die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo
die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo
die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ULMER ECHO 2008 Schwerpunkt: Irrweg Methadon<br />
Irrsinniger Kompromiss<br />
Das Methadon-Programm ist der Alptraum des legalen Drogendaseins<br />
Ziel des Methadon-Programms<br />
sollte es sein, den Abhängigen<br />
mittels Vergabe eines Ersatzmedikaments<br />
(Substitut) ein drogenfreies<br />
Leben zu ermöglichen.<br />
Manche stellen sich nun <strong>die</strong> Frage,<br />
warum ein Staat eine Droge (Heroin),<br />
der er Schädigung der Gesundheit<br />
bestätigt, austauscht gegen eine andere<br />
(Methadon), <strong>die</strong> weitaus schädlicher<br />
ist. Vielleicht, weil „Metha“ Betroffenen<br />
nicht das ersehnte Rauschgefühl<br />
vermittelt, sondern lediglich <strong>die</strong> Entzugserscheinungen<br />
unterdrückt? Wäre<br />
ja noch schöner, wenn Junkies auch<br />
noch was davon hätten! Ein Geschenk<br />
an <strong>die</strong> Hardliner, erkauft durch eine<br />
Fülle schwerer Nebenwirkungen,<br />
gegen <strong>die</strong> ein Morphinist gesund lebt.<br />
Das Suchtpotential von Methadon<br />
übersteigt jenes von Opiaten wie Heroin<br />
und Morphium um ein Vielfaches;<br />
das erklärt auch <strong>die</strong> extrem lange<br />
Wirkdauer von über 24 bis zu 72 Stunden,<br />
je nach Stoffwechsel.<br />
Der akute Entzug ist im Vergleich<br />
zu allen anderen Opiaten mindestens<br />
dreimal so lang, und selbst für hoch<br />
motivierte Ausstiegswillige äußerst<br />
schwer zu ertragen. Die Folge der<br />
Überschwemmung des Stammhirns<br />
mit dem Suchtstoff Methadon bewirkt<br />
<strong>die</strong> Entstehung von neuen Rezeptoren<br />
– so, wie Ra<strong>die</strong>schen wachsen, wenn<br />
sie gegossen werden. Da während des<br />
Entzuges <strong>die</strong> Fütterung der Rezeptoren<br />
ausbleibt, müssen PatientInnen sich<br />
auf eine ca. ein Jahr dauernde Entwöhnungsphase<br />
einstellen, <strong>die</strong> sich durch<br />
Schlaflosigkeit, Alpträume, plötzliche<br />
Hitze- oder Kälteschübe, unberechenbare<br />
Stimmungsschwankungen usw.<br />
auszeichnet, um hier wenigstens <strong>die</strong><br />
signifikantesten Auswirkungen zu<br />
erwähnen.<br />
Während <strong>die</strong>ser Phase stellen sich<br />
Depressionen, Panikattacken, suizidale<br />
Vorstellungen etc. ein, d.h. PatientInnen<br />
müssen sich jeden Tag neu motivieren<br />
und <strong>die</strong> Kraft hierfür aus jedem<br />
Von K.H. *<br />
Zentimeter des hoffentlich zurückkehrenden<br />
wahren Leben ziehen. Darüber<br />
hinaus gibt es keine Hoffnung auf völlige<br />
Gesundung, Betroffene bleiben ihr<br />
Leben lang krank, so wie Alkoholiker,<br />
Diabetiker, Allergiker und endogen<br />
Depressive.<br />
Im Alltag brachte<br />
Methadon Erleichterung<br />
Einigen Abhängigen erschien <strong>die</strong><br />
Einführung der Methadon-Vergabe<br />
zunächst <strong>als</strong> eine große Erleichterung:<br />
das ewige Problem der Finanzierbarkeit<br />
der Sucht, den Tag verschlingende<br />
(meist kriminelle) Beschaffungstätigkeiten,<br />
immer auf der Flucht sein und<br />
zusätzlich immer <strong>die</strong> Angst vor Ent-<br />
zug, der nächsten Verhaftung, einer<br />
Hausdurchsuchung. Das Methadon<br />
gibt Abhängigen genau all <strong>die</strong> Zeit, <strong>die</strong><br />
vorher zum Aufbringen des täglichen<br />
Geldbedarfs und der anschließenden<br />
Beschaffung vernünftigen Stoffs verbraucht<br />
wurde; nach all dem war für<br />
sie der Tag in der Regel gelaufen. Also<br />
konnten sie beginnen, sich wieder um<br />
ihr Leben zu kümmern. Viele fanden<br />
so erst <strong>die</strong> Kraft, von der Straße runter<br />
zu kommen und ihr Leben nach und<br />
nach zu ordnen. Es gab Mütter, <strong>die</strong> ihre<br />
19<br />
Kinder aus einer Heimunterbringung<br />
zurückbekamen, und Leute, <strong>die</strong> endlich<br />
wieder in der Lage waren, ganz<br />
normal arbeiten zu gehen. Nur sollte<br />
eben nicht aus dem Blick verschwinden,<br />
dass <strong>die</strong>se Entwicklungen sicher<br />
auch bei der kontrollierten Vergabe<br />
von Morphium oder Heroin eintreten<br />
würden. Versuche in England, der<br />
Schweiz und inzwischen auch in<br />
Deutschland haben <strong>die</strong>s belegt. Was<br />
Abhängige asozial macht, ist vor allem<br />
<strong>die</strong> Zeit und <strong>die</strong> Energie, <strong>die</strong> sie wegen<br />
der Illegalität ihres Suchtstoffes und<br />
wegen der Kriminalisierung und Strafverfolgung<br />
verbrauchen – Zeit, <strong>die</strong><br />
ihnen fehlt, um ihr soziales Leben aufrecht<br />
zu halten.<br />
Wut folgte der Euphorie<br />
Die anfängliche Euphorie der<br />
betroffenen Methadon-Patienten wich<br />
bald wütender Desillusionierung.<br />
Diese Katerstimmung gründete sich<br />
vor allem auf <strong>die</strong> erst nach einiger Zeit<br />
der Einnahme auftretenden Nebenwirkungen<br />
und darüber hinaus auf <strong>die</strong><br />
Vergabepraxis bzw. deren Folgen.<br />
Abseits <strong>die</strong>ser Problematik kommt<br />
bei allen Substituierten früher oder<br />
später <strong>die</strong> Erkenntnis durch, dass<br />
genau das, was sie eigentlich im Gift