischen als auch auf <strong>der</strong><br />

militärischen Ebene, die Nutzung von Möglichkeiten <strong>der</strong> Ressourcenoptimierung<br />

im Bereich militärischer Fähigkeiten durch Anwendung von<br />

mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen thematisiert.<br />

In <strong>der</strong> e<strong>in</strong>schlägigen wissenschaftlichen Literatur werden mögliche <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

und <strong>der</strong>en potentieller Mehrwert für die Geme<strong>in</strong>same<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik <strong>der</strong> Europäischen Union breit diskutiert.<br />

Praktisch werden die unterschiedlichen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger <strong>in</strong>tensiv genutzt, diesbezügliche Erfahrungswerte s<strong>in</strong>d<br />

vorhanden.<br />

Seit dem Jahr 2008 s<strong>in</strong>d Fragen <strong>der</strong> Nutzung von mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sformen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung auch Teil <strong>der</strong> vertei-<br />

digungspolitischen Agenda <strong>der</strong> Europäischen Union. Konkret werden<br />

dabei die geme<strong>in</strong>same Nutzung bzw. die koord<strong>in</strong>ierte Verwendung natio-<br />

naler Fähigkeiten, die Rollen- und Aufgabenteilung sowie die geme<strong>in</strong>same<br />

Beschaffung von kritischen Fähigkeiten diskutiert.<br />

Es ist das Ziel des Verfassers, im Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit die<br />

unterschiedlichen <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

militärischer Fähigkeiten e<strong>in</strong>er systematischen Analyse und vergleichen-<br />

viii


den Bewertung zu unterziehen. Ausgehend von dieser Analyse und<br />

Bewertung will die Arbeit Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong> öster-<br />

reichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik treffen.<br />

Die Analyse e<strong>in</strong>zelner <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen zeigt, dass sich diese<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> jeweiligen Beitragsleistung,<br />

h<strong>in</strong>sichtlich des mit <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform verbundenen<br />

mult<strong>in</strong>ationalen Koord<strong>in</strong>ierungsaufwandes sowie h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> nationalen<br />

Entscheidungsautonomie über die <strong>in</strong> die <strong>Zusammenarbeit</strong> e<strong>in</strong>gebrachten<br />

Fähigkeiten unterscheiden. Darüber h<strong>in</strong>aus wirkt sich die<br />

Teilnahme an bestimmten Kooperationsformen unterschiedlich stark auf<br />

das verbleibende nationale Fähigkeitsspektrum aus.<br />

Mit Blick auf bereits zwischen europäischen Staaten bestehende Koope-<br />

rationen ist festzustellen, dass eher <strong>in</strong> jenen <strong>Formen</strong> kooperiert wird, die<br />

die nationale Entscheidungsautonomie nicht o<strong>der</strong> nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Ausmaß<br />

e<strong>in</strong>schränken und die ke<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> nur ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>fluss auf das verbleibende<br />

nationale Fähigkeitsspektrum haben. Auch Kooperationen, an denen<br />

sich Österreich beteiligt, liegen weitgehend <strong>in</strong> diesem Bereich.<br />

E<strong>in</strong>e Bewertung <strong>der</strong> unterschiedlichen <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

aus politischen, wirtschaftlichen und militärisch-operationellen<br />

Gesichtspunkten ergibt folgenden Befund: Je höher die zu erwartenden<br />

politischen Kooperationsgew<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d, desto wahrsche<strong>in</strong>licher kommt es<br />

auch zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen politischen Handlungsautonomie.<br />

Dieselbe Logik gilt auch <strong>in</strong> Bezug auf das Potential zur<br />

Schließung von Fähigkeitslücken im europäischen Kontext. Komplexität<br />

und Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand erhöhen sich mit steigendem Potential zur<br />

Erzielung wirtschaftlicher Effizienzgew<strong>in</strong>ne. E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> Bezug auf<br />

das nationale Fähigkeitsspektrum steigen mit dem Potential <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Kooperationsform zur Schließung europäischer Fähigkeitslücken.<br />

ix


Mit <strong>der</strong> Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Fähigkeitsentwicklung muss je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Staat also unweigerlich e<strong>in</strong>e<br />

Abwägung zwischen möglichen wirtschaftlichen Effizienzgew<strong>in</strong>nen und <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie vornehmen. Zusätz-<br />

lich stellt die Notwendigkeit <strong>der</strong> Reduktion re<strong>in</strong> nationaler Fähigkeiten<br />

zugunsten <strong>der</strong> Vorhaltung <strong>der</strong>selben im mult<strong>in</strong>ationalen Kontext trotz<br />

offensichtlich möglicher politischer- und Effizienzgew<strong>in</strong>ne die jeweiligen<br />

Staaten vor schwerwiegende politische Richtungsentscheidungen.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite eröffnen sich aber auch für den e<strong>in</strong>zelnen Staat<br />

Gestaltungschancen durch e<strong>in</strong>e aktive Teilnahme an mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Kooperationen. E<strong>in</strong>e Betrachtung <strong>der</strong> sicherheitspolitischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

erlaubt den Schluss, dass sich gerade auch für Österreich<br />

erhebliches politisches und militärisches Gestaltungspotential bietet.<br />

Zur Ausnutzung dieses Potentials wären aus nationaler Perspektive<br />

entsprechende Grundlagen zu schaffen. Zunächst wären klare politische<br />

Planungs- und Umsetzungsvorgaben, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e betreffend vertretbarer<br />

E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums, politisch akzeptabler<br />

E<strong>in</strong>schränkung nationaler Handlungsautonomie sowie rechtlicher<br />

und budgetärer Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, zu treffen. Die Identifikation<br />

möglicher und s<strong>in</strong>nvoller <strong>Zusammenarbeit</strong>sfel<strong>der</strong> hätte basierend auf<br />

diesen Vorgaben im Rahmen e<strong>in</strong>es transparenten, auf europäischer<br />

Ebene abgestimmten Planungsprozesses zu erfolgen und müsste von<br />

e<strong>in</strong>er aktiven, ergebnisoffenen Suche nach möglichen Kooperationspart-<br />

nern begleitet werden. Auf Basis getroffener Kooperationsentscheidungen<br />

müssten sowohl im nationalen als auch im <strong>in</strong>ternationalen Rahmen die<br />

notwendigen aufbau- und ablauforganisatorischen Mechanismen<br />

geschaffen werden, um e<strong>in</strong>e verlässliche Teilnahme Österreichs an<br />

Aktivitäten im Rahmen <strong>der</strong> jeweiligen <strong>Zusammenarbeit</strong>sform sicherzustellen.<br />

x


Kapitel 1<br />

EINLEITUNG<br />

In an uncerta<strong>in</strong> world of fast chang<strong>in</strong>g dynamics and threats,<br />

the more we do together the more efficient we are. And the<br />

stronger and safer Europe will be.<br />

(Javier Solana, Brüssel, 28. Juli 2009) 1<br />

If we want to enhance the Alliance’s ability to anticipate the<br />

emerg<strong>in</strong>g security challenges, if we want to adapt its capabilities<br />

accord<strong>in</strong>gly, we need to do this by mak<strong>in</strong>g more effective<br />

and efficient use of the resources we currently have.<br />

(An<strong>der</strong>s Fogh Rasmussen, Brüssel, 26. April 2010) 2<br />

Diese beiden Aussagen maßgeblicher europäischer Persönlichkeiten aus<br />

dem Bereich <strong>der</strong> Sicherheitspolitik 3<br />

beschreiben treffend die Herausforde-<br />

rungen, mit denen europäische Staaten konfrontiert s<strong>in</strong>d - unabhängig da-<br />

von, ob sie ihre sicherheitspolitischen Zielsetzungen im Rahmen <strong>der</strong> Eu-<br />

ropäischen Union (EU) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nordatlantischen Vertragsorganisation<br />

(NATO) verwirklicht sehen. Die Bewältigung aktueller und zukünftiger Si-<br />

cherheitsherausfor<strong>der</strong>ungen ist den obigen Feststellungen zufolge nur<br />

möglich, wenn die vorhandenen Ressourcen effektiv und effizient e<strong>in</strong>ge-<br />

setzt werden. Die Auswirkungen <strong>der</strong> globalen F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />

unterstreichen diese Tatsache.<br />

1<br />

Solana, 2009, S. 3.<br />

2<br />

Rasmussen, 2010, S. 1.<br />

3<br />

Javier Solana prägte als Generalsekretär/Hoher Vertreter <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samen Außenund<br />

Sicherheitspolitik im Zeitraum von 1999 bis 2009 maßgeblich die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik <strong>der</strong> EU; An<strong>der</strong>s Fogh Rasmussen ist <strong>der</strong> aktuelle<br />

NATO-Generalsekretär.<br />

11


1.1 Rahmenbed<strong>in</strong>gungen europäischer militärischer Fähigkeitsentwicklung<br />

Bevor näher auf Methode und Aufbau <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit e<strong>in</strong>gegan-<br />

gen wird, sollen zunächst Rahmenbed<strong>in</strong>gungen militärischer Fähigkeits-<br />

entwicklung im Kontext <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samen Sicherheits- und Verteidi-<br />

gungspolitik (GSVP) 4<br />

<strong>der</strong> EU dargestellt und e<strong>in</strong> Konnex zu <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> hergestellt werden.<br />

1.1.1 Zukünftige sicherheitspolitische Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Zukünftige sicherheitspolitische Herausfor<strong>der</strong>ungen mit unmittelbarer<br />

Rückwirkung auf die militärische Fähigkeitsentwicklung werden <strong>in</strong>sbeson-<br />

<strong>der</strong>e durch zu erwartende sicherheitsrelevante Umfeldbed<strong>in</strong>gungen sowie<br />

durch fortschreitende technologische <strong>Entwicklung</strong>en bestimmt.<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen im Zusammenhang mit den sicherheitsrelevanten Um-<br />

feldbed<strong>in</strong>gungen manifestieren sich vor allem <strong>in</strong> den Phänomenen <strong>der</strong><br />

Globalisierung und <strong>der</strong> damit e<strong>in</strong>hergehenden zunehmenden Vernetzung<br />

mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften. Wesentliche Aspekte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusam-<br />

menhang s<strong>in</strong>d die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, <strong>in</strong>te-<br />

ressengelenkter <strong>in</strong>ternationaler Terrorismus o<strong>der</strong> organisierte Krim<strong>in</strong>alität,<br />

aber auch Folgen <strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung (beispielsweise Migration<br />

o<strong>der</strong> zunehmende Urbanisierung), Energie- und Ressourcenprobleme<br />

o<strong>der</strong> auch Umweltgefahren. Zusätzlich zu dieser <strong>in</strong>haltlichen Ausweitung<br />

<strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen ist zu berücksichtigen, dass durch die globale<br />

Vernetzung die räumliche Distanz zu krisenhaften <strong>Entwicklung</strong>en alle<strong>in</strong>e<br />

ke<strong>in</strong> ausreichen<strong>der</strong> Schutz vor den Konsequenzen <strong>der</strong>selben ist.<br />

Technologische <strong>Entwicklung</strong>en werden weiterh<strong>in</strong> und zunehmend E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die sicherheitspolitischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und somit auf die mili-<br />

4 Die Bezeichnung GSVP wurde mit dem Vertrag von Lissabon neu e<strong>in</strong>geführt und ersetzt<br />

die bis dah<strong>in</strong> verwendete Bezeichnung Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

(ESVP). Zwecks besserer Lesbarkeit wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten Arbeit durchgängig<br />

<strong>der</strong> Begriff GSVP (auch synonym für den Begriff ESVP) verwendet.<br />

12


tärische Fähigkeitsentwicklung nehmen. Fortschritte <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

br<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Reihe von neuen Möglichkeiten auch für Streitkräfte mit sich,<br />

es steigen dadurch aber auch Sicherheitsrisiken. Diese Risikosteigerung<br />

ergibt sich e<strong>in</strong>erseits durch e<strong>in</strong>e immer weiter fortschreitende technologi-<br />

sche Abhängigkeit mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften samt ihrer Sicherheitsapparate,<br />

an<strong>der</strong>erseits durch die Tatsache, dass immer mehr staatliche und auch<br />

nichtstaatliche Akteure Zugang zu Hochtechnologie mit potentiell militärisch-offensiven<br />

Nutzungsmöglichkeiten erhalten. Die technologische Do-<br />

m<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> westlichen Welt wird auch im militärischen Bereich zunehmend<br />

schwieriger zu erhalten se<strong>in</strong>. 5<br />

E<strong>in</strong>e Konsequenz <strong>der</strong> dargestellten <strong>Entwicklung</strong>en ist, dass es für den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Mitgliedsstaat <strong>der</strong> EU zunehmend unmöglich wird, das gesamte<br />

Spektrum an Herausfor<strong>der</strong>ungen alle<strong>in</strong>e zu bewältigen.<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>er treffenden Analyse mit Blick auf die <strong>Entwicklung</strong> militäri-<br />

scher Fähigkeiten beschreibt <strong>der</strong> schwedische Forscher Thomas Ries zukünftige<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den drei Dimensionen „sozial“, „funktional“<br />

und „ökologisch“ und leitet jeweils Konsequenzen für die GSVP - mit e<strong>in</strong>em<br />

Zeithorizont 2020 - ab. 6 Demzufolge muss die EU im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP auch zukünftig über e<strong>in</strong>e breite Palette an Instrumenten zur Abde-<br />

ckung e<strong>in</strong>es weitgefächerten Spektrums an Aufgaben verfügen. Dem militärischen<br />

Instrument - auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „re<strong>in</strong>en Form“ als Mittel legitimierter<br />

Gewaltanwendung - kommt dabei unverän<strong>der</strong>t hohe Bedeutung zu. 7<br />

Mili-<br />

tärische Kräfte müssen weiterh<strong>in</strong> und zunehmend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en<br />

breiten Aufgabenmix im zivil-militärischen Kontext und e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

mult<strong>in</strong>ationalen Rahmen zu bewältigen. Dies führt zu steigen<strong>der</strong> Interde-<br />

5 Vgl. The Netherlands M<strong>in</strong>istry of Defence, March 2010, S. 14; für e<strong>in</strong>e ausführliche Diskussion<br />

<strong>der</strong> Konsequenzen zukünftiger technologischer <strong>Entwicklung</strong>en für militärische<br />

Fähigkeiten vgl. UK M<strong>in</strong>istry of Defence, February 2010, S. 135–156.<br />

6 Vgl. Ries, 2009, S. 61–74.<br />

7 Vgl. ebenda, S. 73.<br />

13


pendenz zwischen den (europäischen) Streitkräften und verlangt e<strong>in</strong>e en-<br />

gere <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>der</strong>selben. 8<br />

E<strong>in</strong>e nach außen gerichtete europäische Interessenspolitik ist nur glaub-<br />

würdig, wenn sie von <strong>der</strong> Fähigkeit und dem überzeugten Willen zum E<strong>in</strong>-<br />

satz militärischer Mittel getragen ist. Im Lichte knapper werden<strong>der</strong> Res-<br />

sourcen ist dies e<strong>in</strong> weiteres Indiz für die notwendige Zusammenführung<br />

europäischer militärischer Fähigkeiten zum Zwecke höchstmöglicher Effi-<br />

9<br />

zienz.<br />

1.1.2 <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Verteidigungshaushalte<br />

Die Verteidigungsbudgets <strong>der</strong> EU-Mitgliedsstaaten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> im Verlauf <strong>der</strong><br />

letzten zehn Jahren kont<strong>in</strong>uierlich von e<strong>in</strong>em Anteil von durchschnittlich<br />

1,8 % <strong>der</strong> jeweiligen Brutto<strong>in</strong>landsprodukte im Jahr 1999 auf durchschnitt-<br />

lich 1,4 % im Jahr 2009 gesunken. 10 Beson<strong>der</strong>s signifikant stellte sich die-<br />

ser Trend im Jahr 2009 dar. Die gesamten Verteidigungsausgaben <strong>der</strong> 27<br />

EU-Mitgliedsstaaten s<strong>in</strong>d im Vergleich zum Jahr 2008 angesichts <strong>der</strong> Fi-<br />

nanzkrise um 3,5 % gesunken. 11<br />

Trotz dieser besorgniserregenden Tendenz s<strong>in</strong>d die Verteidigungsausga-<br />

ben aller EU-Mitgliedsstaaten zusammengenommen, nach jenen <strong>der</strong> USA,<br />

12<br />

noch immer unangefochten die zweithöchsten Ausgaben weltweit.<br />

8<br />

Vgl. Björner, 26.10.2010, S. 9.<br />

9<br />

Vgl. Biscop/Coelmont, Oktober 2010, S. 3.<br />

10<br />

Vgl. Keohane 2009b, S. 3.<br />

11<br />

Vgl. European Defence Agency, 2010a, S. 4.<br />

12<br />

Vgl. Silvestri, 2009, S. 79; diverse vergleichende Tabellen die Verteidigungsausgaben<br />

europäischer Staaten betreffend f<strong>in</strong>den sich bei Institut Thomas More, Oktober 2010,<br />

S. 3–8.<br />

14<br />

Acht<br />

EU-Mitgliedsstaaten rangieren unter den weltweit 20 Staaten mit den<br />

höchsten Verteidigungsausgaben. Nach den USA folgen die beiden EU-<br />

Mitglie<strong>der</strong> Frankreich und Großbritannien an zweiter und dritter Stelle. Zu-<br />

sammengenommen machen die Verteidigungsausgaben <strong>der</strong> EU-<br />

Mitgliedsstaaten - im Jahr 2009 beliefen sich diese auf etwa 230 Milliarden


Euro 13 - so viel aus wie jene von Ch<strong>in</strong>a, Japan, Russland, Saudi-Arabien,<br />

Indien, Brasilien, Südkorea und Australien zusammengenommen. 14<br />

Es darf daher davon ausgegangen werden, dass mit den europaweit ver-<br />

fügbaren f<strong>in</strong>anziellen Mitteln <strong>der</strong> gesamteuropäische militärische Bedarf<br />

gedeckt werden könnte. Das Problem <strong>in</strong> Europa ist also generell nicht e<strong>in</strong><br />

zuwenig an Mitteln für Verteidigung, son<strong>der</strong>n die Tatsache, dass diese<br />

verfügbaren Mittel <strong>in</strong> 27 mehr o<strong>der</strong> weniger große E<strong>in</strong>zelbudgets zerglie-<br />

15<br />

<strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d, welche je nach nationaler Interessenslage und – aus europäi-<br />

schem Blickw<strong>in</strong>kel betrachtet – unkoord<strong>in</strong>iert verwendet werden. Innereuropäischer<br />

Duplikation und <strong>in</strong>effizientem Ressourcene<strong>in</strong>satz s<strong>in</strong>d daher<br />

Tür und Tor geöffnet.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund notwendiger budgetärer Maßnahmen zur Bewälti-<br />

gung <strong>der</strong> Folgen <strong>der</strong> jüngsten F<strong>in</strong>anzkrise ist es unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass<br />

Verteidigungsausgaben <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> absehbarer Zeit steigen werden.<br />

Steuererhöhungen o<strong>der</strong> Kürzung von Sozialleistungen zugunsten erhöhter<br />

Verteidigungsausgaben sche<strong>in</strong>en im momentanen politischen und ökono-<br />

mischen Klima illusorisch zu se<strong>in</strong>. Im Falle <strong>der</strong> fortgesetzten Abwesenheit<br />

e<strong>in</strong>er existenziellen Bedrohung des europäischen Kont<strong>in</strong>ents und se<strong>in</strong>er<br />

Bevölkerung wird es auch auf absehbare Zeit ke<strong>in</strong>e Bereitschaft geben,<br />

mehr <strong>in</strong> Verteidigung (zu Lasten e<strong>in</strong>es über die Jahre des friedlichen Mit-<br />

16<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>s aufgebauten Wohlfahrtsstaates) zu <strong>in</strong>vestieren. E<strong>in</strong>er effizien-<br />

ten Verwendung verfügbarer Mittel im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er rationelleren und besser<br />

koord<strong>in</strong>ierten Vorgangsweise kommt daher, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Anbetracht<br />

<strong>der</strong> zuvor dargestellten globalen Herausfor<strong>der</strong>ungen, beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

zu. 17<br />

13 Vgl. Institut Thomas More, Oktober 2010, S. 4.<br />

14 Vgl. Howorth, 2010, S. 3.<br />

15 Vgl. Grevi/Keohane, 2009, S. 69.<br />

16 Vgl. Larrabee, 2009, S. 58–59.<br />

17 Vgl. Silvestri, 2009, S. 79.<br />

15


1.1.3 Auswirkungen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzkrise<br />

Die Verteidigungsbudgets s<strong>in</strong>d potentiell die „ersten Opfer“ von Budget-<br />

kürzungen, da hier zunächst Investitionen gestrichen werden können und<br />

sich Kürzungen nicht sofort auf sensible Bereiche wie den Arbeitsmarkt<br />

auswirken - selbst wenn sie <strong>in</strong>direkt natürlich auch die Industrie und somit<br />

Arbeitsplätze treffen. 18<br />

Aktuelle <strong>Entwicklung</strong>en europäischer Verteidigungsbudgets bestätigen<br />

diese Feststellung. So kündigte beispielsweise Italien an, die Verteidigungsausgaben<br />

im Jahr 2011 um 10 % kürzen zu wollen. Frankreich erwog<br />

laut Presseberichten e<strong>in</strong>e Ausgabenkürzung von zwei bis fünf Milliarden<br />

Euro <strong>in</strong> den nächsten drei Jahren, und Deutschland kündigte im Juni<br />

2010 Strukturreformen an. In Großbritannien kündigte die Regierung Kürzungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 25 % <strong>in</strong> den meisten M<strong>in</strong>isterien, darunter auch <strong>in</strong><br />

dem für Verteidigung, an. In Spanien wurden nach <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung des<br />

Militärs ebenfalls Kürzungen angekündigt, da es laut Regierung bereits<br />

19<br />

schwierig sei, existierende Strukturen aufrecht zu erhalten. In Österreich<br />

stellt sich ebenso das Problem von E<strong>in</strong>sparungen unter gleichzeitiger Auf-<br />

rechterhaltung des gefor<strong>der</strong>ten Leistungsspektrums <strong>in</strong>klusive laufenden<br />

E<strong>in</strong>sätzen im mult<strong>in</strong>ationalen Kontext. 20<br />

Die angeschlagenen Staatshaushalte schränken somit auf absehbare Zeit<br />

die Spielräume für <strong>in</strong>ternationale militärische Verpflichtungen e<strong>in</strong>, die Auf-<br />

21<br />

wendungen für äußere Sicherheit werden tendenziell weiter s<strong>in</strong>ken. Die<br />

Wirtschaftskrise mit ihren f<strong>in</strong>anz- und <strong>in</strong>nenpolitischen Folgen wird also auf<br />

Jahre h<strong>in</strong>aus die außen- und sicherheitspolitischen Ressourcen <strong>der</strong> euro-<br />

18<br />

Vgl. Maulny, 2010, S. 2.<br />

19<br />

Vgl. The International Institute for Strategic Studies (IISS), 2010a, S. 163–165.<br />

20<br />

Das Bundesm<strong>in</strong>isterium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) hat <strong>in</strong> den kommenden<br />

vier Jahren zum<strong>in</strong>dest 530 Millionen Euro e<strong>in</strong>zusparen (vgl. dazu die Homepage<br />

des BMLVS, onl<strong>in</strong>e verfügbar unter http://www.bundesheer.at/journalist/pa_body.php?<br />

id=2365&timel<strong>in</strong>e=5; zuletzt geprüft am 16.02.2011).<br />

21<br />

Vgl. Jann<strong>in</strong>g, 2010, S. 18.<br />

16


päischen Staaten beschränken. 22 Gleichzeitig steigen die Kosten für die<br />

Beschaffung und die Erhaltung militärischer Ausrüstung und Bewaffnung<br />

im Schnitt um fünf bis zehn Prozent jährlich. In Anbetracht dieser Umstän-<br />

de und die Nachwirkungen <strong>der</strong> jüngsten Wirtschafts- und F<strong>in</strong>anzkrise be-<br />

rücksichtigend wird verständlich, dass <strong>der</strong> Handlungsspielraum <strong>in</strong> <strong>der</strong> mili-<br />

tärischen Fähigkeitsentwicklung <strong>in</strong> den nationalen Verteidigungsm<strong>in</strong>iste-<br />

rien stark e<strong>in</strong>geschränkt ist. 23<br />

Im Lichte <strong>der</strong> dargestellten <strong>Entwicklung</strong>en ist vorstellbar, dass es zu e<strong>in</strong>er<br />

„Renationalisierung“ von Sicherheit und Verteidigung kommen könnte.<br />

Staaten könnten versucht se<strong>in</strong> (und e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> im Jahr 2009 getroffenen<br />

Maßnahmen zur Stimulierung <strong>der</strong> Wirtschaft deuten darauf h<strong>in</strong>), die Fi-<br />

nanzkrise als e<strong>in</strong>e Begründung für die Steigerung protektionistischer Ten-<br />

denzen zu nutzen. Mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> würde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sol-<br />

chen Szenario zugunsten <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung nationaler Industrien (mit dem<br />

Argument <strong>der</strong> notwendigen Sicherung von Arbeitsplätzen) zurückgestellt<br />

24<br />

werden.<br />

Im militärischen Bereich könnte das bedeuten, dass die e<strong>in</strong>ge-<br />

schränkt verfügbaren Ressourcen ausschließlich für die Erhaltung von<br />

Fähigkeiten, die für re<strong>in</strong> nationale Zwecke vorgesehen s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>gesetzt<br />

würden und es dadurch zu e<strong>in</strong>er Vernachlässigung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Aspek-<br />

te wie Operationsbeteiligungen o<strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung im mult<strong>in</strong>atio-<br />

nalen Kontext käme.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hat die bisherige <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> GSVP <strong>der</strong> EU<br />

jedoch bewiesen, dass zur Weiterentwicklung immer wie<strong>der</strong> externe Sti-<br />

mulanzien <strong>in</strong> Form von Krisen erfor<strong>der</strong>lich waren. So hat etwa die Balkan-<br />

Krise erst die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> GSVP gestartet. Die Krise rund um die eu-<br />

ropäische Beteiligung am US-geführten Irak-Feldzug im Jahr 2003 hat da-<br />

zu geführt, dass Fragen <strong>der</strong> Verteidigung als geson<strong>der</strong>te Materie im Kon-<br />

22 Vgl. ebenda, S. 27.<br />

23 Vgl. Weis, 2009, S. 115.<br />

24 Vgl. Giegerich, 2010a, S. 98, Fußnote 5.<br />

17


vent über die Zukunft <strong>der</strong> Europäischen Union behandelt wurden. Insofern<br />

besteht durchaus auch die Chance, dass die notwendige Bewältigung <strong>der</strong><br />

Folgen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise e<strong>in</strong>e Ära <strong>der</strong> weiter vertieften In-<br />

tegration im Bereich <strong>der</strong> GSVP, unter an<strong>der</strong>em durch Nutzung bzw. unter<br />

verstärkter Anwendung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen, e<strong>in</strong>läu-<br />

tet. 25<br />

E<strong>in</strong>e tiefergehende Analyse <strong>der</strong> beiden dargestellten grundsätzlich mögli-<br />

chen <strong>Entwicklung</strong>sl<strong>in</strong>ien ist nicht Gegenstand <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit. Bei<br />

den <strong>in</strong> weiterer Folge vorgestellten und analysierten <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung handelt es sich jedenfalls<br />

um Instrumente vertiefter Integration im Rahmen <strong>der</strong> GSVP. Es wird<br />

daher <strong>in</strong> <strong>der</strong> weiteren Bearbeitung von e<strong>in</strong>em Szenario e<strong>in</strong>er zukünftigen<br />

GSVP-<strong>Entwicklung</strong> <strong>in</strong> Richtung vertiefter Integration und nicht <strong>in</strong> Richtung<br />

e<strong>in</strong>er Renationalisierung ausgegangen.<br />

1.2 Mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> als Lösungsansatz<br />

Neben e<strong>in</strong>er Reihe deklaratorischer Erklärungen zur Notwendigkeit <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

Kooperation wird dieselbe zunehmend konkret als möglicher<br />

Lösungsansatz thematisiert. Diese Diskussion ist aber nicht ganz neu. Bereits<br />

im Jahr 2003 bekräftigten die Außenm<strong>in</strong>ister <strong>der</strong> EU <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erklä-<br />

rung zu den militärischen Fähigkeiten, nach Lösungen wie Leas<strong>in</strong>g o<strong>der</strong><br />

Mult<strong>in</strong>ationalisierung suchen und die Möglichkeiten für e<strong>in</strong>e Rollenspezialisierung<br />

prüfen zu wollen. 26<br />

Im Zuge e<strong>in</strong>er programmatischen Rede mit Blick auf das neue strategi-<br />

sche Konzept <strong>der</strong> NATO im Mai 2010 betonte NATO-Generalsekretär<br />

Rasmussen, dass im Lichte <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzkrise und <strong>der</strong> s<strong>in</strong>kenden Verteidi-<br />

gungshaushalte e<strong>in</strong>e Anpassung <strong>der</strong> militärischen Kapazitäten an bestehende<br />

und zukünftige Herausfor<strong>der</strong>ungen nur dann möglich sei, wenn die<br />

25 Vgl. Kugler, September 2010, S. 4.<br />

26 Vgl. Borchert/Eggenberger, 2004, S. 230.<br />

18


vorhandenen Ressourcen effektiver und effizienter e<strong>in</strong>gesetzt werden. Es<br />

müsse das höchste Ziel <strong>der</strong> Transformation europäischer Streitkräfte se<strong>in</strong>,<br />

die europaweit verfügbaren Ressourcen effizienter zu nutzen. Lösungsan-<br />

sätze wären laut Rasmussen Priorisierung, geme<strong>in</strong>same Lösungen, ge-<br />

me<strong>in</strong>same F<strong>in</strong>anzierung, Spezialisierung, Vermeidung von Duplikation<br />

sowie Reform. 27<br />

In se<strong>in</strong>er Rede zur Lage <strong>der</strong> Europäischen Union am 7. September 2010<br />

drückte <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> Europäischen Kommission, José Manuel Barro-<br />

so, den Bedarf an mehr geme<strong>in</strong>samen Anstrengungen zur Bewältigung<br />

<strong>der</strong> Auswirkungen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise wie folgt aus:<br />

Für Europa ist dies die Stunde <strong>der</strong> Wahrheit. Europa muss zeigen,<br />

dass es mehr ist als e<strong>in</strong> Sammelsurium von 27 nationalen<br />

E<strong>in</strong>zellösungen. Entwe<strong>der</strong> ziehen wir alle an e<strong>in</strong>em Strang o<strong>der</strong><br />

wir gehen geme<strong>in</strong>sam unter. 28<br />

Diese Kollektivität sei <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch im Bereich <strong>der</strong> Verteidigungspo-<br />

litik erfor<strong>der</strong>lich, die Barroso als e<strong>in</strong>en zentralen Eckpfeiler <strong>der</strong> EU-Außen-<br />

politik bezeichnete.<br />

Der deutsche Verteidigungsm<strong>in</strong>ister Karl-Theodor zu Guttenberg stellte im<br />

Rahmen des <strong>in</strong>formellen EU-Verteidigungsm<strong>in</strong>istertreffens im September<br />

2010 <strong>in</strong> Gent unmissverständlich klar, dass sich die europäischen Staaten<br />

von dem Gedanken, dass je<strong>der</strong> Staat für sich über das volle Spektrum an<br />

militärischen Fähigkeiten verfügen könne, lösen müssten. 29<br />

Durch e<strong>in</strong><br />

Festhalten an dieser Illusion laufe man Gefahr, Ressourcen fortgesetzt zu<br />

verschwenden und die europäischen Fähigkeiten <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit weiter<br />

zu reduzieren. Basierend auf e<strong>in</strong>er nationalen Analyse sollten Gutten-<br />

27<br />

Vgl. Rasmussen, 2010, S. 1.<br />

28<br />

Barroso, 7.9.2010, S. 3.<br />

29<br />

„We have to do away with the m<strong>in</strong>dset that every state needs to possess each and<br />

every capability itself. It is nearly impossible for nations to ma<strong>in</strong>ta<strong>in</strong> all military capabilities<br />

required. We have to overcome all the current difficulties and to develop positive and<br />

constructive approaches.“ (zu Guttenberg, 2010, S. 3).<br />

19


erg zufolge jene Bereiche identifiziert werden, die sich für mult<strong>in</strong>ationale<br />

Kooperation unterschiedlicher Integrationstiefen eignen. 30<br />

Während <strong>der</strong> Anhörung des damaligen französischen Verteidigungsm<strong>in</strong>is-<br />

ters Hervé Mor<strong>in</strong> vor <strong>der</strong> Kommission für Landesverteidigung und Streit-<br />

kräfte im Französischen Parlament am 7. Juli 2010 kündigte dieser e<strong>in</strong>e<br />

Intensivierung <strong>der</strong> Kooperation mit europäischen Partnern, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

31<br />

mit Großbritannien, an. Zu diesem Zweck sollten die beiden Staaten zunächst<br />

analysieren, welche Kompetenzen und Mittel weiterh<strong>in</strong> unter alle<strong>in</strong>iger<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Staaten bleiben müssten, welche für „pool<strong>in</strong>g“ und<br />

„shar<strong>in</strong>g“ zur Verfügung stünden, und <strong>in</strong> welchen Bereichen e<strong>in</strong>e gegenseitige<br />

Abhängigkeit akzeptabel wäre. 32<br />

Betreffend die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidi-<br />

gungspolitik im Themenfeld ist festzustellen, dass so wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong><br />

europäischen Staaten die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Forcierung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung zwecks Erzielung von Synergieeffekten<br />

und Steigerung <strong>der</strong> Kosteneffizienz erkannt wurde. Entspre-<br />

chende öffentliche Aussagen des Bundesm<strong>in</strong>isters für Landesverteidigung<br />

33<br />

und Sport belegen diese Tatsache.<br />

Angesichts <strong>der</strong> wachsenden sicherheitspolitischen Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

speziell auch im Rahmen <strong>der</strong> GSVP, sowie <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> immer ger<strong>in</strong>ger<br />

werdenden f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen, die zur Bewältigung dieser Her-<br />

ausfor<strong>der</strong>ungen verfügbar s<strong>in</strong>d, werden Maßnahmen <strong>der</strong> Bündelung von<br />

Ressourcen im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Zusammenlegung <strong>der</strong>selben zunehmend erfor-<br />

30<br />

Vgl. zu Guttenberg, 2010, S. 2–4; auf den vorgeschlagenen Prozess wird im weiteren<br />

Verlauf <strong>der</strong> Arbeit noch e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

31<br />

Vgl. Assemblée Nationale, Commission de la défense nationale et des forces armées,<br />

2010.<br />

32<br />

Dieser e<strong>in</strong>geleitete Prozess führte (nach Ende des Beobachtungszeitraumes für diese<br />

Arbeit) zur Unterzeichnung e<strong>in</strong>er Erklärung zur Sicherheits- und Verteidigungskooperation<br />

durch die Staats- und Regierungschefs von Frankreich und Großbritannien am<br />

2. November 2010 <strong>in</strong> London. Abzuwarten bleibt, ob und <strong>in</strong>wieweit sich diese Initiative im<br />

Bereich <strong>der</strong> GSVP spürbar positiv auswirkt.<br />

33<br />

Vgl. Darabos, 2010a, S. 3–4 und Darabos, 2010b, S. 4–5.<br />

20


<strong>der</strong>lich. 34 Der Mangel an f<strong>in</strong>anziellen Mitteln könnte sich also als positiver<br />

Anreiz für mehr mult<strong>in</strong>ationale Kooperation erweisen. 35<br />

Mit Blick auf die teils sehr konkreten politischen Aussagen und Initiativen<br />

bezüglich e<strong>in</strong>er Intensivierung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation zeichnet sich<br />

e<strong>in</strong> klarer Trend <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er vermehrten Verfolgung solcher Lösun-<br />

gen ab.<br />

An diesem Punkt will die vorliegende Arbeit ansetzen. Es sollen Möglich-<br />

keiten <strong>der</strong> effizienteren europäischen <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Be-<br />

reitstellung militärischer Fähigkeiten mit Hauptaugenmerk auf die GSVP<br />

<strong>der</strong> EU vorgestellt, analysiert und bewertet werden. Die Bearbeitung folgt<br />

dabei <strong>der</strong> Überzeugung des Verfassers, dass e<strong>in</strong> klares Verständnis über<br />

Vor- und Nachteile möglicher <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung zentrale Voraussetzung ist, um das Potential<br />

solcher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen nutzen zu können.<br />

1.3 Methode und Aufbau<br />

Nach e<strong>in</strong>er ersten <strong>in</strong>haltlichen Heranführung an die <strong>der</strong> Arbeit zugrundeliegenden<br />

Problemstellungen wird im folgenden Abschnitt die methodische<br />

Vorgangsweise zur Erfassung, Analyse und systematischen Bewertung<br />

von mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen erläutert.<br />

1.3.1 Forschungsfragen<br />

Die wesentliche Leistung <strong>der</strong> folgenden Analyse und somit das arbeitsleitende<br />

Interesse liegt e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschreibung, an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

systematischen, vergleichenden Bewertung von <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten. Um die-<br />

sem arbeitsleitenden Interesse Rechnung zu tragen, werden im Laufe <strong>der</strong><br />

Arbeit folgende Forschungsfragen analysiert und beantwortet:<br />

34 Vgl. Fitschen/Grams, 2004, S. 19.<br />

35 Vgl. The International Institute for Strategic Studies (IISS), 2010a, S. 165.<br />

21


• Welche konkreten <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> im Be-<br />

reich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung gibt es und was s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>en be-<br />

stimmende Parameter?<br />

• Was s<strong>in</strong>d die Vor- und Nachteile, die im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Nutzung solcher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen beurteilt werden müs-<br />

sen?<br />

• Wie s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen aus politischen,<br />

ökonomischen und militärisch-operationellen Gesichtspunkten zu<br />

bewerten?<br />

• Welche Ableitung für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Si-<br />

cherheits- und Verteidigungspolitik ergeben sich h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er<br />

möglichen Teilnahme an diesen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen?<br />

Um diese Fragestellungen beantworten zu können ist die Anwendung e<strong>in</strong>er<br />

entsprechenden Analysemethode erfor<strong>der</strong>lich. Zu diesem Zweck wird<br />

zunächst e<strong>in</strong> Überblick über mögliche <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen gegeben<br />

und es werden die bestimmenden Kernelemente <strong>der</strong>selben herausgearbeitet.<br />

Dieser Bearbeitungsschritt erfolgt auf Basis e<strong>in</strong>er Auswertung von<br />

Primärquellen <strong>der</strong> EU, welche durch Erkenntnisse aus <strong>der</strong> fachwissenschaftlichen<br />

Sekundärliteratur ergänzt wird.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Bearbeitungsschritt werden aus den <strong>in</strong> den Primär- und<br />

Sekundärquellen beschriebenen Vor- und Nachteilen solcher Zusammen-<br />

arbeitsformen qualitative Bewertungskriterien abgeleitet. Es erfolgt e<strong>in</strong>e<br />

Kategorisierung <strong>der</strong>selben <strong>in</strong> politische, ökonomische und militärisch-<br />

operationelle Kriterien. Zum Zwecke <strong>der</strong> vergleichenden Bewertung <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen werden jedem <strong>der</strong> solcherart erarbeiteten<br />

Bewertungskriterien e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> mehrere Prüffragen zugeordnet. Die<br />

Beantwortung dieser Prüffragen stellt die qualitative Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zel-<br />

22


nen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen und damit das Kernelement <strong>der</strong> Analyse<br />

dar.<br />

Abschließend erfolgt e<strong>in</strong>e Verquickung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> qualitativen<br />

Bewertung mit bereits zuvor erarbeiteten strategischen Optionen Öster-<br />

reichs <strong>in</strong> Bezug auf die Weiterentwicklung militärischer Fähigkeiten im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP. Dadurch sollen Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong><br />

österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> zuletzt<br />

genannten Forschungsfrage ermöglicht werden.<br />

1.3.2 Aufbau <strong>der</strong> Arbeit<br />

Aufbauend auf <strong>der</strong> Darstellung von Rahmenbed<strong>in</strong>gungen europäischer<br />

Fähigkeitsentwicklung im ersten Kapitel wird im zweiten Kapitel <strong>der</strong> Arbeit<br />

die EU-Integration als sicherheitspolitisches Konzept Österreichs beleuchtet.<br />

Es ergibt sich aus diesem Bearbeitungsschritt e<strong>in</strong>e Reihe von Grund-<br />

annahmen, auf denen die weitere Analyse aufbaut. Insbeson<strong>der</strong>e werden<br />

auf Basis dieser Grundannahmen strategische Optionen zur Weiterent-<br />

wicklung militärischer Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP, die Kle<strong>in</strong>staaten<br />

zur Gestaltung ihrer Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> sicherheits- und verteidigungspolitischen<br />

Integration <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU offen stehen, erarbeitet.<br />

