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2011 (pdf) - rotkreuzmagazin

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Zeit zu gehe<br />

Zeit zu gehen<br />

ä<br />

Zeit zu gehen<br />

Wer ins Krefelder Hospiz zieht, hat den Tod vor Augen. Doch das Haus am<br />

Blumenplatz ist ein Hort des Lebens – und der Lebendigkeit.<br />

TExT: frank burger // foTos: rudolf wichert<br />

Hier also lebt der Tod. In diesem Haus sind im vergangenen Jahr<br />

130 Menschen gestorben. Die hierher kamen, um zu sterben. Wie<br />

hat man sich diesen Ort vorgestellt? Abgelegen, weit draußen vor<br />

den Toren der Stadt, irgendwo im Grünen, wo Ruhe herrscht, beinahe<br />

Friedhofsruhe. Wo die Sterbenden die Lebenden in ihrem<br />

geschäftigen Immerweiter nicht stören. Drinnen wird es drückend<br />

still sein, und gewiss erwarten den Besucher angemessen leise<br />

sprechende, ernst dreinblickende Mitarbeiter, die nicht verbergen<br />

können, wie schwer sie daran tragen, immer wieder aufs Neue<br />

Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten.<br />

„Schön, dann hätten wir ja bald alle Vorurteile und Ängste beisammen,<br />

mit denen wir es so zu tun haben“, sagt Barbara Schwarz,<br />

die Leiterin des Hospizes am Blumenplatz in Krefeld. Gelächter<br />

in der Runde, die im großen Aufenthaltsraum<br />

des Hauses mit<br />

„Die Wünsche unserer Gäste sind Schwarz zusammensitzt: die Pfle-<br />

so bunt wie das Leben selbst. Wir gedienstleiterin Rita Rosenstein,<br />

ihre Stellvertreterin Regina Prill<br />

versuchen, sie alle zu erfüllen.“<br />

sowie Karin Meincke, Vorsitzende<br />

der Hospiz-Stiftung und Oberin<br />

der DRK-Schwesternschaft Krefeld, die gemeinsam mit dem<br />

Caritasverband für die Region Krefeld und dem Evangelischen<br />

Gemeindeverband Krefeld die Hospiz-Stiftung trägt.<br />

Die vier Frauen lachen ohnehin ziemlich viel, wenn sie von den<br />

Gästen des Hospizes – wie die Bewohner hier heißen – erzählen,<br />

von ihrer Arbeit, von ihrer Motivation. Weil Lachen zum Leben<br />

und Lebendigsein gehört. Und das Leben und die Lebendigkeit:<br />

Die sind hier zu Hause.<br />

Das Hospiz wurde eigens für das Sterben geschaffen. Und dennoch<br />

wird an diesem Ort so intensiv gelebt wie kaum irgendwo<br />

sonst. Wer hierher kommt, ist von einer der schwersten Lasten<br />

befreit: der Hoffnung auf Heilung. Das heißt, den Gästen bleibt<br />

nur noch wenig Zeit – für das, was ihnen am Ende wirklich wich-<br />

tig ist. Keine Schmerzen mehr zu spüren, zum<br />

Beispiel. Sich mit der Familie auszusöhnen.<br />

Das Eheversprechen zu erneuern, ein letztes<br />

Mal die Lieblingsband zu hören, mit dem besten<br />

Freund zu beten, ein Musical live zu erleben,<br />

das Leben aufzuschreiben. Ruhe zu finden,<br />

endlich Ruhe. „Die Wünsche sind so bunt<br />

wie das Leben selbst“, sagt Karin Meincke. Das<br />

färbt ab auf diejenigen, die fast alles tun, um<br />

diese Wünsche zu erfüllen – die Mitarbeiter<br />

des Hospizes. Sie alle haben gute Gründe, ausgerechnet<br />

hier zu arbeiten. Manchmal hat ein<br />

traumatisches Erlebnis wie der Verlust eines<br />

Angehörigen den Ausschlag gegeben.<br />

Entgegen der Annahme, ein Hospiz müsse<br />

die Nähe des Alltäglichen meiden, liegt das<br />

vierstöckige Eckgebäude mit den großen Fenstern<br />

in einem Wohngebiet in der Krefelder<br />

Innenstadt. Hinter dem Eingang ein großzügiger<br />

Empfangstresen wie im Hotel, besetzt von<br />

einer herzlich lächelnden älteren Dame. Früher<br />

war das Haus ein Kloster der Herz-Jesu-Brüder,<br />

und in der Architektur scheint etwas vom<br />

freundlichen Geist der Mönche erhalten geblieben<br />

zu sein. Kein trister, lärmschluckender<br />

Teppich bedeckt den Boden der Eingangshalle.<br />

Stattdessen hellgraue Steinfliesen, Tageslicht<br />

aus dem Innenhof, eine Menge Grünpflanzen.<br />

Gegenüber der Eingangstür die beiden Durchgänge<br />

zur Hauskapelle, dazwischen ein blauer<br />

Zweisitzer, blau auch die Säulen, die mit der<br />

weiten Wendeltreppe in die oberen Stockwerke<br />

streben.<br />

ä<br />

1_11 <strong>rotkreuzmagazin</strong> 19

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