02.01.2013 Aufrufe

Facharbeit

Facharbeit

Facharbeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2<br />

eine ausreichend große Gruppe der an der Auseinandersetzung Beteiligten auf seine Seite<br />

zu bringen. Dabei spielt der Grad verwandtschaftliche Abstammung eine große Rolle. Es<br />

entscheidet die Mehrheitsfindung, die auch auf das Verhandlungsgeschick, die Wortgewalt<br />

und das Ansehen der Teilnehmer zurückgeht. „Die Streitparteien feilschen um die Zustim-<br />

mung einer an Klatsch und Tratsch stets interessierten Mehrheit, um durch deren Rückhalt<br />

den eigenen Worten das Gewicht des moralischen Gewohnheitsrechtes zu verleihen. Damit<br />

entsteht in aller Regel eine Streitkultur ‘der freundlichen Worte‘ in einem zwischenmensch-<br />

lichen Klima des allgemeinen Abwiegelns, weil jeder neu aufkommende Streit sich zwangs-<br />

läufig destabilisierend auf einstweilige Kräfteverhältnisse in anderen, bereits schwelenden<br />

Uneinigkeiten auszuwirken beginnt.“ 1 Nur wenn sich der Konflikt als ausweglos heraus-<br />

stellt kommt es zu einer Spaltung und räumlicher Trennung von Stammesfraktionen. In der<br />

Regel werden Auseinandersetzungen jedoch schon bei den allabendlichen Teerunden durch<br />

ausführliches Debattieren im Keim erstickt. Der Scheich nimmt hierbei eine vermittelnde<br />

Rolle ein. In schwierigen Fällen wird die Angelegenheit vor einen Richter, den „Kadi“<br />

gebracht. Dieser bemüht sich, ein verlorengegangenes Gleichgewicht wiederherzustellen<br />

und Ausgleich zu schaffen. Es gibt etwa zehn verschiedene solcher Rechtsspezialisten für<br />

die unterschiedlichsten Streitpunkte: Streit um Land, Palmen, Kamele, um Verletzung der<br />

Ehre, und auch um Frauen. 2 Doch auch heutige Vergehen können mit der Blutrache gesühnt<br />

werden. Bei einem solch schwerwiegenden Vergehen wird jedoch in den meisten Fällen<br />

von der Familie des Geschädigten das Blutgeld angenommen.<br />

Die Beduinen gehen nicht nur bei Streitfällen, sondern auch wenn sie Pläne oder Ziele jeg-<br />

licher Art haben, genau nach dem gleichen gemeinschaftlichen Prinzip vor. Allein kommt<br />

man zu nichts. Der Einzelne handelt aus der Verbundenheit mit dem Stamm heraus, wobei<br />

er versucht die unterschiedlichen Interessen in Einklang zu bringen: seine eigenen, aber<br />

auch die der Familie und anderer Gruppen. Daher versucht jeder, Streitigkeiten zu vermei-<br />

den, und den anderen das Gefühl zu geben, ein Eigeninteresse an dem Vorhaben zu haben.<br />

Die Beduinen haben einen sehr ausgeprägten Sinn für Kommunikation. Mobiltelefone wur-<br />

den von ihnen, die sie so erpicht auf Neuigkeiten sind, begeistert als Mittel des Austauschs<br />

aufgenommen. Damit ist in der Wüste die lauffeuerartige Ausbreitung von Neuigkeiten, die<br />

schon immer charakteristisch für die Beduinen war, perfektioniert worden. Doch weiterhin<br />

findet das Pflegen der Kontakte beim abendlichen Zusammensein statt. Hier beginnt auch<br />

das „an den Augen ablesen“ der Ziele der anderen. Geduldigkeit ist dabei die größte Tu-<br />

gend. „Inshallah“ – „So Gott will“ wird das Vorhaben dann eines Tages realisierbar. 4<br />

1 http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php<br />

2 Vgl. http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php<br />

Interview mit Frau Biallas<br />

4 http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!