Facharbeit
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Freiherr von Oppenheim 1 , der im ausgehenden 19. Jahrhundert Gast von Beduinen unter-<br />
schiedlicher Regionen war. Blutrache fördere daher die Achtung vor dem Menschenleben<br />
und dem Menschen selbst. Wilfred Thesiger notiert andererseits in seiner Autobiografie:<br />
„Diese Bedu hatten zwangsläufig wenig Ehrfurcht vor Menschenleben. Bei ihren regel-<br />
mäßigen wechselseitigen Raubzügen töteten sie und wurden getötet, und jede Tötung ver-<br />
wickelte den Stamm oder die Familie in eine weitere Blutfehde, die gnadenlos ausgefoch-<br />
ten werden musste – nur dass sie unter keinen Umständen jemanden gefoltert hätten.“ 2<br />
Thesiger berichtet überraschender Weise, dass unter den Stämmen der südlichen Ara-<br />
bischen Halbinsel uneheliche Kinder keine Seltenheit waren und dass die Mütter auch<br />
keinesfalls von ihrem Stamm verstoßen wurden. Seine beduinischen Reisebegleiter er-<br />
schraken als sie von ihm damit konfrontiert wurden, dass in anderen Gegenden Arabiens<br />
Beduinenmädchen von der eigenen Familie verstoßen oder getötet wurden, allein wenn<br />
schon über das Mädchen gemunkelt wurde.<br />
Beide Reisende, Oppenheim und Thesiger, waren fasziniert von der Gastfreundschaft und<br />
Großzügigkeit der Nomaden, die selbst weit über die der arabischen Städter hinweg ging.<br />
Besonders im Verhältnis zum ge-<br />
samten Besitz eines Nomaden, der<br />
meist nur aus Kamelen, Sattelzeug,<br />
Gewehr, Dolch, einigen Wasser-<br />
schläuchen, Kochtöpfen, Schalen<br />
und den Kleidern, die sie am Kör-<br />
per hatten, bestand. Begegnet man<br />
jemandem in der Wüste, lädt man<br />
den anderen zum gemeinsamen<br />
Essen ein, egal wie groß sein ei-<br />
gener Vorrat an Nahrungsmitteln<br />
noch ist. Empfängt man einen Gast<br />
bei sich im Zelt wird ein Schaf<br />
oder ein Kamel geschlachtet. Hat der Eingeladene überhaupt keine Zeit zum Verweilen,<br />
wird ihm wenigstens frisch gemolkene Milch verabreicht. Das aus der Sicht von uns<br />
Europäern vielleicht etwas übertrieben scheinende Verhalten der Gastfreundschaft hat<br />
seinen Ursprung sicherlich darin, dass man sich davon erhofft, selbst bewirtet zu werden,<br />
wenn einem auf einer Unternehmung der Vorrat zur Neige geht. Wilfred Thesiger zeigte<br />
sich gleichsam tief beeindruckt von ihrer Loyalität zueinander „und nicht zuletzt auch<br />
1 Oppenheim, S. 94<br />
2 Thesiger, S. 97<br />
Vgl. Thesiger, S. 220<br />
Abb.8: Vorbereitung einer Mahlzeit (Foto: W. Thesiger, 1947)