Fortgeblasen und angeschwemmt.pdf
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verstaut. In unserer Bilge endete mehr als einmal ein Gemisch von<br />
Trinkwasser, Salzwasser, Saft, Gewürzen, Essig, Öl, Nudeln,<br />
Magazine <strong>und</strong> Lektüren.<br />
Als letzte kleine Tour mit dem Wohnmobil unternahmen wir<br />
einen dreitägigen Ausflug nach Las Vegas, Nevada, wo wir die<br />
Gelegenheit nutzten <strong>und</strong> uns das Ja-Wort gaben. Eine kleine, weiße<br />
Hochzeitskapelle mit einem riesigen, pinken Neonherz genügte<br />
unseren Anforderungen für eine schöne private Hochzeit. Nachdem<br />
ein schwules Pärchen geheiratet hatte, wurden wir getraut. Wir<br />
verbrachten einen schönen Abend auf dem Strip <strong>und</strong> in den Casinos<br />
<strong>und</strong> feierten so Abschied von unserem Leben auf den Highways.<br />
Zurück im Hafen genossen wir unsere letzten Tage in den USA.<br />
Bevor wir das Wohnmobil verkauften, wurde es noch von Pam <strong>und</strong><br />
ihrem Sohn für kurze Zeit bewohnt. Als Frau eines Liveabords hatte<br />
sie eine vorübergehende Krise in ihrer Partnerschaft. Aufgebrachte<br />
Gemüter beruhigten sich bald wieder, Pam zog zurück aufs Boot<br />
<strong>und</strong> als Dankeschön für die spontane Ausweichmöglichkeit wurde<br />
das Wohnmobil vor Sauberkeit glänzend an uns zurückgegeben.<br />
Mit ein paar gemeinsamen Segelausflügen wurde die glückliche<br />
Wiedervereinigung der beiden gefeiert. Der Abschied rückte jedoch<br />
in Meilenschritte näher, das treue Wohnmobil ging an seine neuen<br />
Besitzer über <strong>und</strong> die letzten Tage vergingen mit Abschiedsfeiern<br />
von unseren neuen Fre<strong>und</strong>en, an deren un-komplizierte<br />
Anwesenheit wir uns so schnell gewöhnt hatten.<br />
Die Uhr tickte, die Zeit, die wir in den USA verbringen<br />
konnten, lief aus. Die vorhergesagten 30 Knoten Wind konnten uns<br />
nicht bremsen, die IRISH MIST Crew klarierte aus <strong>und</strong> das kleine,<br />
weiße Schiff richtete ohne großes Aufsehen still <strong>und</strong> heimlich ihren<br />
Bug Richtung Mexiko. Doch die Fahrt blieb nur bis zum letzten<br />
Felsen der schützenden Hafenmauer still <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich. Nie mehr<br />
seit diesem Törn kann ich mich an so einen halsbrecherischen Ritt<br />
erinnern. Bedenkenlos setzten wir unser größtes Segel, der<br />
einh<strong>und</strong>ertfünfzig Prozent Genua <strong>und</strong> das volle Groß, um bei<br />
raumen Wind dahin zu jagen.<br />
Wenn ich später über diese erste große Segeletappe nachdachte,<br />
musste ich immer wieder lachen, wie stürmisch wir uns in unsere<br />
neue Reise stürzten. IRISH MIST schoss wie vom Teufel gejagt<br />
dahin, trotz raumen Wind kränkte das Boot bis zu 40 Grad <strong>und</strong><br />
schöpfte über das Cockpitsült Wasser.<br />
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