2011 (pdf) - rotkreuzmagazin
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Foto: imago stock&peopLe<br />
Die Politik fordert immer mehr freiwilliges<br />
Engagement. Zieht sich der Staat von<br />
seinen Aufgaben zurück?<br />
Auch wenn das manchmal behauptet wird –<br />
es stimmt nicht. Wir wissen aus vielerlei<br />
Befragungen, dass die Bereitschaft der<br />
Menschen zum freiwilligen Engagement<br />
sehr groß ist, besonders bei jungen Menschen<br />
und bei den Älteren. Und diese Bereitschaft,<br />
sich einzusetzen, etwas für andere<br />
zu tun, die wollen wir fördern. Es darf<br />
sich ruhig noch mehr herumsprechen: Wer<br />
sich für das Gemeinwohl einsetzt, hat auch<br />
etwas davon. Ehrenamtliche Arbeit macht<br />
Freude, sie bringt Anerkennung und Wertschätzung,<br />
sie macht das Leben reicher und<br />
sie sorgt dafür, dass unsere Gesellschaft<br />
besser zusammenhält. Und dennoch muss<br />
man sich über eines im Klaren sein: Professionelle<br />
Pflege- oder Sozialarbeit kann man<br />
nicht mit Ehrenamtlichen ersetzen und das<br />
wollen wir auch keineswegs.<br />
Die Gesellschaft altert, die sozialen Sicherungssysteme<br />
geraten an ihre Grenzen.<br />
Werden wir zukünftig ohne stärkeres ehrenamtliches<br />
Engagement nicht mehr<br />
auskommen?<br />
Zunächst mal ist es ja schön, dass wir älter<br />
werden als frühere Generationen, und auch<br />
die Chance haben, viel länger gesund und<br />
aktiv zu bleiben. Das fordert uns aber auch<br />
heraus, und eine der Antworten auf diese<br />
Herausforderung ist für mich das Ehrenamt.<br />
Ich meine damit nicht nur das Engagement<br />
für ältere Menschen, sondern auch<br />
das von älteren Menschen. Anderen zu helfen,<br />
wenn man sich selbst noch fit und leistungsfähig<br />
fühlt, darin liegt doch noch mal<br />
eine wunderbare Aufgabe. Wenn ältere<br />
Menschen sich in der Pflege anderer ein-<br />
setzen, werden sie eine besondere Menschlichkeit<br />
in die Heime und Einrichtungen<br />
bringen, da bin ich sicher.<br />
Deutschland ist ein Migrationsland. Wie<br />
kann man auch Menschen mit Migrationshintergrund<br />
für ein Ehrenamt<br />
gewinnen?<br />
Es stimmt, Migranten und Migrantinnen<br />
finden oft keinen Zugang zu unseren traditionellen<br />
Organisationen; manchmal kennen<br />
sie sie auch einfach nicht gut genug. Das<br />
heißt aber nicht, dass sie nicht bereit sind,<br />
sich zu engagieren. Im Gegenteil: Viele<br />
kommen aus Kulturen, in denen es selbstverständlich<br />
ist, Hilfe zu leisten und Verantwortung<br />
in der Gemeinschaft zu übernehmen.<br />
Wir sollten stärker als bisher auf sie<br />
zugehen, denn wer sich für eine Gesellschaft<br />
engagiert, fühlt sich auch als ein Teil von ihr.<br />
Darin liegt eine große Chance. Die Bundesregierung<br />
fördert Modellprojekte, die Migranten<br />
passende Angebote machen. Auch<br />
unser Nationaler Integrationsplan verfolgt<br />
dieses Ziel. Dazu wird ein Dialogforum eingerichtet,<br />
das Migrantenorganisationen und<br />
andere Organisationen der Zivilgesellschaft<br />
zusammenbringt.<br />
Was plant die Bundesregierung, um freiwilliges<br />
Engagement zukünftig stärker zu<br />
fördern?<br />
Die Bundesregierung hat vor Kurzem die<br />
Nationale Engagementstrategie beschlossen.<br />
Wir wollen die Politik und die Projekte<br />
der Bundesministerien, der Länder und<br />
der Kommunen besser miteinander abstimmen<br />
und das, was es an Förderung auf den<br />
verschiedenen Ebenen gibt, wirkungsvoller<br />
machen. Wenn in diesem Sommer der Zivildienst<br />
wegfällt, werden wir nicht nur<br />
gesellschaft drk<br />
DRK-Zukunftskongress<br />
Zum Jahr der Freiwilligentätigkeit<br />
veranstaltet das DRk den kongress<br />
„engagement heute – ehrenamt<br />
und Freiwilligentätigkeit“ vom<br />
28. bis 30. oktober in münster.<br />
Freiwillige, experten und organisationen<br />
aus ganz Deutschland<br />
werden das thema ehrenamt diskutieren<br />
und die gemeinsame charta<br />
„ehrenamt heute und morgen“<br />
erarbeiten. gastrednerin ist die Usamerikanerin<br />
susan ellis. mit ihrem<br />
Unternehmen energize berät sie seit<br />
30 Jahren ehrenamtliche organisationen<br />
auf der ganzen Welt.<br />
www.engagement-heute.de<br />
einen neuen Bundesfreiwilligendienst einführen,<br />
sondern auch die schon bestehenden<br />
Jugendfreiwilligendienste finanziell<br />
erheblich besser ausstatten. Aber es geht<br />
nicht nur um Geld: Uns liegt besonders<br />
daran, dass all die vielen engagierten Menschen<br />
auch Wertschätzung und Anerkennung<br />
zu spüren bekommen.<br />
Auf welchen Feldern können DRK und<br />
Bundesregierung noch stärker zusammenarbeiten?<br />
Wie gesagt, die Nationale Engagementstrategie<br />
lebt ja gerade von der Zusammenarbeit<br />
mit den Organisationen der Zivilgesellschaft.<br />
Eine weitere Möglichkeit wird es<br />
durch den Ausbau der Freiwilligendienste<br />
und den neuen Bundesfreiwilligendienst<br />
geben. Auch hier braucht die Bundesregierung<br />
die Unterstützung der Verbände. Ich<br />
danke schon jetzt dem Deutschen Roten<br />
Kreuz, dass es zahlreiche Plätze zur Verfügung<br />
stellen wird. Idealerweise, denke ich,<br />
wird die Zusammenarbeit von ehrenamtlichem<br />
Engagement und staatlichen Stellen<br />
jedoch nicht auf Bundesebene, sondern viel<br />
mehr vor Ort stattfinden. Dort entstehen<br />
die Probleme und nur dort können gemeinsam<br />
Lösungen gefunden werden. Und natürlich<br />
sind da auch die Rotkreuzvereine<br />
wieder gefragt. g<br />
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