Titel-Thema Im Gespräch mit dem Design-Dekan „Vom Nichts zu möglichen Zukünften!“ „Design wird meist als Etikett für etwas Schönes verwendet, nicht aber als Disziplin wahrgenommen, die mit Wirtschaftskraft in Verbindung gebracht wird.“ Prof. Nicolas Beucker ist einer von denen, die schon länger erkannt haben, dass Wirtschaft und Kreative sich wun<strong>der</strong>bar ergänzen können. Unermüdlich arbeitet <strong>der</strong> Dekan des Krefel<strong>der</strong> Fachbereichs Design daran, uralte Barrieren nie<strong>der</strong>zureißen. „Begünstigende Strukturen zu schaffen ist wichtiger, als die Räume zu schaffen. Die Räume suchen sich die Kreativen selbst.“ Da sind wir schon bei einem von Beuckers Lieblingsthemen: Stadträume. Die für Kreative geeigneten gestaltbaren Räume, die meistens noch zu den günstigen Immobilien zählen, sieht er in je<strong>der</strong> Stadt, auch in <strong>Krefeld</strong>. „Man muss nur den Spagat hinbekommen, den Charme des Unfertigen zu erhalten, ohne dass es umkippt und die Mieten stark steigen.“ Doch zurück zu den Strukturen: „Politik und Verwaltung, auch die Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung, sollten eine Ermöglichungshaltung entwickeln.“ Damit meint Beucker: sich auch auf etwas einlassen, das zunächst einmal fremd ist. Doch nicht nur von Verwaltungsstrukturen erwartet <strong>der</strong> Designer Bewegung, auch an die Kreativen hat er eindeutige For<strong>der</strong>ungen: „Die Szene ist berufsbedingt eitel, will gesehen werden. Nur: Selbstverliebtheit reicht nicht. Man muss vermitteln, was an Kreativität dahintersteht. Das wahre Potenzial <strong>der</strong> Kreativität ist, wie etwas entsteht. Vom Nichts zu möglichen Zukünften hin zu etwas Fertigem.“ Mit Blick auf seine Studenten resümiert er nüchternpragmatisch: „Viele hervorragende Konzepte bleiben auf <strong>der</strong> Strecke, weil Kreativität und Wirtschaft nicht eng genug miteinan<strong>der</strong> verzahnt sind. Das Manko fast aller Design-Fachbereiche ist, dass Entrepreneurship im Curriculum keine Rolle spielt und Studierende nicht lernen, wie man einen Businessplan schreibt . Und das, obwohl wir seit Langem wissen, dass Kreative sich häufig selbstständig machen. “ Die nächste „ganz wichtige Frage“ stellt Dekan Beucker sich selbst: „Wie bringt man Designer und Unternehmer zusammen?“ Natürlich beantwortet er die Frage auch selbst: „Design steckt überall drin: Wir leben in einer rundum 30 kreation | Nr. 27 | www.wfg-krefeld.de gestalteten Umwelt, in <strong>der</strong> man täglich mit Segnungen komfortabler Möbel o<strong>der</strong> Schwächen irritieren<strong>der</strong> Benutzerschnittstellen konfrontiert wird. Das muss möglichst früh vermittelt werden.“ Ihn bekümmert es, dass Firmen bei ihren Entwicklungen oft denken: „Und am Ende holen wir uns einen Designer, <strong>der</strong> uns sagt, wie man unser Produkt schön macht. Wenn Design so verstanden wird, hat man schon viele Chancen verpasst!“ Rund wird die Sache nur, wenn von <strong>der</strong> ersten Produktidee über die Entwicklung bis zur Vermarktung Designer involviert sind. Als kleines Zwischenfazit for<strong>der</strong>t Prof. Beucker: „Unternehmer sollen sich öffnen – Designer müssen das auch. Hier stoßen nicht nur Ästhetik und harte Zahlen aufeinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch Alphatiere, die wissen beziehungsweise meinen, immer alles richtig zu machen.“ Der Dekan erläutert das so: „Wer beginnt, Design zu studieren, sieht sich häufig als Autoren- Designer, dessen kreativer Glanz durch sein Produkt erstrahlt. Um ganzheitlich in einer komplexen Welt ent - werfen zu können, muss man aber vor allem im Kontext denken.“ Das heißt: „Die gute Gestaltung eines medizinischen Gerätes o<strong>der</strong> Arbeitsumfelds z. B. wird nur dann gelingen, wenn vorher eine empathische Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Rollen von Patienten und Ärzten stattgefunden hat.“ Beucker lässt zwei Sätze folgen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind, aber auch zeigen, wo die Schere auseinan<strong>der</strong>geht: „Das Wort Wertschöpfung wird für die Arbeit des Designers immer wichtiger. Doch die Absolventen sind meist noch nicht in <strong>der</strong> Lage, einen Kunden entsprechend an die Hand zu nehmen.“ Designer und Betriebswirtschaftler – zwei Welten stoßen aufeinan<strong>der</strong>. „Sie scheinen sich zuerst nicht zu verstehen, können aber an viel mehr Stellen zusammenwachsen, als man denkt.“ Die Frage ist eben nur, was die Hochschule ihren Studierenden an Rüstzeug mit auf den Weg gibt. Beucker meint: „In einem Bachelor - studiengang kann dieses Zusammenwachsen noch nicht vermittelt werden, in einem Masterstudiengang sollte es.“ In diesem Zusammenhang bemängelt er die För<strong>der</strong>möglichkeiten, die das Land bietet: „Bisher sind För<strong>der</strong>programme vor allem auf naturwissenschaftliche und ingenieurwissenschaftliche Disziplinen zugeschnitten. Wenn
Prof. Nicolas Beucker, Dekan des Fachbereichs Design <strong>der</strong> Hochschule Nie<strong>der</strong>rhein, widmet sich fachlich beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Gestaltung öffentlicher Räume. Im Hintergrund die einzigartige Fassade des Audimax am Frankenring. Kreativwirtschaft