Im dritten Kapitel wird e<strong>in</strong> - aus Sicht des Verfassers für das Gesamtver-<br />

ständnis <strong>der</strong> Arbeit notwendiger - Überblick über die <strong>Entwicklung</strong> militärischer<br />

Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP gegeben. Zu diesem Zweck wer-<br />

den Prozesse, bestehende Defizite sowie mögliche Ansätze zur Verr<strong>in</strong>gerung<br />

<strong>der</strong>selben dargestellt. E<strong>in</strong>e Kurzbewertung <strong>der</strong> durch den Vertrag von<br />

Lissabon eröffneten Möglichkeiten <strong>in</strong> diesem Bereich ergänzt diesen Abschnitt.<br />

Das vierte Kapitel ist <strong>der</strong> Darstellung möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung gewidmet, im fünften Kapitel werden<br />

diese <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen e<strong>in</strong>er Analyse und vergleichenden Bewer-<br />

23


tung unterzogen. Hauptsächlich <strong>in</strong>nerhalb dieser beiden Kapitel erfolgt die<br />

Beantwortung <strong>der</strong> gestellten Forschungsfragen <strong>in</strong> Verfolgung des wesent-<br />

lichen arbeitsleitenden Interesses.<br />

Im abschließenden sechsten Kapitel werden schließlich die Analyseer-<br />

gebnisse zusammengefasst und es wird e<strong>in</strong> Konnex zwischen <strong>der</strong> Bewer-<br />

tung <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen und den im zweiten Kapitel erarbeiteten<br />

strategischen Optionen hergestellt. Dies ermöglicht generelle Ableitungen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidi-<br />

gungspolitik.<br />

1.4 Begriffe und Themene<strong>in</strong>grenzung<br />

Im Militärlexikon des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) wird <strong>der</strong> Beg-<br />

riff Fähigkeit (engl.: capability) wie folgt def<strong>in</strong>iert: „Fähigkeit bedeutet, anlassbezogen<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Leistung, ab e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt für<br />

e<strong>in</strong>e def<strong>in</strong>ierte Zeitdauer, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten geografischen Entfernung,<br />

<strong>in</strong> unterschiedlichen Klimazonen und politischen Umfeldbed<strong>in</strong>gungen<br />

erbr<strong>in</strong>gen zu können“. Im Kontext dieser Arbeit ist, sobald <strong>der</strong> Begriff Fähigkeit<br />

verwendet wird, immer e<strong>in</strong>e militärische Fähigkeit geme<strong>in</strong>t.<br />

Fähigkeitsentwicklung (engl.: capability development) ist demzufolge e<strong>in</strong><br />

Prozess, <strong>der</strong> zum Zwecke <strong>der</strong> Bereitstellung und Verwendung e<strong>in</strong>er militä-<br />

rischen Fähigkeit im oben def<strong>in</strong>ierten S<strong>in</strong>ne angewandt wird.<br />

Dieser Prozess ist nicht auf die re<strong>in</strong> materielle Bereitstellung e<strong>in</strong>es militäri-<br />

schen Ausrüstungsgegenstandes (z.B. e<strong>in</strong>er Plattform o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Waffensystems)<br />

zu beschränken. Fähigkeitsentwicklung erfolgt vielmehr entlang<br />

unterschiedlicher <strong>Entwicklung</strong>sl<strong>in</strong>ien (engl.: l<strong>in</strong>es of development). Zu diesen<br />

<strong>Entwicklung</strong>sl<strong>in</strong>ien zählen Ausbildung, Ausrüstung, Personal, Informa-<br />

tion, Doktr<strong>in</strong>en und Konzepte, Organisation, Infrastruktur, Logistik und <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit<br />

(Interoperabilität). 36<br />

Demzufolge s<strong>in</strong>d auch Mög-<br />

36 Vgl. UK M<strong>in</strong>istry of Defence, 2010, S. 1.<br />

24


lichkeiten für Kooperationen nicht auf die re<strong>in</strong> materielle Beistellung von<br />

Plattformen o<strong>der</strong> Ausrüstungsgegenständen e<strong>in</strong>geschränkt son<strong>der</strong>n ent-<br />

lang <strong>der</strong> dargestellten <strong>Entwicklung</strong>sl<strong>in</strong>ien zu betrachten.<br />

Als e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong>sform im Bereich <strong>der</strong> Fähig-<br />

keitsentwicklung kann jede Vere<strong>in</strong>barung verstanden werden, bei <strong>der</strong> zwei<br />

o<strong>der</strong> mehr Nationen zum Zwecke <strong>der</strong> Steigerung militärischer Fähigkeiten<br />

Der Fokus <strong>der</strong> Analyse und Bewertung wird auf jene<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sformen gelegt, an denen mehr als zwei Nationen teil-<br />

zusammenarbeiten. 37<br />

nehmen, die also im mult<strong>in</strong>ationalen Rahmen erfolgen. Wo s<strong>in</strong>nvoll und<br />

den Grundzügen <strong>der</strong> analysierten <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen entsprechend<br />

werden aber auch bilaterale Kooperationen betrachtet. Die Begriffe <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

und Kooperation werden im Verlauf <strong>der</strong> Arbeit synonym<br />

verwendet.<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> im europäischen sicherheitspolitischen Kontext ist natür-<br />

lich nicht auf die Bereitstellung und Verwendung militärischer Fähigkeiten<br />

beschränkt. Sie kann beispielsweise auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Forschung und <strong>der</strong> Tech-<br />

nologieentwicklung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rüstung und <strong>der</strong> Beschaffung o<strong>der</strong> im Bereich<br />

<strong>der</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrien zum Zwecke <strong>der</strong> Festigung <strong>der</strong> europäischen<br />

38<br />

technologischen und rüstungs<strong>in</strong>dustriellen Basis erfolgen. Im Rahmen<br />

dieser Arbeit wird jedoch e<strong>in</strong>e Fokussierung auf die Bereitstellung und<br />

Verwendung militärischer Fähigkeiten im weiter vorne def<strong>in</strong>ierten S<strong>in</strong>ne<br />

vorgenommen.<br />

E<strong>in</strong>e Schwergewichtssetzung auf Aspekte <strong>der</strong> GSVP erfolgt aus dem<br />

Verständnis heraus, dass Österreich se<strong>in</strong>e Sicherheits- und Verteidi-<br />

39<br />

gungspolitik im Rahmen <strong>der</strong> EU verwirklicht sieht.<br />

37 Vgl. UK M<strong>in</strong>istry of Defence, February 2001, S. 2.<br />

38 Vgl. Weis, 2009, S. 109–110.<br />

39 Vgl. Republik Österreich, 12.12.2001, S. 2; auch die Ende des Jahres 2010 zirkulierten<br />

ersten Entwürfe für e<strong>in</strong>e neue österreichische Sicherheitsstrategie weichen nicht von<br />

dieser Grundl<strong>in</strong>ie ab.<br />

25


Dem Verfasser ist bewusst, dass im Zusammenhang mit Fähigkeitsentwicklung<br />

im europäischen Kontext die NATO e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle<br />

spielt. Diese Rolle wird im Rahmen des dritten Kapitels zwar andiskutiert,<br />

vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Schwergewichtssetzung auf Aspekte <strong>der</strong> GSVP<br />

aber nicht <strong>in</strong> die Analyse und Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

mit e<strong>in</strong>bezogen.<br />

Mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> stellt e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung sowohl auf <strong>der</strong><br />

politischen und sicherheitspolitischen als auch auf <strong>der</strong> technischen Um-<br />

setzungsebene dar. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Schwergewicht<br />

auf die Analyse <strong>der</strong> politischen und sicherheitspolitischen Aspekte<br />

gelegt. Technische Umsetzungsaspekte werden im Rahmen <strong>der</strong> Analyse<br />

und Bewertung behandelt, allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> voller Breite. So werden <strong>in</strong>s-<br />

beson<strong>der</strong>e notwendige rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zwar thematisiert,<br />

nicht aber im Detail analysiert, da dies den Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Be-<br />

arbeitung sprengen würde.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Aktualität <strong>der</strong> Thematik und <strong>der</strong> laufenden Weiterentwicklun-<br />

gen ist es notwendig, den Beobachtungszeitraum e<strong>in</strong>zuschränken. In <strong>der</strong><br />

Arbeit s<strong>in</strong>d aktuelle <strong>Entwicklung</strong>en bis zum Stichtag 31. Oktober 2010 berücksichtigt.<br />

Die Literaturrecherche wurde zu diesem Datum abgeschlos-<br />

sen, spätere <strong>Entwicklung</strong>en wurden grundsätzlich nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit<br />

berücksichtigt. Wo Verweise auf aktuellere Ereignisse/<strong>Entwicklung</strong>en als<br />

zweckdienlich ersche<strong>in</strong>en, werden diese vorgenommen, jedoch klar als<br />

solche gekennzeichnet.<br />

26


Kapitel 2<br />

GRUNDLAGEN DER BEARBEITUNG<br />

Die EU ist seit ihrer Gründung als e<strong>in</strong> Projekt sowohl <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

als auch <strong>der</strong> politischen und sicherheitspolitischen Integration angelegt.<br />

Neben <strong>der</strong> Überw<strong>in</strong>dung des traditionellen multipolaren Systems europäi-<br />

scher Mächterivalität war und ist die stabilisierende Wirkung <strong>der</strong> EU auf<br />

das geographische Umfeld e<strong>in</strong>e wesentliche Sicherheitsfunktion.<br />

Die dritte und neuere Sicherheitsfunktion <strong>der</strong> EU ist <strong>in</strong> ihrer Fähigkeit zur<br />

Konfliktverhütung und Krisenbewältigung <strong>in</strong> regionalen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch außereuropäischen Konflikten zu verstehen. Diese Funktion wird zu<br />

e<strong>in</strong>em beträchtlichen Teil durch die Verfügbarkeit glaubhafter Mittel und<br />

Fähigkeiten - auch militärischer Art - im Rahmen <strong>der</strong> GSVP bestimmt. 40<br />

Durch die GSVP wird die nach außen, über den europäischen Rahmen<br />

gerichtete Sicherheitsfunktion <strong>der</strong> EU mit Leben erfüllt und e<strong>in</strong> Beitrag zur<br />

Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> EU als außen- und sicherheitspolitischer Akteur geleistet.<br />

Zusätzlich trägt die GSVP zu e<strong>in</strong>er Festigung und Vertiefung <strong>der</strong><br />

Integration europäischer Staaten im sicherheitspolitischen Bereich bei. 41<br />

Betrachtet man die Integration im Rahmen <strong>der</strong> EU ist festzustellen, dass<br />

42<br />

diese <strong>in</strong> unterschiedlichen Dimensionen erfolgt. In e<strong>in</strong>er sektoralen Di-<br />

mension erfolgt die E<strong>in</strong>beziehung neuer Politikfel<strong>der</strong> und dadurch gewissermaßen<br />

e<strong>in</strong>e Verbreiterung <strong>der</strong> Integration. In diese Dimension s<strong>in</strong>d beispielsweise<br />

die Schaffung des B<strong>in</strong>nenmarktes, die Währungsunion o<strong>der</strong><br />

eben die GSVP im Rahmen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samen Außen- und Sicherheitspolitik<br />

(GASP) e<strong>in</strong>zuordnen. In <strong>der</strong> vertikalen Dimension erfolgt e<strong>in</strong>e Vertiefung<br />

<strong>der</strong> Integration durch <strong>in</strong>haltliche Ausweitung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

40<br />

Vgl. Frank/Sandawi, 2005, S. 24.<br />

41<br />

Vgl. de Vasconcelos, 2009, S. 20.<br />

42<br />

Vgl. Schimmelfennig, 10.06.2010, S. 5.<br />

27


Politikfel<strong>der</strong>, beispielsweise durch e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

GASP/GSVP. E<strong>in</strong>e Vertiefung <strong>der</strong> Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dritten, <strong>der</strong> horizon-<br />

talen Dimension, ergibt sich durch territoriale Ausweitung, also durch die<br />

EU-Erweiterung.<br />

Während die Integrationstiefe durch Ausbau <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> sektoralen<br />

und horizontalen Integrationsdimension über die Jahre h<strong>in</strong>weg deutlich<br />

zugenommen hat, bleibt im Bereich <strong>der</strong> dritten, nach außen gerichteten<br />

Sicherheitsfunktion noch Raum für vertiefte Integration entlang <strong>der</strong> vertika-<br />

len Dimension. Insofern kann also aus dem Blickw<strong>in</strong>kel e<strong>in</strong>er fortschreitenden<br />

EU-Integration die GSVP als e<strong>in</strong>es jener Politikfel<strong>der</strong> bezeichnet<br />

werden, <strong>in</strong> dem noch entsprechendes <strong>Entwicklung</strong>spotential gegeben<br />

ist. 43 Insbeson<strong>der</strong>e vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> im Rahmen e<strong>in</strong>es globalisier-<br />

ten Umfeldes steigenden Bedeutung <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> EU als außen-<br />

und sicherheitspolitischer Akteur kommt e<strong>in</strong>em fortgesetzten Integra-<br />

tionsprozess <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sicherheits- und Verteidigungspolitik beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

zu. 44<br />

2.1 Europäische Integration als sicherheitspolitisches<br />

Konzept<br />

Ausgehend von den Feststellungen zum <strong>in</strong>tegrativen Potential <strong>der</strong> GSVP<br />

wird im folgenden Abschnitt die Rolle <strong>der</strong>selben für die Außen- und Si-<br />

cherheitspolitik <strong>der</strong> EU und die Bedeutung des militärischen Anteils <strong>der</strong><br />

GSVP <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht untersucht. Darüber h<strong>in</strong>aus wird nach <strong>der</strong> Rolle<br />

Österreichs im Rahmen <strong>der</strong> sicherheits- und verteidigungspolitischen Integration<br />

gefragt. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache zu berück-<br />

sichtigen, dass Österreich se<strong>in</strong>e Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen<br />

<strong>der</strong> EU verwirklicht sieht. 45<br />

43 Vgl. Ries, 2009, S. 61.<br />

44 Vgl. Frank/Sandawi, 2005, S. 24.<br />

45 Vgl. Republik Österreich, 12.12.2001, S. 2-3.<br />

28


Es ergeben sich aus dieser Untersuchung Grundannahmen, die als Basis<br />

für die weitere Bearbeitung dienen.<br />

2.1.1 Die GSVP als Kernelement <strong>der</strong> GASP<br />

Ausgangspunkt für die Schaffung <strong>der</strong> GSVP war, dass sich die relative<br />

Machtlosigkeit <strong>der</strong> EU gegenüber <strong>der</strong> krisenhaften <strong>Entwicklung</strong> rund um<br />

das zerfallende Jugoslawien nicht wie<strong>der</strong>holen sollte. Der Bedarf an e<strong>in</strong>er<br />

geme<strong>in</strong>samen Außen- und Sicherheitspolitik <strong>der</strong> EU, unterlegt durch e<strong>in</strong>e<br />

glaubhafte militärische Komponente, hat sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

manifestiert.<br />

Nach mehr als e<strong>in</strong>er Dekade <strong>der</strong> GSVP-<strong>Entwicklung</strong> kann nunmehr e<strong>in</strong>e<br />

überwiegend positive Bilanz gezogen werden. Die EU hat sich zu e<strong>in</strong>er<br />

Institution im <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagement entwickelt, die über e<strong>in</strong><br />

breites Sortiment an zivilen und militärischen Instrumenten verfügt. Diese<br />

können <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich gegenseitig ergänzenden Art und Weise (im S<strong>in</strong>ne<br />

des sogenannten „comprehensive approach“) zur Krisenprävention, zum<br />

Erhalt bzw. zur Herstellung des Friedens sowie zum Aufbau von Institutio-<br />

nen nach e<strong>in</strong>em Konflikt und somit zur nachhaltigen Stabilisierung e<strong>in</strong>ge-<br />

setzt werden. 46<br />

Neben dieser Erfolgsbilanz hat die GSVP aber noch strukturelle und <strong>in</strong>-<br />

haltliche Schwächen aufzuweisen. Diese manifestieren sich unter ande-<br />

rem im Bereich <strong>der</strong> nach wie vor bestehenden Defizite (engl.: shortfalls)<br />

bei den militärischen Fähigkeiten. Trotz e<strong>in</strong>iger punktueller Fortschritte <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang besteht hier auf europäischer Ebene noch erheb-<br />

47<br />

licher Handlungs- und Aufholbedarf.<br />

46 Vgl. Hochleitner, 2010, S. 393; zur Vertiefung dieser Argumentationsl<strong>in</strong>ie vgl. auch<br />

Stubb, 2009, S. 139, Keohane, 2009a, S. 1-2 sowie die Beiträge von Howorth, 2010 und<br />

Biscop/Coelmont, Oktober 2010.<br />

47 Vgl. Keohane, 2009b, S. 1-4.<br />

29


Unbeschadet <strong>der</strong> noch bestehenden Defizite hat die EU durch das Instru-<br />

ment <strong>der</strong> GSVP zunehmende Legitimität als <strong>in</strong>ternationaler sicherheitspoli-<br />

tischer Akteur erreicht. Diese Legitimität erwächst nicht aus <strong>der</strong> normati-<br />

ven Kraft <strong>der</strong> EU und ihrer Institutionen, son<strong>der</strong>n zu e<strong>in</strong>em wesentlichen<br />

Teil aus <strong>der</strong> Fähigkeit <strong>der</strong> EU, Instrumente des zivilen und militärischen<br />

Krisenmanagements verfügbar zu machen. 48<br />

Der Präsident <strong>der</strong> europäischen Kommission bestätigte diese E<strong>in</strong>schätzung<br />

im Rahmen se<strong>in</strong>er Rede zur Lage <strong>der</strong> Union vor dem Europäischen<br />

Parlament am 7. September 2010 durch die Feststellung, dass die Außenpolitik<br />

<strong>der</strong> EU nur dann ausreichend Gewicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt hat, wenn sie<br />

49<br />

durch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Verteidigungspolitik unterlegt ist.<br />

Die EU braucht also e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung im Bereich <strong>der</strong> GSVP, sowohl<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> zivilen als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> militärischen Dimension. Ohne e<strong>in</strong>e solche<br />

Weiterentwicklung wird die EU zu e<strong>in</strong>em schwächeren sicherheitspoliti-<br />

schen Akteur als sie es se<strong>in</strong> müsste. Und diese schwächere Rolle kann<br />

sie sich angesichts e<strong>in</strong>er sich dynamisch entwickelnden Weltordnung nicht<br />

50<br />

leisten.<br />

Grundannahme 1: Die GSVP ist e<strong>in</strong> zentrales Element <strong>der</strong> Außen- und<br />

Sicherheitspolitik <strong>der</strong> EU und e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Motoren für e<strong>in</strong>e tiefer-<br />

gehende EU-Integration.<br />

2.1.2 Zur Bedeutung des militärischen Anteils <strong>der</strong> GSVP<br />

Obwohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur häufig e<strong>in</strong>e spezielle Betonung des beson<strong>der</strong>en<br />

Wertes <strong>der</strong> EU als e<strong>in</strong> vornehmlich ziviler Akteur im Rahmen des <strong>in</strong>ternati-<br />

onalen Krisenmanagements erfolgt, wird im selben Atemzug ke<strong>in</strong> Zweifel<br />

48 Vgl. Howorth 2009, S. 41-42.<br />

49 Vgl. Barroso 7.9.2010, S. 11.<br />

50 Vgl. Howorth 2010, S. 4.<br />

30


am Wert eigenständiger militärischer Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP<br />

gelassen. 51<br />

Wie schon im Abschnitt zuvor festgestellt, liegt <strong>der</strong> Mehrwert <strong>der</strong> EU als<br />

Akteur im <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagement <strong>in</strong> ihrer e<strong>in</strong>zigartigen Fähig-<br />

keit, zivile und militärische Ressourcen effektiv und effizient zu komb<strong>in</strong>ie-<br />

ren. Sie hat besser als an<strong>der</strong>e im militärischen Krisenmanagement enga-<br />

gierte Institutionen erkannt, dass mit militärischen Kräften alle<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e Lö-<br />

52<br />

sung komplexer Konfliktsituationen nicht möglich ist. Um den gegebenen<br />

Mehrwert fortgesetzt zu demonstrieren, muss die EU im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP zw<strong>in</strong>gend über das volle Spektrum an Fähigkeiten, auch im militäri-<br />

schen "hard power"-Bereich, verfügen. 53<br />

Der Vertrag von Lissabon (vgl. Kapitel 3.4) betont im Zusammenhang mit<br />

den Aufgabenstellungen im Rahmen <strong>der</strong> GSVP den Bereich <strong>der</strong> „human<br />

security“, also die menschliche Sicherheit o<strong>der</strong> auch Sicherheit des Indivi-<br />

duums. Es kommt somit dem „soft spectrum“ gesteigerte Bedeutung zu.<br />

Das heißt jedoch nicht, dass Aufgaben des militärischen Krisenmanage-<br />

ments im traditionellen, oberen Spektrum, also im Bereich <strong>der</strong> friedens-<br />

schaffenden Maßnahmen, an Bedeutung e<strong>in</strong>gebüßt hätten. Solche Aufga-<br />

ben zählen unverän<strong>der</strong>t zum Aufgabenspektrum im Vertrag von Lissabon<br />

und bilden nach wie vor e<strong>in</strong>en Kernbestand <strong>der</strong> GSVP. Es ist daher die<br />

Bereithaltung e<strong>in</strong>er leistungsfähigen militärischen Komponente, welche zur<br />

Bewältigung des gesamten Aufgabenspektrums ausgerüstet und vorbereitet<br />

ist, erfor<strong>der</strong>lich. Nur so kann die GSVP zur Erreichung strategischer<br />

54<br />

Zielsetzungen <strong>der</strong> EU beitragen. Solange jedoch Europa aufgrund <strong>der</strong><br />

Diversifizierung <strong>der</strong> Verteidigungsanstrengungen nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, ei-<br />

genständige militärische Fähigkeiten im notwendigen Ausmaß bereitzu-<br />

51<br />

E<strong>in</strong>e diesbezügliche Argumentationsl<strong>in</strong>ie f<strong>in</strong>den sich beispielsweise bei de Vasconcelos,<br />

2009 o<strong>der</strong> Gnesotto, 2009.<br />

52<br />

Vgl. Howorth, 2010, S. 4.<br />

53<br />

Vgl. Howorth, 2009, S. 42.<br />

54<br />

Vgl. Bentégeat, 2009, S. 104.<br />

31


stellen, wird es auch nicht voll <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, die gewünschte Rolle als<br />

politischer Akteur auszufüllen. 55<br />

Howorth fasst den Wert des militärischen Anteils <strong>der</strong> GSVP für die Weiter-<br />

entwicklung <strong>der</strong>selben und für die EU als Gesamtes wie folgt zusammen:<br />

"...it is because the EU is emerg<strong>in</strong>g as a military power that it is beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g<br />

56<br />

to be effective as a civilian power."<br />

Grundannahme 2: Militärische Fähigkeiten und <strong>der</strong>en Weiterentwicklung<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> zentrales Element <strong>der</strong> GSVP.<br />

2.1.3 Zur Bedeutung <strong>der</strong> GSVP für Österreich<br />

Der Beitritt zur EU am 1. Jänner 1995 stellt e<strong>in</strong>e Zäsur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte<br />

Österreichs dar. Ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Akt hat die Republik <strong>in</strong> allen ihren Grundfes-<br />

ten und Politikfel<strong>der</strong>n so entscheidend und tiefgreifend verän<strong>der</strong>t wie dieser<br />

Beitritt. 57<br />

Österreich hat von <strong>der</strong> fortschreitenden europäischen Integration <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch im Bereich <strong>der</strong> Sicherheitspolitik überdurchschnittlich profi-<br />

tiert. Seit Ende des Kalten Krieges und mit den Erweiterungen von EU und<br />

NATO ist Österreich geopolitisch von <strong>der</strong> Peripherie <strong>in</strong>s europäische Zent-<br />

rum und damit potentiell weiter weg von territorialen Bedrohungen ge-<br />

58<br />

rückt.<br />

Diese <strong>Entwicklung</strong>en haben zu tiefgreifenden Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik geführt.<br />

Der Kern dieses Paradigmenwechsels nach dem Ende des Kalten<br />

Krieges manifestiert sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäisierung nahezu aller<br />

mit <strong>der</strong> Sicherheit Österreichs verbundenen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Die Europäische Union ist heute <strong>der</strong> zentrale Referenz-<br />

55 Vgl. ebenda, S. 105.<br />

56 Howorth, 2010, S. 4.<br />

57 Vgl. Jankowitsch, 2010, S. 376.<br />

58 Obwohl dies, wie schon <strong>in</strong> Kapitel 1 festgestellt, ke<strong>in</strong>eswegs als e<strong>in</strong> Garant für e<strong>in</strong>e<br />

bedrohungsfreie Existenz verstanden werden darf.<br />

32


ahmen für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik. 59<br />

Dass dies auch zukünftig <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong> wird, belegt e<strong>in</strong>e Aussage von Ver-<br />

teidigungsm<strong>in</strong>ister Norbert Darabos im Rahmen des Forum Alpbach 2010<br />

mit Blick auf die Erarbeitung e<strong>in</strong>er neuen österreichischen Sicherheitsstra-<br />

tegie. Er betont, dass "die Europäische Union, die sich seit 2001 sicher-<br />

heitspolitisch stark weiterentwickelt hat, <strong>der</strong> zentrale Bezugs- und Hand-<br />

60<br />

lungsrahmen für unsere Sicherheitsstrategie se<strong>in</strong>" muss.<br />

Die verfassungsrechtlich bestimmte immerwährende Neutralität Österreichs<br />

steht dabei e<strong>in</strong>er aktiven Beteiligung an Maßnahmen im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP <strong>der</strong> EU - jedenfalls solange ke<strong>in</strong> militärischer Beitragsautomatismus<br />

entsteht - nicht im Wege. Ganz im Gegenteil – die Leistung solida-<br />

rischer Beiträge zum <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagement im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

aktiven Neutralitätspolitik ist e<strong>in</strong> wesentlicher Eckpfeiler <strong>der</strong> österreichi-<br />

61<br />

schen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

Aufgrund dieser sicherheitspolitischen Son<strong>der</strong>rolle <strong>der</strong> EU/GSVP für Österreich<br />

muss hohes nationales Interesse an e<strong>in</strong>er Stärkung <strong>der</strong> Akteursrolle<br />

<strong>der</strong> EU generell, und speziell auch im Bereich <strong>der</strong> GSVP, bestehen.<br />

Konsequenterweise wird auch im Regierungsprogramm für die<br />

24. Gesetzgebungsperiode festgestellt, dass sich Österreich „aktiv an <strong>der</strong><br />

weiteren <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspo-<br />

62<br />

litik beteiligen“ wird.<br />

E<strong>in</strong> Element dieser Stärkung <strong>der</strong> Akteursrolle kann, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> zuvor getroffenen Feststellungen zum Wert des militärischen<br />

Anteils im Rahmen <strong>der</strong> GSVP, die Steigerung <strong>der</strong> militärischen<br />

Handlungsfähigkeit Europas se<strong>in</strong>. Konsequenterweise folgt auch die<br />

59 Pucher/Frank, 2010, S. 408.<br />

60 Darabos, 2010c, S. 4.<br />

61 Vgl. Darabos, 2010a, S. 2.<br />

62 Republik Österreich, 2.12.2008, S. 242.<br />

33


Transformation des österreichischen Bundesheeres <strong>der</strong> Logik, dass im<br />

Rahmen des ÖBH e<strong>in</strong> wirksames militärisches Instrument zur Erfüllung<br />

sowohl nationaler Aufgaben als auch <strong>in</strong>ternationaler Aufgaben im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP bereitgestellt werden soll.<br />

Österreich muss sich im Klaren se<strong>in</strong>, dass se<strong>in</strong>e Stellung <strong>in</strong> Europa sowie<br />

se<strong>in</strong> politischer Handlungsspielraum auf europäischer Ebene (das bedeu-<br />

tet auch die Fähigkeit zur Durchsetzung nationaler Interessen) auch durch<br />

die Qualität se<strong>in</strong>es militärischen Beitrages zur GSVP mitbestimmt wer-<br />

den. 63<br />

Grundannahme 3: Österreich hat hohes nationales Interesse an e<strong>in</strong>er<br />

positiven Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP.<br />

2.1.4 Zur gestalterischen Rolle Österreichs im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP<br />

Durch ihre E<strong>in</strong>bettung <strong>in</strong> die damalige zweite Säule <strong>der</strong> EU (GASP) wurde<br />

die GSVP von Beg<strong>in</strong>n an als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tergouvernementales Integrationspro-<br />

jekt angelegt. Die entscheidende Rolle <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten zur Entwick-<br />

lung dieses Politikfeldes wurde durch diese <strong>in</strong>stitutionelle Konstruktion<br />

manifestiert. Den e<strong>in</strong>zelnen Mitglie<strong>der</strong>n bleibt e<strong>in</strong> höchstmögliches Maß an<br />

gestalterischer Freiheit. 64<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stimmigkeit <strong>der</strong> Beschlüsse<br />

im Rahmen <strong>der</strong> GSVP eröffnet zusätzlich jedem e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaat<br />

gleichberechtigte Mitgestaltungsmöglichkeiten.<br />

Wenngleich es für Kle<strong>in</strong>staaten bereits von Vorteil ist, gleichberechtigt im<br />

<strong>in</strong>stitutionellen Rahmen mitentscheiden zu können, ergeben sich zusätzliche<br />

Handlungsmöglichkeiten dann, wenn durch diese Staaten konstruktive<br />

und vorausschauende Ideen e<strong>in</strong>gebracht werden. E<strong>in</strong>e aktive Mitgestal-<br />

63 Vgl. Hochleitner, 2010, S. 404.<br />

64 Vgl. Algieri/Kammel, 2010, S. 61-63 sowie Jankowitsch, 2010, S. 381-382.<br />

34


tung anstehen<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozesse sichert <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne zukünf-<br />

tige Handlungsmöglichkeiten. 65<br />

Untersucht man die Rolle Österreichs im Rahmen <strong>der</strong> EU im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

und speziell mit Blick auf die GSVP, ergibt sich e<strong>in</strong> ambivalentes Bild. Ei-<br />

nerseits steht Österreich im Ruf, e<strong>in</strong>e aktive, mitgestaltende und europa-<br />

66<br />

politisch anerkannte Rolle im Rahmen <strong>der</strong> GSVP auszufüllen. An<strong>der</strong>er-<br />

seits wird Österreich e<strong>in</strong>e restriktive Haltung <strong>in</strong> Reformfragen, e<strong>in</strong>e nur<br />

wenig profilierte Politik gegenüber <strong>der</strong> EU sowie mangelnde Initiativkraft <strong>in</strong><br />

Fragen europapolitischer Natur attestiert. 67 Neben e<strong>in</strong>er eher "bremsenden"<br />

Rolle <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> EU-Erweiterung wird Österreich generell als e<strong>in</strong><br />

eher wenig gestaltendes, im Ma<strong>in</strong>stream agierendes Mitglied <strong>der</strong> Union<br />

gesehen. Trotz dieser eher negativen Außensicht wird Österreich das Potential<br />

politischen Gestaltens zuerkannt. 68<br />

Der angeführten Argumentation <strong>der</strong> tendenziellen Inaktivität Österreichs <strong>in</strong><br />

Angelegenheiten <strong>der</strong> Politikgestaltung im EU-Rahmen ist entgegenzuhalten,<br />

dass sich Österreich im Bereich <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> GSVP vergleichsweise<br />

aktiv e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt. Österreich hat sich an wesentlichen GSVP-<br />

Aktivitäten, darunter zuletzt <strong>in</strong> überproportionalem Ausmaß an <strong>der</strong> EU-<br />

Operation im Tschad sowie vor allem auch am Balkan (Österreich ist hier<br />

mittlerweile e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wesentlichsten Truppensteller) beteiligt. Auch an <strong>der</strong><br />

Fähigkeitsentwicklung im Rahmen <strong>der</strong> EU wirkt Österreich entsprechend<br />

se<strong>in</strong>em militärischen Potential gestaltend mit.<br />

Es ist aber trotzdem festzustellen, dass <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> bisherigen <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> GSVP die Grenzen für e<strong>in</strong>e umfassende und gleichberechtig-<br />

65<br />

Vgl. Giegerich, 2009, S. 28; <strong>der</strong> Begriff „Handlungsmöglichkeit“ wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

als die Möglichkeit zur Durchsetzung nationaler Interessen im <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Rahmen verstanden.<br />

66<br />

Vgl. Hochleitner, 2010, S. 404 und Jankowitsch 2010, S. 382-383.<br />

67<br />

Vgl. Höll, 2010, S. 371 sowie Jankowitsch, 2010, S. 379 und S. 384.<br />

68<br />

Vgl. Höll, 2010, S. 365-366.<br />

35


te Mitwirkung Österreichs an den Aktivitäten <strong>in</strong> diesem Bereich noch nicht<br />

erreicht s<strong>in</strong>d. 69<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass Österreich zu den wohlhabenden und leis-<br />

tungsfähigen Mitgliedsstaaten <strong>der</strong> EU gezählt wird und zudem seit Ende<br />

des Kalten Krieges durch Verbesserung se<strong>in</strong>er äußeren Sicherheitslage<br />

enorm profitieren konnte, besteht e<strong>in</strong>e gewisse Erwartungshaltung betref-<br />

fend e<strong>in</strong>er aktiven österreichischen Rolle <strong>in</strong> zentralen europapolitischen<br />

70<br />

Fragen.<br />

Als e<strong>in</strong> aufgrund se<strong>in</strong>er Größe und E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten unverdächtiger<br />

Player könnte Österreich - auch <strong>in</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

mit gleichges<strong>in</strong>nten Staaten - immer wie<strong>der</strong> Beiträge europapolitischer<br />

Natur liefern, um den Reformprozess <strong>der</strong> Union zu<br />

befruchten und ihn auch an die Interessen kle<strong>in</strong>erer Mitglieds-<br />

71<br />

staaten anzupassen.<br />

Möglichkeiten für Österreich, sich <strong>in</strong> die weitere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> GSVP<br />

aktiv e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen und so se<strong>in</strong> Profil <strong>in</strong> diesem Politikfeld zu schärfen, s<strong>in</strong>d<br />

also jedenfalls gegeben.<br />

Grundannahme 4: Österreich hat hohes Gestaltungspotential im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP.<br />

Setzt man nun die erarbeiteten Grundannahmen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> Beziehung<br />

ergibt sich folgendes Bild: Die GSVP ist e<strong>in</strong> zentrales Element des Außen-<br />

politik <strong>der</strong> EU und <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>selben stellt die militärische Fähigkeits-<br />

entwicklung e<strong>in</strong>en wesentlichen Bestandteil dar. In Zusammenschau mit<br />

den Feststellungen, dass Österreich hohes nationales Interesse an e<strong>in</strong>er<br />

positiven Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP hat und dass entsprechendes Ges-<br />

69 Vgl. Jankowitsch, 2010, S. 382-383.<br />

70 Vgl. Pucher/Frank, 2010, S. 409; zu diesen zentralen europapolitischen Fragen s<strong>in</strong>d,<br />

auch im Lichte <strong>der</strong> Feststellungen im Kapitel 2.1, jene <strong>der</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP <strong>in</strong><br />

jedem Fall zu zählen.<br />

71 Jankowitsch, 2010, S. 385-386.<br />

36


taltungspotential diesbezüglich vorhanden ist, kann die Notwendigkeit ei-<br />

ner aktiven nationalen Beitragsleistung im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwick-<br />

lung gefolgert werden.<br />

Bereits im Rahmen des Kapitels 1.2 wurde die zunehmende Relevanz<br />

<strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung als Lö-<br />

sungsansatz <strong>in</strong> Zeiten knapper werden<strong>der</strong> Ressourcen dargestellt.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund des steigenden Ressourcendruckes sche<strong>in</strong>t daher<br />

mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung e<strong>in</strong> logisches<br />

Betätigungsfeld zur Stärkung <strong>der</strong> GSVP zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e aktive Teilnahme an<br />

entsprechenden <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen bietet daher das Potential zur<br />

Umsetzung <strong>der</strong> österreichischen Interessenslage <strong>in</strong> Bezug auf die GSVP.<br />

2.2 Strategische Optionen zur Weiterentwicklung<br />

militärischer Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP<br />

Im Lichte <strong>der</strong> zuvor getroffenen Grundannahmen ist davon auszugehen,<br />

dass sich die EU-Mitgliedsstaaten durch e<strong>in</strong>e angemessene Beitragsleis-<br />

tung zur militärischen Fähigkeitsentwicklung im Rahmen <strong>der</strong> GSVP si-<br />

cherheitspolitische Gestaltungsspielräume schaffen können. 72<br />

sowohl auf große als auch auf kle<strong>in</strong>e EU-Mitgliedsstaaten zu.<br />

Aus dieser Tatsache ergeben sich durch e<strong>in</strong>e Teilnahme an <strong>Formen</strong> multi-<br />

nationaler <strong>Zusammenarbeit</strong> unterschiedliche strategische Optionen für die<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Rolle Österreichs speziell <strong>in</strong> Bezug auf die Weiterentwick-<br />

lung militärischer Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP.<br />

37<br />

Dies trifft<br />

Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich die den kooperationswilligen Na-<br />

tionen im Rahmen <strong>der</strong> GSVP offen stehenden Optionen im Spannungsfeld<br />

zwischen Tiefe <strong>der</strong> Integration auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en und Aufgabe nationaler Auto-<br />

nomie auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite bewegen. Insbeson<strong>der</strong>e Kle<strong>in</strong>staaten mit<br />

e<strong>in</strong>geschränkten militärischen Fähigkeiten stehen im Zusammenhang mit<br />

72 Vgl. Pucher/Frank, 2010, S. 408-409.


<strong>der</strong> Wahl strategischer Optionen <strong>in</strong> Bezug auf die GSVP vor e<strong>in</strong>em Integrationsdilemma.<br />

73 E<strong>in</strong>erseits muss es ihnen darum gehen, die nationale<br />

Autonomie weitgehend zu erhalten, an<strong>der</strong>erseits versuchen sie, die Politik<br />

großer Staaten merklich zu bee<strong>in</strong>flussen. Es kann sich e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Staat<br />

zwar durch Kooperationsverweigerung selbst isolieren, gew<strong>in</strong>nt dadurch<br />

aber nicht an nationaler Handlungsautonomie (da mit e<strong>in</strong>geschränkten<br />

nationalen Mitteln die autonomen Handlungsmöglichkeiten limitiert s<strong>in</strong>d).<br />

Daher würde Kooperationsverweigerung für Kle<strong>in</strong>staaten E<strong>in</strong>flussverlust<br />

bedeuten, ohne dadurch an Autonomie zu gew<strong>in</strong>nen. 74<br />

Durch Kooperationsbereitschaft eröffnet sich h<strong>in</strong>gegen auch für Kle<strong>in</strong>staaten<br />

die Möglichkeit, durch E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen relevanter militärischer Fähigkeiten<br />

die Zugehörigkeit zum Kern <strong>der</strong> GSVP zu sichern. Dies erlaubt e<strong>in</strong>e natio-<br />

nale Interessensdurchsetzung bei gleichzeitig weitgehendem Erhalt <strong>der</strong><br />

75<br />

nationalen Autonomie.<br />

2.2.1 Darstellung <strong>der</strong> Literatur zu strategischen Optionen<br />

In <strong>der</strong> dem Verfasser vorliegenden politikwissenschaftlichen Sekundärliteratur<br />

beschäftigen sich drei Autoren bzw. Autorenpaare mit <strong>der</strong> Ableitung<br />

von strategischen Handlungsoptionen, welche Kle<strong>in</strong>staaten, und hier im<br />

speziellen Österreich, im H<strong>in</strong>blick auf mult<strong>in</strong>ationale Kooperationen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Fähigkeitsentwicklung offen stehen. Die Erkenntnisse dieser Autoren werden<br />

hier zunächst überblicksmäßig dargestellt. Anschließend werden aus<br />

den vorgestellten Optionen jene herausgefiltert, die aus Sicht des Verfassers<br />

für die weiterführende Bearbeitung von Relevanz s<strong>in</strong>d.<br />

73 Vgl. Giegerich, 2009, S. 27.<br />

74 Vgl. ebenda.<br />

75 Pucher/Frank führen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ähnlichen Zusammenhang aus, dass die „Europäisierung<br />

<strong>der</strong> österreichischen Sicherheitspolitik … ke<strong>in</strong>eswegs zu e<strong>in</strong>em Verlust von staatlicher<br />

Souveränität, son<strong>der</strong>n zu e<strong>in</strong>er Verbreiterung sicherheitspolitischer Handlungsmöglichkeiten“<br />

führt (Pucher/Frank, 2010, S. 409).<br />

38


ordnen die Interessen und Möglichkeiten kle<strong>in</strong>erer Staaten<br />

im Rahmen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperationen <strong>in</strong> drei sogenannte strategische<br />

