Fortgeblasen und angeschwemmt.pdf
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mich mit unserer täglichen Ernährung auseinander zu setzen <strong>und</strong><br />
theoretisch erlernte Fakten in die Praxis umzusetzen. Ich testete<br />
verschiedene Haltbarkeitsmöglichkeiten, kreierte neue Gerichte <strong>und</strong><br />
sammelte Tipps verschiedener Bordfrauen.<br />
Das Essen selbst war anfangs eines unserer größten Probleme,<br />
nicht gewöhnt an die einfache <strong>und</strong> fleischlose Kost schlug sie auf<br />
Nerven <strong>und</strong> Laune, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Ich<br />
versuchte, schmackhafte Gerichte aus Reis <strong>und</strong> Nudel zu zaubern,<br />
dennoch dauerte es, bis wir uns endlich wieder mit Genuss die<br />
Bäuche voll schlugen. Eine unserer größten Freuden war das viele<br />
frische Obst <strong>und</strong> Gemüse, dass es hier nicht nur billig <strong>und</strong> frisch auf<br />
den Märkten oder bei Bauern zu kaufen gab, es schmeckte<br />
obendrein traumhaft, da es in der Sonne gereift war.<br />
Unsere finanzielle Lage verwies uns, sparsam zu sein, die<br />
monatlichen Ausgaben pendelten sich nach <strong>und</strong> nach für unser<br />
Verhältnis akzeptabel ein. Wir hatten kein Einkommen, nur ein<br />
Budget aus Ersparten, je sparsamer wir damit umgehen würden,<br />
umso länger konnten wir das Leben unter Segel genießen. So<br />
einfach lautete die Rechnung. Dennoch war es mühsam, eine selbst<br />
auferlegte Grenze zwischen Geldverschwendung <strong>und</strong> nötige<br />
Ausgaben zu ziehen. Einen Monat lag testeten wir, mit einem<br />
absoluten Minimum an Ausgaben zu leben. Dabei wurde auf alles<br />
verzichtet, was nicht für Bauch oder Boot notwendig war, <strong>und</strong><br />
während andere Segler einheimische Leckereien im Restaurant<br />
genossen, gab’s an Bord IRISH MISTs wieder einmal Bohnen, Reis<br />
<strong>und</strong> einen frische Früchte zum Nachtisch.<br />
Es machte jedoch keinen Spaß, mit den anderen kein Bier am<br />
Strand zu trinken oder lieber keine Busfahrt ins Landesinnere zu<br />
genießen, nur um keinerlei verschwenderische Ausgaben zu haben.<br />
So versuchten wir, nun sorgsam mit unseren Ersparnissen<br />
umzugehen, ohne dabei auf alle „Extras“ zu verzichten. Es viel<br />
leicht, auf schönes Gewand oder in Werbungen angepriesene<br />
Luxusgüter zu verzichten, denn wir wussten bereits, wir hatten<br />
keine Verwendung für teuren Klimbim. Unsere Freiheit wuchs, <strong>und</strong><br />
damit auch die Freiheit, auf vieles Verzichten zu können. Was<br />
zählte waren die St<strong>und</strong>en, Tage <strong>und</strong> Monate, die wir auf unserem<br />
schwimmenden Zuhause, irgendwo in der Weltgeschichte,<br />
verbringen konnten.<br />
Es war bereits spät, aber die Überlegungen <strong>und</strong> Gespräche im<br />
Cockpit hielten uns wach. Jürgen dachte an die Zeit in Österreich<br />
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