31.12.2012 Aufrufe

2011 (pdf) - rotkreuzmagazin

2011 (pdf) - rotkreuzmagazin

2011 (pdf) - rotkreuzmagazin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

drk helfen<br />

Während des Kosovo-Krieges habe ihn selbst ein erschütterndes<br />

Erlebnis aus der Bahn geworfen. Gardemann: „Ein junges Mädchen<br />

kam schreiend zu uns ins Hospital gelaufen. Es war mehrfach vergewaltigt<br />

worden. Dieses Mädchen sah meiner ältesten Tochter<br />

sehr ähnlich. Das hat mich wirklich schwer getroffen. Erst das<br />

Gespräch mit meinem Team hat mich wieder auffangen können.“<br />

Wie viele Helfer nach einem Einsatz ein Trauma erleiden und daran<br />

nachhaltig erkranken, ist schwer zu sagen. Eine Traumatisierung<br />

ist oft erst viele Wochen später feststellbar. „Es gibt statistische<br />

Erhebungen, aber die lassen keine konkreten Aussagen zu“, sagt<br />

Michael Steil, Bundeskoordinator für Psychosoziale Notfallversorgung<br />

im Deutschen Roten<br />

Kreuz. „Wer kann mit<br />

„Helfer erkranken oft dann,<br />

hundertprozentiger Sicher-<br />

wenn sie hilflos zusehen heit feststellen, ob ein<br />

müssen, wie Menschen Mensch traumatisiert ist<br />

und woher das Trauma tat-<br />

zu Tode kommen.“<br />

sächlich kommt?“, so der<br />

39-jährige Freiburger.<br />

In der wissenschaftlichen Literatur reichen die Angaben von<br />

zwei bis zehn Prozent. Michael Steil: „In den vergangenen Jahren<br />

hat man sich besonders auf die posttraumatische Belastungsstörung<br />

konzentriert. Dabei weiß man inzwischen, dass es eine ganze<br />

Reihe weiterer Krankheitsbilder gibt, die auch durch ein Trauma<br />

hervorgerufen werden können.“ Dazu zählen Angststörungen,<br />

Suchterkrankungen oder depressive Störungen.<br />

In jedem Fall helfen Gespräche mit Kollegen. „Vielerorts gibt es<br />

sogenannte kollegiale Ansprechpartner – Kollegen, die im richtigen<br />

Zuhören, der Gesprächsführung und der Konfliktlösung nach<br />

belastenden Ereignissen ausgebildet sind“, sagt Steil. Sie arbeiten<br />

die Ereignisse mit den Betroffenen auf. „Dieses Prinzip versuchen<br />

wir in den nächsten Jahren innerhalb des DRK weiter zu verbessern<br />

16 <strong>rotkreuzmagazin</strong> 1_11<br />

Gemeinsam stark:<br />

Wer als Helfer traumatische<br />

Erlebnisse<br />

durchlebt, findet<br />

oft Hilfe bei speziell<br />

geschulten Kollegen<br />

und flächendeckend in Deutschland einzurichten“, so Steil. In jedem<br />

Rettungsdienst soll es dann eine angemessene Anzahl kollegialer<br />

Ansprechpartner geben. Zudem soll ein weiterer psychosozialer<br />

Ansprechpartner, der mehr Hintergrundwissen hat und<br />

koordinierende Funktionen übernimmt, zur Verfügung stehen.<br />

Das Ziel ist klar: Kein Helfer darf allein gelassen werden. Neben<br />

den DRK-Angeboten wenden sich Einsatzkräfte auch immer wieder<br />

an die Bundesvereinigung Stressbearbeitung nach belastenden<br />

Ereignissen e. V. Sie hat sich die Einsatzkräftenachsorge und die<br />

Qualifizierung von Helfern für die Begleitung von Kollegen auf<br />

die Fahne geschrieben. Die Zusammenarbeit von Einsatznachsorgeteams<br />

und -gruppen wird bundesweit unterstützt und Standards<br />

für Stressbewältigung sowie Psychotraumatologie werden erarbeitet.<br />

So gehört die Psychosoziale Notfallversorgung von Einsatzkräften<br />

des DRK national wie international inzwischen zum Versorgungsstandard.<br />

Die Hilfe für Helfer erfolgt dabei auf drei Ebenen:<br />

präventiv durch Qualifizierung, Information und Training,<br />

während des Einsatzes durch Beratung und Unterstützung und<br />

schließlich durch Angebote der Einsatznachsorge.<br />

Auch dem Kriseninterventionshelfer Martin Jost half das Gespräch<br />

mit einem Kollegen nach dem Einsatz auf der OP-Station.<br />

Die Nachricht der Ärzte war ernüchternd: Das kleine Mädchen<br />

wird sein Leben lang behindert bleiben. „Die Aufgabe, die ich in<br />

solchen Situationen habe, würde ich nie aushalten, wenn es sich<br />

dabei um einen Acht-Stunden-Job handelte. Zwischen zwei Einsätzen<br />

brauche ich viel Luft und normales Leben.“ g<br />

Unterstützung für Helfer<br />

Helfer, die selbst Hilfe brauchen, können sich an die Psychosoziale<br />

Notfallversorgung des DRK wenden. Kontakt: psnv@drk.de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!