Kooperationsansätze e<strong>in</strong>. Es s<strong>in</strong>d dies<br />

Frank/Sandawi 76<br />

a.) <strong>der</strong> "Ma<strong>in</strong>stream-Approach", im Rahmen dessen bereits existierende<br />

eigene Ressourcen unter weitgehen<strong>der</strong> Vernachlässigung ihres militä-<br />

rischen o<strong>der</strong> strategischen Mehrwerts <strong>in</strong> mult<strong>in</strong>ationale Kooperationen<br />

e<strong>in</strong>gebracht werden,<br />

b.) <strong>der</strong> "Towers of Excellence-Ansatz", <strong>in</strong> dem durch E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung qualitativ<br />

hochwertiger nationaler Beiträge zur gezielten För<strong>der</strong>ung und Verbesserung<br />

von geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als überdurchschnittlich <strong>in</strong> ihrer Qualität be-<br />

werteten mult<strong>in</strong>ationalen Fähigkeiten beigetragen wird, und<br />

c.) die "Bereitstellung strategischer Assets und Nischenfähigkeiten",<br />

durch die e<strong>in</strong>em Kle<strong>in</strong>staat die größten Möglichkeiten e<strong>in</strong>er nachhaltigen<br />

E<strong>in</strong>flusssteigerung im mult<strong>in</strong>ationalen Kontext eröffnet werden.<br />

Dies erfor<strong>der</strong>t jedoch e<strong>in</strong>e erhebliche Anstrengung im f<strong>in</strong>anziellen Bereich<br />

und mit größter Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit die Aufgabe an<strong>der</strong>er nationa-<br />

ler Fähigkeiten.<br />

unterscheidet zwischen solchen strategischen Optionen, welche<br />

die nationale Autonomie schonen und solchen, welche den nationalen<br />

Giegerich 77<br />

E<strong>in</strong>fluss maximieren.<br />

Als autonomieschonende Optionen kommen Giegerich zufolge<br />

a.) die „Beanspruchung e<strong>in</strong>es Son<strong>der</strong>status“, <strong>in</strong> dem Staaten sich mit dem<br />

Verweis auf nationale Spezifika und e<strong>in</strong>geschränkte Verfügbarkeit von<br />

Ressourcen dem <strong>in</strong>stitutionellen Kooperationsdruck entziehen und<br />

76 Vgl. Frank/Sandawi, 2005, S. 33-34.<br />

77 Vgl. Giegerich, 2009, S. 28-29.<br />

39


.) die „Demonstration des grundsätzlichen Kooperationswillens“, im<br />

Rahmen dessen Staaten schon vorhandene Kapazitäten nach Mög-<br />

lichkeit <strong>in</strong> mult<strong>in</strong>ationale Kooperationen, unter größtmöglicher Scho-<br />

nung <strong>der</strong> nationalen Autonomie, e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen,<br />

<strong>in</strong> Frage.<br />

E<strong>in</strong>fluss maximierende Optionen s<strong>in</strong>d gemäß Giegerich<br />

a.) „Kompetenz zeigen“, <strong>in</strong> dem gezielt solche Fähigkeiten e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden, welche im nationalen Spektrum e<strong>in</strong>e Stärke darstellen und<br />

b.) die „Reklamation e<strong>in</strong>es selektiven Führungsanspruchs“, <strong>der</strong> durch<br />

E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung spezifischer Fähigkeiten, die sonst im mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Verbund nicht o<strong>der</strong> nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt vorhanden s<strong>in</strong>d, erhoben<br />

wird.<br />

In Abhängigkeit von <strong>der</strong> europapolitischen Ambition Österreichs und dem<br />

Ausmaß des angestrebten Europäisierungsgrades se<strong>in</strong>er Sicherheitspolitik<br />

unterscheiden Pucher/Frank 78<br />

vier verteidigungspolitische Grundstrategien:<br />

a.) E<strong>in</strong>e „sicherheitspolitische Son<strong>der</strong>rolle“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> jeweilige Staat<br />

e<strong>in</strong>er zunehmenden Verdichtung europäischer <strong>Zusammenarbeit</strong> mit<br />

dem Verweis auf die Erhaltung politischer Autonomie entzieht.<br />

b.) E<strong>in</strong>e „strukturkonservative <strong>in</strong>tergouvernementale Kooperationsstrategie“,<br />

im Rahmen <strong>der</strong>er bereits vorhandene militärische Kapazitä-<br />

ten als weitgehend eigenständige und auch wie<strong>der</strong> herauslösbare Module<br />

<strong>in</strong> die europäische Verteidigungspolitik e<strong>in</strong>gebracht werden.<br />

78 Vgl. Pucher/Frank, 2010, S. 423-425.<br />

40


c.) E<strong>in</strong>e „selektive Integrationsstrategie“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> verstärkt <strong>Formen</strong> mult<strong>in</strong>a-<br />

tionaler <strong>Zusammenarbeit</strong>, auch im Bereich von Spezial- und Nischen-<br />

fähigkeiten, genutzt werden.<br />

d.) E<strong>in</strong>e „profilierte Integrationsstrategie“, im Rahmen <strong>der</strong>er e<strong>in</strong> selektiver<br />

Führungsanspruch <strong>in</strong> bestimmten verteidigungspolitischen Funktions-<br />

bereichen, u.a. durch die E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung hochwertiger und nur sehr e<strong>in</strong>-<br />

geschränkt auf europäischer Ebene vorhandener Fähigkeiten gestellt<br />

wird.<br />

2.2.2 Strategische Optionen für Österreich<br />

Vergleicht man die dargestellten Optionen ist festzustellen, dass alle drei<br />

Autoren bzw. Autorenpaare <strong>in</strong> ihren Grundaussagen <strong>in</strong> ähnliche Richtun-<br />

gen deuten.<br />

Am unteren Ende des Spektrums verorten die Autoren jeweils solche Op-<br />

tionen, die entwe<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e generelle Kooperationsverweigerung o<strong>der</strong><br />

auf die E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung bereits bestehen<strong>der</strong> nationaler Fähigkeiten <strong>in</strong> mult<strong>in</strong>a-<br />

tionale Kooperationen abzielen. Im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Kooperationsentscheidung<br />

steht dabei nicht die Frage <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Erzielung e<strong>in</strong>es<br />

operationellen Mehrwertes. Der Nutzen dieses strategischen Kooperationsansatzes<br />

wird vielmehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erzielung symbolischer, vornehmlich<br />

politischer Kooperationsgew<strong>in</strong>ne gesehen. 79<br />

Es folgen jene Optionen, die auf e<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Mitgestaltungsmög-<br />

lichkeiten durch Leistung anerkannter, potentiell wertvoller Beiträge zur<br />

80<br />

europäischen Fähigkeitsentwicklung abzielen.<br />

79 Es zählen zu diesem Spektrum <strong>der</strong> „Ma<strong>in</strong>stream-Approach“ gem. Frank/Sandawi, die<br />

„Beanspruchung e<strong>in</strong>es Son<strong>der</strong>status“ bzw. die „Demonstration des grundsätzlichen Kooperationswillens“<br />

gem. Giegerich sowie die „sicherheitspolitische Son<strong>der</strong>rolle“ und die<br />

„strukturkonservative <strong>in</strong>tergouvernementale Kooperationsstrategie“ gem. Pucher/Frank.<br />

80 Dazu s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> „Towers of Excellence-Ansatz" bei Frank/Sandawi, „Kompetenz zeigen“<br />

bei Giegerich sowie die „selektive Integrationsstrategie“ bei Pucher/Frank zu zählen.<br />

41


Am oberen Ende des Spektrums s<strong>in</strong>d jene Ansätze zu f<strong>in</strong>den, die dem<br />

jeweiligen E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle im Rahmen <strong>der</strong> GSVP sichern<br />

können. 81<br />

Auf Österreich umgelegt beschreiben die im ambitionierteren Segment des<br />

unteren Spektrums angeordneten Optionen im Wesentlichen den „Status<br />

82<br />

quo“.<br />

Sie s<strong>in</strong>d daher aus Sicht des Verfassers als die M<strong>in</strong>imalfor<strong>der</strong>ung<br />

betreffend <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperationen zu betrachten. Die am unteren<br />

Ende dieses Spektrums angeordneten Optionen würden e<strong>in</strong>en Rückschritt<br />

im Vergleich zum <strong>der</strong>zeitigen Status bedeuten und werden daher nicht<br />

näher behandelt.<br />

Die Optionen des mittleren Spektrums sche<strong>in</strong>en die für e<strong>in</strong>en Kle<strong>in</strong>staat<br />

wie Österreich <strong>der</strong>zeit realistisch verfolgbaren Optionen zu se<strong>in</strong>.<br />

Die Optionen des oberen Spektrums sche<strong>in</strong>en aus <strong>der</strong>zeitiger Sicht für<br />

Österreich außer Reichweite, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> e<strong>in</strong>-<br />

geschränkten Ressourcenverfügbarkeit und dem hohen Investitionsbedarf<br />

bei Verfolgung solcher Optionen. Sie sollten aber nach Ansicht des Ver-<br />

fassers im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er ambitionierten Zukunftsvision nicht von vornhere<strong>in</strong><br />

ausgeschlossen werden.<br />

Zum Zwecke <strong>der</strong> weiteren Bearbeitung werden daher die folgenden stra-<br />

tegischen Optionen Österreichs <strong>in</strong> Bezug auf die Weiterentwicklung militärischer<br />

Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP durch Nutzung von <strong>Formen</strong><br />

<strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> festgelegt:<br />

81 E<strong>in</strong>e solche soll durch die „Bereitstellung strategischer Assets und Nischenfähigkeiten“<br />

gem. Frank/Sandawi, die „Reklamation e<strong>in</strong>es selektiven Führungsanspruchs“ nach Giegerich<br />

sowie durch die „profilierte Integrationsstrategie“ nach Pucher/Frank erreicht werden.<br />

82 Österreich beteiligt sich <strong>der</strong>zeit, trotz e<strong>in</strong>er Fülle von Aktivitäten mit Partnerstaaten im<br />

bilateralen Bereich, nur e<strong>in</strong>geschränkt an Kooperationen im mult<strong>in</strong>ationalen Rahmen. In<br />

den weiteren Ausführungen zu den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenfassung<br />

<strong>der</strong> Arbeit wird auf diesen Aspekt noch näher e<strong>in</strong>gegangen.<br />

42


a.) Pragmatisch-konservative Kooperationsstrategie: Diese ist ge-<br />

kennzeichnet durch Kooperation im Rahmen bereits bestehen<strong>der</strong> mili-<br />

tärischer Kapazitäten, ohne Rücksicht auf den erzielbaren Mehrwert<br />

auf europäischer Ebene, primär ausgelegt auf politisch-symbolische<br />

Gew<strong>in</strong>ne (Demonstration des Kooperationswillens).<br />

b.) Ambitioniert-profilierte Kooperationsstrategie: Diese ist gekenn-<br />

zeichnet durch verstärktes E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen auch hochwertiger Fähigkeiten<br />

<strong>in</strong> mult<strong>in</strong>ationale Kooperationen und ist ausgelegt auf e<strong>in</strong>e Fähigkeits-<br />

steigerung im europäischen Kontext.<br />

c.) Visionäre Kooperationsstrategie: Diese ist gekennzeichnet durch<br />

e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen seltener, qualitativ hochwertiger und geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> teurer<br />

Fähigkeiten (strategische- und Nischenfähigkeiten) und zielt auf e<strong>in</strong>e<br />

nachhaltige Steigerung europäischer Fähigkeiten sowie e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />

E<strong>in</strong>flusssteigerung Österreichs im Rahmen <strong>der</strong> GSVP ab.<br />

43


Kapitel 3<br />

EXKURS: ENTWICKLUNG MILITÄRISCHER<br />

FÄHIGKEITEN IM RAHMEN DER EU<br />

<strong>in</strong> diesem Exkurs sollen e<strong>in</strong>ige wesentliche Aspekte <strong>der</strong> Fähigkeitsentwick-<br />

lung im Rahmen <strong>der</strong> EU dargestellt werden. Dies ist aus Sicht des Verfas-<br />

sers zum Gesamtverständnis <strong>der</strong> Arbeit erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bed<strong>in</strong>gt durch die <strong>in</strong>tergouvernementale Verortung <strong>der</strong> GSVP liegt die<br />

<strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ausschließlichen Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Mitgliedsstaaten. Sämtliche Beitragsleistungen erfolgen auf freiwilliger<br />

Basis, sämtliche Beschlüsse werden - so wie <strong>in</strong> allen an<strong>der</strong>en Be-<br />

reichen <strong>der</strong> GSVP - e<strong>in</strong>stimmig gefasst.<br />

Die EU verfügt im Gegensatz zur NATO über ke<strong>in</strong>e stehenden Streitkräfteelemente,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nicht über e<strong>in</strong>e stehende Kommandostruktur.<br />

Die Rolle <strong>der</strong> EU-Institutionen <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung beschränkt<br />

sich im Wesentlichen auf die Unterstützung <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Umsetzung zuvor e<strong>in</strong>stimmig gefasster Beschlüsse diesen Bereich<br />

betreffend. Alle im EU-Rahmen e<strong>in</strong>gesetzten militärischen Fähigkeiten<br />

werden durch die Mitgliedsstaaten, auf freiwilliger Basis, verfügbar ge-<br />

macht.<br />

3.1 Das Planziel 2010<br />

Unmittelbar nach <strong>der</strong> politischen Beschlussfassung zur Gründung <strong>der</strong><br />

GSVP <strong>in</strong> den Jahren 1998/1999 und damit zur Verfügbarmachung e<strong>in</strong>es<br />

militärischen Instruments im Rahmen <strong>der</strong> EU wurde e<strong>in</strong> Planungsprozess<br />

e<strong>in</strong>geleitet, auf dessen Basis die Festlegung des Bedarfes an Fähigkeiten<br />

zur Erfüllung <strong>der</strong> militärischen Aufgaben gemäß dem EU-Vertrag von<br />

45


erfolgen sollte. Basis für diesen Prozess war e<strong>in</strong> erstes militärisches<br />

Planziel, das Hels<strong>in</strong>ki Headl<strong>in</strong>e Goal.<br />

Amsterdam 83<br />

Dieses erste Planziel wurde durch das sogenannte Headl<strong>in</strong>e Goal<br />

84<br />

(HLG) 2010, welches im Juni 2004 beschlossen wurde und auf den politischen<br />

Vorgaben aus <strong>der</strong> Europäischen Sicherheitsstrategie 85<br />

aufbaut,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e qualitativ erweitert. Das HLG 2010 stellt bis heute die for-<br />

melle Planungsgrundlage für die Streitkräfteplanung im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP dar.<br />

Es wurden mit dem HLG 2010 zentrale Elemente betreffend das militärische<br />

Krisenmanagement im Rahmen <strong>der</strong> GSVP sowie betreffend die Fä-<br />

higkeitsentwicklung auf den Weg gebracht. Dazu s<strong>in</strong>d unter an<strong>der</strong>em die<br />

Aufstellung <strong>der</strong> EU-Battlegroups, die Schaffung <strong>der</strong> Europäischen Vertei-<br />

digungsagentur (EVA) sowie die Schaffung von Kapazitäten zur geme<strong>in</strong>-<br />

86<br />

samen Koord<strong>in</strong>ierung des strategischen Transportes zu zählen.<br />

Betrachtet man die sehr weitreichenden Beschlüsse im Rahmen des<br />

HLG 2010 kann man erkennen, dass damit auch wesentliche Grundlagen<br />

für die engere <strong>Zusammenarbeit</strong> europäischer Streitkräfte geschaffen wur-<br />

83 Hierunter fallen humanitäre Aufgaben und Rettungse<strong>in</strong>sätze, Friedenssicherungse<strong>in</strong>sätze<br />

sowie Kampfe<strong>in</strong>sätze im Rahmen <strong>der</strong> Krisenbewältigung e<strong>in</strong>schließlich friedensschaffen<strong>der</strong><br />

Maßnahmen. Gemäß <strong>der</strong> Europäischen Sicherheitsstrategie können hierzu<br />

auch geme<strong>in</strong>same Entwaffnungsaktionen, die Unterstützung von Drittlän<strong>der</strong>n bei <strong>der</strong><br />

Terrorismusbekämpfung sowie die Reform des Sicherheitssektors gehören.<br />

84 Vgl. Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2004a, S. 1.<br />

85 Vgl. Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2003, S. 11-14.<br />

86 Die diesbezüglichen Textpassagen im Headl<strong>in</strong>e Goal 2010 lauten wie folgt:<br />

• „bis zum Jahr 2007: Abschluss <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> von schnell verlegefähigen Gefechtsverbänden,<br />

e<strong>in</strong>schließlich Ermittlung geeigneter Kapazitäten <strong>in</strong> den Bereichen<br />

strategischer Transport und Durchhaltefähigkeit sowie geeigneter Entladekapazitäten.“<br />

• „im Laufe des Jahres 2004: Die E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Agentur für die Bereiche <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische<br />

Verteidigungsagentur).“<br />

• „bis zum Jahr 2005: Die Umsetzung <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Koord<strong>in</strong>ation des strategischen<br />

Transports <strong>der</strong> EU, damit bis 2010 die erfor<strong>der</strong>lichen Kapazitäten und die<br />

volle Leistungsfähigkeit beim strategischen Transport (Luft-, Land- und Seetransport)<br />

zur Unterstützung antizipierter Operationen erreicht werden kann.“<br />

(Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2004b, S. 4).<br />

46


den. Battlegroups und Transportkoord<strong>in</strong>ierung s<strong>in</strong>d konkrete <strong>Formen</strong> mul-<br />

t<strong>in</strong>ationaler <strong>Zusammenarbeit</strong> und die Verteidigungsagentur spielt e<strong>in</strong>e<br />

Schlüsselrolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ermöglichung von Kooperationen zwischen den EU-<br />

Mitgliedsstaaten.<br />

3.1.1 Der EU-Streitkräfteplanungsprozess<br />

Auf Basis des HLG 2010 wurde e<strong>in</strong> Streitkräfteplanungsprozess gestartet,<br />

welcher die politischen Vorgaben aus dem Headl<strong>in</strong>e Goal <strong>in</strong> militärische<br />

Fähigkeiten übersetzte. Unter Zuhilfenahme von illustrativen Szenarien<br />

wurde <strong>der</strong> Bedarf an militärischen Fähigkeiten festgestellt und im sogenannten<br />

Bedarfskatalog ausgedrückt.<br />

Die Mitgliedsstaaten meldeten daraufh<strong>in</strong> Streitkräfteelemente e<strong>in</strong>, die the-<br />

oretisch - <strong>in</strong> jedem konkreten Anlassfall ist e<strong>in</strong> geson<strong>der</strong>ter Prozess <strong>der</strong><br />

Kräftegenerierung erfor<strong>der</strong>lich - <strong>der</strong> EU zur Durchführung von Krisenma-<br />

nagementoperationen zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Zusammenfassung<br />

aller E<strong>in</strong>meldungen <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten erfolgte im so-<br />

genannten Streitkräftekatalog. E<strong>in</strong> Vergleich zwischen Bedarf und Bestand<br />

ergab <strong>in</strong> weiterer Folge die bestehenden Fähigkeitsdefizite, festgehalten<br />

im sogenannten Fortschrittskatalog.<br />

Wesentliches Element dieses Prozesses ist se<strong>in</strong>e qualitative Komponente.<br />

So wurden die durch die Mitgliedsstaaten e<strong>in</strong>gemeldeten Fähigkeiten nicht<br />

nur re<strong>in</strong> zahlenmäßig erfasst und dem Bedarf gegenübergestellt, son<strong>der</strong>n<br />

es erfolgte auch e<strong>in</strong>e qualitative Analyse <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gemeldeten Fähigkeiten<br />

basierend auf e<strong>in</strong>er Reihe festgelegter Kriterien. Die Ergebnisse erhalten<br />

durch diesen Prozess <strong>der</strong> qualitativen Analyse e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>s hohen<br />

Stellenwert.<br />

Aufgrund des bereits durch die Bezeichnung HLG 2010 ausgedrückten<br />

Planungshorizontes 2010 laufen <strong>der</strong>zeit EU-<strong>in</strong>terne Diskussionen über die<br />

Notwendigkeit <strong>der</strong> Erstellung e<strong>in</strong>es neuen Headl<strong>in</strong>e Goal. E<strong>in</strong>e zentrale<br />

47


Frage im Rahmen dieses, zum Ende des Beobachtungszeitraumes für<br />

diese Arbeit noch nicht abgeschlossenen Diskussionsprozesses ist, ob<br />

und wenn ja bis zu welchem Grad die bisher getrennt abgelaufenen zivilen<br />

und militärischen Planungsprozesse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Prozess, auf<br />

Basis e<strong>in</strong>es zivil-militärischen Headl<strong>in</strong>e Goal, zusammengeführt werden<br />

sollen. Grundsätzlich entspräche e<strong>in</strong>e solche Zusammenführung dem Ge-<br />

danken des Umfassenden Ansatzes („comprehensive approach“) im <strong>in</strong>ternationalen<br />

Krisenmanagement, <strong>der</strong> ja im Allgeme<strong>in</strong>en als die komparative<br />

Stärke <strong>der</strong> Europäischen Union im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Sicherheits<strong>in</strong>stitutionen<br />

angesehen wird.<br />

3.1.2 Bestehende Fähigkeitsdefizite<br />

E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> wesentlichen Ziele <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> GSVP, nämlich die Erreichung<br />

e<strong>in</strong>er autonomen EU-Kapazität zur Durchführung ziviler und militä-<br />

rischer Krisenmanagementoperationen, konnte trotz beachtlicher Erfolge<br />

noch nicht vollständig erreicht werden. Es bestehen nach wie vor Fähig-<br />

keitsdefizite, die <strong>der</strong> vollständigen Erreichung dieser Zielsetzung im Wege<br />

stehen.<br />

Der im Jahr 2007 beschlossene Fortschrittskatalog liefert e<strong>in</strong> Bild über<br />

bestehende Defizite, welches sich weitgehend mit den Erfahrungen aus<br />

aktuellen Operationen deckt. Schwerwiegende Fehlstellen bestehen nach<br />

wie vor <strong>in</strong> den Bereichen Operationsführung, Nachrichtenwesen, strategi-<br />

sche und taktische Aufklärung, Schutz <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gesetzten Kräfte sowie im<br />

Bereich <strong>der</strong> Verlegbarkeit <strong>der</strong> Kräfte (strategischer Luft- und Seetransport<br />

<strong>in</strong>klusive Luftbetankung sowie taktischer Lufttransport). 87<br />

Anzumerken ist hierzu, dass diese Defizite zwar die aktuelle Situation <strong>in</strong><br />

Bezug auf den EU-Streitkräfteplanungsprozess wi<strong>der</strong>spiegeln, nicht zw<strong>in</strong>gend<br />

jedoch die tatsächliche Situation <strong>in</strong> Europa. Dies hat mit dem Um-<br />

stand zu tun, dass die Mitgliedsstaaten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht ihre gesamten<br />

87 Vgl. Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2008b, S. 19.<br />

48


militärischen Inventare <strong>in</strong> den EU-Streitkräfteplanungsprozess e<strong>in</strong>gemel-<br />

det haben, son<strong>der</strong>n lediglich ausgesuchte Streitkräfteelemente. E<strong>in</strong>e reelle<br />

Feststellung von europäischen Fähigkeitsdefiziten kann also nicht aus-<br />

schließlich auf Basis e<strong>in</strong>es Streitkräfteplanungsprozesses erfolgen, son-<br />

<strong>der</strong>n muss immer auch Erfahrungen aus konkreten E<strong>in</strong>sätzen mitberück-<br />

sichtigen.<br />

Solcherart gewonnene Erfahrungen bestätigen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Fähig-<br />

keitsdefizite im Bereich des strategischen und taktischen Lufttransports.<br />

Während die EU-Mitgliedsstaaten beispielsweise mehr als 10.000 Kampf-<br />

panzer <strong>in</strong> ihren Inventaren führen, von denen nur e<strong>in</strong> Bruchteil tatsächlich<br />

im Rahmen von Krisenmanagementaufgaben benötigt wird, verfügen sie<br />

im Bereich des Lufttransportes lediglich über e<strong>in</strong>en gesicherten Zugang zu<br />

acht strategischen Transportflugzeugen vom Typ C-17. Im Bereich des<br />

taktischen Lufttransportes hat es beispielsweise volle sechs Monate an<br />

Anstrengungen bedurft, um 16 Helikopter und e<strong>in</strong> Dutzend kle<strong>in</strong>erer<br />

Transportflugzeuge zur Unterstützung <strong>der</strong> Operation EUFOR Tchad/RCA<br />

zu generieren. Dadurch wurde <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Operation erheblich verzö-<br />

gert. 88<br />

Festzustellen ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang aber auch, dass <strong>in</strong> den kommenden<br />

Jahren e<strong>in</strong>e Reihe von zusätzlichen, vor allem strategischen Fähigkeiten<br />

<strong>in</strong> die Inventare <strong>der</strong> EU-Mitgliedsstaaten aufgenommen werden<br />

sollen. Zu diesen Fähigkeiten zählen solche im Bereich des strategischen<br />

Transportes (Airbus A400M, zusätzliche C-17), <strong>der</strong> Luftbetankung (Airbus<br />

89<br />

A330) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Satellitennavigation. Voraussetzung ist allerd<strong>in</strong>gs, dass<br />

die geplanten Programme trotz <strong>der</strong> Auswirkungen <strong>der</strong> jüngsten F<strong>in</strong>anzund<br />

Wirtschaftskrise wie vorgesehen umgesetzt werden.<br />

88<br />

Vgl. Grevi/Keohane, 2009, S. 70.<br />

89<br />

Vgl. Keohane, 2009b, S. 3.<br />

49


Diese neuen Ausrüstungsprogramme können zu e<strong>in</strong>er wesentlichen Stär-<br />

kung <strong>der</strong> europäischen militärischen Fähigkeiten beitragen. Dieses Poten-<br />

tial lässt sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann noch steigern, wenn nach geme<strong>in</strong>samen<br />

Lösungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung - sofern e<strong>in</strong>e solche nicht bereits e<strong>in</strong>geleitet<br />

ist - und im Betrieb gesucht wird.<br />

3.1.3 Die Europäische Verteidigungsagentur<br />

Die Europäische Verteidigungsagentur (EVA) wurde nach e<strong>in</strong>em<br />

Grundsatzbeschluss des Europäischen Rates von Thessaloniki (19. bis<br />

20. Juni 2003) ab dem Jahr 2004 e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

Gründungsidee war es, durch die Schaffung <strong>der</strong> Verteidigungsagentur (im<br />

Gegensatz zu verschiedenen an<strong>der</strong>en national und mult<strong>in</strong>ational organi-<br />

sierten Beschaffungsagenturen) die Weiterentwicklung von militärischen<br />

Fähigkeiten auf e<strong>in</strong>e möglichst breite Basis zu stellen. Dies sollte durch<br />

e<strong>in</strong>e Zusammenführung <strong>der</strong> Bereiche Fähigkeiten, Forschung/<strong>Entwicklung</strong>,<br />

Rüstung und Industrie/Markt gel<strong>in</strong>gen. Über die Platt-<br />

form <strong>der</strong> EVA sollten Fähigkeitsentwicklungsprojekte <strong>in</strong> all ihren Phasen<br />

von <strong>der</strong> Forschung bis h<strong>in</strong> zur Beschaffung transparent für alle <strong>in</strong>teressier-<br />

ten EU-Mitgliedsstaaten abgewickelt werden.<br />

Aufgrund ihrer <strong>in</strong>tergouvernementalen Ausrichtung ist die Agentur jedoch<br />

genauso wenig wie alle an<strong>der</strong>en Institutionen im Rahmen <strong>der</strong> GSVP <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, die Mitgliedsstaaten im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung zu steu-<br />

ern. Die EVA kann lediglich e<strong>in</strong>e Plattform anbieten, auf <strong>der</strong> Aktivitäten <strong>der</strong><br />

Fähigkeitsentwicklung koord<strong>in</strong>iert ablaufen können. Insofern kommt <strong>der</strong><br />

EVA aber auch e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle als Instrument <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierung<br />

<strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> zu. Diese Rolle kann durch die Bestim-<br />

mungen des Vertrages von Lissabon potentiell noch verstärkt werden (vgl.<br />

hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Ausführung zur Ständig Strukturierten <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

<strong>in</strong> Kapitel 3.4).<br />

50


Seit Beg<strong>in</strong>n des Jahres 2009 betreibt die EVA e<strong>in</strong>en Arbeitsstrang mit <strong>der</strong><br />

Bezeichnung „pool<strong>in</strong>g and shar<strong>in</strong>g of capabilities and assets“, welcher di-<br />

rekte Relevanz für den Aspekt <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich<br />

<strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung hat. 90 Hauptzweck dieser Bearbeitungen ist es,<br />

die EU-Mitgliedsstaaten bei <strong>der</strong> Identifikation möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sbereiche<br />

zu unterstützen. Das Projekt läuft <strong>in</strong> den drei Phasen Be-<br />

standsaufnahme, Analyse und <strong>Entwicklung</strong> ab und bef<strong>in</strong>det sich <strong>der</strong>zeit <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Stadium zwischen den ersten beiden Phasen. 91<br />

3.2 Der Capability Development Plan<br />

Ausgehend von den durch den Streitkräfteplanungsprozess auf Basis des<br />

Headl<strong>in</strong>e Goal 2010 festgestellten qualitativen und quantitativen Defiziten<br />

wurde im Rahmen <strong>der</strong> Europäischen Verteidigungsagentur e<strong>in</strong> weiterer<br />

Planungsprozess, <strong>der</strong> sogenannte Capability Development Plan (CDP),<br />

gestartet. 92<br />

Dieser Planungsprozess verb<strong>in</strong>det die Ergebnisse <strong>der</strong> HLG 2010-<br />

Bearbeitungen mit e<strong>in</strong>er langfristigen Planungsperspektive (im Wesentlichen<br />

auf Basis <strong>der</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong> im Jahr 2007 erstellten EU-Long<br />

93<br />

Term Vision). Zusätzlich s<strong>in</strong>d Erkenntnisse betreffend militärischer Fähigkeiten<br />

aus durchgeführten Krisenmanagementoperationen (<strong>in</strong>sbeson-<br />

<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>sichtlich aufgetretener Defizite) e<strong>in</strong>geflossen. Ergänzt wurde dieser<br />

Planungsprozess um konkrete Aktivitäten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaa-<br />

ten <strong>in</strong> Form von geplanten bzw. bereits e<strong>in</strong>geleiteten Beschaffungsvorhaben.<br />

Durch Zusammenführung <strong>der</strong> vier genannten Teilaspekte bietet <strong>der</strong> CDP<br />

e<strong>in</strong> sehr brauchbares Bild über jene Fähigkeitsbereiche, die langfristig zur<br />

90<br />

European Defence Agency, 2009, S. 4-5.<br />

91<br />

Wobei hiezu anzumerken ist, dass die <strong>in</strong> Kapitel 1.2 dargestellten politischen <strong>Entwicklung</strong>en<br />

im Zusammenhang mit <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation als Lösungsansatz e<strong>in</strong>e Neuausrichtung<br />

dieses Projektes bewirken werden.<br />

92<br />

Vgl. European Defence Agency, 2008.<br />

93<br />

Vgl. European Defence Agency, 2006.<br />

51


Erfüllung <strong>der</strong> militärischen Aufgaben im Rahmen <strong>der</strong> EU von Relevanz<br />

bleiben o<strong>der</strong> relevant werden.<br />

Durch den EVA-Lenkungsausschuss - e<strong>in</strong> Steuerungsgremium, das <strong>in</strong><br />

verschiedenen Konfigurationen tagt und die Richtl<strong>in</strong>ien für die Arbeit <strong>der</strong><br />

Agentur vorgibt - wurden aus den identifizierten Fähigkeitsbereichen 12<br />

sogenannte „prioritäre Aktionsfel<strong>der</strong>“ abgeleitet. 94<br />

Diese dienen als Richt-<br />

schnur für die Erstellung des Arbeitsprogrammes <strong>der</strong> Verteidigungsagentur<br />

und zeichnen mögliche Kooperationsbereiche vor.<br />

Entscheidungen im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung s<strong>in</strong>d Langfristentscheidungen,<br />

welche üblicherweise erst nach Jahren <strong>in</strong> konkreten Fähig-<br />

keiten münden. Durch se<strong>in</strong>e langfristige Perspektive bietet <strong>der</strong> CDP den<br />

Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, Streitkräfteplanung im E<strong>in</strong>klang mit dem<br />

auf EU-Ebene geme<strong>in</strong>sam festgelegten Bedarf zu gestalten. Zudem bietet<br />

<strong>der</strong> CDP e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> laufende und geplante Programme an<strong>der</strong>er Mit-<br />

gliedsstaaten und hat so das Potential, Kooperationen zu för<strong>der</strong>n.<br />

3.3 EU–NATO–Dimension <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung<br />

Die Masse <strong>der</strong> europäischen Staaten s<strong>in</strong>d Mitglied sowohl <strong>der</strong> EU als auch<br />

<strong>der</strong> NATO. Es besteht europaweit betrachtet nur e<strong>in</strong> "s<strong>in</strong>gle set of forces",<br />

aus dem sich sowohl EU als auch NATO zum Zwecke <strong>der</strong> Durchführung<br />

von Krisenmanagemente<strong>in</strong>sätzen bedienen müssen. Die <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

zwischen EU und NATO im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung muss daher<br />

so eng als möglich se<strong>in</strong>, um unnötige Duplizierungen zu vermeiden. Die<br />

beiden Institutionen s<strong>in</strong>d gewissermaßen zu e<strong>in</strong>er engen <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

und zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen, kohärenten und sich gegenseitig stärkenden<br />

Fähigkeitsentwicklung gezwungen. 95<br />

94 Vgl. European Defence Agency, 2008, S. 6; zu diesen Aktionsfel<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d unter an<strong>der</strong>em<br />

Fähigkeitsbereiche wie Mediz<strong>in</strong>ische Versorgung, Nachrichtengew<strong>in</strong>nung und Aufklärung,<br />

Hubschraubertransport o<strong>der</strong> Nutzung von Computernetzwerken zum Zwecke <strong>der</strong><br />

Kampfführung zu zählen.<br />

95 Vgl. Stubb, 2009, S. 138.<br />

52


Tatsache ist aber auch, dass nach wie vor ungelöste politische Probleme<br />

e<strong>in</strong>er reibungslosen, sich gegenseitig ergänzenden und frei von Duplizie-<br />

rungen ablaufenden Fähigkeitsentwicklung <strong>in</strong> beiden Organisationen entgegenstehen.<br />

Diese politischen Problemstellungen ergeben sich e<strong>in</strong>erseits<br />

aus e<strong>in</strong>em nach wie vor ambivalenten transatlantischen Verhältnis 96 und<br />

an<strong>der</strong>erseits aus dem konfliktbehafteten Beziehungsgeflecht Türkei–<br />

Griechenland–Zypern. 97 Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> letztgenannte Aspekt hat zur<br />

Folge, dass sich praktische Aspekte <strong>der</strong> EU-NATO-<strong>Zusammenarbeit</strong> im<br />

Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung (wie z.B. <strong>der</strong> gegenseitige Austausch<br />

von Informationen zu laufenden o<strong>der</strong> geplanten Projekten) schwierig ges-<br />

talten. 98<br />

Österreich zählt zu jenen wenigen Mitgliedsstaaten <strong>der</strong> EU, welche nicht<br />

zugleich auch Mitglied <strong>in</strong> <strong>der</strong> NATO s<strong>in</strong>d. Als Mitglied <strong>der</strong> NATO-<br />

Partnerschaft für den Frieden (NATO/PfP) erklärt sich Österreich jedoch<br />

dazu bereit, eng mit <strong>der</strong> NATO, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei friedenserhaltenden<br />

E<strong>in</strong>sätzen, Humanitärer und Katastrophenhilfe sowie bei Such- und Ret-<br />

tungse<strong>in</strong>sätzen zusammenzuarbeiten. Die österreichischen Beteiligungen<br />

an den NATO-geführten Operationen am Balkan (<strong>in</strong> Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a<br />

bis 2001 sowie aktuell noch im Kosovo) s<strong>in</strong>d Ausdruck dieser Bereitschaft<br />

zur <strong>Zusammenarbeit</strong>.<br />

Neben <strong>der</strong> generellen sicherheitspolitischen Bedeutung <strong>der</strong> NATO sowie<br />

<strong>der</strong> Bedeutung für den Bereich <strong>der</strong> Durchführung von Operationen liegt<br />

<strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> Teilnahme an <strong>der</strong> NATO/PfP für die österreichische Si-<br />

cherheits- und Verteidigungspolitik <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> für<br />

mult<strong>in</strong>ationale E<strong>in</strong>sätze wichtigen <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit (Interoperabi-<br />

96 Wenngleich anzumerken ist, dass durch die Rückkehr Frankreichs <strong>in</strong> die <strong>in</strong>tegrierte<br />

NATO-Kommandostruktur im Jahr 2008 e<strong>in</strong> deutliches Signal <strong>in</strong> Richtung <strong>der</strong> Entspannung<br />

dieses Verhältnisses im sicherheitspolitischen Bereich gesetzt wurde.<br />

97 In diesem Zusammenhang s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> nach wie vor ungelöste Konflikt um die geteilte<br />

Insel Zypern sowie die Frage e<strong>in</strong>es EU-Beitrittes <strong>der</strong> Türkei von Relevanz.<br />

98 Für e<strong>in</strong>e ausführlichere Diskussion <strong>der</strong> aufgezeigten Aspekte <strong>der</strong> EU-NATO-<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> vgl. Algieri/Kammel, 2010, S. 65-67 und Larrabee, 2009, S. 51-57.<br />

53


lität). 99<br />

Insofern kommt also <strong>der</strong> NATO/PfP gerade im Bereich <strong>der</strong> Fähig-<br />

keitsentwicklung e<strong>in</strong>e hohe militärische Relevanz zu, welche sich <strong>in</strong> den<br />

Planungsprozessen des ÖBH auch entsprechend wi<strong>der</strong>spiegelt. In Zu-<br />

sammenschau mit <strong>der</strong> prioritären Rolle <strong>der</strong> EU für Österreichs Sicherheitspolitik<br />

wird klar, warum Österreich an e<strong>in</strong>er funktionierenden <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

zwischen den beiden Organisationen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch im<br />

Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung, höchst <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong> muss.<br />

3.4 Aspekte <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung im Vertrag von<br />

Lissabon<br />

Nach dem gescheiterten Versuch, Europa mit e<strong>in</strong>er eigenen, vertraglichen<br />

Verfassung auszustatten und nach e<strong>in</strong>em langwierigen, mit e<strong>in</strong>igen Rückschlägen<br />

<strong>in</strong> Form von gescheiterten Referenden <strong>in</strong> verschiedenen EU-<br />

Mitgliedsstaaten durchsetzten Ratifizierungsverfahren konnte <strong>der</strong> Vertrag<br />

von Lissabon am 1. Dezember 2009 <strong>in</strong> Kraft treten. 100<br />

101<br />

Die Bestimmungen des Vertrages betreffend die GASP/GSVP s<strong>in</strong>d<br />

durchaus dazu geeignet, <strong>der</strong> GSVP neuen Schwung zu verleihen. Durch<br />

die Beistandsklausel 102<br />

nähert sich die EU e<strong>in</strong>en Schritt an die Zielformulierung<br />

e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Verteidigung an. Dem Geiste e<strong>in</strong>er zuneh-<br />

menden Integration im Rahmen <strong>der</strong> EU wird durch die Bestimmungen zur<br />

Ständigen Strukturierten <strong>Zusammenarbeit</strong> (SSZ) sowie durch die Solidari-<br />

99<br />

Vgl. Republik Österreich, 12.12.2001, S. 6–7.<br />

100<br />

Vgl. Amtsblatt <strong>der</strong> Europäischen Union, 2010; Verweise auf konkrete Artikel aus dem<br />

Vertrag von Lissabon <strong>in</strong> den folgenden Ausführungen beziehen sich auf die hier zitierte<br />

Fassung des Vertrages.<br />

101<br />

Die relevanten Bestimmungen f<strong>in</strong>den sich im Titel V („Allgeme<strong>in</strong>e Bestimmungen über<br />

das Auswärtige Handeln <strong>der</strong> Union und beson<strong>der</strong>e Bestimmungen über die GASP“).<br />

102<br />

Artikel 42 (7): Im Falle e<strong>in</strong>es bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet e<strong>in</strong>es Mitgliedstaats<br />

schulden die an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten ihm alle <strong>in</strong> ihrer Macht stehende Hilfe<br />

und Unterstützung, im E<strong>in</strong>klang mit Artikel 51 <strong>der</strong> Charta <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen. Dies<br />

lässt den beson<strong>der</strong>en Charakter <strong>der</strong> Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter<br />

Mitgliedstaaten unberührt. Die Verpflichtungen und die <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

bleiben im E<strong>in</strong>klang mit den im Rahmen <strong>der</strong> Nordatlantikvertrags-Organisation e<strong>in</strong>gegangenen<br />

Verpflichtungen, die für die ihr angehörenden Staaten weiterh<strong>in</strong> das Fundament<br />

ihrer kollektiven Verteidigung und das Instrument für <strong>der</strong>en Verwirklichung ist.<br />

