Facharbeit
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eine ausreichend große Gruppe der an der Auseinandersetzung Beteiligten auf seine Seite<br />
zu bringen. Dabei spielt der Grad verwandtschaftliche Abstammung eine große Rolle. Es<br />
entscheidet die Mehrheitsfindung, die auch auf das Verhandlungsgeschick, die Wortgewalt<br />
und das Ansehen der Teilnehmer zurückgeht. „Die Streitparteien feilschen um die Zustim-<br />
mung einer an Klatsch und Tratsch stets interessierten Mehrheit, um durch deren Rückhalt<br />
den eigenen Worten das Gewicht des moralischen Gewohnheitsrechtes zu verleihen. Damit<br />
entsteht in aller Regel eine Streitkultur ‘der freundlichen Worte‘ in einem zwischenmensch-<br />
lichen Klima des allgemeinen Abwiegelns, weil jeder neu aufkommende Streit sich zwangs-<br />
läufig destabilisierend auf einstweilige Kräfteverhältnisse in anderen, bereits schwelenden<br />
Uneinigkeiten auszuwirken beginnt.“ 1 Nur wenn sich der Konflikt als ausweglos heraus-<br />
stellt kommt es zu einer Spaltung und räumlicher Trennung von Stammesfraktionen. In der<br />
Regel werden Auseinandersetzungen jedoch schon bei den allabendlichen Teerunden durch<br />
ausführliches Debattieren im Keim erstickt. Der Scheich nimmt hierbei eine vermittelnde<br />
Rolle ein. In schwierigen Fällen wird die Angelegenheit vor einen Richter, den „Kadi“<br />
gebracht. Dieser bemüht sich, ein verlorengegangenes Gleichgewicht wiederherzustellen<br />
und Ausgleich zu schaffen. Es gibt etwa zehn verschiedene solcher Rechtsspezialisten für<br />
die unterschiedlichsten Streitpunkte: Streit um Land, Palmen, Kamele, um Verletzung der<br />
Ehre, und auch um Frauen. 2 Doch auch heutige Vergehen können mit der Blutrache gesühnt<br />
werden. Bei einem solch schwerwiegenden Vergehen wird jedoch in den meisten Fällen<br />
von der Familie des Geschädigten das Blutgeld angenommen.<br />
Die Beduinen gehen nicht nur bei Streitfällen, sondern auch wenn sie Pläne oder Ziele jeg-<br />
licher Art haben, genau nach dem gleichen gemeinschaftlichen Prinzip vor. Allein kommt<br />
man zu nichts. Der Einzelne handelt aus der Verbundenheit mit dem Stamm heraus, wobei<br />
er versucht die unterschiedlichen Interessen in Einklang zu bringen: seine eigenen, aber<br />
auch die der Familie und anderer Gruppen. Daher versucht jeder, Streitigkeiten zu vermei-<br />
den, und den anderen das Gefühl zu geben, ein Eigeninteresse an dem Vorhaben zu haben.<br />
Die Beduinen haben einen sehr ausgeprägten Sinn für Kommunikation. Mobiltelefone wur-<br />
den von ihnen, die sie so erpicht auf Neuigkeiten sind, begeistert als Mittel des Austauschs<br />
aufgenommen. Damit ist in der Wüste die lauffeuerartige Ausbreitung von Neuigkeiten, die<br />
schon immer charakteristisch für die Beduinen war, perfektioniert worden. Doch weiterhin<br />
findet das Pflegen der Kontakte beim abendlichen Zusammensein statt. Hier beginnt auch<br />
das „an den Augen ablesen“ der Ziele der anderen. Geduldigkeit ist dabei die größte Tu-<br />
gend. „Inshallah“ – „So Gott will“ wird das Vorhaben dann eines Tages realisierbar. 4<br />
1 http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php<br />
2 Vgl. http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php<br />
Interview mit Frau Biallas<br />
4 http://www.sinai-bedouin.com/stamm.php