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die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo

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ULMER ECHO 2008 Schwerpunkt: BtmG<br />

Ist das Betäubungsmittelgesetz noch sinnvoll?<br />

Die Realität zwingt umzudenken<br />

Der Umgang mit bestimmten<br />

Rauschmitteln wird in allen<br />

Staaten der Erde mit Strafe bedroht.<br />

Die Durchsetzung der entsprechenden<br />

Gesetze und <strong>die</strong> sozialen Folgen des<br />

Umgangs mit Betäubungsmitteln verschlingen<br />

weltweit hohe Milliardenbeträge.<br />

Die Bekämpfung der global operierenden<br />

Rauschgiftkriminalität hat<br />

sich <strong>als</strong> völlig unwirksam erwiesen<br />

und <strong>die</strong> Verfolgung von Kleindealern<br />

stellt sich <strong>als</strong> Sisyphusarbeit dar.<br />

Exotische und<br />

heimische Rauschgifte<br />

Von der Sache her ist kaum nachvollziehbar,<br />

warum der Umgang mit<br />

bestimmten Narkotika unter Strafe<br />

gestellt ist, während andere gefährliche<br />

Rausch- und Betäubungsmittel wie<br />

Schlafmittel (verschreibungsfähig<br />

durch Ärzte) oder Alkohol (an<br />

Erwachsene frei verkäuflich) legal<br />

erhältlich sind. Als „Rauschgift“ versteht<br />

der Alltagssprachgebrauch neben<br />

einer Reihe von Segnungen der modernen<br />

Chemie vor allem Produkte, <strong>die</strong><br />

aus Mohn, Cannabispflanzen oder<br />

Cocablättern hergestellt werden und<br />

aus exotischen Ländern stammen.<br />

Opiumernte im goldenen Dreieck<br />

Doch auch in Mitteleuropa wachsen<br />

eine Vielzahl von Kräutern und Pilzen,<br />

aus denen sich ohne Schwierigkeiten<br />

halluzinogene Wirkstoffe gewinnen<br />

von Hermann S., Alex B. und Wolfgang Sieffert OP<br />

lassen oder deren Genuss direkt entsprechend<br />

fatale Wirkungen hervorruft.<br />

Schon Roswitha von Gandersheim<br />

(+ 973) hat <strong>die</strong> Wirkung von<br />

Hexenkraut und Schlehensud beschrieben.<br />

Klöster unterhielten im<br />

Mittelalter Kräutergärtlein, <strong>die</strong><br />

alle möglichen Pülverchen lieferten.<br />

Neben den kirchlichen<br />

Bemühungen um <strong>die</strong> Volksgesundheit<br />

ver<strong>die</strong>nten sich meist<br />

alleinstehende Frauen (Kräuterhexen)<br />

durch das Sammeln von<br />

„Heilkräutern“ ihren Lebensunterhalt.<br />

Kaffee für <strong>die</strong> Reichen<br />

Kaffee wurde Ende des 17. Jh<br />

nach der erfolglosen Belagerung<br />

Wiens durch <strong>die</strong> Türken sukzessiv<br />

in Mitteleuropa verbreitet. Zu<br />

Beginn seiner beispiellosen Karriere<br />

war der Genuss von Kaffee nur Patrizierfamilien<br />

vorbehalten. In Städten<br />

wie Rothenburg o.d.T. gab es den<br />

Beruf des Kaffeeriechers, der in den<br />

Gassen der armen Stände fahndete.<br />

Erschnüffelte <strong>die</strong>ser den Geruch<br />

frischgebrühten Kaffees etwa im Haus<br />

eines Sälzers oder Leinwebers, so wurden<br />

<strong>die</strong>se durch den<br />

Rat drakonisch<br />

bestraft. Diese Restriktionen<br />

waren<br />

lokaler Natur und<br />

<strong>die</strong> Obrigkeit gab<br />

sie bald auf; solche<br />

Regelungen waren<br />

nicht durchzusetzen.<br />

Ähnlich ging<br />

es Verboten für<br />

Alkohol und Tabak.<br />

Besonders sei an<br />

<strong>die</strong> Alkoholprohibition<br />

am Anfang der<br />

1930er Jahre<br />

erinnert, <strong>als</strong> in den USA Alkohol verboten<br />

war: Schmuggel, Brennen und<br />

Verkauf des illegalen Alkohols machte<br />

dam<strong>als</strong> <strong>die</strong> Mafiaorganisationen groß.<br />

11<br />

„Made in USA“<br />

Nach dem 2. Weltkrieg entdeckten<br />

Mafia-Gruppen in den USA das<br />

immense ökonomische Potential des<br />

Handels mit Opium- und Cocaproduk-<br />

Arm eines Junkies<br />

ten, Europa wurde Ende der 1960er<br />

Jahre erreicht. Kriminelle Personen<br />

und Organisationen, <strong>die</strong> sich bis dahin<br />

mit illegalem Glücksspiel, Zigarettenschmuggel,<br />

Waffenhandel oder Prostitution<br />

befassten, nahmen sich <strong>die</strong>sen<br />

Bereich mit ungeheurer Energie vor.<br />

Auch der Konsum von Heroin wurde<br />

während des Vietnamkrieges zunächst<br />

bei Soldaten der US-Armee üblich,<br />

verbreitete sich dann in den USA und<br />

erst später in Europa. Seit nunmehr<br />

dreißig Jahren rollt <strong>die</strong> Drogenwelle<br />

über <strong>die</strong> zivilisierten Wohlstandsgesellschaften<br />

der westlichen Demokratien<br />

hinweg.<br />

Da auch der illegale Rauschgifthandel<br />

den „ewigen“ Gesetzen des Marktes<br />

folgt, unterliegen <strong>die</strong> Preise für<br />

Kokain und Heroin dem Wechselspiel<br />

von Angebot und Nachfrage. Verfolgungsdruck<br />

erhöht <strong>die</strong> Preise und<br />

mittelfristig <strong>die</strong> Gewinne der Drogenmafia.<br />

Richter und Polizei sind ungewollt<br />

Erfüllungsgehilfen der wirklich<br />

großen Drahtzieher des Rauschgifthandels.

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