54


entsprochen. Diese Klausel zeichnet auch den Weg h<strong>in</strong>sichtlich<br />

e<strong>in</strong>es umfassenden Verständnisses von Sicherheit durch die Verb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>der</strong> zusammengehörenden Aspekte <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren und äußeren Sicherheit<br />

vor.<br />

tätsklausel 103<br />

Der Vertrag von Lissabon nimmt <strong>in</strong> zwei Artikeln auch konkret auf Aspekte<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten Bezug. Zum e<strong>in</strong>en verpflichten<br />

sich die Mitgliedsstaaten im Artikel 42 (3) des Vertrages über die Europäische<br />

Union zur schrittweisen Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten.<br />

Der EVA soll dabei e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedarfsermittlung, Be-<br />

104<br />

darfsdeckung und Überwachung erzielter Fortschritte zukommen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en beschreibt Artikel 42 (6) die Ständige Strukturierte Zusam-<br />

105<br />

menarbeit (SSZ), welche es ambitionierten Mitgliedsstaaten ermögli-<br />

chen soll, im Bereich <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten Akzente zu<br />

setzen. Der vormalige Vorsitzende des EU-Militärkomitees, General Henri<br />

Bentégeat, sieht <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die SSZ als e<strong>in</strong> taugliches Mittel, um durch<br />

103<br />

Artikel 222 (1) des Vertrages über die Arbeitsweise <strong>der</strong> Europäischen Union:<br />

Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln geme<strong>in</strong>sam im Geiste <strong>der</strong> Solidarität, wenn<br />

e<strong>in</strong> Mitgliedstaat von e<strong>in</strong>em Terroranschlag, e<strong>in</strong>er Naturkatastrophe o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er vom Menschen<br />

verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung<br />

stehenden Mittel, e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen<br />

Mittel, um<br />

a) terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;<br />

die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen<br />

zu schützen; im Falle e<strong>in</strong>es Terroranschlags e<strong>in</strong>en Mitgliedstaat auf Ersuchen<br />

se<strong>in</strong>er politischen Organe <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>es Hoheitsgebiets zu unterstützen;<br />

b) im Falle e<strong>in</strong>er Naturkatastrophe o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er vom Menschen verursachten Katastrophe<br />

e<strong>in</strong>en Mitgliedstaat auf Ersuchen se<strong>in</strong>er politischen Organe <strong>in</strong>nerhalb<br />

se<strong>in</strong>es Hoheitsgebiets zu unterstützen.<br />

104<br />

Mit diesem Artikel wird die Europäische Verteidigungsagentur, welche ja zunächst als<br />

Agentur außerhalb des <strong>in</strong>stitutionellen Rahmens <strong>der</strong> GSVP gegründet wurde, <strong>in</strong> die primärrechtlichen<br />

Strukturen <strong>der</strong> Europäischen Union übernommen. Was die beschriebene<br />

Rolle <strong>der</strong> Agentur betrifft bedarf es jedoch noch ergänzen<strong>der</strong> Vorgaben zur konkreten<br />

Rollendef<strong>in</strong>ition. Diese Vorgaben s<strong>in</strong>d bisher nicht verfügbar; die Agentur ist daher <strong>der</strong>zeit<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, die ihr mit dem Vertrag von Lissabon zugedachten Aufgaben voll<strong>in</strong>haltlich<br />

wahrzunehmen.<br />

105<br />

Artikel 42 (6) (auszugsweise): Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien <strong>in</strong><br />

Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen und die im H<strong>in</strong>blick auf Missionen mit<br />

höchsten Anfor<strong>der</strong>ungen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> weiter gehende Verpflichtungen e<strong>in</strong>gegangen<br />

s<strong>in</strong>d, begründen e<strong>in</strong>e Ständige Strukturierte <strong>Zusammenarbeit</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Union.<br />

55


e<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Flexibilität <strong>in</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> die<br />

Effizienz im Bereich <strong>der</strong> Bereitstellung militärischer Fähigkeiten im EU-<br />

Rahmen zu erhöhen. 106<br />

Insgesamt werden durch den Vertrag von Lissabon Grundlagen für e<strong>in</strong>e<br />

kohärentere Außenwirksamkeit <strong>der</strong> EU geschaffen. Durch die neuen<br />

GSVP-Bestimmungen werden, zusammen mit den GASP-relevanten Be-<br />

stimmungen wie z.B. dem Europäischen Auswärtigen Dienst o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Doppelrolle des Hohen Vertreters als Vizepräsident <strong>der</strong> Europäischen<br />

Kommission <strong>der</strong> EU Werkzeuge zur effektiven (Außen-)Politikgestaltung<br />

107<br />

an die Hand gegeben. Die militärischen Aktionsmöglichkeiten werden<br />

erweitert, und den Mitgliedsstaaten wird e<strong>in</strong> flexibleres Vorgehen im Bereich<br />

<strong>der</strong> GSVP <strong>in</strong> Umsetzung politischer Beschlüsse ermöglicht. 108<br />

Zusammenfassend kann zur Fähigkeitsentwicklung im Rahmen <strong>der</strong> EU<br />

festgestellt werden, dass die notwendigen Grundlagen für die Weiterent-<br />

wicklung militärischer Fähigkeiten geschaffen wurden. Entsprechende<br />

Prozesse s<strong>in</strong>d vorhanden und werden laufend weiterentwickelt. Aktuelle<br />

Fähigkeitsdefizite s<strong>in</strong>d bekannt und <strong>der</strong> langfristige Bedarf an Fähigkeiten<br />

ist im CDP def<strong>in</strong>iert. Mit <strong>der</strong> EVA wurde e<strong>in</strong>e Plattform zur Erleichterung<br />

<strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> geschaffen.<br />

Abzuwarten bleibt, ob die neuen Instrumente, die <strong>der</strong> Vertrag von Lissabon<br />

bietet, Wirkung entfalten. Bei Betrachtung <strong>der</strong> EU-<strong>Entwicklung</strong>en seit<br />

Inkrafttreten des Vertrages ist allerd<strong>in</strong>gs kritisch anzumerken, dass bisher<br />

kaum politische Anstrengungen unternommen wurden, die Lissabon-<br />

Bestimmungen betreffend die GASP/GSVP mit Leben zu erfüllen. Dies<br />

hängt aus Sicht des Verfassers e<strong>in</strong>erseits mit <strong>der</strong> notwendigen Bewältigung<br />

<strong>der</strong> Folgen <strong>der</strong> jüngsten F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise zusammen,<br />

welche die politischen Kräfte weitgehend <strong>in</strong> Anspruch genommen hat. An-<br />

106 Vgl. Bentégeat, 2009, S. 98.<br />

107 Vgl. Stubb, 2009, S. 133.<br />

108 Vgl. Hochleitner, 2010, S. 393–395.<br />

56


<strong>der</strong>erseits sche<strong>in</strong>en aber auch Kompetenzkonflikte im Zusammenhang mit<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>nahme <strong>der</strong> neuen EU-Spitzenstruktur maßgeblich dafür verantwort-<br />

lich zu se<strong>in</strong>, dass für <strong>in</strong>haltliche Weiterentwicklungen <strong>der</strong>zeit kaum Antrieb<br />

besteht. Es bleibt also die Herausfor<strong>der</strong>ung, die vertraglichen Bestimmun-<br />

gen auch <strong>in</strong> gelebte politische Praxis umzusetzen.<br />

57


Kapitel 4<br />

FORMEN MULTINATIONALER ZUSAMMENARBEIT<br />

IN DER FÄHIGKEITSENTWICKLUNG<br />

Das vierte Kapitel ist <strong>der</strong> Darstellung unterschiedlicher <strong>Formen</strong> mult<strong>in</strong>atio-<br />

naler <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung gewidmet.<br />

Zunächst wird auf zentrale Aspekte, welche im Kontext <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>gegangen.<br />

4.1 Grundsätzliche Überlegungen zur <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

Vor <strong>der</strong> Beschreibung möglicher <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

ist es notwendig, e<strong>in</strong>e Reihe von Vorfragen zu behandeln. Es geht dabei<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e darum, die Beweggründe und Zielsetzungen für die Teil-<br />

nahme an Kooperationen zu analysieren und jene Aspekte darzustellen,<br />

welche Kooperationen erleichtern.<br />

4.1.1 Beweggründe und Zielsetzungen<br />

Die Beweggründe für die Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen Zu-<br />

sammenarbeit im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung können sowohl aus<br />

dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> GSVP als auch aus nationalem Blickw<strong>in</strong>kel betrachtet<br />

werden.<br />

Aus beiden Blickw<strong>in</strong>keln relevant s<strong>in</strong>d grundlegende Zielsetzungen von<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung. Diese s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er-<br />

seits e<strong>in</strong>e höhere Effizienz beim E<strong>in</strong>satz knapper Mittel (d.h. Ressourcenoptimierung)<br />

sowie an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>e größere Effektivität beim Aufbau und<br />

59


ei <strong>der</strong> Bereitstellung von Fähigkeiten (d.h. Fähigkeitssteigerung). 109 Ne-<br />

ben diesen beiden grundlegenden Zielsetzungen s<strong>in</strong>d zusätzlich, speziell<br />

aus nationaler Sicht, Aspekte des Erhalts von Fähigkeiten 110 bzw. des Zu-<br />

gew<strong>in</strong>nes an Fähigkeiten 111 sowie auch des Erhalts von o<strong>der</strong> des Zuge-<br />

w<strong>in</strong>nes an „Know-how“ im Zusammenhang mit bestimmten Fähigkeiten<br />

relevant. Schließlich können durch <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähig-<br />

keitsentwicklung auch politische Ziele verfolgt werden, die jenseits <strong>der</strong><br />

oben angeführten Beweggründe liegen. 112<br />

Abbildung 1: Beweggründe für <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

109 Vgl. Borchert/Eggenberger, 2004, S. 230. Im Rahmen e<strong>in</strong>es Vortrages während e<strong>in</strong>er<br />

Konferenz <strong>in</strong> Brüssel wurden die <strong>der</strong> Nordischen Verteidigungskooperation zugrunde<br />

liegenden Zielsetzungen folgen<strong>der</strong>maßen beschrieben: Bessere Kosteneffizienz, effizientere<br />

Fähigkeitsentwicklung, bessere Zuteilung von Ressourcen, Erzielung e<strong>in</strong>es Mehrwertes,<br />

gesteigerte operationelle Effektivität sowie erhöhte Interoperabilität (vgl. Eteläpää,<br />

18.10.2010, S. 2).<br />

110 Darunter ist die Möglichkeit zu verstehen, durch Teilnahme an e<strong>in</strong>er mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Kooperation e<strong>in</strong>e bereits bestehende Fähigkeit weiterh<strong>in</strong> zu erhalten, die ansonsten re<strong>in</strong><br />

national nicht mehr o<strong>der</strong> nur mehr unter überproportionalem Mittele<strong>in</strong>satz erhalten werden<br />

könnte.<br />

111 Darunter ist die Möglichkeit zu verstehen, durch Teilnahme an e<strong>in</strong>er mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Kooperation Zugang zu e<strong>in</strong>er Fähigkeit zu erhalten, <strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong> Ressourcensituation<br />

re<strong>in</strong> national nicht sichergestellt werden könnte.<br />

112 vgl. hierzu auch die Feststellungen zum Potential militärischer Fähigkeitsentwicklung<br />

als e<strong>in</strong> Instrument zur Steigerung <strong>der</strong> Außenwirkung <strong>der</strong> EU <strong>in</strong> Kapitel 2.1.2.<br />

60


Betrachtet man die Beweggründe für mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> spe-<br />

ziell aus dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> GSVP s<strong>in</strong>d zwei Zielsetzungen von besonde-<br />

rer Relevanz: E<strong>in</strong>erseits die Beseitigung bestehen<strong>der</strong> gesamteuropäischer<br />

Defizite, wobei hier dem Aspekt <strong>der</strong> Fähigkeitssteigerung im EU-Rahmen<br />

Vorrang vor möglichem E<strong>in</strong>sparungspotential e<strong>in</strong>geräumt werden muss. 113<br />

An<strong>der</strong>erseits die <strong>Zusammenarbeit</strong> zur Erzielung von Synergieeffekten,<br />

wobei es aus EU-Sicht zunächst darum gehen muss, e<strong>in</strong> klares EU-weites<br />

Lagebild h<strong>in</strong>sichtlich möglicher Handlungsfel<strong>der</strong> zu erstellen (vgl. hierzu<br />

die Ausführungen <strong>in</strong> Kapitel 4.1.2).<br />

Aus spezifisch nationaler Sicht können die Beweggründe für die Teilnah-<br />

me an <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> variieren. Große und militärisch<br />

leistungsfähige Mitgliedsstaaten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e an e<strong>in</strong>er Entlastung<br />

durch das E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Beiträgen an<strong>der</strong>er Mitgliedsstaaten im <strong>in</strong>ternati-<br />

onalen Krisenmanagement <strong>in</strong>teressiert. Diese Beitragsleistung darf aus<br />

Sicht <strong>der</strong> großen Staaten allerd<strong>in</strong>gs nicht zu e<strong>in</strong>er gravierenden E<strong>in</strong>-<br />

schränkung <strong>der</strong>en Gestaltungsspielraums o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Fähigkeit zur Durch-<br />

setzung nationaler Interessen führen. Dieser Umstand zw<strong>in</strong>gt große Staa-<br />

ten weiterh<strong>in</strong> zur Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>es möglichst breiten, re<strong>in</strong> nationa-<br />

len Fähigkeitsspektrums und m<strong>in</strong><strong>der</strong>t damit das Potential für Ressourcen-<br />

optimierung durch <strong>Zusammenarbeit</strong>.<br />

Auch kle<strong>in</strong>ere Mitgliedsstaaten s<strong>in</strong>d an e<strong>in</strong>er größtmöglichen Erhaltung<br />

nationaler Handlungsautonomie <strong>in</strong>teressiert. Aufgrund <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesen Staaten<br />

generell e<strong>in</strong>geschränkten militärischen Ressourcen bietet Kooperation<br />

aber das Potential, durch Leistung wertvoller Beiträge E<strong>in</strong>fluss auf die Entscheidungen<br />

<strong>der</strong> großen Mitgliedsstaaten im S<strong>in</strong>ne nationaler Interessen<br />

nehmen zu können. Insbeson<strong>der</strong>e kle<strong>in</strong>ere Staaten haben die Möglichkeit,<br />

auf diese Weise an E<strong>in</strong>fluss zu gew<strong>in</strong>nen und ihre Souveränität als Akteur<br />

113 Der Aspekt <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> militärischen Handlungsfähigkeit im Rahmen <strong>der</strong> GSVP<br />

und somit die Steigerung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU als außen- und sicherheitspolitischer<br />

Akteur ist hier entscheidend.<br />

61


im Rahmen <strong>der</strong> europäischen Integration zu steigern. Es kann daher e<strong>in</strong>e<br />

gestaltende Beitragsleistung im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> eigenen Interessens- und Sou-<br />

veränitätsvorstellungen erfolgen. Durch Beistellung <strong>der</strong> richtigen Fähigkei-<br />

ten können Kle<strong>in</strong>staaten an E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> <strong>der</strong> GSVP gew<strong>in</strong>nen, was sozusa-<br />

gen e<strong>in</strong>en Kooperationsgew<strong>in</strong>n für den E<strong>in</strong>zelstaat darstellt. Zusätzlich<br />

kann damit die Fähigkeit <strong>der</strong> EU <strong>in</strong>sgesamt erhöht und somit e<strong>in</strong> Beitrag<br />

zur Erzielung e<strong>in</strong>es Kooperationsgew<strong>in</strong>nes für die EU als Gesamtes ge-<br />

leistet werden.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Beweggrund zur Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> kann für kle<strong>in</strong>ere Mitgliedsstaaten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tatsache be-<br />

stehen, dass mittelfristig - aufgrund <strong>der</strong> stetig steigenden Komplexität mili-<br />

tärischer Fähigkeiten und damit verbunden steigen<strong>der</strong> Kosten 114 - kle<strong>in</strong>ere<br />

Staaten nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong> werden, e<strong>in</strong>e ausreichende nationale<br />

militärische Kapazität, welche im mult<strong>in</strong>ationalen Rahmen e<strong>in</strong>gesetzt wer-<br />

den kann, aufrechtzuerhalten. Als Alternative zu <strong>Zusammenarbeit</strong> bleiben<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Szenario nur Isolation und somit relative Bedeutungslo-<br />

sigkeit. 115<br />

4.1.2 Kooperationsför<strong>der</strong>nde Aspekte<br />

Die im Folgenden angeführten Faktoren s<strong>in</strong>d als Grundvoraussetzung für<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> zu betrachten und tragen dazu bei, <strong>Zusammenarbeit</strong> wesentlich<br />

zu erleichtern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen.<br />

• Politischer Wille ist e<strong>in</strong>e zentrale Voraussetzung:<br />

Wie Volker Heise im Rahmen e<strong>in</strong>er Studie zum Thema Streitkräfte<strong>in</strong>tegration<br />

<strong>in</strong> Europa im Jahr 2005 feststellt, ist "die Bereitschaft,<br />

solche <strong>in</strong>tegrativen Ansätze zu verfolgen ... zur Zeit bei den europä-<br />

114 NATO-Generalsekretär Rasmussen stellt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang fest, dass e<strong>in</strong>zelne<br />

militärische Fähigkeiten <strong>der</strong>art teuer s<strong>in</strong>d, dass <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Weg des Zugriffes v.a. für<br />

kle<strong>in</strong>ere Mitgliedsstaaten das „pool<strong>in</strong>g“ solcher Fähigkeiten ist (vgl. Rasmussen, 2010,<br />

S. 3).<br />

115 Vgl. Stoltenberg, 2009, S. 28–31.<br />

62


ischen Nationen allerd<strong>in</strong>gs ger<strong>in</strong>g. Daher s<strong>in</strong>d tiefgreifende Maßnahmen<br />

auf absehbare Zeit wenig realistisch". Im gleichen Ab-<br />

schnitt <strong>der</strong> Studie sieht Heise aber Potential, <strong>in</strong>dem er feststellt,<br />

dass "für schrittweises Vorgehen, das an <strong>der</strong> Peripherie nationaler<br />

Souveränität beg<strong>in</strong>nt, ... eher Erfolgsaussichten" bestehen. 116<br />

Tatsache ist, dass durch jede Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Kooperationspartnern<br />

erhöht wird. Es besteht daher <strong>der</strong> Bedarf, e<strong>in</strong> ausgewogenes<br />

Verhältnis zwischen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation und <strong>der</strong><br />

Tendenz <strong>der</strong> Staaten, nationale Prioritäten im Bereich <strong>der</strong> Sicher-<br />

117<br />

heit und Verteidigung verfolgen zu wollen, herzustellen. Das<br />

Schließen dieser Schere ist nur dann möglich, wenn entsprechen<strong>der</strong><br />

politischer Wille zum zum<strong>in</strong>dest partiellen Abtausch nationaler<br />

Autonomie gegen e<strong>in</strong>e Steigerung militärischer Fähigkeiten gege-<br />

ben ist. Wie bereits <strong>in</strong> Kapitel 1.2 ausgeführt ist es denkbar, dass<br />

die Konsequenzen <strong>der</strong> jüngsten F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise diese<br />

politische Bereitschaft positiv bee<strong>in</strong>flussen können.<br />

• Geme<strong>in</strong>same Interessen erleichtern Kooperation: <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

wird dann wesentlich erleichtert, wenn e<strong>in</strong>e weitgehende E<strong>in</strong>ig-<br />

keit im Bereich außenpolitischer Zielsetzungen sowie damit verbunden<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igkeit <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> Nutzung<br />

militärischer Kräfte ("use of force") für bestimmte Aufgaben gege-<br />

118<br />

ben ist. Zusätzliche Anreize und Möglichkeiten für Kooperation<br />

s<strong>in</strong>d dann gegeben, wenn Gleichheiten o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest Vergleichbarkeiten<br />

bei Ausrüstung und Gerät vorhanden s<strong>in</strong>d. Diese erleich-<br />

tern geme<strong>in</strong>same Managementaufgaben, die Konzept- und Doktr<strong>in</strong>enerstellung,<br />

die Logistik <strong>in</strong> allen Bereichen sowie die Durchfüh-<br />

116<br />

Heise 2005, S. 5.<br />

117<br />

Vgl. The International Institute for Strategic Studies (IISS), 2010b, S. 108.<br />

118<br />

Vgl. Kugler, September 2010, S. 1–2.<br />

63


ung von Ausbildungen und Übungen. 119 Die Abwesenheit konkur-<br />

rieren<strong>der</strong> rüstungspolitischer Interessen bzw. die Möglichkeit, Inte-<br />

ressenkonflikte <strong>in</strong> diesem Bereich durch geeignete Maßnahmen<br />

(z.B. e<strong>in</strong>e anteilsmäßige Produktion von Rüstungsgütern <strong>in</strong> den je-<br />

weiligen Staaten ohne Verlust an Effizienz) abfe<strong>der</strong>n zu können,<br />

bildet ebenso e<strong>in</strong>e wesentliche Basis für erfolgreiche Zusammenar-<br />

beit. Geographische Nähe und ähnliche Interessenslagen <strong>in</strong> Bezug<br />

auf <strong>in</strong>ternationale Organisationen - wobei damit nicht zw<strong>in</strong>gend ge-<br />

me<strong>in</strong>same Mitgliedschaften geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d - s<strong>in</strong>d weitere Faktoren,<br />

welche e<strong>in</strong>e <strong>Zusammenarbeit</strong> positiv bee<strong>in</strong>flussen. 120<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf den Aspekt <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Interessen sche<strong>in</strong>t<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die <strong>Zusammenarbeit</strong> auf regionaler Ebene entspre-<br />

121<br />

chende Erfolgsaussichten bieten zu können.<br />

• E<strong>in</strong> Planungsprozess zur Identifikation möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sfel<strong>der</strong><br />

ist notwendig:<br />

Zum Zwecke <strong>der</strong> Identifikation möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sbereiche<br />

ist e<strong>in</strong> zweistufiger Planungsprozess erfor<strong>der</strong>lich. Zunächst wären<br />

klare Zielvorgaben auf EU-Ebene festzulegen, um e<strong>in</strong>e Ausrichtung<br />

<strong>der</strong> nationalen Planungen auf die Erreichung <strong>der</strong>selben zu ermögli-<br />

chen. Diese Zielvorgaben hätten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e jene Fähigkeitsbereiche<br />

zu erfassen, die als zentrale Fähigkeiten zur Durchführung<br />

119 Es wäre daher durchaus s<strong>in</strong>nvoll, langfristige Beschaffungsentscheidungen schon mit<br />

Blick auf mögliche Kooperationen zu treffen. Insbeson<strong>der</strong>e Plattformen wie die Europäische<br />

Verteidigungsagentur s<strong>in</strong>d für solche Überlegungen <strong>der</strong> geeignete Rahmen.<br />

120 Im Bereich <strong>der</strong> nordischen Staaten sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e solche Interessenangleichung weitgehend<br />

zu gel<strong>in</strong>gen. Dies wirkt sich, trotz unterschiedlicher <strong>in</strong>stitutioneller Zugehörigkeiten,<br />

positiv auch auf die militärische <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>der</strong> nordischen Staaten im Rahmen <strong>der</strong><br />

Nordic Defence Cooperation (NORDEFCO) aus (vgl. Stoltenberg, 2009, S. 5–6 und Björner,<br />

26.10.2010, S. 8–9).<br />

121 Dieser Logik folgend wurde durch den verteidigungspolitischen Direktor im Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />

für Landesverteidigung und Sport im Jahr 2010 e<strong>in</strong> Prozess zur Identifikation<br />

möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sfel<strong>der</strong> auf regionaler Ebene (unter E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> zentraleuropäischen<br />

Staaten Ungarn, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Kroatien) e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Als e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten Schritte im Rahmen dieses Prozesses soll e<strong>in</strong>e Feststellung geme<strong>in</strong>samer<br />

Interessenslagen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Bezug auf den E<strong>in</strong>satz militärischer Kräfte<br />

im Rahmen des <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagements, erfolgen.<br />

64


von EU-Krisenmanagementoperationen identifiziert s<strong>in</strong>d. 122 Nur<br />

durch e<strong>in</strong>e klare Priorisierung von Fähigkeiten, welche zur Erfüllung<br />

<strong>der</strong> europäischen Ambition notwendig s<strong>in</strong>d, können jene Ressourcen<br />

frei gemacht werden, die e<strong>in</strong>e Konzentration auf im europäischen<br />

Kontext benötigte Fähigkeiten erlauben. 123<br />

Dieser Top-down-Ansatz wäre durch e<strong>in</strong>en Bottom-up-Ansatz zu<br />

ergänzen, im Rahmen dessen je<strong>der</strong> Mitgliedsstaat jene nationalen<br />

Fähigkeitsbereiche identifiziert, welche potentiell für e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>atio-<br />

nale <strong>Zusammenarbeit</strong> geeignet wären. Der deutsche Verteidigungsm<strong>in</strong>ister<br />

Karl-Theodor zu Guttenberg schlug diesbezüglich im<br />

Rahmen des <strong>in</strong>formellen Treffens <strong>der</strong> EU-Verteidigungsm<strong>in</strong>ister im<br />

belgischen Gent im September 2010 e<strong>in</strong>en dreistufigen Analyse-<br />

prozess vor, den je<strong>der</strong> EU-Staat für sich zu durchlaufen hätte. Im<br />

Rahmen dieses Prozesses sollten durch die EU-Mitgliedsstaaten<br />

jene Fähigkeiten festgelegt werden, die<br />

• von essentieller nationaler Bedeutung s<strong>in</strong>d, somit zw<strong>in</strong>gend<br />

national vorgehalten werden müssen und daher nicht für<br />

mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> verfügbar gemacht werden<br />

können,<br />

• zu e<strong>in</strong>er engeren Kooperation mit europäischen Partnern geeignet<br />

wären, jedoch grundsätzlich, wenn auch <strong>in</strong> Bereichen<br />

e<strong>in</strong>geschränkt, <strong>in</strong> nationaler Verfügungsgewalt bleiben müs-<br />

sen,<br />

• durch an<strong>der</strong>e Partner im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Rollen- und Aufgabenspezialisierung<br />

erbracht werden könnten. 124<br />

122 Vgl. Biscop/Coelmont, 2010, S. 3. Es ist davon auszugehen, dass das genau jene<br />

Bereiche s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen nach wie vor Fähigkeitsdefizite bestehen.<br />

123 Vgl. Rasmussen, 2010, S. 1–2.<br />

124 Vgl. zu Guttenberg, 2010, S. 2–4. E<strong>in</strong> solcher dreistufiger Planungsprozess wurde<br />

(nach Ende des Beobachtungszeitraumes für diese Arbeit) durch e<strong>in</strong>en politischen Beschluss<br />

im Rahmen des Rates für Außenbeziehungen am 9. Dezember 2010 e<strong>in</strong>geleitet.<br />

65


Die nationale Bereitschaft zur Durchführung e<strong>in</strong>es solchen gesamt-<br />

europäischen Planungsprozesses kann auch als Ausdruck des poli-<br />

tischen Willens zur <strong>Zusammenarbeit</strong> im europäischen Kontext ge-<br />

wertet werden.<br />

4.2 Beschreibung möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

Analysiert man die verfügbaren Primär- und Sekundärquellen zu Zusam-<br />

menarbeitsformen im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung ist augensche<strong>in</strong>-<br />

lich, dass die Befassung mit <strong>der</strong> Thematik über die Jahre präziser wurde.<br />

In <strong>der</strong> früheren Literatur zum Thema wird im Wesentlichen von den beiden<br />

<strong>Formen</strong> Ressourcenzusammenlegung und Rollenspezialisierung<br />

chen.<br />

Die Ressourcenzusammenlegung kann sich auf geme<strong>in</strong>same Beschaffung<br />

66<br />

gespro-<br />

zur Erreichung von ökonomischen Skalenerträgen beschränken o<strong>der</strong> auf<br />

e<strong>in</strong>e echte Zusammenführung von Fähigkeiten erstrecken. In diesem zweiten<br />

Fall können die Besitzrechte gänzlich <strong>in</strong> nationaler Hoheit verbleiben<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> den kollektiven Besitz <strong>der</strong> betreibenden Staaten übergehen. 125<br />

Die Idee <strong>der</strong> Rollenspezialisierung geht davon aus, dass nationale Streit-<br />

kräfte über komparative Vorteile <strong>in</strong> bestimmten Fähigkeitsbereichen verfügen.<br />

Diese kommen dann am besten zur Geltung, wenn die verfügbaren<br />

Ressourcen auf <strong>der</strong>en Bereitstellung konzentriert werden und gleichzeitig<br />

auf die re<strong>in</strong> nationale Abdeckung des gesamten Leistungsspektrums ver-<br />

zichtet wird. Die Rollenspezialisierung kann situativ o<strong>der</strong> permanent erfolgen.<br />

Situativ bedeutet, dass e<strong>in</strong> bestimmter Staat e<strong>in</strong>e temporäre Aufgabe<br />

im <strong>in</strong>ternationalen Verbund übernimmt und somit die Zuteilung e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Rolle an e<strong>in</strong>en bestimmten Staat von Fall zu Fall lageangepasst<br />

erfolgt. Permanent bedeutet, dass e<strong>in</strong> Staat stellvertretend für an<strong>der</strong>e<br />

Staaten e<strong>in</strong>e bestimmte Fähigkeit permanent zur Verfügung stellt. 126<br />

125<br />

Vgl. Borchert/Eggenberger, 2004, S. 231.<br />

126<br />

Vgl. ebenda.


Im dargestellten Verständnis stellt die Ressourcenzusammenlegung<br />

gleichsam den Ausgangspunkt für das effizientere und effektivere Modell<br />

<strong>der</strong> Rollenspezialisierung dar. 127<br />

E<strong>in</strong>e Weiterentwicklung des Begriffsverständnisses über <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mul-<br />

t<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP erfolgte im Jahr 2008 während <strong>der</strong> französischen EU-<br />

Ratspräsidentschaft.<br />

Im Dezember 2008 verabschiedeten die Außen- und Verteidigungsm<strong>in</strong>is-<br />

ter e<strong>in</strong>e Erklärung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch mögliche <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen thema-<br />

tisiert wurden. Die M<strong>in</strong>ister vere<strong>in</strong>barten hierzu, neue Methoden für die<br />

<strong>Entwicklung</strong> und Optimierung militärischer Fähigkeiten verfolgen zu wol-<br />

len. Zu diesem Zweck sollten Möglichkeiten <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung,<br />

<strong>der</strong> Spezialisierung und <strong>der</strong> Kostenteilung sondiert und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e folgende<br />

Optionen geprüft werden:<br />

• Die „Schaffung geme<strong>in</strong>samer Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Nutzung<br />

<strong>der</strong> nationalen Fähigkeiten“.<br />

• Die „Organisation des E<strong>in</strong>satzes von Fähigkeiten auf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlichen<br />

und dauerhaften Basis durch die Bündelung von Fä-<br />

higkeiten und die Übertragung <strong>der</strong> Mittelverwaltung auf e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale<br />

Kooperationsstruktur“.<br />

• Die Möglichkeit e<strong>in</strong>er „auf Freiwilligkeit beruhenden Spezialisierung<br />

auf Nischenfähigkeiten o<strong>der</strong> auf seltene o<strong>der</strong> kostspielige Fähigkeiten<br />

mit sich daraus ergeben<strong>der</strong> Verstärkung <strong>der</strong> gegenseitigen Interdependenz<br />

<strong>der</strong> europäischen Staaten“.<br />

• Möglichkeiten des „Erwerbs kollektiver und <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> kritischer<br />

Fähigkeiten unter bestimmten europäischen Län<strong>der</strong>n“. 128<br />

127 Vgl. Fitschen/Grams, 2004, S. 19.<br />

67


Mit dieser Erklärung wurde <strong>der</strong> Grundste<strong>in</strong> für das aktuelle Begriffsver-<br />

ständnis zu <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong><br />

Fähigkeitsentwicklung gelegt.<br />

Im weiteren Verlauf dieses Abschnittes werden nun, basierend auf dem<br />

aktuellen Begriffsverständnis, die e<strong>in</strong>zelnen <strong>Formen</strong> im Detail beschrieben,<br />

soweit möglich mit Beispielen unterlegt sowie <strong>der</strong>en wesentliche Parameter<br />

als Basis für die im fünften Kapitel durchgeführte Bewertung herausgearbeitet.<br />

4.2.1 Geme<strong>in</strong>same Nutzung nationaler Fähigkeiten<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler Fähigkeiten (engl. „shar<strong>in</strong>g<br />

of capabilities“) werden Fähigkeiten temporär im mult<strong>in</strong>ationalen Kon-<br />

text zur Verfügung gestellt, ohne dass hierfür e<strong>in</strong> Verwendungsmechanismus<br />

geschaffen wird. Mitgliedsstaaten behalten die volle Entscheidungs-<br />

hoheit über die jeweils <strong>in</strong> die Kooperation e<strong>in</strong>gebrachte Fähigkeit und<br />

bestimmen die Konditionen, unter denen e<strong>in</strong>e Verwendung stattf<strong>in</strong>det. 129<br />

Es werden durch Anwendung dieser Methode also temporär geme<strong>in</strong>same<br />

Fähigkeiten bereitgestellt, ohne dass hierfür e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur<br />

zur koord<strong>in</strong>ierten Verwendung o<strong>der</strong> Verwaltung dieser Fähigkeit geschaf-<br />

130<br />

fen wird.<br />

128 Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2008a, S. 6–7.<br />

129 Vgl. Giegerich, 2009, S. 15–17.<br />

130 Vgl. Maulny/Liberti, 2008, S. 8–10.<br />

68


Abbildung 2: Bestimmende Parameter für die geme<strong>in</strong>same Nutzung nationaler Fähigkeiten<br />

Als e<strong>in</strong> Beispiel für diese Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen Kooperation können die<br />

EU-Battlegroups angeführt werden. 131<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Beispiel aus dem Bereich <strong>der</strong> Ausbildung stellt das sogenann-<br />

te „Helicopter Tactics Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Program“ dar, welches seit dem Jahr 2009<br />

auf <strong>der</strong> Plattform <strong>der</strong> Europäischen Verteidigungsagentur, jedoch unter<br />

re<strong>in</strong> nationaler Verantwortung, durchgeführt wird. Es geht <strong>in</strong> diesem Pro-<br />

gramm darum, europäische Hubschrauberbesatzungen für den E<strong>in</strong>satz<br />

unter herausfor<strong>der</strong>nden Umfeldbed<strong>in</strong>gungen (wie z.B. im Gebirge o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

132<br />

<strong>der</strong> Wüste) zu tra<strong>in</strong>ieren.<br />

Dieses Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g erfolgt unter Anleitung e<strong>in</strong>es<br />

Staates (<strong>der</strong> sogenannten „Lead Nation“) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Trai-<br />

n<strong>in</strong>gsraum (wodurch sich entsprechende Synergieeffekte ergeben kön-<br />

nen), aber auf nationale Kosten. Die erwartete Fähigkeitssteigerung ergibt<br />

sich dadurch, dass e<strong>in</strong>e europaweit größere Anzahl von Hubschrauber-<br />

besatzungen unter herausfor<strong>der</strong>nden Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>gesetzt und daher<br />

131<br />

Bei den EU-Battlegroups handelt es sich um rasch (<strong>in</strong>nerhalb von 10 Tagen nach politischer<br />

Entscheidung) verfügbare Verbände. Diese s<strong>in</strong>d so strukturiert, dass sie zur selbständigen<br />

Auftragserfüllung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d. Das bedeutet, dass neben Kampfelementen<br />

(<strong>in</strong> aller Regel leichte o<strong>der</strong> mechanisierte Infanterie) auch ausreichend Unterstützungsund<br />

Versorgungselemente (<strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> Sicherstellung des Transportes <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>satzraum)<br />

Teil <strong>der</strong> Battlegroup s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Praxis umfassen Battlegroups daher e<strong>in</strong>e Stärke<br />

von etwa 2000 Soldaten. Die Bereitstellung <strong>der</strong> Battlegroups erfolgt durch die Mitgliedsstaaten<br />

im halbjährlichen Wechsel. Obwohl auch re<strong>in</strong> nationalstaatliche Varianten möglich<br />

s<strong>in</strong>d, wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis die Masse <strong>der</strong> verfügbar gemachten Battlegroups mult<strong>in</strong>ational<br />

(mit e<strong>in</strong>em Staat als „Lead Nation“) strukturiert.<br />

132<br />

Vgl. Weis, 2009, S. 110.<br />

69


potentiell im EU-Rahmen, nach entsprechen<strong>der</strong> nationaler Entscheidung,<br />

verfügbar gemacht werden kann.<br />

Die durch Frankreich <strong>in</strong>s Leben gerufene und auf EU-Ebene transferierte<br />

Initiative zur Stärkung afrikanischer Krisenmanagementkapazitäten (die<br />

Kurzbezeichnung dafür lautet „EURO RECAMP“) ist e<strong>in</strong> Beispiel dafür, wie<br />

durch die temporäre Bereitstellung von nationalen Experten auf EU-Ebene<br />

e<strong>in</strong>e Fähigkeit zur Unterstützungsleistung für Drittstaaten o<strong>der</strong> Regionen<br />

(im konkreten Fall im Bereich Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Beratung) geschaffen werden<br />

kann. 133<br />

Insbeson<strong>der</strong>e zum Zwecke <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität zwischen<br />

europäischen Seestreitkräften (speziell im Bereich von Flugzeugträgerverbänden)<br />

wurde im Jahr 2008 die sogenannte „Carrier Group Interoperabili-<br />

134<br />

ty Initiative“ <strong>in</strong>s Leben gerufen. Diese Initiative stellt e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> temporären<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> zwischen europäischen Staaten ohne Bildung<br />

<strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Strukturen o<strong>der</strong> Mechanismen dar, die auf e<strong>in</strong>e Fähigkeitssteigerung<br />

durch Erhöhung <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit abzielt. Erreicht<br />

werden soll dies durch Informationsaustausch, durch geme<strong>in</strong>same konzeptive<br />

Bearbeitungen o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e <strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich Ausbildung/Übungen<br />

o<strong>der</strong> auch im Bereich <strong>der</strong> Instandhaltung (z.B. durch Angleichung<br />

von Prozessen o<strong>der</strong> durch wechselseitige Nutzung von Instand-<br />

setzungse<strong>in</strong>richtungen). 135<br />

Während <strong>der</strong> französischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr<br />

2008 wurde e<strong>in</strong>e Reihe von Initiativen zur Kooperation im Bereich <strong>der</strong> satellitengestützten<br />

Informationsbeschaffung gesetzt, welche als Beispiele<br />

für die geme<strong>in</strong>same Nutzung nationaler Fähigkeiten angeführt werden<br />

133 Vgl. Bentégeat, 2009, S. 102.<br />

134 Europäische Staaten mit entsprechenden maritimen Kapazitäten (das s<strong>in</strong>d im konkreten<br />

Fall Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, die Nie<strong>der</strong>lande,<br />

Portugal und Spanien) haben im Herbst 2008 e<strong>in</strong>e diesbezügliche Absichtserklärung<br />

unterzeichnet.<br />

135 Vgl. Giegerich, 2010a, S. 90.<br />

70


können. So wurde beispielsweise beschlossen, dass italienische Cosmo<br />

Skymed- und französische Helios 2-Satelliten ihre Bil<strong>der</strong> dem EU-<br />

Satellitenzentrum und damit implizit allen EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Vorbereitung und Durchführung von GSVP-Aktivitäten zur Verfügung<br />

stellen. Deutschland beabsichtigt ebenso, se<strong>in</strong>e SAR Lupe-Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> die-<br />

sen Verbund e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. 136<br />

Auch Österreich beteiligt sich an e<strong>in</strong>er Reihe von Aktivitäten, die dieser<br />

Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> zuzuordnen s<strong>in</strong>d. An erster<br />

Stelle ist hier die österreichische Beteiligung an den EU-Battlegroups zu<br />

nennen. Das ÖBH beteiligt sich <strong>in</strong> den Jahren 2011 und 2012 mit nennenswerten<br />

Elementen an den durch die Nie<strong>der</strong>lande und Deutschland<br />

137<br />

geführten Battlegroups. Weiters nehmen Elemente <strong>der</strong> Heeresflieger<br />

am zuvor erwähnten „Helicopter Tactics Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Program“ teil. 138 Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> NATO/PfP ist Österreich am sogenannten „Air Situation Data<br />

Exchange (ASDE) Program beteiligt. 139<br />

In diesem Programm kommt es zu<br />

e<strong>in</strong>em Austausch von Luftlagedaten zwischen europäischen militärischen<br />

Luftraumüberwachungsstellen.<br />

4.2.2 Koord<strong>in</strong>ierte Verwendung nationaler Fähigkeiten<br />

Die koord<strong>in</strong>ierte Verwendung nationaler Fähigkeiten (engl. „pool<strong>in</strong>g of ca-<br />

pabilities“) bedeutet e<strong>in</strong>e dauerhafte Bereitstellung nationaler Fähigkeiten<br />

zur Verwendung durch e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur. Obwohl auch hier die<br />

verfügbar gemachte Fähigkeit voll im Besitz <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationspartner<br />

verbleibt wird die Verwendung, auf Basis festgelegter Parameter,<br />

an e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur delegiert. 140<br />

136 Vgl. Rat <strong>der</strong> Europäischen Union, 2008a, S. 5.<br />

137 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Landesverteidigung und Sport, 2010, S. 1.<br />

138 Vgl. European Defence Agency, 2010c, Beilage 1, S. 10.<br />

139 Vgl. dazu die Homepage <strong>der</strong> NATO, onl<strong>in</strong>e verfügbar unter<br />

http://www.nato.<strong>in</strong>t/cps/en/natolive/news_7498.htm?selectedLocale=en, zuletzt geprüft<br />

am 07.02.2011.<br />

140 Vgl. Giegerich 2009, S. 15–17.<br />

71


Bei dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform wird also durch die Teilnehmer vere<strong>in</strong>-<br />

bart, dass die jeweils e<strong>in</strong>gebrachten Fähigkeiten geme<strong>in</strong>schaftlich genutzt<br />

werden. 141 Es werden Kapazitäten verschiedener Staaten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ge-<br />

me<strong>in</strong>samen Pool zusammengelegt, können aber auch weiterh<strong>in</strong> für natio-<br />

nale Zwecke benutzt werden. Durch die Zusammenlegung ergibt sich die<br />

Möglichkeit zur Nutzung von Synergien durch geme<strong>in</strong>same Kommandostrukturen,<br />

geme<strong>in</strong>same Logistik und Infrastruktur o<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>same Aus-<br />

bildung. 142<br />

Abbildung 3: Bestimmende Parameter für die koord<strong>in</strong>ierte Verwendung nationaler Fähigkeiten<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>spotential im S<strong>in</strong>ne des „pool<strong>in</strong>g“ besteht europaweit u.a.<br />

im Bereich <strong>der</strong> Luftstreitkräfte. So werden beispielsweise durch sieben<br />

Staaten <strong>in</strong> Europa 420 Kampfflugzeuge von Typ F-16 <strong>in</strong> den Inventaren<br />

geführt. Fünf europäische Staaten, darunter Österreich, betreiben das<br />

System Eurofighter. Ebenso verhält es sich bei Transportflugzeugen. Es<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit etwa 150 Flugzeuge vom Typ C-130 Hercules durch zwölf EU-<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verwendung. Zudem werden durch sechs Mitglie<strong>der</strong> etwa<br />

180 Airbus-Transportflugzeuge vom Typ A400M beschafft.<br />

E<strong>in</strong>e zukünftig "gepoolte" Flotte von Airbus A400M würde umfangreiche<br />

Synergieoptionen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den Bereichen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>der</strong> Piloten und<br />

141 Vgl. Maulny/Liberti 2008, S. 8–10.<br />

142 Vgl. zu Guttenberg 2010, S. 4.<br />

72


Techniker sowie im Bereich <strong>der</strong> Logistik, bieten. Dieses Synergiepotential<br />

käme beson<strong>der</strong>s dann voll zur Wirkung, wenn von e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

Standort aus operiert würde und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Planungs-, Wartungs- und<br />

Logistikorganisation bestehen würde. 143<br />

Erste Ansätze zur geme<strong>in</strong>samen<br />

Verwendung <strong>der</strong> A400M im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> o.a. Aspekte werden <strong>der</strong>zeit im<br />

Rahmen verschiedener Projekte unter Nutzung <strong>der</strong> Plattform <strong>der</strong> Europäischen<br />

Verteidigungsagentur angedacht bzw. durch die Unterzeichnung<br />

entsprechen<strong>der</strong> Absichtserklärungen vorangebracht.<br />

Im Zentrum dieser Überlegungen steht das Projekt „European Air Transport<br />

Fleet“ (EATF), im Rahmen dessen zwölf EU-Staaten, welche Flugzeuge<br />

vom Typ C-130 Hercules bzw. zukünftig vom Typ A400M betreiben,<br />

die Absicht bekräftigt haben, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Logistik sowie im Betrieb dieser Flug-<br />

144<br />

zeuge eng kooperieren zu wollen. Die <strong>in</strong> diesem Zusammenhang diskutierten<br />

möglichen Gestaltungsvarianten des „pool<strong>in</strong>g“ reichen von e<strong>in</strong>er<br />

Verfügbarmachung von nationalen Flugzeugen für an<strong>der</strong>e Staaten über<br />

den Austausch von Flugstunden bis h<strong>in</strong> zu geme<strong>in</strong>samer Durchführung<br />

von Ausbildungen und Übungen, Instandhaltung sowie logistischer Maßnahmen.<br />

145 Beispielgebend <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht ist auch e<strong>in</strong>e Absichtserklärung<br />

von Belgien, Deutschland, Frankreich und Luxemburg als zukünftige<br />

Betreibernationen des A400M, e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale A400M-E<strong>in</strong>heit als e<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong>tegralen Bestandteil <strong>der</strong> EATF aufstellen zu wollen und dadurch zusätzliches<br />

Synergiepotential zu erschließen. 146<br />

Bereits weit über den Status e<strong>in</strong>er Absichtserklärung h<strong>in</strong>aus ist das „Euro-<br />

pean Air Transport Command“ (EATC), welches <strong>in</strong> E<strong>in</strong>dhoven <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen<br />

disloziert ist und ab Ende des Jahres 2010 e<strong>in</strong>e erste operationelle<br />

Kapazität erreicht haben soll. Das EATC hat sich im Kern aus dem<br />

143<br />

Vgl. Keohane, 2009b, S. 3.<br />

144<br />

Vgl. The International Institute for Strategic Studies (IISS), 2010b, S. 108 und Giegerich,<br />

2010b, S. 282.<br />

145<br />

Vgl. Weis, 2009, S. 111.<br />

146<br />

Vgl. ebenda.<br />

73


schon seit 2004 bestehenden „European Airlift Center“ (EAC) entwickelt.<br />

Im Rahmen des EATC werden etwa 170 Luftfahrzeuge <strong>der</strong> teilnehmenden<br />

Staaten Belgien, Frankreich, Deutschland und Nie<strong>der</strong>lande koord<strong>in</strong>iert.<br />

Diese Koord<strong>in</strong>ierungsfunktion erstreckt sich neben den konkreten E<strong>in</strong>sätzen<br />

<strong>der</strong> Luftfahrzeuge auch auf die <strong>Entwicklung</strong> und Anwendung geme<strong>in</strong>samer<br />

Standards <strong>in</strong> den Bereichen Ausbildung/Übungen, Logistik und<br />

Technik sowie Flugsicherheit. Dadurch soll die größtmögliche Interoperabilität<br />

zwischen den Partnern sichergestellt werden. Die personelle Stärke<br />

des notwendigen Koord<strong>in</strong>ierungselementes wird mit 155 bis 165 Personen<br />

angegeben. 147<br />

Die <strong>der</strong>zeit e<strong>in</strong>zige Aktivität seitens Österreichs, die dieser Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> zugeordnet werden kann, ist die seit Anfang<br />

des Jahres 2010 bestehende nationale Beteiligung am „Movement Coor-<br />

148<br />

d<strong>in</strong>ation Center Europe“ (MCCE). Wie schon <strong>der</strong> Name andeutet, ist<br />

das MCCE e<strong>in</strong> Mechanismus zur Koord<strong>in</strong>ierung von strategischem und<br />

auch taktischem Transportraum (sowohl See- als auch Lufttransport) so-<br />

wie zur Koord<strong>in</strong>ierung von Fähigkeiten zur Luft-Luft-Betankung. Das<br />

MCCE, das am Flughafen von E<strong>in</strong>dhoven <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen stationiert<br />

ist, ist aus e<strong>in</strong>er Zusammenlegung <strong>der</strong> Funktionen des EAC sowie e<strong>in</strong>es <strong>in</strong><br />

Griechenland dislozierten Zentrums für die Koord<strong>in</strong>ierung strategischen<br />

Seetransportes (dem sogenannten „Sealift Coord<strong>in</strong>ation Center“ – SCC)<br />

entstanden. 149<br />

Das MCCE, <strong>in</strong> dem etwa 30 Transportplaner aus den teilnehmenden<br />

Staaten beschäftigt s<strong>in</strong>d, bietet den <strong>der</strong>zeit 24 teilnehmenden<br />

Staaten gegen e<strong>in</strong>e relativ ger<strong>in</strong>ge jährliche Gebühr Koord<strong>in</strong>ierungsleistungen<br />

im Bereich des strategischen und taktischen Transportes sowie <strong>der</strong><br />

Luft-Luft-Betankung an. Ziel ist die bestmögliche Ausnutzung vorhandenen<br />

Transportraumes und somit Effizienzsteigerung.<br />

147<br />

Vgl. ohne Verfasser, 16.09.2010, S. 8–25.<br />

148<br />

European Defence Agency, 2010c, Beilage 1, S. 5.<br />

149<br />

Vgl. ohne Verfasser, 16.09.2010, S. 9.<br />

74


4.2.3 Rollen- und Aufgabenteilung<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung (engl. „role and task sha-<br />

r<strong>in</strong>g“) verlassen sich e<strong>in</strong>zelne Staaten h<strong>in</strong>sichtlich bestimmter Fähigkeiten<br />

auf e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Staat und stellen selbst e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Fähigkeit o<strong>der</strong><br />

aber e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>anziellen Beitrag zur Verfügung. Die Rollen- und Aufgabenteilung<br />

kann entwe<strong>der</strong> durch die Spezialisierung auf Nischenfähigkeiten 150<br />

o<strong>der</strong> durch die geme<strong>in</strong>same Nutzung von seltenen und teuren Fähigkeiten,<br />

151 die von e<strong>in</strong>zelnen Staaten stellvertretend für an<strong>der</strong>e EU-Mitglie<strong>der</strong><br />

bereit gehalten werden, umgesetzt werden. 152<br />

Im Verständnis dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform<br />

geht es aber jedenfalls um die Nutzung bereits vorhandener<br />

Fähigkeiten und nicht um e<strong>in</strong>e Neubeschaffung von Fähigkeiten.<br />

Rollen- und Aufgabenteilung basiert also auf <strong>der</strong> Idee, dass e<strong>in</strong>zelne Staaten<br />

spezifische Fähigkeiten <strong>in</strong> den europäischen Verbund e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und<br />

somit die Verantwortung für die Bereitstellung e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit<br />

im europäischen Kontext übernehmen. An<strong>der</strong>e Staaten verlassen sich<br />

darauf, dass im Anlassfall die jeweilige Fähigkeit bereitgestellt wird und<br />

153<br />

können daher ihrerseits auf e<strong>in</strong>e nationale Vorhaltung verzichten.<br />

150<br />

Nischenfähigkeiten s<strong>in</strong>d solche, die europaweit nur <strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>gem Umfang existieren,<br />

für e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz jedoch von wichtiger Bedeutung s<strong>in</strong>d. Dazu zählen beispielsweise<br />

Fähigkeiten im Bereich <strong>der</strong> Pionierkräfte (z.B. Brückenbau), Fähigkeiten im Bereich <strong>der</strong><br />

Abwehr chemischer, biologischer o<strong>der</strong> radiologischer Kampfstoffe o<strong>der</strong> spezialisierte<br />

Lufttransportfähigkeiten wie z.B. Sanitätsflugzeuge (vgl. Maulny/Liberti, 2008, S. 8–10).<br />

151<br />

Dazu s<strong>in</strong>d beispielsweise Fähigkeiten im Bereich <strong>der</strong> Satellitenaufklärung o<strong>der</strong> auch<br />

Flugzeugträger zu zählen (vgl. Maulny/Liberti, 2008, S. 8–10).<br />

152<br />

Vgl. Giegerich, 2009, S. 15–17.<br />

153<br />

Vgl. Fitschen/Grams, 2004, S. 9.<br />

75


Abbildung 4: Bestimmende Parameter für die Rollen- und Aufgabenteilung<br />

E<strong>in</strong> Beispiel für Rollen- und Aufgabenteilung, speziell im Rahmen <strong>der</strong><br />

NATO und dort im Bereich <strong>der</strong> Ausbildung, s<strong>in</strong>d die sogenannten Kompe-<br />

tenzzentren (Centre of Excellence - CoE). 154<br />

154<br />

Vgl. Rasmussen, 2010, S. 3; <strong>der</strong>zeit existieren 19 solcher CoE, wobei 15 davon bereits<br />

e<strong>in</strong>e NATO-Zertifizierung erreicht haben und somit als operationell zu bezeichnen<br />

s<strong>in</strong>d. Zu diesen CoE zählen beispielsweise e<strong>in</strong> militärmediz<strong>in</strong>isches Kompetenzzentrum<br />

<strong>in</strong> Ungarn, e<strong>in</strong> Kompetenzzentrum für Cyber Defence <strong>in</strong> Estland o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Kompetenzzentrum<br />

für die Abwehr biologischer, chemischer, radiologischer und nuklearer Bedrohungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechischen Republik (vgl. dazu die Homepage <strong>der</strong> NATO, onl<strong>in</strong>e verfügbar<br />

unter http://www.nato.<strong>in</strong>t/cps/en/natolive/topics_68372.htm?selectedLocale=en; zuletzt<br />

geprüft am 11.01.2010).<br />

76<br />

Durch den Aufbau und den<br />

Betrieb <strong>der</strong>artiger Kompetenzzentren spezialisieren sich bestimmte Staaten<br />

<strong>in</strong> bestimmten Ausbildungsbereichen. Durch e<strong>in</strong>e Verfügbarmachung<br />

dieser Fähigkeiten für an<strong>der</strong>e Staaten (beispielsweise durch die Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Teilnahme an Ausbildungsgängen, durch die Bereitstellung von<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsteams o<strong>der</strong> durch die Durchführung von Übungen) wird es diesen<br />

ermöglicht, auf die nationale Vorhaltung e<strong>in</strong>er solchen Ausbildungsfähig-<br />

keit zu verzichten. Hier<strong>in</strong> liegt auch das wesentliche Synergiepotential dieser<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sform. Natürlich ist die volle Ausschöpfung des gege-<br />

benen Potentials nur dann möglich, wenn die Bereitschaft zur Aufgabe<br />

bestimmter nationaler Fähigkeiten und e<strong>in</strong>e Akzeptanz <strong>der</strong> dadurch ent-<br />

stehenden E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie gegeben<br />

ist. Auch ist e<strong>in</strong>e vorgestaffelte klare Festlegung und nachfolgende Anwendung<br />

von Ausbildungsstandards zw<strong>in</strong>gende Voraussetzung, um e<strong>in</strong>


solches System erfolgreich anwenden zu können. Dieser Umstand trägt<br />

natürlich zur Komplexität notwendiger <strong>Zusammenarbeit</strong>svere<strong>in</strong>barungen<br />

bei.<br />

Als e<strong>in</strong> weiteres Beispiel kann die durch verschiedene NATO-Staaten im<br />

Wechsel sichergestellte Fähigkeit <strong>der</strong> Luftraumüberwachung über den baltischen<br />

Staaten o<strong>der</strong> auch die Überwachung des slowenischen Luftraumes<br />

durch Italien genannt werden. Ähnliche Möglichkeiten wären im Bereich<br />

<strong>der</strong> Überwachung <strong>der</strong> Küstengewässer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Luftverteidigung<br />

denkbar. 155<br />

Als e<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Beitragsleistung zugunsten <strong>der</strong> Vorhaltung<br />

e<strong>in</strong>er Fähigkeit durch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Staat, bei eigenem Verzicht auf<br />

die Vorhaltung dieser Fähigkeit, kann die f<strong>in</strong>anzielle Beteiligung <strong>der</strong> Nie-<br />

<strong>der</strong>lande an <strong>der</strong> deutschen Lufttransportflotte genannt werden. Während<br />

die Nie<strong>der</strong>lande durch diese Form <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung ent-<br />

sprechenden Lufttransportraum erwerben, wird Deutschland im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Beschaffung des Airbus A400M f<strong>in</strong>anziell - durch e<strong>in</strong>e Beitragsleistung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 50 Millionen Euro - entlastet. Die Nie<strong>der</strong>lande verzichten<br />

also auf e<strong>in</strong>e bestimmte Fähigkeitskategorie und verlassen sich auf die<br />

Zusicherung <strong>der</strong>selben durch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Staat, während gleichzeitig <strong>in</strong><br />

den Aufbau/Erhalt genau dieser Fähigkeit beim Partnerstaat <strong>in</strong>vestiert<br />

wird. Synergien ergeben sich dadurch, dass Investitionen <strong>in</strong> Aufstellung,<br />

156<br />

Erhaltung und Betrieb e<strong>in</strong>er Lufttransportflotte nur e<strong>in</strong>mal anfallen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Beispiel <strong>in</strong> diesem Kontext, welches <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch den<br />

Aspekt des Fähigkeitserhalts durch <strong>Zusammenarbeit</strong> betont, ist die Kooperation<br />

<strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen und belgischen Mar<strong>in</strong>en. Unter <strong>der</strong> Kommandoführung<br />

e<strong>in</strong>es nie<strong>der</strong>ländischen Admirals können die Führungsstäbe <strong>der</strong><br />

königlichen nie<strong>der</strong>ländischen Mar<strong>in</strong>e und <strong>der</strong> Mar<strong>in</strong>ekomponente <strong>der</strong> bel-<br />

155 Vgl. zu Guttenberg, 2010, S. 5–6.<br />

156 Vgl. Heise, 2005, S. 12–13.<br />

77


gischen Streitkräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Stab zusammengefasst wer-<br />

den. Für die zahlenmäßig kle<strong>in</strong>e belgische Mar<strong>in</strong>e ist die Kostene<strong>in</strong>spa-<br />

rung hoch, da sie sich nur noch mit Personal und e<strong>in</strong>em aliquoten Anteil<br />

an den Kosten des nie<strong>der</strong>ländischen Mar<strong>in</strong>ehauptquartiers beteiligen und<br />

ke<strong>in</strong>e nationale Struktur auf dieser Ebene vorhalten muss. Die nie<strong>der</strong>län-<br />

dische Mar<strong>in</strong>e wie<strong>der</strong>um wird beim Unterhalt ihres Hauptquartiers durch<br />

die belgischen Kostenbeiträge merklich entlastet. Insbeson<strong>der</strong>e für die<br />

belgische Mar<strong>in</strong>e ergibt sich die Möglichkeit, durch die Leistung über-<br />

schaubarer f<strong>in</strong>anzieller Beiträge und überschaubarer Personalabstellungen<br />

e<strong>in</strong>e Fähigkeit zu erhalten, die ansonsten re<strong>in</strong> national nicht mehr bereit<br />

gehalten werden könnte. 157<br />

Österreich beteiligt sich an e<strong>in</strong>er Reihe von Aktivitäten speziell im Bereich<br />

<strong>der</strong> Ausbildung, die dieser Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> zugeordnet<br />

werden können. Insbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> Ausbildung hoch-<br />

spezialisierter Kräfte (ABC-Abwehr, Speziale<strong>in</strong>satzkräfte, Piloten am System<br />

Eurofighter) erfolgt e<strong>in</strong>e <strong>Zusammenarbeit</strong> im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Rollen- und<br />

Aufgabenteilung beispielsweise mit Deutschland, Großbritannien, Italien,<br />

Frankreich, <strong>der</strong> Tschechischen Republik o<strong>der</strong> Kroatien sowie mit an<strong>der</strong>en<br />

europäischen und außereuropäischen Staaten. Diese Ausbildungskoope-<br />

rationen erfolgen entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Inanspruchnahme e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Österreich<br />

nicht vorhandenen Kapazität (z.B. Ausbildungs<strong>in</strong>frastruktur o<strong>der</strong><br />

spezialisiertes Lehrpersonal) gegen Bezahlung o<strong>der</strong> im Wege <strong>der</strong> Gegenleistung<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en (Ausbildungs)Bereichen. So ist Österreich beispiels-<br />

weise spezialisiert auf die Ausbildung im Gebirge, während naturgemäß<br />

ke<strong>in</strong>e nationalen Möglichkeiten im Bereich <strong>der</strong> Wüstenausbildung beste-<br />

hen.<br />

157 Vgl. Heise, 2005, S. 10.<br />

78


4.2.4 Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten durch<br />

geme<strong>in</strong>same Beschaffung<br />

Bei <strong>der</strong> Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten 158 durch geme<strong>in</strong>sa-<br />

me Beschaffung (engl. „pool<strong>in</strong>g through acquisition of enabl<strong>in</strong>g capabili-<br />

ties“) werden Elemente des „pool<strong>in</strong>g“ (koord<strong>in</strong>ierte Verwendung von Fä-<br />

higkeiten) durch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Beschaffung ergänzt. Diese erfolgt<br />

entwe<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e Gruppe von Staaten o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e - allfällig spezi-<br />

fisch für diesen Beschaffungszweck e<strong>in</strong>gerichtete - mult<strong>in</strong>ationale Struktur.<br />

Bei Anwendung dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform ist davon auszugehen, dass<br />

die jeweilige Fähigkeit nicht mehr re<strong>in</strong> national vorgehalten wird, son<strong>der</strong>n<br />

sich die e<strong>in</strong>zelnen Staaten im Anlassfall auf die Beistellung dieser Fähigkeit<br />

durch die mult<strong>in</strong>ationale Struktur bzw. die verantwortliche Gruppe von<br />

Staaten verlassen. 159<br />

Die Logik dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform besteht also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tatsache, dass<br />

neu angeschaffte Fähigkeiten von Beg<strong>in</strong>n an „gepoolt“ werden und bereits<br />

mit Blick auf die bevorstehende Verwaltung durch e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale<br />

160<br />

Struktur angeschafft werden. Von e<strong>in</strong>em höchstmöglichen Maß an Syn-<br />

ergiepotential im Bereich des Betriebes darf daher ausgegangen werden.<br />

158 Als kritisch s<strong>in</strong>d aus Sicht des Verfassers jene Fähigkeiten zu bezeichnen, <strong>der</strong>en Verfügbarkeit<br />

für die Auftragserfüllung von zentraler Bedeutung ist, die jedoch aufgrund hoher<br />

Kosten für Anschaffung und/o<strong>der</strong> Betrieb o<strong>der</strong> aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades<br />

<strong>in</strong> den Inventaren europäischer Streitkräfte nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt vorgehalten<br />

bzw. aufgrund nationaler Erwägungen nicht im mult<strong>in</strong>ationalen Kontext verfügbar gemacht<br />

werden. Kritische Fähigkeiten s<strong>in</strong>d u.a. solche im Bereich des strategischen und<br />

taktischen (Luft)Transportes, <strong>der</strong> Luftbetankung, <strong>der</strong> Nachrichtengew<strong>in</strong>nung/Aufklärung<br />

sowie <strong>der</strong> Operationsführung (<strong>in</strong>klusive notwendiger Kommunikationsmittel).<br />

159 Vgl. Giegerich, 2009, S. 15–17.<br />

160 Vgl. Fitschen/Grams, 2004, S. 7.<br />

79


Abbildung 5: Bestimmende Parameter für die Zusammenlegung von kritischen<br />

Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung<br />

Als das klassische Beispiel für diese Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> kann die<br />

Flotte von 17 „Airborne Warn<strong>in</strong>g and Control System“ (AWACS)-<br />

Flugzeugen <strong>der</strong> NATO angeführt werden. Diese zwischen 1982 und 1985<br />

durch e<strong>in</strong>e eigens dafür gegründete NATO-Agentur beschafften Flugzeuge<br />

werden von e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Stützpunkt <strong>in</strong> Geilenkirchen <strong>in</strong> Deutschland<br />

aus durch die sogenannte „NATO Airborne Early Warn<strong>in</strong>g and<br />

Control Force“ (NAEW&CF) betrieben. 161<br />

E<strong>in</strong> jüngeres Beispiel, ebenso aus dem Bereich <strong>der</strong> NATO und des strate-<br />

gischen Lufttransportes ist die sogenannte „Strategic Airlift Capability“<br />

(SAC), welche im Mai 2010 ihre erste operationelle Kapazität erreicht<br />

162<br />

hat. Diese aus drei Flugzeugen vom Typ C-17 Globemaster III bestehende<br />

Flotte 163<br />

ist auf <strong>der</strong> Pápa Air Base <strong>in</strong> Ungarn im Rahmen des soge-<br />

nannten „Heavy Airlift W<strong>in</strong>g“ stationiert. Beschaffung und Verwaltung er-<br />

161 E<strong>in</strong> konziser Überblick über die komplexen Organisations- und Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen,<br />

welche zwecks Beschaffung und Betrieb dieser Fähigkeit auf unterschiedlichen Ebene<br />

<strong>in</strong>stalliert wurden und nach wie vor betrieben werden ist über die Homepage <strong>der</strong><br />

NATO abrufbar (vgl. Homepage <strong>der</strong> NATO, onl<strong>in</strong>e verfügbar unter<br />

http://www.nato.<strong>in</strong>t/cps/en/natolive/topics_48904.htm, zuletzt geprüft am 11.01.2010).<br />

162<br />

An <strong>der</strong> SAC beteiligen sich <strong>der</strong>zeit die NATO-Mitgliedsstaaten Bulgarien, Estland,<br />

Ungarn, Litauen, Nie<strong>der</strong>lande, Norwegen, Polen, Rumänien, Slowenien und die USA<br />

sowie F<strong>in</strong>nland und Schweden als Nicht-NATO-Mitglie<strong>der</strong>.<br />

163<br />

E<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e wurde durch die USA beigestellt, die beiden an<strong>der</strong>en Masch<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>sam<br />

beschafft.<br />

80


folg(t)en durch eigens dafür gegründete, mult<strong>in</strong>ationale Strukturen. 164<br />

Be-<br />

merkenswert <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ist, dass aufgrund des Erfor<strong>der</strong>nisses<br />

<strong>der</strong> voll<strong>in</strong>haltlichen E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Nicht-NATO-Mitglie<strong>der</strong> Schweden<br />

und F<strong>in</strong>nland <strong>in</strong> die Entscheidungsprozesse die Schaffung zusätzlicher<br />

Strukturen erfor<strong>der</strong>lich wurde. Diese Tatsache erhöht zwangsläufig<br />

die strukturelle und ablauforganisatorische Komplexität.<br />

In e<strong>in</strong>em gänzlich an<strong>der</strong>en Fähigkeitsbereich, nämlich <strong>der</strong> satellitenge-<br />

stützten Informationsbeschaffung, haben Belgien, Deutschland, Frank-<br />

reich, Griechenland und Italien die Absicht bekräftigt, im Rahmen des so-<br />

genannten „MUSIS“-Programmes geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e neue Generation von<br />

Erdbeobachtungssatelliten entwickeln zu wollen.<br />

Als e<strong>in</strong> <strong>in</strong> zweierlei H<strong>in</strong>sicht beson<strong>der</strong>es Beispiel für diese Form <strong>der</strong> Zu-<br />

sammenarbeit kann die durch die Europäische Verteidigungsagentur beschaffte<br />

„Counter Improvised Explosive Devices (C-IED) Exploitation Level<br />

166<br />

2 Capability“ bezeichnet werden. Die Entscheidung zum Ankauf dieser<br />

Fähigkeit aus dem operationellen Budget <strong>der</strong> Verteidigungsagentur 167<br />

wurde mittels Beschluss des Lenkungsausschusses im April 2010 getroffen.<br />

168<br />

Es handelt sich also hier um e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Beschaffung, die<br />

durch EU-Mitgliedsstaaten f<strong>in</strong>anziert und durch die Verteidigungsagentur<br />

abgewickelt wird. Formell ist die Fähigkeit im Besitz <strong>der</strong> Agentur. Die Kosten<br />

für den Betrieb <strong>der</strong> Fähigkeit im Anlassfall werden durch jene Staaten<br />

übernommen, welche sich an e<strong>in</strong>em konkreten E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong>selben beteili-<br />

164<br />

Vgl. Borch, Oktober 2010, S. 1–8.<br />

165<br />

Vgl. Giegerich, 2010b, S. 282.<br />

166<br />

H<strong>in</strong>ter dieser sehr komplex anmutenden Bezeichnung verbirgt sich die Fähigkeit, mittels<br />

e<strong>in</strong>es verlegbaren Labors direkt im E<strong>in</strong>satzraum forensische Untersuchungen und<br />

Spurenbestimmungen nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz von improvisierten Sprengladungen (Improvised<br />

Explosive Devices – IED) vornehmen zu können. Dadurch können wesentliche Erkenntnisse<br />

über Art, Beschaffenheit und Herkunft solcher Sprengladungen gewonnen<br />

und entsprechende Gegen- bzw. Schutzmaßnahmen ergriffen werden.<br />

167<br />

Dieses Budget wird durch aliquote Zahlungen aus den e<strong>in</strong>zelnen Budgets <strong>der</strong> EU-<br />

Mitgliedsstaaten gespeist.<br />

168<br />

Vgl. European Defence Agency, 2010b, S. 1–2.<br />

81<br />

165


gen. Diese Konstruktion stellt die erste Beson<strong>der</strong>heit im Zusammenhang<br />

mit dieser Fähigkeit dar.<br />

Die zweite Beson<strong>der</strong>heit ist, dass mit <strong>der</strong> Beschaffung e<strong>in</strong>e klare Festlegung<br />

auf Afghanistan als den ersten konkreten E<strong>in</strong>satzraum erfolgt ist.<br />

Dies bedeutet im Klartext, dass mit <strong>der</strong> Beteiligung am Betrieb <strong>der</strong> Fähigkeit<br />

pr<strong>in</strong>zipiell e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Afghanistan verbunden ist. Dieser Aspekt<br />

deutet auf e<strong>in</strong>en durch Teilnahme an <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>samen<br />

Beschaffung von Fähigkeiten entstehenden Handlungsdruck<br />

h<strong>in</strong>. 169<br />

Es wurden aber auch Vorkehrungen getroffen, welche den EU-<br />

Mitgliedsstaaten e<strong>in</strong>e Beteiligung am Betrieb <strong>der</strong> Fähigkeit (und somit e<strong>in</strong>e<br />

Nutzung <strong>der</strong> Erkenntnisse, welche ja den wirklichen Mehrwert dieser Fähigkeit<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Möglichkeit zur Verbesserung des Schutzes <strong>der</strong> eige-<br />

nen Truppen darstellen) auch ohne direkte personelle Beteiligung im<br />

E<strong>in</strong>satzraum, etwa <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Verfügbarmachung e<strong>in</strong>er Reach-Back-<br />

Fähigkeit <strong>in</strong> Europa o<strong>der</strong> durch Unterstützung im Bereich <strong>der</strong> Vorbereitungen<br />

vor Verlegung <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>satzraum, ermöglichen.<br />

In Österreich werden <strong>der</strong>zeit die Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Beteiligung an dieser<br />

C-IED Exploitation Level 2 Capability geprüft. Bei positiver Entscheidung<br />

wäre dies die erste Kooperationsaktivität seitens Österreichs, die dieser<br />

Form <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> zugeordnet werden kann.<br />

4.3 Erste zusammenfassende Betrachtung<br />

Zusammenfassend kann nach Darstellung möglicher <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung festgestellt<br />

werden, dass sich die e<strong>in</strong>zelnen <strong>Formen</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> jeweiligen Beitragsleistung sowie h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

mit <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform verbundenen mult<strong>in</strong>ationalen Koord<strong>in</strong>ierungsaufwandes<br />

unterscheiden.<br />

169 Dieser Aspekt wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> weiteren Beurteilung dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform im Laufe<br />

des fünften Kapitels noch zu berücksichtigen se<strong>in</strong>.<br />

82


Während im Bereich <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung („shar<strong>in</strong>g“) und <strong>der</strong> koor-<br />

d<strong>in</strong>ierten Verwendung („pool<strong>in</strong>g“) die nationalen Beitragsleistungen noch<br />

relativ unverb<strong>in</strong>dlich bleiben können, wird bei <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabentei-<br />

lung („role and task shar<strong>in</strong>g“) sowie bei <strong>der</strong> Zusammenlegung kritischer<br />

Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung („pool<strong>in</strong>g through acquisiti-<br />

on“) aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass die jeweilige Fähigkeit ansonsten im<br />

europäischen Kontext nicht bereitgestellt werden kann, e<strong>in</strong> wesentlich hö-<br />

herer Grad <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit erzeugt.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich des Koord<strong>in</strong>ierungsaufwandes unterscheiden sich „shar<strong>in</strong>g“<br />

sowie „role and task shar<strong>in</strong>g“ wesentlich von den an<strong>der</strong>en beiden Koope-<br />

rationsformen <strong>in</strong>sofern, als <strong>der</strong> Aufwand im Bereich des „pool<strong>in</strong>g“ und spe-<br />

ziell im Bereich des „pool<strong>in</strong>g through acquisition“ deutlich höher ist.<br />

Weiters ist auch e<strong>in</strong>e Unterscheidung h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> frei-<br />

en Verfügung des jeweiligen Staates (also <strong>der</strong> verbleibenden Entschei-<br />

dungsautonomie) über se<strong>in</strong>e <strong>in</strong> die jeweilige <strong>Zusammenarbeit</strong> e<strong>in</strong>gebrachten<br />

Fähigkeiten zu treffen. Während diese im Bereich des „shar<strong>in</strong>g“ und<br />

des „pool<strong>in</strong>g“ une<strong>in</strong>geschränkt gegeben ist, s<strong>in</strong>d die an<strong>der</strong>en beiden Kooperationsformen<br />

differenzierter zu betrachten. Obwohl formal natürlich<br />

die nationale Entscheidungshoheit gegeben bleibt, ist <strong>der</strong> Handlungsdruck<br />

im Anlassfall im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung -<br />

aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass an<strong>der</strong>e Staaten vom <strong>in</strong> die Kooperation e<strong>in</strong>-<br />

gebrachten nationalen Beitrag abhängig s<strong>in</strong>d - beträchtlich. Die nationale<br />

Entscheidungsautonomie kann durch diesen Handlungsdruck deutlich e<strong>in</strong>-<br />

geschränkt se<strong>in</strong>. Im Bereich des „pool<strong>in</strong>g through acquisition“ wird die jeweilige<br />

Fähigkeit de facto an die mult<strong>in</strong>ationale Verwaltungsstruktur übergeben<br />

und <strong>der</strong> nationale Handlungsspielraum dadurch noch deutlicher, als<br />

dies bei <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung <strong>der</strong> Fall ist, e<strong>in</strong>geschränkt.<br />

Mit Blick auf die Häufigkeit <strong>der</strong> Anwendung unterschiedlicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

kann festgestellt werden, dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e „shar<strong>in</strong>g“ und<br />

83


„pool<strong>in</strong>g“ häufig im europäischen Rahmen zum E<strong>in</strong>satz kommen. Auch im<br />

Bereich des „pool<strong>in</strong>g through acquisition“ gibt es e<strong>in</strong>ige konkrete Zusam-<br />

menarbeitsprojekte, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Bereich des strategischen Lufttrans-<br />

portes. Weniger häufig wird, obwohl erste Ansätze vorhanden s<strong>in</strong>d, die<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung genutzt. Dies steht nach Ansicht<br />

des Verfassers damit im Zusammenhang, dass die Masse <strong>der</strong> europäischen<br />

Staaten zu <strong>der</strong> mit dieser Kooperationsform untrennbar verbundenen<br />

Aufgabe von bestimmten nationalen Fähigkeiten - also <strong>in</strong> gewisser<br />

Weise e<strong>in</strong>er Selbstbeschränkung zum Wohle e<strong>in</strong>es größeren Ganzen -<br />

noch nicht bereit s<strong>in</strong>d. Inwieweit die weiteren <strong>Entwicklung</strong>en im Zusam-<br />

menhang mit <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Folgen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />

hier e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung bewirken können, bleibt abzuwarten.<br />

84


Kapitel 5<br />

BEWERTUNG DER EINZELNEN<br />

ZUSAMMENARBEITSFORMEN<br />

Um sicherheits- und verteidigungspolitische Entscheidungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Teilnahme an bestimmten <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen treffen zu können<br />

ist es erfor<strong>der</strong>lich, e<strong>in</strong>e Abwägung <strong>der</strong> zu erwartenden Kosten gegenüber<br />

dem potentiellen Nutzen anzustellen. Es muss Klarheit darüber bestehen,<br />

welche möglichen Kosten im Abtausch mit dem erreichbaren Nutzen akzeptabel<br />

bzw. welche Risiken zu kalkulieren s<strong>in</strong>d.<br />

Zielsetzung des kommenden Abschnittes ist es daher, die im vierten Kapitel<br />

vorgestellten Kooperationsformen e<strong>in</strong>er Bewertung h<strong>in</strong>sichtlich ihres<br />

potentiellen Nutzens und <strong>der</strong> damit verbundenen Kosten zu unterziehen.<br />

Der Nutzen drückt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Perspektive zur Erzielung e<strong>in</strong>es Mehrwertes<br />

durch die Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten <strong>Zusammenarbeit</strong>sform aus.<br />

Dieser Mehrwert kann sich <strong>in</strong> unterschiedlichen <strong>Formen</strong> manifestieren:<br />

Synergien im Betrieb, Steigerung von Fähigkeiten, Erhalt von Fähigkeiten,<br />

Erlangung neuer Fähigkeiten o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong> Form nicht monetär bewertbarer<br />

politischer Kooperationsgew<strong>in</strong>ne.<br />

Die Kosten manifestieren sich e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> den notwendigen Aufwendungen<br />

zur Sicherstellung <strong>der</strong> strukturellen, personellen und organisatorischen<br />

Voraussetzungen zur Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten <strong>Zusammenarbeit</strong>sform.<br />

An<strong>der</strong>erseits drücken sie sich im Grad <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong><br />

nationalen Entscheidungsautonomie <strong>in</strong> Bezug auf die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kooperation<br />

e<strong>in</strong>gebrachten Fähigkeiten aus.<br />

85


Grundsätzlich gilt hier: Je größer <strong>der</strong> Nutzen e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperati-<br />

onsform ist, desto wahrsche<strong>in</strong>licher s<strong>in</strong>d damit erhöhte Kosten im S<strong>in</strong>ne<br />

<strong>der</strong> o.a. Aspekte verbunden.<br />

5.1 Erarbeitung von Bewertungskriterien<br />

Zum Zwecke <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen ist es<br />

zunächst notwendig, entsprechende Bewertungskriterien zu erarbeiten.<br />

Hierzu werden potentielle Vor- und Nachteile <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation<br />

herangezogen. Als Quellen für die Ableitung dieser Vor- und Nachteile<br />

dienen e<strong>in</strong>erseits politikwissenschaftliche Fachliteratur, an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>schlägige<br />

Veranstaltungen, an denen <strong>der</strong> Verfasser teilnehmen konnte. 170<br />

In <strong>der</strong> weiterführenden Analyse s<strong>in</strong>d diese Vor- und Nachteile die Basis für<br />

die Erarbeitung von Kriterien, die wie<strong>der</strong>rum e<strong>in</strong>e systematische Bewertung<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen erlauben sollen. Die Ablei-<br />

tung dieser Kriterien erfolgt <strong>in</strong> drei Bearbeitungsschritten.<br />

Zunächst werden die <strong>in</strong> den o.a. Quellen beschriebenen Vor- und Nachtei-<br />

le <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> erfasst. Die so erfassten potentiellen<br />

Vor- und Nachteile werden nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Bearbeitungsschritt nach<br />

dem Muster e<strong>in</strong>er „SWOT-Analyse“ 171<br />

<strong>in</strong> die Bereiche Stärken, Schwächen,<br />

Möglichkeiten und Risiken gruppiert. Das Ergebnis dieses ersten<br />

Bearbeitungsschrittes ist <strong>in</strong> den Abbildungen 6 und 7 zusammengefasst.<br />

170 Folgende Quellen wurden zur Erarbeitung von möglichen Vor- und Nachteilen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

Kooperation herangezogen: UK M<strong>in</strong>istry of Defence, February 2001; Borchert/Eggenberger,<br />

2004; Fitschen/Grams, 2004; Frank/Sandawi, 2005; Borchert, 2005;<br />

Stoltenberg, 2009; Giegerich, 2010a; Kugler, September 2010; Björner, 26.10.2010.<br />

171 Die SWOT-Analyse (die Abkürzung ergibt sich aus <strong>der</strong> englischen Bezeichnung für<br />

Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Möglichkeiten) und<br />

Threats (Bedrohungen/Risiken)) ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Managementlehre als e<strong>in</strong> Werkzeug <strong>der</strong> strategischen<br />

Unternehmensführung, welches hauptsächlich zur Situationsanalyse e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wird, bekannt.<br />

86


Abbildung 6: Stärken und Schwächen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperation<br />

Abbildung 7: Möglichkeiten und Risiken im Zusammenhang mit mult<strong>in</strong>ationalen Kooperationen<br />

Aus den nach dem Muster <strong>der</strong> SWOT-Analyse <strong>in</strong> Stärken, Schwächen,<br />

Möglichkeiten und Risiken gruppierten Vor- und Nachteilen werden <strong>in</strong> ei-<br />

nem zweiten Bearbeitungsschritt zunächst <strong>in</strong>haltlich zusammengehörige<br />

Pakete gebildet. Es ergeben sich aus dieser <strong>in</strong>haltlichen Gruppierung <strong>in</strong>sgesamt<br />

zwölf Kriterien (vgl. Abbildung 8). Diese werden <strong>in</strong> weiterer Folge<br />

entsprechend ihrer <strong>in</strong>haltlichen Zusammengehörigkeit <strong>in</strong> drei Kategorien<br />

e<strong>in</strong>geteilt. Diese s<strong>in</strong>d die Kategorie „politische Kriterien“, die Kategorie<br />

87


„wirtschaftliche Kriterien“ und die Kategorie „militärisch-operationelle Krite-<br />

rien.“ 172 In Abbildung 8 ist das Ergebnis dieses Bearbeitungsschrittes gra-<br />

phisch dargestellt.<br />

Abbildung 8: Kategorisierung <strong>der</strong> Bewertungskriterien<br />

Den <strong>in</strong> den drei dargestellten Kategorien e<strong>in</strong>geteilten Kriterien werden im<br />

folgenden dritten Bearbeitungsschritt je e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> mehrere Prüffragen zu-<br />

geordnet. Durch die Beantwortung dieser Prüffragen, jeweils bezogen auf<br />

die aktuell betrachtete Kooperationsform, soll letztlich e<strong>in</strong>e vergleichende<br />

Bewertung ermöglicht werden.<br />

172 Diese E<strong>in</strong>teilung entspricht auch den <strong>in</strong> <strong>der</strong> politikwissenschaftlichen Fachliteratur<br />

angesprochenen Grundvorteilen von <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>, nämlich politischsymbolische<br />

Kooperationsgew<strong>in</strong>ne, wirtschaftliche Effizienzgew<strong>in</strong>ne und militärische Fähigkeitssteigerung<br />

(vgl. Giegerich, 2010b, S. 285).<br />

88


5.1.1 Kategorie „politische Kriterien“<br />

a.)<br />

b.)<br />

För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades<br />

Durch Kooperation kann e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrationsför<strong>der</strong>nde Wirkung entste-<br />

hen. Diese wird, abhängig von <strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> Kooperation, durch fol-<br />

gende Faktoren bestimmt:<br />

• Transparenz zwischen den Teilnehmern.<br />

• Bildung von Vertrauen.<br />

• Reduktion <strong>der</strong> Tendenz zur Verfolgung re<strong>in</strong> nationaler Lösungen.<br />

• geme<strong>in</strong>same Perzeption sicherheitspolitischer Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

und möglicher Antworten darauf.<br />

• Angleichung von Interessen zwischen den Kooperationspartnern.<br />

E<strong>in</strong>e Anhebung des Integrationsgrades kann die Basis für zukünftig<br />

gesteigerte Kooperationsbereitschaft <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Fähigkeitsbereichen<br />

bzw. auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Politikfel<strong>der</strong>n bilden.<br />

Prüffrage 1: Wie groß ist das Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen<br />

Integrationsgrades im Rahmen <strong>der</strong> GSVP?<br />

Rollendef<strong>in</strong>ition durch Kooperation<br />

Durch e<strong>in</strong>e Teilnahme an mult<strong>in</strong>ationalen Kooperationen besteht für<br />

die teilnehmenden Staaten die Möglichkeit, ihr politisches Profil im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP zu schärfen. Diese Möglichkeit wird bestimmt<br />

durch:<br />

• Die politische Sichtbarkeit des eigenen Beitrages.<br />

89


c.)<br />

• Die Problemlösungskapazität des jeweiligen Beitrages, bei-<br />

spielsweise durch Schließung von Fähigkeitsdefiziten im strate-<br />

gischen Bereich.<br />

Es können durch e<strong>in</strong>e solche Profilschärfung überproportionale politi-<br />

sche Hebelwirkungen erzeugt werden. Zudem besteht Potential zur<br />

Rollendef<strong>in</strong>ition als Schlüsselmitglied im Rahmen <strong>der</strong> GSVP, das Ver-<br />

handlungsgewicht des jeweiligen Staates auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Politikbe-<br />

reichen kann deutlich steigen. 173<br />

Prüffrage 2: Wie groß ist das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition durch Teil-<br />

nahme an e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform?<br />

Nationale politische Handlungsautonomie<br />

Mit je<strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Kooperation ist e<strong>in</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger starke E<strong>in</strong>-<br />

schränkung <strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie <strong>in</strong> Bezug auf die e<strong>in</strong>-<br />

gebrachten Mittel und Fähigkeiten verbunden. Der Grad <strong>der</strong> E<strong>in</strong>-<br />

schränkungen variiert je nach gewählter Kooperationsform und wird<br />

bestimmt durch:<br />

• Den verbleibenden sicherheitspolitischen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum,<br />

d.h. die Fähigkeit, re<strong>in</strong> national, <strong>in</strong> Verfol-<br />

gung nationaler Interessen, agieren zu können. Dies betrifft beispielsweise<br />

die Möglichkeit <strong>der</strong> national-autonomen Entscheidung<br />

zur Teilnahme an bestimmten Operationen. 174<br />

• Den E<strong>in</strong>fluss, den Partner auf die eigene politische und operationelle<br />

Handlungsfähigkeit (Entscheidungsf<strong>in</strong>dung) haben.<br />

173 Vgl. Algieri/Kammel, 2010, S. 69–71.<br />

174 In diesem Zusammenhang ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch zu beurteilen, ob durch die Teilnahme<br />

an e<strong>in</strong>er bestimmten <strong>Zusammenarbeit</strong>sform e<strong>in</strong> Handlungsdruck zur Beistellung e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Fähigkeit im Anlassfall entsteht.<br />

90


d.)<br />

Prüffrage 3:<br />

Wie stark kann die nationale politische Handlungsauto-<br />

nomie durch die Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform<br />

bee<strong>in</strong>flusst werden?<br />

Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Grundannahme, dass jede Form <strong>der</strong> Kooperation<br />

potentiell zu e<strong>in</strong>er Fähigkeitssteigerung im GSVP-Rahmen führt, muss<br />

auch die Möglichkeit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP <strong>in</strong> Betracht gezogen werden. E<strong>in</strong>schränkungen<br />

s<strong>in</strong>d wie folgt vorstellbar:<br />

• Gefahr des (kurzfristigen) Rückzuges von Partnern aus Rollen,<br />

Aktivitäten bzw. Operationen und damit Gefährdung des Koope-<br />

rationserfolges.<br />

• E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Nutzungsmöglichkeit e<strong>in</strong>er Fähigkeit im An-<br />

lassfall durch E<strong>in</strong>satzvorbehalt e<strong>in</strong>es bzw. mehrerer Kooperationspartner.<br />

• Unverb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> Zusage bestimmter spezialisierter Fähigkeiten.<br />

• Verzögerung/Verunmöglichung von Entscheidungen durch die<br />

notwendige Anwendung des Konsenspr<strong>in</strong>zips.<br />

Prüffrage 4: Wie groß ist die Gefahr e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP bei Anwendung e<strong>in</strong>er be-<br />

stimmten Kooperationsform?<br />

91


5.1.2 Kategorie „wirtschaftliche Kriterien“<br />

e.)<br />

f.)<br />

Effizienzgew<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung<br />

Insbeson<strong>der</strong>e jene Kooperationsformen, die mit Beschaffungsvorgän-<br />

gen verbunden s<strong>in</strong>d, können unter dem Aspekt <strong>der</strong> Skalenerträge be-<br />

trachtet werden. Solche s<strong>in</strong>d dann erzielbar, wenn durch mult<strong>in</strong>ationa-<br />

le Lösungen die Verhandlungsposition gegenüber <strong>der</strong> Industrie ge-<br />

stärkt und somit Beschaffungskosten im Vergleich zu nationalen E<strong>in</strong>-<br />

zellösungen reduziert werden können. In <strong>der</strong> Konsequenz ist mehr<br />

Leistung zum gleichen Preis bzw. dieselbe Leistung zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>ge-<br />

ren Preis zu erwarten.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite können <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e großvolumige Beschaf-<br />

fungsvorhaben eng mit rüstungs- und <strong>in</strong>dustriepolitischen Interessen<br />

seitens <strong>der</strong> Teilnehmer verknüpft se<strong>in</strong>. Es s<strong>in</strong>d daher bei <strong>der</strong> Bewer-<br />

tung des Effizienzpotentials e<strong>in</strong>er <strong>Zusammenarbeit</strong>sform mögliche<br />

Tendenzen zu nationalem Protektionismus <strong>in</strong> Betracht zu ziehen.<br />

Zusätzlich ist zu bedenken, dass jede Form <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Beschaffung<br />

zunächst die nationale (zuallererst politische, <strong>in</strong> zweiter Li-<br />

nie monetäre) Bereitschaft voraussetzt, Investitionen, möglicherweise<br />

ohne klare Anhaltspunkte h<strong>in</strong>sichtlich des tatsächlich erzielbaren E<strong>in</strong>-<br />

sparungspotentials, zu tätigen.<br />

Prüffrage 5:<br />

Wie groß ist das Potential zur Erzielung von Skalenerträ-<br />

92<br />

175<br />

gen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung von Fähigkeiten?<br />

Kosteneffizienz im Betrieb<br />

Neben Skalenerträgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Neubeschaffung s<strong>in</strong>d die Erzielung von<br />

Kostenvorteilen und die Ausnutzung von E<strong>in</strong>sparungspotentialen im<br />

175 Vgl. Borchert, 2005, S. 157–158.


Betrieb wesentliche treibende Kräfte für die Teilnahme an mult<strong>in</strong>atio-<br />

nalen Kooperationen. Solche Potentiale ergeben sich durch:<br />

• Effizientere Ressourcennutzung im Betrieb.<br />

• E<strong>in</strong>sparungseffekte durch geme<strong>in</strong>same Ausbildung, Übungen<br />

o<strong>der</strong> Logistik.<br />

• Die Reduktion von Verwaltungskosten.<br />

Neben diesen E<strong>in</strong>sparungspotentialen ist aber auch zu berücksichti-<br />

gen, dass je nach gewählter Kooperationsform zusätzliche Kosten<br />

entstehen können. Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> folgenden Bereichen zu<br />

erwarten:<br />

• Notwendige Overheadkosten (z.B. Errichtung und Betrieb von<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsstellen, Agenturen, …).<br />

• Notwendige Investitionskosten zur Herstellung <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit<br />

durch Erreichung geme<strong>in</strong>samer Standards.<br />

Diese Faktoren verlangen die politische und militärische Bereitschaft<br />

zu Investitionen, die möglicherweise ohne klare Anhaltspunkte zum<br />

tatsächlich erzielbaren E<strong>in</strong>sparungspotential zu tätigen s<strong>in</strong>d.<br />

Prüffrage 6: Wie groß ist das Potential zur Erzielung von betrieblichen<br />

Kostenvorteilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform?<br />

Prüffrage 7: Wie hoch s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform<br />

zu erwartenden Overheadkosten?<br />

93


g.)<br />

Industriepolitische Auswirkungen<br />

Wesentliche nationale Erwägungen vor E<strong>in</strong>gang e<strong>in</strong>er Kooperation<br />

stehen im Zusammenhang mit <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf den Bereich <strong>der</strong> nationalen<br />

Rüstungs<strong>in</strong>dustrie (sofern <strong>in</strong> relevanter Ausprägung vorhanden).<br />

Kooperationen bieten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn diese mit <strong>der</strong> Beschaffung<br />

neuer Fähigkeiten verbunden s<strong>in</strong>d, Chancen <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die För<strong>der</strong>ung nationaler Industrien sowie auf den Arbeitsplatzerhalt <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie.<br />

Aus an<strong>der</strong>em Blickw<strong>in</strong>kel betrachtet kann Kooperation zu e<strong>in</strong>em Verlust<br />

an Fähigkeiten im rüstungs<strong>in</strong>dustriellen Bereich und somit möglicherweise<br />

zu e<strong>in</strong>er Schwächung <strong>der</strong> nationalen <strong>in</strong>dustriellen und technologischen<br />

Basis sowie zu e<strong>in</strong>em Verlust an Arbeitsplätzen führen.<br />

Prüffrage 8: Wie hoch s<strong>in</strong>d die zu erwartenden <strong>in</strong>dustriepolitischen<br />

Auswirkungen e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform?<br />

5.1.3 Kategorie „militärisch-operationelle Kriterien“<br />

h.)<br />

Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite<br />

E<strong>in</strong>e wesentliche Chance im Zusammenhang mit Kooperationen besteht<br />

dar<strong>in</strong>, dass durch geme<strong>in</strong>same Anstrengungen und gezielten<br />

Ressourcene<strong>in</strong>satz bestehende europäische Fähigkeitsdefizite langfristig<br />

gelöst werden können.<br />

Prüffrage 9: Wie groß ist das Potential zur gezielten Reduktion europäischer<br />

Fähigkeitsdefizite?<br />

94


i.)<br />

Auswirkung auf das nationale Fähigkeitsspektrum<br />

E<strong>in</strong> möglicher Vorteil e<strong>in</strong>er Beteiligung an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> besteht dar<strong>in</strong>, dass die teilnehmenden Staaten gene-<br />

rell das Niveau ihrer Fähigkeiten anheben können. Dieses generelle<br />

Anheben des Niveaus kann sich wie folgt äußern:<br />

• In <strong>der</strong> Möglichkeit des Zugriffes auf Fähigkeiten, die ansonsten auf-<br />

grund nationaler Erwägungen/E<strong>in</strong>schränkungen nicht vorgehalten<br />

werden würden/könnten (weil sie z.B. nicht f<strong>in</strong>anzierbar s<strong>in</strong>d).<br />

• Größere militärische Vorhaben zur Fähigkeitssteigerung werden<br />

überhaupt erst ermöglicht.<br />

• Es besteht die Möglichkeit zu Fähigkeiten beizutragen, die re<strong>in</strong> national<br />

nicht vorgehalten werden. Dies ermöglicht potentiell auch e<strong>in</strong>en<br />

Know-how-Erhalt <strong>in</strong> bestimmten, national nicht mehr vorgehaltenen<br />

Fähigkeitsbereichen.<br />

• In <strong>der</strong> Möglichkeit zur Verantwortungsübernahme <strong>in</strong> Operationen,<br />

die ansonsten jenseits des möglichen Leistungsspektrum des jeweiligen<br />

Staates liegen würden.<br />

Hand <strong>in</strong> Hand mit den dargestellten Möglichkeiten geht aber auch das<br />

Risiko, dass bei notwendiger Konzentration auf bestimmte (v.a. auch<br />

hochwertige) Fähigkeitsbereiche an<strong>der</strong>e Bereiche vernachlässigt werden<br />

müssen. Die damit möglicherweise verbundene Aufgabe von nati-<br />

onalen Fähigkeiten ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel, zum<strong>in</strong>dest kurz- bis mittelfristig, irreversibel.<br />

Prüffrage 10: Wie stark kann die jeweilige Kooperationsform zu e<strong>in</strong>er<br />

nationalen Fähigkeitssteigerung beitragen?<br />

95


j.)<br />

k.)<br />

Prüffrage 11: Wie stark kann durch die Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimm-<br />

ten Kooperationsform das nationale Fähigkeitsspektrum e<strong>in</strong>geschränkt<br />

werden?<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand<br />

Je nach Art <strong>der</strong> gewählten Kooperationsform entsteht e<strong>in</strong> unterschied-<br />

lich hoher Koord<strong>in</strong>ierungsbedarf. Je stärker nationale Interessen und<br />

Politiken divergieren, desto komplexer wird die mult<strong>in</strong>ationale Zusam-<br />

176<br />

menarbeit. Konsequenzen, die e<strong>in</strong> solcherart erhöhter Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand<br />

mit sich br<strong>in</strong>gt, können se<strong>in</strong>:<br />

• Inneffizienz und Verzug <strong>in</strong> <strong>der</strong> (mult<strong>in</strong>ationalen) Entscheidungsf<strong>in</strong>dung,<br />

dadurch e<strong>in</strong>geschränkte Verfügbarkeit <strong>in</strong> zeitlicher H<strong>in</strong>sicht.<br />

• Reduktion potentieller Kostenersparnisse durch hohen Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand<br />

Prüffrage 12: Wie groß ist <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Kooperationsform?<br />

Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

E<strong>in</strong> wesentliches Erfolgskriterium im Bereich des militärischen Kri-<br />

senmanagements im Rahmen <strong>der</strong> GSVP ist Interoperabilität. Die Fä-<br />

higkeit, <strong>in</strong> E<strong>in</strong>sätzen zusammenzuarbeiten, und die Verfügbarkeit von<br />

Fähigkeiten, die diese <strong>Zusammenarbeit</strong> unterstützen, s<strong>in</strong>d wesentliche<br />

Grundpfeiler im <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagement.<br />

Der Grad <strong>der</strong> Interoperabilität wird durch das Erreichen geme<strong>in</strong>samer<br />

Standards <strong>in</strong> den Bereichen Ausbildung, Übungen, Geräteausstattung,<br />

Kommunikation usw. sowie durch geme<strong>in</strong>same <strong>Entwicklung</strong>s- und<br />

176 Vgl. Rasmussen, 2010, S. 2.<br />

177 Vgl. Arnould, 2009, S. 94–95.<br />

96<br />

177


l.)<br />

Produktionsstandards im Falle e<strong>in</strong>er Neubeschaffung bestimmt. Je<br />

höher <strong>der</strong> Grad an Interoperabilität zwischen den Kooperationspart-<br />

nern ist, desto besser wird e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale <strong>Zusammenarbeit</strong> funktionieren.<br />

Kooperationen bieten die Chance, Interoperabilität zwischen<br />

europäischen Streitkräften zu för<strong>der</strong>n und somit die E<strong>in</strong>satzeffizienz zu<br />

steigern.<br />

Prüffrage 13: Wie groß ist das Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

zwischen europäischen Streitkräften?<br />

E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit<br />

Kooperation zielt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel darauf ab, durch entsprechende Arrangements<br />

die Verfügbarkeit von Fähigkeiten für E<strong>in</strong>sätze im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP sowie <strong>der</strong>en Effizienz zu erhöhen. Diese operationelle Verfügbarkeit<br />

wird durch folgende Faktoren bestimmt:<br />

• Zeitbedarf bis zur Herstellung <strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest ersten E<strong>in</strong>satzbereitschaft<br />

<strong>der</strong> im Rahmen e<strong>in</strong>er Kooperation bereitzustellenden Fähig-<br />

keit.<br />

• Flexibilität <strong>in</strong> Bezug auf die E<strong>in</strong>setzbarkeit.<br />

• Gesicherte Verfügbarkeit e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit im E<strong>in</strong>zelfall<br />

durch verlässliche Beistellung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen nationalen Beiträge.<br />

Prüffrage 14: Wie hoch ist die tatsächliche E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

jeweiligen Kooperationsform e<strong>in</strong>zuschätzen?<br />

97


Mit <strong>der</strong> erfolgten Kategorisierung und Zuordnung von Prüffragen ist die<br />

Erarbeitung von Bewertungskriterien abgeschlossen. 178<br />

Im folgenden Abschnitt werden diese Kriterien nun praktisch angewandt,<br />

um die im vierten Kapitel dargestellten Kooperationsformen e<strong>in</strong>er systema-<br />

tischen, qualitativen Bewertung zu unterziehen. Diese erfolgt im Wesentli-<br />

chen durch die Beantwortung <strong>der</strong> zuvor erarbeiteten Prüffragen, jeweils<br />

bezogen auf die zu bewertende Kooperationsform. Auf praktische Beispie-<br />

le bzw. Erfahrungswerte wird, sofern solche dem Verfasser zugänglich<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewertung referenziert.<br />

Zum allgeme<strong>in</strong>en Verständnis <strong>der</strong> nachstehenden Bewertung ist folgendes<br />

anzumerken:<br />

• Die verwendeten Wertungen „hoch“, „mittel“ und „ger<strong>in</strong>g“ beziehen<br />

sich auf e<strong>in</strong>en Vergleich zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Kooperationsformen<br />

und s<strong>in</strong>d nicht als absoluter Wert zu verstehen. Der tatsächli-<br />

che „Wert“ e<strong>in</strong>er Kooperationsform wird von zusätzlichen Faktoren,<br />

die mit Masse außerhalb des Betrachtungshorizontes dieser Analy-<br />

se liegen, bee<strong>in</strong>flusst.<br />

• Die Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen erfolgt aus<br />

<strong>der</strong> Perspektive e<strong>in</strong>es EU-Mitgliedsstaates und nicht aus <strong>in</strong>stitutio-<br />

neller EU-Perspektive.<br />

E<strong>in</strong>e Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> nachfolgenden Bewertung <strong>in</strong><br />

Tabellenform f<strong>in</strong>det sich im Anhang A-2 (S. 143)<br />

178<br />

Im Anhang A-1 (S. 141) ist das Ergebnis <strong>der</strong> erfolgten Bearbeitungsschritte <strong>in</strong> Tabellenform<br />

zusammengefasst<br />

98


5.2 Bewertung <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler<br />

Fähigkeiten<br />

Prüffrage 1 (Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades):<br />

Es besteht nur ger<strong>in</strong>ges Potential, da lediglich e<strong>in</strong>e temporäre Zusam-<br />

menführung re<strong>in</strong> nationaler Fähigkeiten ohne Rückgriff auf e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>atio-<br />

nale Struktur erfolgt und daher Aspekte <strong>der</strong> Vertrauensbildung und Interessensangleichung<br />

e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielen.<br />

Prüffrage 2 (Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition): Das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>i-<br />

tion ist aufgrund des nur temporären Charakters <strong>der</strong> jeweiligen <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

generell als ger<strong>in</strong>g zu bezeichnen. Allerd<strong>in</strong>gs ist politische<br />

Sichtbarkeit dann gegeben, wenn solcherart verfügbar gemachte Fähigkeiten<br />

im Rahmen <strong>der</strong> GSVP zum E<strong>in</strong>satz kommen (z.B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>-<br />

satzes e<strong>in</strong>er EU-Battlegroup). In diesem Fall ist von erhöhtem politischen<br />

Gestaltungsspielraum <strong>der</strong> Beitragsleister auszugehen.<br />

Prüffrage 3 (E<strong>in</strong>fluss auf die politische Handlungsautonomie): Die natio-<br />

nale Handlungsautonomie bleibt une<strong>in</strong>geschränkt erhalten, es ergeben<br />

sich durch die Teilnahme an <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler Fähigkeiten<br />

ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkungen. Auch das Entstehen e<strong>in</strong>es politischen<br />

Handlungsdrucks ist als unwahrsche<strong>in</strong>lich zu beurteilen, da ke<strong>in</strong>e wesentlichen<br />

Abhängigkeiten zwischen den Kooperationspartnern entstehen.<br />

Prüffrage 4 (E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP): Es s<strong>in</strong>d generell kaum E<strong>in</strong>schränkungen <strong>der</strong> Handlungsfähig-<br />

keit <strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP bei Nichtzustandekommen des Kooperationserfolges<br />

zu erwarten, da aufgrund des Charakters temporärer Ad-<br />

hoc-Fähigkeiten ke<strong>in</strong>e wechselseitigen Abhängigkeiten erzeugt werden.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> relativ ger<strong>in</strong>gen gegenseitigen Abhängigkeiten und des rela-<br />

tiv ger<strong>in</strong>gen B<strong>in</strong>dungsgrades im Rahmen dieser Kooperationsform ist das<br />

Potential für e<strong>in</strong>en Rückzug e<strong>in</strong>es Kooperationspartners im Anlassfall aber<br />

als relativ hoch zu beurteilen. Es besteht die Gefahr, dass die Kooperation<br />

99


als e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> politische Absichtserklärung ohne weitgehende praktische<br />

Beistellungsabsicht verstanden wird. 179 Somit ist daher <strong>in</strong>sgesamt die Ge-<br />

fahr <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP als mittel zu beurteilen.<br />

Prüffrage 5 (Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung): Es s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Skalenef-<br />

fekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung zu erwarten, da lediglich e<strong>in</strong>e temporäre Zusam-<br />

menführung bereits bestehen<strong>der</strong> Fähigkeiten erfolgt.<br />

Prüffrage 6 (Kostenvorteile im Betrieb): Im Betrieb s<strong>in</strong>d lediglich ger<strong>in</strong>ge<br />

Kostenvorteile zu erwarten, da Synergiepotential im Rahmen e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong><br />

temporären Zusammenführung nationaler Fähigkeiten kaum gegeben ist.<br />

Es kann <strong>in</strong> diesem Zusammenhang sogar die Argumentation e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden, dass durch e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> temporäre Zusammenlegung nationaler Fä-<br />

higkeiten die Kosten noch steigen. Um die verbleibende, parallel zu führende<br />

nationale Funktion weiterh<strong>in</strong> une<strong>in</strong>geschränkt wahrnehmen zu kön-<br />

nen, müssen zusätzliche Mittel e<strong>in</strong>gesetzt werden. Es kann sich somit, aus<br />

<strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> EU als Gesamtes betrachtet, e<strong>in</strong>e Erhöhung/Vervielfachung<br />

<strong>der</strong> Kosten ergeben. 180<br />

Prüffrage 7 (zu erwartende Overheadkosten): Da im Rahmen dieser Ko-<br />

operationsform pr<strong>in</strong>zipiell ke<strong>in</strong>e eigens zur Erfüllung des Kooperations-<br />

zweckes e<strong>in</strong>gerichteten mult<strong>in</strong>ationalen Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen vorhanden<br />

s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Overheadkosten zu erwarten.<br />

Prüffrage 8 (<strong>in</strong>dustriepolitische Auswirkungen): Aufgrund <strong>der</strong> Zusammen-<br />

führung bereits bestehen<strong>der</strong> nationaler Fähigkeiten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustriepo-<br />

litischen Auswirkungen zu erwarten.<br />

179<br />

Die Tatsache, dass trotz durchaus gegebener Möglichkeiten die EU-Battlegroups seit<br />

ihrer erstmaligen Bereithaltung im Jahr 2005 nicht zum E<strong>in</strong>satz gekommen s<strong>in</strong>d, kann als<br />

Indiz für diese Bewertung verstanden werden.<br />

180<br />

Vgl. Heise, 2005, S. 10–11.<br />

100


Prüffrage 9 (Potential zur Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite): Je<br />

nach konkreter Fähigkeit können temporär bzw. bezogen auf e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Anlassfall Fähigkeitslücken beseitigt/gem<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

s<strong>in</strong>d aufgrund <strong>der</strong> nicht gegebenen Nachhaltigkeit <strong>in</strong>sgesamt nur<br />

ger<strong>in</strong>ge Effekte im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Beseitigung von Fähigkeitsdefiziten zu erwarten.<br />

Prüffrage 10 (Beitrag zur nationalen Fähigkeitssteigerung): Es ist zum<strong>in</strong>dest<br />

ger<strong>in</strong>ges Potential zur nationalen Fähigkeitssteigerung vorhanden.<br />

Dieses ergibt sich aus <strong>der</strong> Notwendigkeit zur Herstellung <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit<br />

mit Partnern im Rahmen <strong>der</strong> jeweiligen Kooperation. Die<br />

Durchführung von Adaptierungen o<strong>der</strong> notwendigen Neubeschaffungen<br />

kann zu e<strong>in</strong>er solchen Fähigkeitssteigerung beitragen. 181<br />

Prüffrage 11 (E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums): Bezüglich<br />

des restlichen nationalen Fähigkeitsspektrums ergeben sich nur<br />

ger<strong>in</strong>ge und jedenfalls nur temporäre E<strong>in</strong>schränkungen, da es zu ke<strong>in</strong>er<br />

geplanten Substituierung nationaler Fähigkeiten durch die im Rahmen <strong>der</strong><br />

Kooperation bereitgestellte Fähigkeit kommt.<br />

Prüffrage 12 (Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand): Es besteht lediglich ger<strong>in</strong>ger Ko-<br />

ord<strong>in</strong>ierungsaufwand. Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e schwierige Entscheidungsf<strong>in</strong>dung<br />

aufgrund <strong>der</strong> nur ger<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>tegrativen Wirkung dieser Kooperationsform<br />

(siehe Prüffrage 1) zu erwarten. 182<br />

Prüffrage 13 (Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität): Das Potential<br />

<strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

zwischen den Kooperationspartnern ist als ger<strong>in</strong>g bis mittel zu beurteilen.<br />

Trotz <strong>der</strong> Tatsache, dass lediglich e<strong>in</strong>e temporäre Zusammenführung<br />

bestehen<strong>der</strong> Fähigkeiten erfolgt, ist davon auszugehen, dass z.B.<br />

181<br />

Speziell die EU-Battlegroups s<strong>in</strong>d auch unter diesem Aspekt (<strong>der</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Relevanz<br />

für die Transformation nationaler Streitkräfte hat) zu betrachten.<br />

182<br />

Auch <strong>in</strong> diesem Zusammenhang kann die Tatsache, dass die EU-Battlegroups bisher<br />

nicht zum E<strong>in</strong>satz gekommen s<strong>in</strong>d, als e<strong>in</strong> Indiz gelten.<br />

101


durch gegenseitigen Informationsaustausch, Sicherstellung kompatibler<br />

Entscheidungsabläufe, geme<strong>in</strong>same Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsaktivitäten, geme<strong>in</strong>same<br />

Ausbildung des Führungspersonals (z.B. „Key Lea<strong>der</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g“ im Rahmen<br />

von EU-Battlegroups o<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>same Übungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung<br />

bzw. zur Zertifizierung <strong>der</strong> jeweiligen Battlegroup) o<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sam angewandte<br />

Prozessabläufe e<strong>in</strong> höherer Grad an Interoperabilität erreicht wird.<br />

Dieser bezieht sich aber lediglich auf die temporär stattf<strong>in</strong>dende spezifische<br />

Kooperation und ist daher <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wirkung begrenzt.<br />

Prüffrage 14<br />

(E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit): In zeitlicher H<strong>in</strong>sicht ist die Verfüg-<br />

barkeit von Fähigkeiten im Rahmen dieser Kooperationsform durch die<br />

Tatsache <strong>der</strong> Zusammenführung bereits bestehen<strong>der</strong> nationaler Elemente<br />

relativ rasch gegeben. Allerd<strong>in</strong>gs trifft das jeweils nur für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>ge-<br />

schränkten Zeitraum zu. Es ist <strong>in</strong> diesem Zeitraum zwar pr<strong>in</strong>zipiell von e<strong>in</strong>er<br />

relativ hohen tatsächlichen E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit im Anlassfall auszu-<br />

gehen - aufgrund des lediglich ger<strong>in</strong>gen B<strong>in</strong>dungsgrades unter den Partnern<br />

ist diese aber praktisch als e<strong>in</strong>geschränkt zu betrachten (vgl. die<br />

Prüffragen 3 und 4) und daher <strong>in</strong>sgesamt als eher ger<strong>in</strong>g zu beurteilen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es sich bei <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform<br />

<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler Fähigkeiten<br />

(„shar<strong>in</strong>g“) um e<strong>in</strong>e Methode handelt, im Rahmen <strong>der</strong>er politische Koope-<br />

rationsgew<strong>in</strong>ne, beispielsweise <strong>in</strong> Form des Potentials zur Vertiefung <strong>der</strong><br />

Integration im Rahmen <strong>der</strong> GSVP o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Rollendef<strong>in</strong>ition,<br />

<strong>in</strong> nur ger<strong>in</strong>gem Ausmaß zu erwarten s<strong>in</strong>d. Hand <strong>in</strong> Hand mit<br />

diesem ger<strong>in</strong>gen Potential zur Erzielung politischer Kooperationsgew<strong>in</strong>ne<br />

geht jedoch die Tatsache, dass es zu ke<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen<br />

Handlungsautonomie kommt. Dieser gegebene Handlungsspielraum birgt<br />

aber auch die <strong>in</strong>härente Gefahr <strong>der</strong> Kooperationsverweigerung aufgrund<br />

abweichen<strong>der</strong> nationaler Interessen.<br />

102


Während Kooperationsgew<strong>in</strong>ne durch Effizienzsteigerung <strong>in</strong> Beschaffung<br />

und Betrieb bei Teilnahme an dieser Kooperationsform kaum zu erwarten<br />

s<strong>in</strong>d, entstehen auch ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Kosten, etwa durch die Vorhaltung<br />

<strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen. Insgesamt darf nicht mit<br />

signifikantem E<strong>in</strong>sparungspotential gerechnet werden.<br />

Mo<strong>der</strong>ate militärisch-operationelle Kooperationsgew<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>e<br />

relativ rasche Verfügbarkeit von solcherart bereitgestellten Fähigkeiten<br />

und durch das Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität zu erwarten.<br />

E<strong>in</strong>e signifikante Fähigkeitssteigerung sowohl national als auch im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP durch Anwendung dieser Kooperationsform ist jedoch unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kommt es auch zu ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong><br />

Bezug auf das restliche nationale Fähigkeitsspektrum, was sich wie<strong>der</strong>um<br />

positiv auf die verbleibende nationale Handlungsautonomie auswirkt.<br />

5.3 Bewertung <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten Verwendung nationaler<br />

Fähigkeiten<br />

Prüffrage 1 (Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades):<br />

Die Bereitschaft zur Delegation <strong>der</strong> Verwendung nationaler Fähigkeiten an<br />

e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur setzt gegenseitiges Vertrauen und geme<strong>in</strong>same<br />

Risikoperzeption unter den Kooperationspartnern voraus. Diese Fakto-<br />

ren können im Falle des Kooperationserfolges zusätzlich positiv bee<strong>in</strong>flusst<br />

werden - es ist daher <strong>in</strong> dieser Kooperationsform mittleres bis ho-<br />

hes Integrationspotential vorhanden.<br />

Prüffrage 2 (Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition): Das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>i-<br />

tion ist im Rahmen dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform e<strong>in</strong>geschränkt gegeben.<br />

Erhöhtes Potential und politische Sichtbarkeit ist bei Übernahme e<strong>in</strong>er<br />

Lead-Nation-Funktion zu erwarten. Insgesamt ist das Potential daher als<br />

ger<strong>in</strong>g bis mittel zu bewerten.<br />

103


Prüffrage 3 (E<strong>in</strong>fluss auf die politische Handlungsautonomie): Die ge-<br />

me<strong>in</strong>same koord<strong>in</strong>ierte Verwendung nationaler Fähigkeiten hat e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>te-<br />

grativen Effekt, berührt aber kaum die Souveränität <strong>der</strong> teilnehmenden<br />

Staaten. Es bleibt den e<strong>in</strong>zelnen Nationen weiterh<strong>in</strong> freigestellt, sich an<br />

konkreten militärischen E<strong>in</strong>sätzen zu beteiligen. Die nationale Handlungs-<br />

autonomie bleibt also auch <strong>in</strong> dieser Kooperationsform weitgehend erhal-<br />

ten, daher ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss als ger<strong>in</strong>g zu beurteilen. 183 Der Aspekt <strong>der</strong> ge-<br />

nerellen Delegation <strong>der</strong> Verwendung an e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur kann<br />

aber Abhängigkeiten <strong>in</strong> Bezug auf den Kooperationserfolg erzeugen –<br />

Entscheidungen zur Kooperationsverweigerung, d.h. e<strong>in</strong>e Verweigerung<br />

<strong>der</strong> Beistellung e<strong>in</strong>er nationalen Fähigkeit im Anlassfall aus nationalen Erwägungen<br />

heraus, s<strong>in</strong>d politisch sichtbar und erhöhen den nationalen<br />

Handlungsdruck.<br />

Prüffrage 4 (E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP): Obwohl die bereitgestellten Fähigkeiten gänzlich <strong>in</strong> nationaler<br />

Verantwortung bleiben, kann davon ausgegangen werden, dass die Tat-<br />

sache <strong>der</strong> permanenten <strong>Zusammenarbeit</strong> e<strong>in</strong> gewisses Maß an gegenseitigen<br />

Abhängigkeiten und damit e<strong>in</strong> größeres Maß an politischem Druck<br />

zur Bereitstellung e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit im Anlassfall entstehen<br />

lässt. Daraus folgt, dass die Entscheidung zur Nichtbeistellung e<strong>in</strong>er Fähigkeit<br />

durch e<strong>in</strong>en Kooperationspartner weniger leicht getroffen wird als<br />

dies bei <strong>der</strong> Form des „shar<strong>in</strong>g“ <strong>der</strong> Fall ist. Das Potential für e<strong>in</strong>en Rückzug<br />

e<strong>in</strong>es Kooperationspartners im Anlassfall und somit die Gefahr e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP s<strong>in</strong>d<br />

daher als ger<strong>in</strong>g zu beurteilen.<br />

183 Am Beispiel des EATC lässt sich diese weitgehende Handlungsautonomie wie folgt<br />

darstellen: Während sich die Teilnehmerstaaten verpflichten, die <strong>in</strong>s EATC e<strong>in</strong>gebrachten<br />

nationalen Fähigkeiten bei Bedarf zur Verfügung zu stellen s<strong>in</strong>d sie nicht verpflichtet, sich<br />

an E<strong>in</strong>sätzen von Luftfahrzeugen an<strong>der</strong>er Staaten zu beteiligen. Es bleibt also <strong>in</strong> <strong>der</strong> autonomen<br />

Entscheidungsgewalt <strong>der</strong> teilnehmenden Staaten, <strong>in</strong> welchen Missionen ihre<br />

Luftfahrzeuge e<strong>in</strong>gesetzt werden. Mit an<strong>der</strong>en Worten kann ke<strong>in</strong> Staat gezwungen werden,<br />

se<strong>in</strong>e Fähigkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Mission abzustellen (vgl. Biscop/Coelmont,<br />

2010, S. 4).<br />

104


Zusätzlich besteht durch Nutzung des Instrumentes vorausschauen<strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satzkoord<strong>in</strong>ierung die Möglichkeit, allfällige Nichtbeistellungen von Fä-<br />

higkeiten ohne erhebliche Kooperationsverluste zu überbrücken.<br />

Prüffrage 5 (Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung): Es s<strong>in</strong>d unmittelbar ke<strong>in</strong>e<br />

Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung zu erwarten, da lediglich e<strong>in</strong>e Zusammenführung<br />

bestehen<strong>der</strong> nationaler Fähigkeiten erfolgt. Mittelfristig kön-<br />

nen sich solche aber, entsprechenden Kooperationserfolg vorausgesetzt,<br />

im S<strong>in</strong>ne von Spill-over-Effekten ergeben.<br />

Prüffrage 6 (Kostenvorteile im Betrieb): Kostenvorteile s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

durch die effizientere Nutzung <strong>der</strong> verfügbaren Ressourcen aufgrund mul-<br />

t<strong>in</strong>ationaler Koord<strong>in</strong>ierung zu erwarten. 184 Zusätzlich besteht Synergiepotential<br />

<strong>in</strong> den diversen Unterstützungsfunktionen wie z.B. im Bereich <strong>der</strong><br />

Logistik, <strong>der</strong> Instandhaltung, <strong>der</strong> Infrastruktur o<strong>der</strong> bei Ausbildung/Übungen,<br />

welches letztlich Kostenvorteile mit sich br<strong>in</strong>gen kann.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus können sich bei konsequenter Nutzung Kostenvorteile <strong>in</strong><br />

den nationalen Adm<strong>in</strong>istrationen ergeben (z.B. E<strong>in</strong>sparung von Perso-<br />

Das Potential zur Erzielung betrieblicher Kostenvorteile ist daher<br />

als hoch zu beurteilen.<br />

nal). 185<br />

Voraussetzung zur Generierung dieser Kostenvorteile ist allerd<strong>in</strong>gs die<br />

politische und militärische Bereitschaft, zunächst Investitionen <strong>in</strong> die notwendigen<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen als „Vorleistung“ zu erbr<strong>in</strong>gen sowie<br />

sich ergebende Synergiepotentiale, trotz möglicherweise gegebenem Wi<strong>der</strong>stand<br />

<strong>in</strong> den nationalen Adm<strong>in</strong>istrationen, konsequent auszunutzen.<br />

184 Alle<strong>in</strong>e die Tatsache, dass im Rahmen des EATC zusammengenommen jährlich über<br />

70.000 Flugstunden (das entspricht <strong>der</strong> Flugstundenleistung <strong>der</strong> etwa 170 e<strong>in</strong>gebrachten<br />

Flugzeuge <strong>der</strong> vier Partnerstaaten) zur koord<strong>in</strong>ierten Verwendung zur Verfügung stehen,<br />

lässt das Synergiepotential im Vergleich zu e<strong>in</strong>er unkoord<strong>in</strong>ierten und daher potentiell<br />

weniger effizienten Verwendung dieser Flugstunden erahnen (vgl. Deutsche Bundeswehr,<br />

2010, S. 2).<br />

185 Beispielsweise hat die Deutsche Bundeswehr aufgrund <strong>der</strong> Beteiligung am EATC das<br />

<strong>in</strong> Münster stationierte deutsche Lufttransportkommando mit Ende des Jahres 2010 stillgelegt<br />

und so (<strong>in</strong> den verfügbaren Quellen nicht näher bezifferte) adm<strong>in</strong>istrative Kosten<br />

reduzieren können (vgl. Deutsche Bundeswehr, 2010, S. 1).<br />

105


Prüffrage 7 (zu erwartende Overheadkosten): Die <strong>in</strong> dieser Zusammenar-<br />

beitsform vorgesehene geme<strong>in</strong>same, mult<strong>in</strong>ational koord<strong>in</strong>ierte Verwendung<br />

<strong>der</strong> zusammengeführten Fähigkeiten erfor<strong>der</strong>t Strukturen zur Übernahme<br />

dieser Aufgabe. Dadurch entstehen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Aufwendungen<br />

im Bereich Personal und Infrastruktur. Es ist jedoch davon auszugehen,<br />

dass die <strong>in</strong> Prüffrage 6 genannten E<strong>in</strong>sparungspotentiale die durch die<br />

notwendige E<strong>in</strong>richtung und Erhaltung e<strong>in</strong>er mult<strong>in</strong>ationalen Koord<strong>in</strong>ierungsstruktur<br />

entstehenden Overheadkosten aufwiegen können. 186 Es<br />

s<strong>in</strong>d daher <strong>in</strong>sgesamt die Overheadkosten im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sformen als mittel zu beurteilen.<br />

Prüffrage 8 (<strong>in</strong>dustriepolitische Auswirkungen): Aufgrund <strong>der</strong> Zusammen-<br />

führung bereits bestehen<strong>der</strong> nationaler Fähigkeiten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustriepo-<br />

litischen Auswirkungen zu erwarten.<br />

Prüffrage 9: (Potential zur Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite):<br />

Das Potential zur Schließung von Fähigkeitslücken auf europäischer Ebene<br />

ist als mittel zu beurteilen. Es ergibt sich aus <strong>der</strong> Logik, dass durch<br />

e<strong>in</strong>e permanente Zusammenführung von sich gegenseitig ergänzenden<br />

Fähigkeiten <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e Fähigkeitssteigerung erfolgen kann.<br />

Prüffrage 10 (Beitrag zur nationalen Fähigkeitssteigerung): Das Potential<br />

zur nationalen Fähigkeitssteigerung ist als hoch zu beurteilen. Für den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaat besteht die Möglichkeit des Zuganges zu Fähig-<br />

keiten, die re<strong>in</strong> national, primär aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen, nicht vorgehal-<br />

ten werden. Darüber h<strong>in</strong>aus besteht auch die Möglichkeit, dass <strong>der</strong> Zu-<br />

186 Die Koord<strong>in</strong>ierungsleistung des EAC hat beispielsweise im Jahr 2004 Kosten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Größenordnung von € 280.000 verursacht. Durch die verbesserte Koord<strong>in</strong>ation von<br />

E<strong>in</strong>satzflügen (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Zusammenhang mit <strong>der</strong> NATO-Operation ISAF <strong>in</strong> Afghanistan)<br />

konnten diese Kosten allerd<strong>in</strong>gs gedeckt werden (vgl. Heise, 2005, S. 12). Im<br />

Falle des MCCE beträgt die jährliche f<strong>in</strong>anzielle Beitragsleistung seitens Österreichs etwa<br />

€ 20.000. Wenngleich noch ke<strong>in</strong>e konkreten Vergleichszahlen diesbezüglich vorliegen,<br />

darf <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> exorbitant hohen Kosten für Flugstunden im Bereich des strategischen<br />

Transportes angenommen werden, dass das durch die im Gegenzug erbrachte<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsleistung erzielbare E<strong>in</strong>sparungspotential deutlich über diesem Betrag liegen<br />

wird.<br />

106


gang zu Fähigkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spektrum erhalten werden kann, das re<strong>in</strong><br />

national nicht (mehr) abgebildet ist. Dazu ist beispielsweise die Fähigkeit<br />

zur Übernahme von Führungsaufgaben auf e<strong>in</strong>er Ebene, die national nicht<br />

vorhanden ist, zu verstehen.<br />

Prüffrage 11 (E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums): Es<br />

bestehen nur ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> Bezug auf das verbleibende<br />

nationale Fähigkeitsspektrum, da pr<strong>in</strong>zipiell bereits bestehende Fähigkeiten<br />

<strong>in</strong> die Kooperation e<strong>in</strong>gebracht werden. Es entsteht <strong>in</strong>sofern ke<strong>in</strong> erhöhter<br />

F<strong>in</strong>anzierungsbedarf, welcher Rückwirkungen auf das verbleibende<br />

nationale Fähigkeitsspektrum haben könnte. Ausgenommen davon s<strong>in</strong>d<br />

jene Kosten, die zur Aufstellung und zum Betrieb <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsstruktur notwendig s<strong>in</strong>d (vgl. Prüffrage 7).<br />

Prüffrage 12 (Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand): Der Bedarf an e<strong>in</strong>er koord<strong>in</strong>ierten<br />

Verwendung <strong>der</strong> jeweiligen Fähigkeit br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en erhöhten Koord<strong>in</strong>ie-<br />

rungsaufwand mit sich. Da die Aufgabe <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen Struktur aber<br />

lediglich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong> Verwendung liegt und ke<strong>in</strong>e Beschaf-<br />

fungsvorgänge e<strong>in</strong>zuleiten und zu betreuen s<strong>in</strong>d, reichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel relativ<br />

schlanke, wenig komplexe Strukturen aus. 187 Durch den im Vergleich<br />

zur Form des „shar<strong>in</strong>g“ höheren <strong>in</strong>tegrativen Charakter dieser Kooperati-<br />

onsform darf e<strong>in</strong> erhöhtes Maß an gegenseitigem Vertrauen und kongruenter<br />

Interessensdef<strong>in</strong>ition angenommen werden (vgl. Prüffrage 1).<br />

Dadurch sollte auch die Komplexität <strong>der</strong> Entscheidungsprozesse positiv<br />

bee<strong>in</strong>flusst werden. Der Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand ist daher <strong>in</strong>sgesamt als<br />

mittel zu beurteilen.<br />

Prüffrage 13 (Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität): Zusätzlich zu<br />

den bereits im Rahmen <strong>der</strong> Kooperationsform „shar<strong>in</strong>g“ genannten Aspek-<br />

187 Im MCCE s<strong>in</strong>d beispielsweise lediglich etwa 30 Personen mit Aufgaben <strong>der</strong> Transportkoord<strong>in</strong>ierung<br />

für 24 teilnehmende Staaten befasst. Die Anzahl an Planungsoffizieren<br />

im EATC bewegt sich bei etwa 155–165 Personen, wobei im Rahmen dieses Kommandos<br />

wesentlich umfangreichere Aufgaben als solche <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Transportkoord<strong>in</strong>ierung<br />

zu erfüllen s<strong>in</strong>d (vgl. ohne Verfasser, 16.09.2010, S. 18).<br />

107


ten, durch welche Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität geschaffen<br />

wird (Informationsaustausch, kompatible Entscheidungsabläufe, geme<strong>in</strong>-<br />

same Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsaktivitäten, geme<strong>in</strong>sam angewandte Prozessabläufe) ist<br />

hier ergänzend Potential durch die geme<strong>in</strong>same Verwaltung/Koord<strong>in</strong>ierung<br />

gegeben. Insgesamt ist daher das Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

im Vergleich <strong>der</strong> Kooperationsformen als mittel zu beurteilen.<br />

Prüffrage 14 (E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit): In zeitlicher H<strong>in</strong>sicht verlangt das Erfor<strong>der</strong>nis<br />

<strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten Verwendung von Fähigkeiten e<strong>in</strong>en relativ<br />

langwierigen Verhandlungsprozess. Dieser ergibt sich aus <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Zustimmung aller beteiligten Staaten zu den Verwendungsmodalitäten.<br />

188<br />

Obwohl es auch <strong>in</strong> dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform primär zu e<strong>in</strong>er<br />

Zusammenführung bereits bestehen<strong>der</strong> nationaler Fähigkeiten kommt, ist<br />

daher die geme<strong>in</strong>same Fähigkeit weniger rasch verfügbar, als dies bei <strong>der</strong><br />

Form des „shar<strong>in</strong>g“ <strong>der</strong> Fall ist. Allerd<strong>in</strong>gs kann durch die Tatsache <strong>der</strong><br />

mult<strong>in</strong>ationalen Koord<strong>in</strong>ierung, auf Basis e<strong>in</strong>mal ausgehandelter Verwendungsmodalitäten,<br />

vorgestaffelt auf nationale „Bef<strong>in</strong>dlichkeiten“ reagiert<br />

werden und so durch geeignete Maßnahmen die konkrete Verfügbarkeit<br />

im Anlassfall erhöht werden. Die E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit ist daher <strong>in</strong>sgesamt<br />

als mittel zu beurteilen.<br />

Zusammenfassend betrachtet br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Teilnahme an <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten<br />

Verwendung nationaler Fähigkeiten („pool<strong>in</strong>g“) zwar e<strong>in</strong> höheres Potential<br />

zur Vertiefung <strong>der</strong> Integration im Rahmen <strong>der</strong> GSVP sowie zur Rollendef<strong>in</strong>ition<br />

für den e<strong>in</strong>zelnen Teilnehmer mit sich, schränkt aber auch die<br />

nationale Handlungsautonomie <strong>in</strong> höherem Maße e<strong>in</strong>, als dies bei <strong>der</strong><br />

Form des „shar<strong>in</strong>g“ <strong>der</strong> Fall ist. Durch die engere B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Partner <strong>in</strong><br />

dieser Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> wird aber auch das Potential für e<strong>in</strong>en<br />

Rückzug e<strong>in</strong>es Partners aus nationalen Erwägungen heraus verr<strong>in</strong>gert.<br />

188 Vgl. Rasmussen, 2010, S. 2.<br />

108


Kooperationsgew<strong>in</strong>ne lassen sich <strong>in</strong> dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>in</strong>sbe-<br />

son<strong>der</strong>e durch Effizienzsteigerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verwaltung und im Betrieb errei-<br />

chen, wobei diese möglichen Gew<strong>in</strong>ne durch die Kosten für die notwendige<br />

Vorhaltung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen geschmälert wer-<br />

den können. Zur Ermöglichung <strong>der</strong> Kooperation muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Bereitschaft<br />

zur Erbr<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>anziellen Vorleistung gegeben se<strong>in</strong>.<br />

Militärisch-operationelle Kooperationsgew<strong>in</strong>ne lassen sich <strong>in</strong>sofern erwarten,<br />

als durch diese Form <strong>der</strong> Kooperation und die damit e<strong>in</strong>hergehende<br />

effizientere Nutzung nationaler Ressourcen das Potential zur Schließung<br />

von Fähigkeitsdefiziten, sowohl national als auch Rahmen <strong>der</strong> GSVP, beträchtlich<br />

ist. Das verbleibende nationale Fähigkeitsspektrum wird durch<br />

Teilnahme an <strong>Formen</strong> des „pool<strong>in</strong>g“ nur mo<strong>der</strong>at e<strong>in</strong>geschränkt, was sich<br />

positiv auf die verbleibende nationale Handlungsautonomie auswirkt.<br />

5.4 Bewertung <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung<br />

Prüffrage 1 (Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades):<br />

Das Integrationspotential ist <strong>in</strong> dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform als hoch e<strong>in</strong>-<br />

zustufen. E<strong>in</strong> wesentliches Merkmal ist, dass sich Partner h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Verfügbarmachung e<strong>in</strong>er spezialisierten Fähigkeit auf an<strong>der</strong>e Partner ver-<br />

lassen. Dieser Umstand setzt e<strong>in</strong> hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen,<br />

Transparenz und geme<strong>in</strong>samer Risikoperzeption voraus und kann diese<br />

Aspekte zusätzlich för<strong>der</strong>n.<br />

Prüffrage 2 (Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition): Das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>i-<br />

tion ist hier hoch. Rollen- und Aufgabenteilung impliziert, dass <strong>der</strong> bereitstellende<br />

Staat alle<strong>in</strong>iger o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wenigen Betreiber e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

(wertvollen) Fähigkeit ist. Es erfolgt <strong>in</strong>sofern die Übernahme hoher<br />

Verantwortung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Fähigkeitsbereich, dadurch steigt die<br />

politische Sichtbarkeit des jeweiligen Beitrages.<br />

109


Prüffrage 3 (E<strong>in</strong>fluss auf die politische Handlungsautonomie): Der E<strong>in</strong>-<br />

fluss <strong>der</strong> Kooperationsform auf die nationale Handlungsautonomie ist als<br />

hoch e<strong>in</strong>zustufen. E<strong>in</strong>erseits ist Spezialisierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur unter<br />

Verzicht auf an<strong>der</strong>e Teile des nationalen Fähigkeitsspektrums möglich,<br />

was den politisch-militärischen Handlungsspielraum e<strong>in</strong>schränkt. An<strong>der</strong>erseits<br />

erfolgt durch Spezialisierung e<strong>in</strong>e Übernahme <strong>der</strong> Verantwortung <strong>in</strong><br />

bestimmten Bereichen auch für Partner, was den politischen Handlungsdruck<br />

im Anlassfall stark erhöhen und somit die Handlungsautonomie zusätzlich<br />

e<strong>in</strong>schränken kann.<br />

Prüffrage 4 (E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP): Im Falle <strong>der</strong> Nichtbeistellung e<strong>in</strong>er spezialisierten Fähigkeit im<br />

Anlassfall ist durch fehlende Redundanzen (aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass<br />

sich an<strong>der</strong>e Staaten darauf verlassen, dass e<strong>in</strong>e bestimmte Fähigkeit<br />

durch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Staat bereitgestellt wird und daher national nicht<br />

mehr vorgehalten werden muss) e<strong>in</strong> hoher E<strong>in</strong>fluss auf die Handlungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP zu erwarten. Dies erhöht die Konsequenzen<br />

e<strong>in</strong>er Nichtbeistellung <strong>der</strong> Fähigkeit.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann davon ausgegangen werden, dass die gegenseitigen Abhängigkeiten<br />

e<strong>in</strong> hohes Maß an politischem Druck zur tatsächlichen Be-<br />

reitstellung e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit im Anlassfall erzeugen. Dies reduziert<br />

die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Rückzuges e<strong>in</strong>es Kooperationspartners.<br />

Insgesamt ist daher das Potential für e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP als mittel zu beurteilen.<br />

Prüffrage 5 (Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung): Es s<strong>in</strong>d unmittelbar nur<br />

ger<strong>in</strong>ge Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung zu erwarten, da davon ausgegangen<br />

werden kann, dass sich Staaten vornehmlich im Bereich bereits<br />

bestehen<strong>der</strong> Fähigkeiten spezialisieren. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d mittelbare Kosten-<br />

vorteile für den E<strong>in</strong>zelstaat dann möglich, wenn bestimmte Fähigkeiten<br />

110


über diese Form <strong>der</strong> Kooperation erworben werden und daher nicht natio-<br />

nal vorgehalten bzw. beschafft werden müssen. 189<br />

Prüffrage 6 (Kostenvorteile im Betrieb): Im Betrieb s<strong>in</strong>d aus nationaler<br />

Sicht ke<strong>in</strong>e Skaleneffekte realisierbar, da <strong>in</strong> dieser Kooperationsform<br />

grundsätzlich ke<strong>in</strong>e Zusammenführung von Fähigkeiten erfolgt. 190 Es<br />

muss allerd<strong>in</strong>gs klar festgestellt werden, dass diese Bewertung nur aus<br />

dem gewählten nationalen Blickw<strong>in</strong>kel heraus zulässig ist. Gesamteuropä-<br />

isch betrachtet würden sich aus e<strong>in</strong>er europaweit abgestimmten Nutzung<br />

<strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung natürlich enorme Kostenvorteile<br />

ergeben.<br />

Prüffrage 7 (zu erwartende Overheadkosten): Aufgrund fehlen<strong>der</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Overheadkosten im S<strong>in</strong>ne<br />

<strong>der</strong> Fragestellung zu erwarten.<br />

Prüffrage 8 (<strong>in</strong>dustriepolitische Auswirkungen): Erfolgt Spezialisierung<br />

gezielt im E<strong>in</strong>klang mit <strong>der</strong> nationalen technologischen und rüstungs<strong>in</strong>dustriellen<br />

Basis ist mittleres bis hohes Potential zur För<strong>der</strong>ung dieses Bereiches<br />

gegeben.<br />

Prüffrage 9:<br />

(Potential zur Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite):<br />

Das Potential zur Schließung von Fähigkeitslücken auf europäischer Ebe-<br />

ne ist als hoch e<strong>in</strong>zustufen, da durch die Konzentration <strong>der</strong> Mittel auf e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Fähigkeit von e<strong>in</strong>er Steigerung <strong>in</strong> diesem Bereich ausgegangen<br />

werden kann. Verstärkt wird dieser Aspekt durch den entstehenden Hand-<br />

189 Vgl. dazu die Ausführungen zur <strong>Zusammenarbeit</strong> zwischen den Nie<strong>der</strong>landen und<br />

Deutschland im Bereich des strategischen Lufttransportes o<strong>der</strong> zur <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>der</strong><br />

nie<strong>der</strong>ländischen und belgischen Mar<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Kapitel 4.2.3.<br />

190 Es ist jedoch anzumerken, dass Skaleneffekte im Betrieb mittelbar dann auftreten<br />

können, wenn an<strong>der</strong>e nationale Fähigkeiten zugunsten <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung<br />

aufgegeben werden und daher die zugehörigen Betriebskosten nicht mehr anfallen. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> nur mittelbaren Auswirkung fließt dieser Aspekt allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> die Bewertung<br />

e<strong>in</strong>.<br />

111


lungsdruck betreffend die Beistellung e<strong>in</strong>er solcherart vorgehaltenen Fä-<br />

higkeit im Anlassfall (vgl. Prüffrage 4).<br />

Prüffrage 10 (Beitrag zur nationalen Fähigkeitssteigerung): Das Potential<br />

zur nationalen Fähigkeitssteigerung im durch die Spezialisierung betroffenen<br />

Fähigkeitsbereich ist durch die gegebene Fokussierung von Ressourcen<br />

grundsätzlich als hoch zu bewerten. Die durch diese Ressourcenfokussierung<br />

zu erwartende qualitative Steigerung im Bereich <strong>der</strong> betroffenen<br />

Fähigkeit öffnet dem jeweiligen Staat auch Potentiale zur Übernahme<br />

von Verantwortung im Bereich <strong>der</strong> GSVP, die ohne die Spezialisierung<br />

nicht gegeben wären.<br />

Demgegenüber steht aber natürlich mit Blick auf das gesamte nationale<br />

Fähigkeitsspektrum die Tatsache, dass durch die notwendige Ressourcen-<br />

fokussierung E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Fähigkeitsbereichen zu erwarten<br />

s<strong>in</strong>d (vgl. Prüffrage 11). Insgesamt ist daher <strong>der</strong> Beitrag zur nationalen<br />

Fähigkeitssteigerung als mittel bis hoch zu bewerten.<br />

Prüffrage 11 (E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums): Das<br />

Potential zur E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums ist als<br />

hoch e<strong>in</strong>zuschätzen. E<strong>in</strong>e Spezialisierung auf bestimmte Fähigkeitsbereiche<br />

bei gleichbleiben<strong>der</strong> Ressourcensituation bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen.<br />

Prüffrage 12 (Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand): Es besteht lediglich ger<strong>in</strong>ger Ko-<br />

ord<strong>in</strong>ierungsaufwand, da dem Pr<strong>in</strong>zip dieser Kooperationsform wie im Kapitel<br />

4.2.3 def<strong>in</strong>iert folgend, die spezialisierten Fähigkeiten re<strong>in</strong> national<br />

verfügbar gemacht werden.<br />

Prüffrage 13 (Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität): Da es sich im<br />

Rahmen dieser Kooperationsform um spezialisierte nationale Fähigkeiten<br />

handelt, ist das Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität grundsätzlich<br />

als eher ger<strong>in</strong>g zu bewerten. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>Zusammenarbeit</strong>sfähigkeit die<br />

112


Voraussetzung für die E<strong>in</strong>setzbarkeit e<strong>in</strong>er spezialisierten Fähigkeit und<br />

damit Voraussetzung für die Generierung von möglichen Kooperationsge-<br />

w<strong>in</strong>nen. Es besteht daher e<strong>in</strong> Anreiz für den E<strong>in</strong>zelstaat, die spezialisierte<br />

Fähigkeit auf e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternational anerkannten Niveau <strong>der</strong> Zusammenar-<br />

beitsfähigkeit bereitzuhalten. Diese Tatsache erhöht das Potential zur<br />

Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität, welches somit <strong>in</strong>sgesamt als mittel zu<br />

bewerten ist.<br />

Prüffrage 14 (E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit): In zeitlicher H<strong>in</strong>sicht s<strong>in</strong>d Fähigkeiten<br />

im Rahmen dieser Kooperationsform relativ rasch verfügbar, da es sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel um bereits bestehende nationale Elemente handeln wird. Auf-<br />

grund e<strong>in</strong>er Spezialisierung auf e<strong>in</strong>e bestimmte Fähigkeit, den dadurch<br />

entstehenden Kooperationsdruck seitens <strong>der</strong> Partner sowie dem gegebe-<br />

nen Integrationspotential (vgl. Prüffrage 1) kann davon ausgegangen werden,<br />

dass Entscheidungsprozesse betreffend die Nutzung <strong>der</strong> Fähigkeit im<br />

Anlassfall nicht erheblich e<strong>in</strong>geschränkt s<strong>in</strong>d. Die tatsächliche E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit<br />

ist daher <strong>in</strong>sgesamt als hoch zu beurteilen.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung („role<br />

and task shar<strong>in</strong>g“) handelt es sich um e<strong>in</strong>e Methode, im Rahmen <strong>der</strong>er<br />

mit hohen politischen Kooperationsgew<strong>in</strong>nen, sowohl <strong>in</strong> Form des Potentials<br />

zur Vertiefung <strong>der</strong> Integration im Rahmen <strong>der</strong> GSVP als auch <strong>in</strong> Form<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Rollendef<strong>in</strong>ition, gerechnet werden kann. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

werden diese politischen Kooperationsgew<strong>in</strong>ne durch erhebliche E<strong>in</strong>-<br />

schränkungen <strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie sowie durch e<strong>in</strong>en erheblichen<br />

Handlungsdruck h<strong>in</strong>sichtlich Beistellung <strong>der</strong> Fähigkeit im An-<br />

lassfall erkauft. Gerade dieser Handlungsdruck ist aber auch dafür verantwortlich,<br />

dass e<strong>in</strong> Rückzug von Kooperationspartnern politisch schwie-<br />

rig ist – dies wirkt sich wie<strong>der</strong>um positiv auf die Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU<br />

im Rahmen <strong>der</strong> GSVP aus.<br />

113


Wesentliche Kooperationsgew<strong>in</strong>ne durch Effizienzsteigerung <strong>in</strong> Beschaf-<br />

fung und Betrieb bei Teilnahme an dieser Kooperationsform s<strong>in</strong>d nicht zu<br />

erwarten. Es entstehen aber auch ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Kosten, etwa durch<br />

die Vorhaltung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen. Signifikante Kooperationsgew<strong>in</strong>ne<br />

- neben dem bereits erwähnten politischen Potential -<br />

s<strong>in</strong>d bei Nutzung dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform im militärischoperationellen<br />

Bereich, und hier beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Fähigkeitssteigerung,<br />

zu erwarten. Durch die Konzentration <strong>der</strong> verfügbaren Ressourcen<br />

auf bestimmte Fähigkeitsbereiche kann sowohl e<strong>in</strong>e signifikante Steigerung<br />

<strong>der</strong> Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP (vorausgesetzt diese Konzentration<br />

erfolgt auf Basis e<strong>in</strong>er europaweit abgestimmten Planung – vgl.<br />

dazu die Ausführungen zur Notwendigkeit e<strong>in</strong>es solchen Prozesses <strong>in</strong> Kapitel<br />

4.1.2) sowie auch national erfolgen. Diese nationale Fähigkeitssteigerung<br />

im durch die Kooperation erfassten Bereich geht allerd<strong>in</strong>gs Hand <strong>in</strong><br />

Hand mit e<strong>in</strong>er Reduktion von Fähigkeiten <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen und somit<br />

zu Lasten une<strong>in</strong>geschränkter nationaler Handlungsautonomie.<br />

5.5 Bewertung <strong>der</strong> Zusammenlegung von kritischen<br />

Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung<br />

Prüffrage 1 (Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades):<br />

Die Bereitschaft zur geme<strong>in</strong>samen Beschaffung von <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel strategisch<br />

bedeutenden und damit geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> wertvollen und teuren militäri-<br />

schen Fähigkeiten und die Delegation <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong>selben an e<strong>in</strong>e<br />

mult<strong>in</strong>ationale Struktur setzten e<strong>in</strong> hohes Maß an gegenseitigem Vertrau-<br />

en und geme<strong>in</strong>samer Risikoperzeption voraus. Diese Faktoren können im<br />

Falle des Kooperationserfolges weiter positiv bee<strong>in</strong>flusst werden. Es ist<br />

daher <strong>in</strong> dieser Kooperationsform hohes Integrationspotential gegeben.<br />

Prüffrage 2 (Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition): Das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>i-<br />

tion als Schlüsselmitglied e<strong>in</strong>er Allianz ist als hoch zu bewerten. Der je-<br />

114


weilige Staat kann als Beitragsleister zu e<strong>in</strong>er kritischen Kernfähigkeit, <strong>der</strong><br />

generell hohe Problemlösungskapazität zugeschrieben wird, e<strong>in</strong>er militäri-<br />

schen Avantgarde im Bereich <strong>der</strong> GSVP zugerechnet werden.<br />

Prüffrage 3 (E<strong>in</strong>fluss auf die politische Handlungsautonomie): Der E<strong>in</strong>-<br />

fluss <strong>der</strong> Kooperationsform auf die nationale Handlungsautonomie ist als<br />

hoch zu bezeichnen. Aus dem Pr<strong>in</strong>zip dieser <strong>Zusammenarbeit</strong>sform folgt,<br />

dass Staaten die im Rahmen <strong>der</strong> Kooperation bereit gestellten Fähigkeiten<br />

nicht mehr national vorhalten. Dadurch entsteht e<strong>in</strong> hoher politischer und<br />

militärischer Handlungsdruck h<strong>in</strong>sichtlich Bereitstellung <strong>der</strong> Fähigkeit, dem<br />

sich die beteiligten Staaten nur schwer entziehen können. 191 Zusätzlich<br />

bed<strong>in</strong>gt die Teilnahme an e<strong>in</strong>er solchen Kooperationsform hohe Investitionskosten,<br />

welche zu Lasten an<strong>der</strong>er nationaler Fähigkeiten gedeckt wer-<br />

den müssen (vgl. Prüffrage 11). Es ist daher auch <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung<br />

<strong>der</strong> Handlungsautonomie zu erwarten.<br />

Prüffrage 4 (E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP): Durch den hohen Integrationsgrad (vgl. Prüffrage 1) und durch<br />

den hohen Handlungsdruck aufgrund gegenseitiger Abhängigkeiten (vgl.<br />

Prüffrage 3) ist davon auszugehen, dass e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>art vorgehaltene Fähigkeit<br />

im Anlassfall auch tatsächlich verfügbar gemacht werden wird. Es s<strong>in</strong>d<br />

also aus Sicht <strong>der</strong> GSVP nur ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>schränkungen <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit<br />

zu erwarten.<br />

Durch die Delegation <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Fähigkeit an e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale<br />

Struktur ist e<strong>in</strong>e Nichtbeistellung <strong>in</strong>folge des Rückzuges e<strong>in</strong>es Kooperati-<br />

onspartners als wenig wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>zustufen. Das Beispiel <strong>der</strong> deutschen<br />

Vorbehalte gegen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> AWACS-Flotte im Zusammen-<br />

hang mit dem Irak-Feldzug im Jahr 2003 hat jedoch gezeigt, dass e<strong>in</strong> sol-<br />

191 Als diesbezügliches Beispiel kann <strong>der</strong> (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong>nenpolitisch) schwierig zu gestaltende<br />

E<strong>in</strong>satz von deutschen Besatzungen <strong>der</strong> NATO AWACS-Masch<strong>in</strong>en im Zuge des<br />

US- geführten Irak-Feldzuges im Jahre 2003 angeführt werden (vgl. Giegerich, 2009,<br />

S. 27).<br />

115


cher Anlassfall nicht gänzlich auszuschließen ist. Allerd<strong>in</strong>gs konnten auch<br />

<strong>in</strong> diesem Fall Arrangements gefunden werden, die letztendlich den ge-<br />

planten E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Fähigkeit ohne allzu große E<strong>in</strong>schränkungen ermöglicht<br />

haben. 192<br />

Prüffrage 5 (Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung): Die erzielbaren Skalenef-<br />

fekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung s<strong>in</strong>d aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass es sich um e<strong>in</strong>e<br />

geme<strong>in</strong>same Beschaffung durch Bündelung nationaler Ressourcen<br />

handelt, als hoch im Vergleich zu re<strong>in</strong> nationaler Beschaffung zu bewerten.<br />

Von den vier <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen ist die geme<strong>in</strong>same, koord<strong>in</strong>ierte<br />

Beschaffung die Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>, bei <strong>der</strong> die größte Kosteneffizienz<br />

zu erreichen ist. 193 Der solcherart mögliche effiziente Ressourcene<strong>in</strong>satz<br />

ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Hauptargumente für die Beteiligung an dieser<br />

Kooperationsform. Voraussetzung zur Generierung <strong>der</strong> Kostenvorteile ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs die Bereitschaft, anteilsmäßig Investitionen <strong>in</strong> die Beschaffung<br />

<strong>der</strong> notwendigen Fähigkeiten als „Vorleistung“ zu tätigen.<br />

Prüffrage 6<br />

(Kostenvorteile im Betrieb): Erzielbare Kostenvorteile im Be-<br />

trieb s<strong>in</strong>d als hoch zu beurteilen. Diese Feststellung ergibt sich e<strong>in</strong>erseits<br />

aufgrund ger<strong>in</strong>gerer erwartbarer Folgekosten durch die Bewirtschaftung<br />

gleichen Materials (Instandhaltung, Ersatzteilbeschaffung, usw.). An<strong>der</strong>er-<br />

seits ergibt sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch die effizientere Nutzung <strong>der</strong> verfügbaren<br />

Ressourcen aufgrund <strong>der</strong>en Verwendung durch e<strong>in</strong> mult<strong>in</strong>ationale<br />

Struktur Potential zur Erzielung von Synergieeffekten im Betrieb (z.B.<br />

Ausbildung des Personals, Verwaltungskosten, Infrastrukturkosten). Dar-<br />

über h<strong>in</strong>aus können sich bei konsequenter Nutzung Kostenvorteile <strong>in</strong> den<br />

nationalen Adm<strong>in</strong>istrationen (z.B. E<strong>in</strong>sparung von Personal) ergeben. Al-<br />

192<br />

Im Zusammenhang mit dem durch die Europäische Verteidigungsagentur beschafften<br />

Labor zur forensischen Untersuchung von improvisierten Sprengladungen (C-IED Level 2<br />

Exploitation Capability – vgl. dazu die Ausführungen am Ende des Kapitels 4.2.4) wurden<br />

von Beg<strong>in</strong>n an Vorkehrungen getroffen, die den EU-Mitgliedsstaaten e<strong>in</strong>e Beteiligung am<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Fähigkeit auch ohne direkte personelle Teilnahme an Operationen ermöglichen.<br />

193<br />

Vgl. Björner, 26.10.2010, S. 10.<br />

116


lerd<strong>in</strong>gs ist auch <strong>in</strong> diesem Bereich die Bereitschaft zur Leistung von vorgestaffelten<br />

Investitionen zur Errichtung <strong>der</strong> notwendigen Strukturen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Prüffrage 7 (zu erwartende Overheadkosten): Den <strong>in</strong> den Prüffragen 5<br />

und 6 angeführten Kostenvorteilen ist <strong>der</strong> hohe Bedarf an mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Strukturen gegenüberzustellen. Dieser ergibt sich aus <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung von Beschaffungs- und Verwaltungsstrukturen. 194 Die zu<br />

erwartenden Overheadkosten s<strong>in</strong>d daher im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sformen als hoch e<strong>in</strong>zustufen. Allerd<strong>in</strong>gs eröffnet das<br />

Vorhandense<strong>in</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen bei konsequenter<br />

nationaler Umsetzung E<strong>in</strong>sparungspotentiale <strong>in</strong> den nationalen Adm<strong>in</strong>istrationen<br />

(vgl. dazu auch die Fußnote 185).<br />

Prüffrage 8 (<strong>in</strong>dustriepolitische Auswirkungen): Da mit dieser Kooperati-<br />

onsform <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Beschaffungen wertvoller und teurer Fähigkeiten<br />

verbunden s<strong>in</strong>d, ist von hohen <strong>in</strong>dustriepolitischen Auswirkungen (Arbeitsplätze,<br />

Steueraufkommen, nationale technologische Basis) auszugehen.<br />

195 Die Beistellung e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit im mult<strong>in</strong>ationalen Verbund<br />

muss also die jeweiligen Bedürfnisse <strong>der</strong> nationalen Rüstungs<strong>in</strong>dustrien<br />

ausreichend befriedigen können. 196<br />

Der dadurch entstehende Drang zur adäquaten Aufteilung <strong>der</strong> erzielbaren<br />

<strong>in</strong>dustriepolitischen Vorteile zwischen den Betreiberstaaten trägt das Po-<br />

194<br />

Vgl. dazu die Ausführungen zu den NATO-Lufttransport<strong>in</strong>itiativen AWACS und SAC <strong>in</strong><br />

Kapitel 4.2.4.<br />

195<br />

Führt e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Lösung dazu, dass bei e<strong>in</strong>em bestimmten Partner Fähigkeiten<br />

im Bereich <strong>der</strong> Industrie und damit e<strong>in</strong>erseits wissenschaftlich-technische Expertise, an<strong>der</strong>erseits<br />

potentiell Arbeitsplätze aufgegeben werden müssten, s<strong>in</strong>d erhebliche Schwierigkeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Umsetzung zu erwarten (vgl. Borchert, 2005, S. 163 und Heise, 2005,<br />

S. 12).<br />

196<br />

E<strong>in</strong> solcher notwendiger Ausgleich kann aber auch über Kompensationen im „Lebenszyklus“<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Fähigkeit (z.B. durch die Errichtung und den Betrieb e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />

Simulatorstandortes o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er zentralen Wartungse<strong>in</strong>richtung) erreicht werden.<br />

117


tential zur Schmälerung des Kooperationserfolges durch unrentable Diversifikationen<br />

<strong>in</strong> sich.<br />

Prüffrage 9: (Potential zur Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite):<br />

Das Potential zur Schließung von Fähigkeitslücken auf europäischer Ebene<br />

ist als hoch zu bewerten, da durch die Konzentration <strong>der</strong> Mittel auf e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Fähigkeit von e<strong>in</strong>er Steigerung <strong>in</strong> diesem Bereich ausgegangen<br />

werden kann.<br />

Prüffrage 10 (Beitrag zur nationalen Fähigkeitssteigerung): Das Potential<br />

zur nationalen Fähigkeitssteigerung ist als hoch zu beurteilen. Für den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedsstaat besteht die Möglichkeit des Zuganges zu Fähigkeiten,<br />

die re<strong>in</strong> national, primär aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen, nicht vorgehalten<br />

werden. Das Potential zur Fähigkeitssteigerung besteht auch dar<strong>in</strong>,<br />

dass durch gezielten und effizienten Mittele<strong>in</strong>satz geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> Mehr an<br />

Fähigkeiten bei gleichbleibendem Ressourcene<strong>in</strong>satz erreicht werden<br />

kann.<br />

Prüffrage 11 (E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums): Das<br />

Potential zur E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrum ist als<br />

hoch zu bewerten. Die notwendige Fokussierung verfügbarer Ressourcen<br />

auf bestimmte Fähigkeitsbereiche bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Fähigkeitsbereichen. Zusätzlich e<strong>in</strong>schränkend kann sich die Tatsache<br />

auswirken, dass ke<strong>in</strong>e nationale Vorhaltung von Fähigkeiten <strong>in</strong> dem durch<br />

die Kooperation abgedeckten Bereich erfolgt und daher e<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />

von <strong>der</strong> Verfügbarkeit <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen Fähigkeit im Anlassfall gegeben<br />

ist.<br />

Prüffrage 12 (Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand): Insbeson<strong>der</strong>e zur Beschaffung,<br />

aber auch zur Verwaltung <strong>der</strong> jeweiligen Fähigkeit ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong><br />

Rückgriff auf e<strong>in</strong>e umfangreiche mult<strong>in</strong>ationale Struktur erfor<strong>der</strong>lich (vgl.<br />

Prüffrage 7). Das erhöht die Komplexität und somit den Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand.<br />

118


Durch die vollständige Delegierung <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> jeweiligen Fähig-<br />

keit an e<strong>in</strong>e mult<strong>in</strong>ationale Struktur (<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem hohen <strong>in</strong>tegra-<br />

tiven Charakter dieser Kooperationsform – vgl. Prüffrage 1) ist aber davon<br />

auszugehen, dass die Entscheidungsf<strong>in</strong>dung im Anlassfall relativ kompli-<br />

kationsfrei ablaufen kann. Insgesamt ist daher <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand<br />

als mittel bis hoch zu beurteilen.<br />

Prüffrage 13 (Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität): Durch die<br />

geme<strong>in</strong>same Beschaffung e<strong>in</strong>er Fähigkeit ist davon auszugehen, dass <strong>in</strong><br />

dieser Kooperationsform hohes Potential für e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

gegeben ist.<br />

Prüffrage 14 (E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit): Bis zur tatsächlichen Verfügbarkeit<br />

e<strong>in</strong>er Fähigkeit im Rahmen dieser Kooperationsform <strong>in</strong> zeitlicher H<strong>in</strong>sicht<br />

s<strong>in</strong>d aufgrund <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Konsensf<strong>in</strong>dung umfangreiche,<br />

komplexe, möglicherweise schwierige und damit langwierige Verhandlungsprozesse<br />

zu erwarten. 197<br />

Das wirkt sich negativ auf die zeitliche<br />

Verfügbarkeit e<strong>in</strong>er Fähigkeit aus. Diese Prozesse werden durch das Er-<br />

for<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Beschaffung und die damit potentiell verbundenen<br />

rüstungs- und <strong>in</strong>dustriepolitischen Erwägungen (vgl. Prüffrage 8)<br />

noch verschärft.<br />

Sobald die entsprechenden Beschaffungsvorgänge abgeschlossen und<br />

die Strukturen zur Verwendung <strong>der</strong> Fähigkeit arbeitsfähig s<strong>in</strong>d, ist jedoch<br />

davon auszugehen, dass die E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit durch die Tatsache <strong>der</strong><br />

mult<strong>in</strong>ationalen Verwendung erhöht wird. Es kann auch vorgestaffelt auf<br />

nationale „Bef<strong>in</strong>dlichkeiten“ reagiert werden und so durch geeignete Maßnahmen<br />

die E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit erhöht werden. Die E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit<br />

ist daher trotz <strong>der</strong> gegebenen E<strong>in</strong>schränkungen als mittel bis hoch zu<br />

beurteilen.<br />

197 Vgl. Rasmussen, 2010, S. 2.<br />

119


Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass e<strong>in</strong>e Beteiligung an <strong>der</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten<br />

durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung („pool<strong>in</strong>g through acquisition of<br />

enabl<strong>in</strong>g capabilities“) hohes Potential zur Vertiefung <strong>der</strong> Integration im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP sowie zur Rollendef<strong>in</strong>ition für den e<strong>in</strong>zelnen Teilnehmer<br />

(politische Kooperationsgew<strong>in</strong>ne) mit sich br<strong>in</strong>gt. Zusätzlich ergibt sich<br />

hohes Potential zur Effizienzsteigerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung, <strong>der</strong> Verwal-<br />

tung und im Betrieb sowie hohes Potential zur Fähigkeitssteigerung, sowohl<br />

national als auch im Rahmen <strong>der</strong> GSVP.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs geht diese breite Palette an möglichen Kooperationsgew<strong>in</strong>nen<br />

Hand <strong>in</strong> Hand mit signifikanten E<strong>in</strong>schränkungen im Bereich des verblei-<br />

benden nationalen Fähigkeitsspektrums sowie im Bereich <strong>der</strong> nationalen<br />

Handlungsautonomie. Zusätzlich muss durch die Kooperationspartner e<strong>in</strong>e<br />

hohe Bereitschaft zur Erbr<strong>in</strong>gung von Vorleistung gegeben se<strong>in</strong>. Es darf<br />

aber auch davon ausgegangen werden, dass durch die enge Anb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>der</strong> Partner <strong>in</strong> dieser Kooperationsform e<strong>in</strong>e Kooperationsverweigerung<br />

sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich ist und daher die Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im<br />

Rahmen des GSVP <strong>in</strong>sgesamt signifikant erhöht werden kann.<br />

120


Kapitel 6<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND ABLEITUNGEN<br />

Im Rahmen des abschließenden Kapitels sollen e<strong>in</strong>erseits die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> durchgeführten Analyse zusammengefasst, an<strong>der</strong>erseits Ableitungen<br />

für die zukünftige Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

im behandelten Themenfeld getroffen werden.<br />

Die Zusammenfassung <strong>der</strong> Analyseergebnisse erfolgt im Wege e<strong>in</strong>es<br />

Verweises auf die im Verlauf <strong>der</strong> Arbeit erfolgte Beantwortung <strong>der</strong> gestell-<br />

ten Forschungsfragen.<br />

Ableitungen für die zukünftige Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik ergeben sich aus e<strong>in</strong>er Gegenüberstel-<br />

lung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

mit den erarbeiteten strategischen Optionen zur Weiterentwicklung<br />

militärischer Fähigkeiten im Rahmen <strong>der</strong> GSVP. Durch diese Gegenüberstellung<br />

wird gleichzeitig e<strong>in</strong> Bezug zu den <strong>der</strong> Arbeit zugrunde gelegten<br />

theoretischen Überlegungen betreffend die europäische Integration als<br />

sicherheitspolitisches Konzept hergestellt.<br />

6.1 Zusammenfassung <strong>der</strong> Analyseergebnisse<br />

Ausgehend vom arbeitsleitenden Interesse an e<strong>in</strong>er Beschreibung, syste-<br />

matischen Analyse und vergleichenden Bewertung von <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ationalen<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten<br />

wurden vier Forschungsfragen erarbeitet. Die Beantwortung <strong>der</strong> Forschungsfragen<br />

erfolgte unter Berücksichtigung von Grundannahmen<br />

121


etreffend die europäische Integration als sicherheitspolitisches Kon-<br />

zept. 198<br />

Die erste Forschungsfrage nach den konkreten <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung und den jeweils<br />

bestimmenden Parametern wurde im Rahmen des vierten Kapitels beantwortet.<br />

Abgeleitet aus Primärquellen <strong>der</strong> GSVP wurden die vier Zusam-<br />

menarbeitsformen „geme<strong>in</strong>same Nutzung nationaler Fähigkeiten“, „koord<strong>in</strong>ierte<br />

Verwendung nationaler Fähigkeiten“, „Rollen- und Aufgabenteilung“<br />

sowie „Zusammenlegung von kritischen Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same<br />

Beschaffung“ e<strong>in</strong>er Analyse unterzogen.<br />

Die Analyse <strong>der</strong> bestimmenden Parameter <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

hat ergeben, dass sich diese pr<strong>in</strong>zipiell h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ver-<br />

b<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> nationalen Beitragsleistung und <strong>der</strong> damit im Zusammenhang<br />

stehenden nationalen Entscheidungsautonomie, h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

notwendigen Koord<strong>in</strong>ierungsaufwandes sowie h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Häufigkeit<br />

<strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform im europäischen Kontext<br />

unterscheiden.<br />

Es kann diesbezüglich festgestellt werden, dass zwischen den Parametern<br />

„Verb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>der</strong> Beiträge“, „verbleibende nationale Entscheidungsau-<br />

tonomie“ und „Häufigkeit <strong>der</strong> Anwendung“ e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang<br />

besteht. Während die beiden „autonomieschonenden“ <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> ge-<br />

me<strong>in</strong>samen Nutzung sowie <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten Verwendung nationaler Fähigkeiten<br />

gesamteuropäisch betrachtet relativ häufig zur Anwendung ge-<br />

langen, ist das bei den beiden an<strong>der</strong>en, im Bereich <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dlichkeit/Autonomie<br />

mehr for<strong>der</strong>nden <strong>Formen</strong> nicht <strong>der</strong> Fall. H<strong>in</strong>sichtlich des<br />

198 Diese Grundannahmen stellen e<strong>in</strong>erseits den Wert <strong>der</strong> GSVP für die Außen- und Sicherheitspolitik<br />

<strong>der</strong> EU und speziell die Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> glaubhafter militärischer<br />

Fähigkeiten <strong>in</strong> diesem Zusammenhang dar und nehmen an<strong>der</strong>erseits auf das österreichische<br />

Interesse an e<strong>in</strong>er positiven Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP sowie das diesbezüglich<br />

gegebene nationale Gestaltungspotential Bezug (vgl. dazu die Ausführungen <strong>in</strong><br />

Kapitel 2.1).<br />

122


Koord<strong>in</strong>ierungsaufwandes wurde festgestellt, dass dieser <strong>in</strong> den beiden<br />

<strong>Formen</strong> <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten Verwendung nationaler Fähigkeiten sowie <strong>der</strong><br />

Zusammenlegung durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung signifikant höher ist als<br />

<strong>in</strong> den beiden an<strong>der</strong>en <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen.<br />

Die zweite Forschungsfrage nach den Vor- und Nachteilen im Zusam-<br />

menhang mit <strong>der</strong> Nutzung solcher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen wurde zu Be-<br />

g<strong>in</strong>n des fünften Kapitels beantwortet. Die zu diesem Zweck durchgeführte<br />

Sammlung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>schlägigen Literatur genannten Vor- und Nachtei-<br />

le zeigte, dass im Wesentlichen e<strong>in</strong>e Kategorisierung <strong>in</strong> politische, wirt-<br />

schaftliche und militärisch-operationelle Kriterien erfolgen kann.<br />

Als wesentliche politische Kriterien wurden das Potential zur För<strong>der</strong>ung<br />

des politischen Integrationsgrades im Rahmen <strong>der</strong> GSVP, die Möglichkeit<br />

zur Rollendef<strong>in</strong>ition durch Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>,<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform auf die<br />

nationale politische Handlungsautonomie sowie <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss auf die Handlungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> EU im Rahmen <strong>der</strong> GSVP erarbeitet.<br />

Wirtschaftliche Kriterien wurden im Bereich <strong>der</strong> Effizienzgew<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beschaffung, im Bereich <strong>der</strong> Kosteneffizienz im Betrieb sowie <strong>in</strong> den möglichen<br />

<strong>in</strong>dustriepolitischen Auswirkungen e<strong>in</strong>er Teilnahme an bestimmten<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>sformen festgemacht.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> militärisch-operationellen Kriterien waren das Potential zur<br />

Reduktion von europäischen Fähigkeitsdefiziten, die Auswirkungen auf<br />

das restliche nationale Fähigkeitsspektrum, <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand,<br />

das Potential zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Interoperabilität zwischen den Kooperationspartnern<br />

sowie Fragen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit zu beurteilen.<br />

Die Beantwortung <strong>der</strong> dritten Forschungsfrage nach <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen im Lichte <strong>der</strong> zuvor def<strong>in</strong>ierten drei<br />

Kategorien stellte das Herzstück <strong>der</strong> Analyse im Rahmen des Kapitels fünf<br />

123


dar. Als Ergebnis dieser Analyse können die folgenden zusammenfassen-<br />

den Feststellungen <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>e Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mult<strong>in</strong>ati-<br />

onalen <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten ge-<br />

troffen werden:<br />

• Je höher <strong>der</strong> zu erwartende politische Kooperationsgew<strong>in</strong>n im S<strong>in</strong>-<br />

ne <strong>der</strong> Möglichkeit zur nationalen Rollendef<strong>in</strong>ition im Rahmen <strong>der</strong><br />

GSVP ist, desto größer ist auch die E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen<br />

politischen Handlungsautonomie. Dieselbe Logik gilt auch <strong>in</strong> Bezug<br />

auf das Potential zur Schließung von Fähigkeitslücken im europäischen<br />

Kontext. Je größer dieses ist, desto größer ist auch die E<strong>in</strong>schränkung<br />

<strong>der</strong> Handlungsautonomie des E<strong>in</strong>zelstaates bei Teilnahme<br />

an <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform.<br />

• Die Komplexität und <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand erhöhen sich mit<br />

steigendem Potential zur Erzielung wirtschaftlicher Effizienzgew<strong>in</strong>ne.<br />

Diese Tatsache führt dazu, dass e<strong>in</strong>e politische Bereitschaft zur<br />

Investition <strong>in</strong> notwendige Koord<strong>in</strong>ierungsstrukturen erfor<strong>der</strong>lich ist,<br />

bevor noch das Potential zur Erzielung möglicher Kooperationsgew<strong>in</strong>ne<br />

klar festzumachen ist. Insofern ist also mit <strong>der</strong> Aussicht auf<br />

wirtschaftliche Effizienzgew<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> gewisses Maß an Unsicherheit<br />

bezüglich des Rückflusses von vorab zu tätigenden Investitionen<br />

verbunden.<br />

• Je höher die Möglichkeit zur Erzielung politischer Kooperationsge-<br />

w<strong>in</strong>ne durch die Teilnahme an e<strong>in</strong>er Kooperation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Fähigkeitsbereich ist, desto größer ist die Auswirkung dieser<br />

Teilnahme auf das nationale Fähigkeitsspektrum im S<strong>in</strong>ne zu erwarten<strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>schränkung <strong>in</strong> diesem Bereich.<br />

• Die Bereitschaft zur E<strong>in</strong>schränkung im Bereich des nationalen Fähigkeitsspektrums<br />

zugunsten e<strong>in</strong>er Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> mul-<br />

124


t<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> kann also im Umkehrschluss e<strong>in</strong>e<br />

Reduktion gesamteuropäischer Fähigkeitsdefizite und e<strong>in</strong>e Erhöhung<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzbereitschaft im Rahmen <strong>der</strong> GSVP bedeuten.<br />

Abschließend bleibt nun noch die vierte Forschungsfrage nach den Ableitungen<br />

für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />

die sich im Falle e<strong>in</strong>er Teilnahme an bestimmten <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen<br />

ergeben, zu beantworten.<br />

6.2 Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

Ausgehend von den Grundannahmen, dass Österreich e<strong>in</strong> hohes nationales<br />

Interesse an e<strong>in</strong>er positiven Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP hat und dass<br />

diesbezüglicher Gestaltungsspielraum vorhanden ist, wurden im zweiten<br />

Kapitel strategische Optionen zur Weiterentwicklung militärischer Fähigkeiten<br />

im Rahmen <strong>der</strong> GSVP erarbeitet. Stellt man diesen Optionen die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen gegenüber,<br />

ergibt sich folgendes Bild:<br />

a.) Die <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung nationaler<br />

Fähigkeiten („shar<strong>in</strong>g“) sche<strong>in</strong>t dann e<strong>in</strong>e verfolgenswerte Option zu<br />

se<strong>in</strong>, wenn es den Kooperationspartnern weniger auf die Erzielung von<br />

Effizienzgew<strong>in</strong>nen als vielmehr auf - wenn auch nur e<strong>in</strong>geschränkte -<br />

politische Kooperationsgew<strong>in</strong>ne, unter une<strong>in</strong>geschränkter Aufrechterhaltung<br />

<strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie und möglichst ger<strong>in</strong>ger<br />

E<strong>in</strong>schränkung des verbleibenden nationalen Fähigkeitsspektrums, ankommt.<br />

Das bedeutet, dass diese <strong>Zusammenarbeit</strong>sform zwar ohne<br />

wesentliche H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse politisch umsetzbar se<strong>in</strong> sollte, allerd<strong>in</strong>gs<br />

kaum e<strong>in</strong>en Mehrwert <strong>in</strong> Bezug auf die Weiterentwicklung <strong>der</strong> GSVP<br />

br<strong>in</strong>gt.<br />

125


Kooperationen nach dem Muster des „shar<strong>in</strong>g“ wären demzufolge dann<br />

e<strong>in</strong> geeignetes Mittel, wenn die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Si-<br />

cherheits- und Verteidigungspolitik zukünftig <strong>in</strong> Umsetzung e<strong>in</strong>er<br />

pragmatisch-konservativen Kooperationsstrategie erfolgen sollte.<br />

Diese wäre primär auf die Erzielung politisch-symbolischer Kooperati-<br />

onsgew<strong>in</strong>ne ausgelegt und daher am ehesten durch e<strong>in</strong>e Teilnahme an<br />

<strong>der</strong> autonomieschonenden <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />

Nutzung nationaler Fähigkeiten zu verwirklichen.<br />

b.) Die Teilnahme an <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ierten<br />

Verwendung nationaler Fähigkeiten („pool<strong>in</strong>g“) erlaubt die Erzie-<br />

lung von betrieblichen Effizienzgew<strong>in</strong>nen und damit e<strong>in</strong>e Fähigkeits-<br />

steigerung unter mo<strong>der</strong>atem Ressourcene<strong>in</strong>satz und mo<strong>der</strong>ater E<strong>in</strong>-<br />

schränkung <strong>der</strong> nationalen Handlungsautonomie. Steht bei den potentiellen<br />

Kooperationspartnern das Interesse an e<strong>in</strong>er Fähigkeitssteige-<br />

rung durch höhere Effizienz, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im europäischen Kontext,<br />

im Vor<strong>der</strong>grund und ist die politische Bereitschaft gegeben, diesem<br />

Aspekt das Interesse nach une<strong>in</strong>geschränkter Erhaltung nationaler<br />

Handlungsautonomie unterzuordnen sowie entsprechende Vorleistungen<br />

zu erbr<strong>in</strong>gen, sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Teilnahme an dieser Kooperationsform<br />

e<strong>in</strong> geeignetes Mittel zu se<strong>in</strong>.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund wäre e<strong>in</strong>e Teilnahme an <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Zu-<br />

sammenarbeit nach dem Muster des „pool<strong>in</strong>g“ dann empfehlenswert,<br />

wenn Österreich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestaltung se<strong>in</strong>er Sicherheits- und Verteidi-<br />

gungspolitik e<strong>in</strong>er ambitioniert-profilierten Kooperationsstrategie<br />

folgen wollte. Aber auch im Rahmen e<strong>in</strong>er mehr ambitioniert angeleg-<br />

ten pragmatisch-konservativen Kooperationsstrategie wäre e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> im Bereich des „pool<strong>in</strong>g“ e<strong>in</strong> geeignetes Mittel zur<br />

Umsetzung.<br />

126


c.) Die <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung („ro-<br />

le and task shar<strong>in</strong>g“) sche<strong>in</strong>t dann e<strong>in</strong>e verfolgenswerte Option zu<br />

se<strong>in</strong>, wenn es den Kooperationspartnern speziell auf die Fähigkeits-<br />

steigerung im europäischen Kontext, auch unter Inkaufnahme von E<strong>in</strong>-<br />

schränkungen im Bereich des nationalen Fähigkeitsspektrums, an-<br />

kommt. Die politische und militärische Bereitschaft zum Verzicht auf<br />

die volle nationale Handlungsautonomie und die Bereitschaft zum Verzicht<br />

auf die Vorhaltung e<strong>in</strong>es möglichst breiten Fähigkeitsspektrums<br />

müssen bei Teilnahme an dieser Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> gegeben<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Insofern ist e<strong>in</strong>e <strong>Zusammenarbeit</strong> im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung<br />

e<strong>in</strong>deutig als geeignetes Mittel zur Umsetzung e<strong>in</strong>er visionären<br />

Kooperationsstrategie, die auf e<strong>in</strong>e nachhaltige Steigerung europäischer<br />

Fähigkeiten sowie auf e<strong>in</strong>e nachhaltige E<strong>in</strong>flusssteigerung Öster-<br />

reichs im Rahmen <strong>der</strong> GSVP abzielt, zu betrachten.<br />

d.) Ähnlich <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung bietet sich die Teilnahme<br />

an <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>sform <strong>der</strong> Zusammenlegung von kritischen<br />

Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung („pool<strong>in</strong>g through<br />

acquisition of enabl<strong>in</strong>g capabilities“) <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für jene Staaten<br />

an, die an e<strong>in</strong>er Fähigkeitssteigerung im europäischen Kontext, auch<br />

unter Inkaufnahme von E<strong>in</strong>schränkungen im Bereich des nationalen<br />

Fähigkeitsspektrums und an den <strong>in</strong> diesem Zusammenhang lukrierbaren<br />

politischen Kooperationsgew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d. Die politische<br />

und militärische Bereitschaft zum Verzicht auf die volle nationale Handlungsautonomie<br />

und die Bereitschaft zum Verzicht auf die Vorhaltung<br />

e<strong>in</strong>es breiten Fähigkeitsspektrums müssen auch bei Teilnahme an dieser<br />

Form <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> gegeben se<strong>in</strong>.<br />

Daher s<strong>in</strong>d Kooperationen nach dem Muster <strong>der</strong> Zusammenlegung von<br />

kritischen Fähigkeiten durch geme<strong>in</strong>same Beschaffung als e<strong>in</strong> geeig-<br />

127


netes Mittel zur Umsetzung e<strong>in</strong>er visionären Kooperationsstrategie<br />

zu beurteilen.<br />

Mit Blick auf die wesentlichen Elemente <strong>der</strong> pragmatisch-konservativen<br />

Kooperationsstrategie 199<br />

kann festgestellt werden, dass sich das <strong>der</strong>zeitige<br />

österreichische Engagement v.a. <strong>in</strong> diesem Rahmen bewegt. Folglich<br />

wird auch hauptsächlich im Bereich <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Nutzung von Fähigkeiten,<br />

und damit am unteren Ende des Spektrums möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen,<br />

kooperiert.<br />

Zieht man die politische Rhetorik bezüglich <strong>der</strong> Nutzung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

Kooperation als Lösungsansatz zur Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> aktuell schwierigen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen im Bereich <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer Fähigkeiten<br />

<strong>in</strong> Betracht (vgl. Kapitel 1.2) wird deutlich, dass hier noch <strong>Entwicklung</strong>spotential<br />

gegeben ist. Zieht man zusätzlich <strong>in</strong> Betracht, dass Österreich ge-<br />

200<br />

nerell gestaltendes Potential im Rahmen <strong>der</strong> GSVP zuerkannt wird und<br />

dass e<strong>in</strong>e Teilnahme <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e an „for<strong>der</strong>nden“ <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong> e<strong>in</strong> mögliches Instrument zur Ausschöpfung dieses<br />

Potentials ist 201 ergibt sich als Folgerung, dass e<strong>in</strong> weitergehendes Engagement<br />

Österreichs <strong>in</strong> diesem Bereich sowohl militärischen als auch politischen<br />

Mehrwert br<strong>in</strong>gen kann. 202<br />

Österreich hätte jedenfalls das Potential, se<strong>in</strong>e Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

noch stärker <strong>in</strong> Richtung <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

auszurichten. Dieses sollte aus Sicht des Verfassers auch im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

politisch gestaltenden Rolle Österreichs als e<strong>in</strong>flussreiches Mitglied im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP und im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er nachhaltigen Steigerung militärischer<br />

Fähigkeiten, sowohl national als auch im europäischen Kontext, ge-<br />

199<br />

Die pragmatisch-konservative Kooperationsstrategie ist gekennzeichnet durch Kooperation<br />

maximal im Rahmen bereits bestehen<strong>der</strong> militärischer Kapazitäten, ohne Rücksicht<br />

auf den erzielbaren Mehrwert auf europäischer Ebene.<br />

200<br />

Vgl. Jankowitsch, 2010, S. 385–386 und Höll, 2010, S. 365–366.<br />

201<br />

Vgl. Pucher/Frank, 2010, S. 409.<br />

202<br />

Der sowohl militärisch als auch politisch erzielbare Mehrwert wurde im Rahmen <strong>der</strong><br />

Bewertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen breit diskutiert.<br />

128


nutzt werden. E<strong>in</strong>e solche Teilnahme sollte auch im mehr for<strong>der</strong>nden Be-<br />

reich <strong>der</strong> Rollen- und Aufgabenteilung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Beschaf-<br />

fung von kritischen Fähigkeiten erfolgen.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e zukünftige Teilnahme Österreichs am gesamten<br />

Spektrum möglicher <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen als Instrument <strong>der</strong> Ges-<br />

taltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik können<br />

angesichts <strong>der</strong> durchgeführten Analyse und Bewertung folgende Ablei-<br />

tungen getroffen werden:<br />

• Die politische Rhetorik h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er Teilnahme an <strong>Formen</strong> <strong>der</strong><br />

mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fähigkeitsentwicklung ma-<br />

nifestiert sich <strong>der</strong>zeit noch nicht <strong>in</strong> klaren politischen Planungs- und<br />

Umsetzungsvorgaben für die oberste militärische Führung. Derarti-<br />

ge Vorgaben, die auf zentrale Fragen wie die politisch vertretbare<br />

E<strong>in</strong>schränkung des nationalen Fähigkeitsspektrums, die politisch<br />

akzeptable E<strong>in</strong>schränkung nationaler Handlungsautonomie sowie<br />

wesentliche politische, budgetäre und rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gun-<br />

gen e<strong>in</strong>gehen, s<strong>in</strong>d aus Sicht des Verfassers zw<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• E<strong>in</strong> europaweit abgestimmter Planungsprozess mit dem Ziel <strong>der</strong><br />

Identifikation möglicher und s<strong>in</strong>nvoller <strong>Zusammenarbeit</strong>sfel<strong>der</strong> ist<br />

e<strong>in</strong>e Voraussetzung für e<strong>in</strong>e wirkungsvolle Bündelung von Res-<br />

sourcen. Österreich müsste aus Sicht des Verfassers sowohl politisch<br />

als auch militärisch bereit se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en solchen Planungspro-<br />

zess mitzutragen, bezogen auf die nationalen Inventare durchzuführen<br />

und die Ergebnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er transparenten Art und Weise<br />

zwecks Zusammenführung auf <strong>der</strong> europäischen Ebene verfügbar<br />

zu machen.<br />

• Ausgehend von e<strong>in</strong>er klaren politischen Festlegung auf die Absicht<br />

zur Teilnahme an mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen im mehr<br />

129


for<strong>der</strong>nden Spektrum wären die <strong>der</strong>zeit geltenden (verfassungs-)<br />

rechtlichen Grundlagen auf ihre Vere<strong>in</strong>barkeit mit e<strong>in</strong>er solchen<br />

Teilnahme zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. Dies gilt <strong>in</strong>sbe-<br />

son<strong>der</strong>e für Aspekte im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Neutralität Österreichs<br />

sowie <strong>in</strong> Zusammenhang mit den verfassungsrechtlich normierten<br />

Aufgaben des ÖBH. In jenen Bereichen, <strong>in</strong> denen solche<br />

Anpassungen nicht möglich s<strong>in</strong>d, wären im Wege konkreter <strong>Zusammenarbeit</strong>svere<strong>in</strong>barungen<br />

mit den jeweiligen Kooperationspartnern<br />

die den nationalen rechtlichen Grundlagen entsprechenden<br />

Modalitäten zu vere<strong>in</strong>baren.<br />

• Neben <strong>der</strong> zeitgemäßen Interpretation bzw. Anpassung <strong>der</strong> rechtlichen<br />

Grundlagen müsste die politische und militärische Bereitschaft<br />

zu e<strong>in</strong>em Verzicht auf die Vorhaltung e<strong>in</strong>es möglichst breiten nationalen<br />

Fähigkeitsspektrums zugunsten e<strong>in</strong>er Konzentration auf bestimmte<br />

Fähigkeitsbereiche gegeben se<strong>in</strong>. Es muss die Frage ge-<br />

stellt werden, ob die österreichischen Streitkräfte auch zukünftig e<strong>in</strong><br />

breitestmögliches Fähigkeitsspektrum abdecken können müssen<br />

o<strong>der</strong> ob, und wenn ja <strong>in</strong> welchen Bereichen, e<strong>in</strong>e Konzentration auf<br />

ausgewählte Bereiche im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Spezialisierung erfolgen<br />

kann.<br />

• Insbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen am oberen Ende des<br />

möglichen Spektrums ist e<strong>in</strong> hohes Maß an gegenseitigen Abhän-<br />

gigkeiten gegeben und daher die Verlässlichkeit <strong>der</strong> Kooperationspartner<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> tatsächlichen Bereitstellung <strong>der</strong> Fähigkeit im<br />

Anlassfall e<strong>in</strong> zentrales Element. Verlässliche Beitragsleistung erfor<strong>der</strong>t<br />

neben <strong>der</strong> Bereithaltung entsprechen<strong>der</strong> personeller und<br />

materieller Ressourcen auf militärischer Ebene die Festlegung von<br />

Mechanismen, die e<strong>in</strong>e, im Bedarfsfall sehr rasche, politische Entscheidung<br />

zur Teilnahme an konkreten Aktivitäten ermöglichen. E<strong>in</strong><br />

solcher Mechanismus besteht beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fassung von<br />

130


„Vorratsbeschlüssen“ betreffend den E<strong>in</strong>satz nationaler Elemente <strong>in</strong><br />

bestimmten E<strong>in</strong>satzräumen o<strong>der</strong> zu bestimmten E<strong>in</strong>satzzwecken.<br />

Solche Beschlüsse wären e<strong>in</strong>e Voraussetzung, um im Anlassfall ei-<br />

ne rasche Entsendung zur Sicherstellung e<strong>in</strong>er möglichst verlässli-<br />

chen Beitragsleistung Österreichs zu ermöglichen.<br />

• In diesem Zusammenhang wäre natürlich das Pr<strong>in</strong>zip, dass auf-<br />

grund des beson<strong>der</strong>en Charakters <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik ke<strong>in</strong> Beitragsautomatismus e<strong>in</strong>geführt werden<br />

darf, 203<br />

weiterh<strong>in</strong> aufrechtzuerhalten. Allerd<strong>in</strong>gs müsste dieses<br />

Pr<strong>in</strong>zip so „konstruktiv“ als möglich ausgelegt werden. Dies würde<br />

bedeuten, dass pr<strong>in</strong>zipiell e<strong>in</strong>e Zusage zur Beistellung österreichischer<br />

Elemente im Rahmen <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> Kooperationen im Anlassfall<br />

gegeben würde, diese aber mit e<strong>in</strong>em nationalen Prüfungs-<br />

vorbehalt betreffend die Vere<strong>in</strong>barkeit <strong>der</strong> konkreten Aktivität mit<br />

geltenden rechtlichen Grundlagen versehen würde.<br />

• E<strong>in</strong> weiteres Element konstruktiver Auslegung von Grundpr<strong>in</strong>zipien<br />

<strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik besteht <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Anerkennung <strong>der</strong> wesentlichen Rolle <strong>der</strong> NATO als Akteur im<br />

Rahmen des <strong>in</strong>ternationalen Krisenmanagements sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />

europäischer militärischer Fähigkeiten. E<strong>in</strong>e pragma-<br />

tische Berücksichtigung dieser wesentlichen Rolle wäre im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> zukünftigen Teilnahme an mult<strong>in</strong>ationalen Koope-<br />

rationen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• Österreich müsste sowohl politisch als auch militärisch bereit se<strong>in</strong>,<br />

auf potentielle Kooperationspartner zuzugehen und die Möglichkeiten<br />

für <strong>Zusammenarbeit</strong> auszuloten. Die „Partnersuche“ sollte aktiv<br />

angegangen werden; bereits bewährte Partner sollten beibehalten<br />

werden, ohne sich ausschließlich auf diese zu beschränken. E<strong>in</strong><br />

203 Vgl. Darabos, 2010a, S. 3.<br />

131


solcher Prozess sollte daher zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er offenen Art und Wei-<br />

se mit möglichst vielen potentiellen Partnern geführt werden, um<br />

nicht von vornhere<strong>in</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>smöglichkeiten auszuschlie-<br />

ßen. Partnerschaften im regionalen Kontext sche<strong>in</strong>en im Lichte <strong>der</strong><br />

Erkenntnisse im Rahmen dieser Arbeit e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Mehrwert<br />

zu bieten. Es ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang natürlich auch das Po-<br />

tential möglicher Kooperationspartner <strong>in</strong> Bezug auf die Erreichung<br />

nationaler sicherheits- und verteidigungspolitischer Zielsetzungen<br />

zu berücksichtigen. Mögliche Konsequenzen aus <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Zugehörigkeit potentieller Kooperationspartner entwe<strong>der</strong> zur EU<br />

o<strong>der</strong> zur NATO o<strong>der</strong> zu beiden Institutionen sollten pragmatisch,<br />

sowohl aus nationaler Sicht als auch aus Sicht des jeweiligen Ko-<br />

operationspartners, beurteilt werden.<br />

• In budgetärer H<strong>in</strong>sicht wären durch entsprechende politische Vorgaben<br />

die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen so zu gestalten, dass durch Zu-<br />

sammenarbeit erzielbare, v.a. monetäre Effizienzgew<strong>in</strong>ne dem Verteidigungshaushalt<br />

zufließen und <strong>in</strong> Maßnahmen zur weiteren Er-<br />

höhung militärischer Fähigkeiten <strong>in</strong>vestiert werden können.<br />

Diese Auflistung von aus Sicht des Verfassers notwendigen Maßnahmen<br />

und zu schaffenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen versteht sich als Beitrag zu e<strong>in</strong>er<br />

weiterführenden Diskussion über die zukünftige Gestaltung <strong>der</strong> öster-<br />

reichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. E<strong>in</strong>e solche Diskussion<br />

sollte sowohl aus politischer als auch aus militärischer Perspektive im Inte-<br />

resse <strong>der</strong> Stellung Österreichs als anerkanntes und beachtetes Mitglied<br />

des Prozesses <strong>der</strong> europäischen Integration sachlich, vorurteilsfrei und<br />

ergebnisoffen geführt werden.<br />

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http://www.mod.uk/NR/rdonlyres/D70F2CC7-5673-43AE-BA73-<br />

1F887801266C/0/20100202GST_4_Global_Strategic_<br />

Trends_Out_to_2040UDCDCStrat_Trends_4.pdf, zuletzt geprüft am<br />

9.1.2011.<br />

Weis, Alexan<strong>der</strong> (2009): Improv<strong>in</strong>g capabilities for ESDP's future needs.<br />

In: de Vasconcelos, Àlvaro (Hg.): What ambitions for European defence <strong>in</strong><br />

2020? 2. Auflage. Paris, S. 107–115.<br />

138


zu Guttenberg, Karl-Theodor (2010): Informal Meet<strong>in</strong>g of EU Defence<br />

M<strong>in</strong>isters, 23rd/24th September 2010/Ghent. Initial Speak<strong>in</strong>g Notes. Berl<strong>in</strong>.<br />

Primärquellen:<br />

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30. März 2010. Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter http://eurlex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:C:2010:083:SOM:DE:HTML,<br />

zuletzt geprüft<br />

am 30.10.2010.<br />

European Defence Agency (2006): An <strong>in</strong>itial Long Term Vision for European<br />

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http://www.eda.europa.eu/webutils/downloadfile.aspx?fileid=105, zuletzt<br />

geprüft am 9.10.2010.<br />

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downloadfile.aspx?fileid=745, zuletzt geprüft am 9.10.2010.<br />

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European Defence Agency (2010a): Defence Data 2009. Onl<strong>in</strong>e verfügbar<br />

unter http://www.eda.europa.eu/, zuletzt geprüft am 29.1.2011.<br />

European Defence Agency (2010b): EDA Steer<strong>in</strong>g Board Decission<br />

No. 2010/14 on C-IED Exploitation Level 2 Capability. Brüssel.<br />

European Defence Agency (2010c): EDA Communication 10-225-CAP.<br />

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Rat <strong>der</strong> Europäischen Union (2003): E<strong>in</strong> sicheres Europa <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er besseren<br />

Welt. Europäische Sicherheitsstrategie, 12. Dezember 2003. Brüssel.<br />

Rat <strong>der</strong> Europäischen Union (2004a): European Security and Defence<br />

Policy: Council Conclusions. Brüssel, 17. Mai 2004. Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter<br />

http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/Excerpt%20from%20t<br />

he%20Press%20Release.pdf, zuletzt geprüft am 8.10.2010.<br />

Rat <strong>der</strong> Europäischen Union (2004b): Planziel 2010. 6309/6/04 REV 6,<br />

Brüssel, 4. Mai 2004.<br />

Rat <strong>der</strong> Europäischen Union (2008a): Entwurf e<strong>in</strong>er Erklärung zur Verstärkung<br />

<strong>der</strong> Fähigkeiten. 16840/08, Brüssel, 5. Dezember 2008.<br />

139


Rat <strong>der</strong> Europäischen Union (2008b): ESVP-Bericht des Vorsitzes.<br />

10415/08, Brüssel, 16. Juni 2008.<br />

Republik Österreich (12. Dezember 2001): Sicherheits- und Verteidigungsdoktr<strong>in</strong>.<br />

Wien. Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter<br />

http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=794, zuletzt geprüft am<br />

8.9.2010.<br />

Republik Österreich (2. Dezember 2008): Regierungsprogramm<br />

2008-2013 – Geme<strong>in</strong>sam für Österreich; Regierungsprogramm für die<br />

XXIV. Gesetzgebungsperiode. Wien. Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter<br />

http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965, zuletzt geprüft am<br />

8.9.2010.<br />

140


Anhang A-1: Bewertungskriterien<br />

Kategorien Kriterien Prüffragen<br />

Wie groß ist das Potential zur För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP?<br />

För<strong>der</strong>ung des politischen Integrationsgrades<br />

Wie groß ist das Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition durch Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Kooperationsform?<br />

Rollendef<strong>in</strong>ition durch Kooperation<br />

Politische Kriterien<br />

Wie stark kann die nationale politische Handlungsautonomie durch die Teilnahme an<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform bee<strong>in</strong>flusst werden?<br />

Nationale politische Handlungsautonomie<br />

Wie groß ist die Gefahr e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP bei Anwendung e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform?<br />

Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im Rahmen<br />

<strong>der</strong> GSVP<br />

Wie groß ist das Potential zur Erzielung von Skalenerträgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung von<br />

Fähigkeiten?<br />

Effizienzgew<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffung<br />

Wie groß ist das Potential zur Erzielung von betrieblichen Kostenvorteilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Kooperationsform?<br />

Kosteneffizienz im Betrieb<br />

Wirtschaftliche<br />

Kriterien<br />

Wie hoch s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform zu erwartenden Overheadkosten?<br />

Wie hoch s<strong>in</strong>d die zu erwartenden <strong>in</strong>dustriepolitischen Auswirkungen e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Kooperationsform?<br />

Industriepolitische Auswirkungen<br />

141


Kategorien Kriterien Prüffragen<br />

Wie groß ist das Potential zur gezielten Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite?<br />

Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite<br />

Wie stark kann die jeweilige Kooperationsform zu e<strong>in</strong>er nationalen Fähigkeitssteigerung<br />

beitragen?<br />

Auswirkung auf das nationale Fähigkeitsspektrum<br />

Wie stark kann durch die Teilnahme an e<strong>in</strong>er bestimmten Kooperationsform das nationale<br />

Fähigkeitsspektrum e<strong>in</strong>geschränkt werden?<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand Wie groß ist <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform?<br />

Militärischoperationelle<br />

Kriterien<br />

Wie groß ist das Potential zur Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität zwischen europäischen<br />

Streitkräften?<br />

Steigerung <strong>der</strong> Interoperabilität<br />

Wie hoch ist die tatsächliche E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Kooperationsform<br />

e<strong>in</strong>zuschätzen?<br />

E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit<br />

142


Anhang A-2: Ergebnis <strong>der</strong> Bewertung<br />

„pool<strong>in</strong>g through<br />

acquisition“<br />

„role and task<br />

shar<strong>in</strong>g“<br />

Kategorien Prüffragen (PF) „shar<strong>in</strong>g“ „pool<strong>in</strong>g“<br />

mittel bis hoch hoch hoch<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

PF 1: Potential zur För<strong>der</strong>ung des<br />

politischen Integrationsgrades<br />

PF 2: Potential zur Rollendef<strong>in</strong>ition ger<strong>in</strong>g ger<strong>in</strong>g bis mittel hoch hoch<br />

Politische Kriterien<br />

PF 3: Politische Handlungsautonomie ke<strong>in</strong>e<br />

ger<strong>in</strong>g hoch hoch<br />

mittel ger<strong>in</strong>g mittel ger<strong>in</strong>g<br />

PF 4: Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU im<br />

Rahmen <strong>der</strong> GSVP<br />

ke<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>g hoch<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Skaleneffekte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaf-<br />

PF 5:<br />

fung<br />

PF 6: Kostenvorteile im Betrieb ger<strong>in</strong>g<br />

hoch ke<strong>in</strong>e hoch<br />

Wirtschaftliche<br />

Kriterien<br />

PF 7: Zu erwartende Overheadkosten ke<strong>in</strong>e<br />

mittel ke<strong>in</strong>e hoch<br />

ke<strong>in</strong>e mittel bis hoch hoch<br />

ke<strong>in</strong>e<br />

Industriepolitische Auswirkun-<br />

PF 8:<br />

gen<br />

143


„pool<strong>in</strong>g through<br />

acquisition“<br />

„role and task<br />

shar<strong>in</strong>g“<br />

Kategorien Prüffragen (PF) „shar<strong>in</strong>g“ „pool<strong>in</strong>g“<br />

mittel hoch hoch<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

PF 9: Reduktion europäischer Fähigkeitsdefizite<br />

hoch mittel bis hoch hoch<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

PF 10: Beitrag zur nationalen Fähigkeitssteigerung<br />

ger<strong>in</strong>g hoch hoch<br />

ger<strong>in</strong>g<br />

PF 11: E<strong>in</strong>schränkung des nationalen<br />

Fähigkeitsspektrums<br />

PF 12: Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand ger<strong>in</strong>g<br />

mittel ger<strong>in</strong>g mittel bis hoch<br />

Militärischoperationelle<br />

Kriterien<br />

mittel mittel hoch<br />

ger<strong>in</strong>g bis mittel<br />

PF 13: Potential zur Steigerung <strong>der</strong><br />

Interoperabilität<br />

PF 14: E<strong>in</strong>satzverfügbarkeit ger<strong>in</strong>g<br />

mittel hoch mittel bis hoch<br />

144


FORMEN MULTINATIONALER ZUSAMMENARBEIT<br />

IN DER ENTWICKLUNG MILITÄRISCHER<br />

FÄHIGKEITEN IM RAHMEN DER GEMEINSAMEN<br />

SICHERHEITS- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK DER<br />

EUROPÄISCHEN UNION.<br />

Darstellung und vergleichende Bewertung sowie<br />

Ableitungen für die Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

verfasst von<br />

Michael Kugler<br />

Approved: ______________________________<br />

Professor Andreas WENGER<br />

Professor für <strong>in</strong>ternationale und Schweizer Sicherheitspolitik<br />

an <strong>der</strong> ETH Zürich; Leiter des<br />

Zentrums für Sicherheitsstudien an <strong>der</strong> ETH<br />

Zürich.<br />

Approved : ______________________________<br />

Generalmajor Wolfgang WOSOLSOBE<br />

Österreichischer Repräsentant im Militärkomitee<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union sowie im<br />

EAPMC <strong>der</strong> NATO; Leiter <strong>der</strong> österreichischen<br />

Militärvertretung Brüssel.


www.spcm.ethz.ch<br />

Die vorliegende MAS ETH SPCM Diplomarbeit untersucht wie die Nutzung von<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Ressourcenoptimierung im Bereich militärischer Fähigkeiten<br />

durch Anwendung von mult<strong>in</strong>ationalen <strong>Zusammenarbeit</strong>sformen e<strong>in</strong>e Lösung für die<br />

steigenden sicherheitspolitischen Herausfor<strong>der</strong>ungen bei gleichzeitiger Reduktion<br />

budgetärer Mittel für Verteidigung se<strong>in</strong> kann. Die Arbeit analysiert und bewertet zuerst<br />

die unterschiedlichen <strong>Formen</strong> <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> militärischer<br />

Fähigkeiten. Aufgrund dieser Analyse und Bewertung trifft sie Ableitungen für die<br />

Gestaltung <strong>der</strong> österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

Allgeme<strong>in</strong> ergibt die Bewertung <strong>der</strong> unterschiedlichen <strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong><br />

<strong>Zusammenarbeit</strong>, dass je höher die zu erwartenden politischen Kooperationsgew<strong>in</strong>ne<br />

s<strong>in</strong>d, desto wahrsche<strong>in</strong>licher es zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen politischen<br />

Handlungsautonomie kommt. Ebenso erhöhen sich die Komplexität und <strong>der</strong><br />

Koord<strong>in</strong>ierungsaufwand mit steigendem Potential zur Erzielung wirtschaftlicher<br />

Effizienzgew<strong>in</strong>ne. Deshalb muss je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Staat mit <strong>der</strong> Teilnahme an<br />

<strong>Formen</strong> <strong>mult<strong>in</strong>ationaler</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> e<strong>in</strong>e Abwägung zwischen möglichen<br />

wirtschaftlichen Effizienzgew<strong>in</strong>nen und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> nationalen<br />

Handlungsautonomie vornehmen. An<strong>der</strong>erseits eröffnen sich auch für den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Staat Gestaltungschancen durch e<strong>in</strong>e aktive Teilnahme an mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Kooperationen.<br />

Der Master of Advanced Studies <strong>in</strong> Security Policy and Crisis Management (MAS<br />

ETH SPCM) ist e<strong>in</strong> berufsbegleiten<strong>der</strong>, 18-monatiger Executive Lehrgang <strong>der</strong> ETH<br />

Zürich. Der Lehrgang wird <strong>in</strong> enger <strong>Zusammenarbeit</strong> mit <strong>in</strong>- und ausländischen<br />

Partner<strong>in</strong>stitutionen durchgeführt. Er qualifiziert Führungskräfte aus <strong>der</strong> Verwaltung,<br />

<strong>der</strong> Privatwirtschaft, Nichtregierungsorganisationen, <strong>der</strong> Politik und <strong>der</strong> Streitkräfte<br />

für strategische Herausfor<strong>der</strong>ungen.

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