die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo
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ULMER ECHO 2008 Schwerpunkt: Irrweg Methadon<br />
Wieso Abhängige vom Staat eine gefährliche Droge erhalten<br />
Methadon-Substitution: den Teufel mit dem obersten Dämon austreiben<br />
Wie alles anfing<br />
Vom Ende der 70er bis hin zur<br />
Mitte der 80er Jahre war in<br />
den deutschen Metropolen eine offene<br />
Drogenszene entstanden. Das scheinbar<br />
schleichend entstandene Problem<br />
konnte nicht länger unter dem Teppich<br />
gehalten werden.<br />
Zwar stellten <strong>die</strong> Zahlen<br />
der erfassten<br />
Drogentoten im Vergleich<br />
zu denen des<br />
Alkoholmissbrauchs<br />
eine eher marginale<br />
Größe dar, aber für<br />
den Erwerb von Alkohol<br />
wird immerhin<br />
eine nicht unerhebliche<br />
Steuer entrichtet.<br />
Wo Prominente aus<br />
Kunst und Musik oder<br />
einfach nur Boulevard-Schickis<br />
im Mittelpunkt des<br />
Missbrauchs illegaler Stoffe standen,<br />
lockte <strong>die</strong> Sünde. Die Jugend zeigte<br />
sich dam<strong>als</strong> sehr am Ausprobieren<br />
neuer Formen des Zusammenlebens<br />
interessiert und ein Großteil nahm<br />
auch darüber hinaus jede Erfahrung<br />
mit. Es war <strong>die</strong> erste Generation, <strong>die</strong><br />
im Glauben an Fortschritt und vermeintlich<br />
dauerhafte Sicherheit aufwuchs.<br />
Der gut gemeinte (?) Film von<br />
Volker Schlöndorff: „Die Kinder vom<br />
Bahnhof Zoo“ geriet zur denkbar größten<br />
Aufforderung an Erstkonsumenten.<br />
Er versprach Erfahrungen jenseits der<br />
Schrankwanduniversen der Eltern.<br />
Für <strong>die</strong> Politik ein unpopuläres<br />
Thema. Mit Hilfestellungen für Junkies<br />
lässt sich kein Wahlkampf<br />
machen. Öffentlich wurde sich auf<br />
Stammtisch-Ebene geäußert. Das kam<br />
laut Meinungsforschern (FORSA war<br />
<strong>die</strong> Glaskugel der CDU) in der breiten<br />
Bevölkerung gut an. Die Angelegenheit<br />
konnte mittelfristig ausgesessen<br />
werden. Irgendwann muss was getan<br />
werden, sicher, aber nicht heute.<br />
Von K.H. *<br />
Repression<br />
<strong>als</strong> goldener (Irr-)Weg<br />
Es folgten für kleines Geld Stu<strong>die</strong>n<br />
und Gutachten in den 80er Jahren, von<br />
denen bemerkenswerter Weise immer<br />
gerade jene den Weg in Me<strong>die</strong>n und<br />
Gesetzgebung fanden, <strong>die</strong> repressives<br />
Die Nadel, <strong>die</strong> Droge, <strong>die</strong> Kriminalisierung<br />
– der Weg in <strong>die</strong> Verelendung<br />
Vorgehen gegen Abhängige propagierten.<br />
Das war dam<strong>als</strong> schon zu lange<br />
schon erfolglos praktiziert worden.<br />
Machte aber nichts, denn öffentliche<br />
Akzeptanz für Repression gegen DrogenkonsumentInnen<br />
konnte locker<br />
vorausgesetzt werden. Des Volkes<br />
Kenntnisstand zum Thema ten<strong>die</strong>rte<br />
gegen Null. „Bild Dir Deine Meinung“<br />
gab und gibt <strong>die</strong> Marschrichtung vor;<br />
dafür muss <strong>die</strong> Frühstückspause reichen,<br />
wenn nicht gerade Bundesliga<br />
ist.<br />
Dagegen standen mittlerweile<br />
längst sachverständige Mediziner,<br />
betroffene Eltern, weite Teile der<br />
anspruchsvolleren Presse und andere<br />
denkende Menschen, deren Bewusstsein<br />
ohne psychedelische Erfahrungen<br />
erweitert genug war, um <strong>die</strong> fatale<br />
Tragweite des f<strong>als</strong>chen Ansatzes zu<br />
überblicken. Diese nicht dummen<br />
Meinungsträger griffen das von undifferenzierten<br />
Scheinwahrheiten<br />
bestimmte öffentliche Bewusstsein an.<br />
Es herrschte Ratlosigkeit und unangenehme<br />
Unentschlossenheit. Das Eisen<br />
war so heiß, dass das Thema zu Wahl-<br />
17<br />
kampfzeiten einfach aus der öffentlichen<br />
Diskussion verschwand; wer<br />
vorwitzig nachfragte, wurde kurz und<br />
bündig abgebürstet. Wer Drogen<br />
nimmt, verstößt gegen Gesetze, ist kriminell.<br />
Junkies gehören in den Knast.<br />
Basta.<br />
Parallel zu <strong>die</strong>ser über Jahre<br />
ins Leere greifenden Haltung<br />
unserer souverän jegliche Neuigkeiten<br />
in der Sache ignorierenden<br />
VolksvertreterInnen hatten<br />
<strong>die</strong> internationalen Kapitalmärkte<br />
ausreichend Zeit, das<br />
volkswirtschaftliche Potential<br />
des illegalen Drogenmarktes zu<br />
erkennen und zu nutzen. Innerhalb<br />
von zwanzig Jahren waren<br />
eine Infrastruktur und sichere<br />
Wege geschaffen worden, <strong>die</strong><br />
jeder Variante der Geldwäsche<br />
kongeniale Sicherheit garantieren<br />
konnten.<br />
Sichere Gewinne<br />
für illegale Drogenmärkte<br />
Der plötzliche Besitz feinster<br />
„Heckler und Koch“-Produkte (z.B.<br />
das berühmte G3-Gewehr) auch im<br />
allerletzten Bergstamm Afghanistans<br />
kam nicht im direkten Tausch Rohopium<br />
gegen Sturmgewehre zustande.<br />
Wer es wissen will, kann sich in frei<br />
zugänglichen Veröffentlichungen über<br />
<strong>die</strong> Zusammenhänge globaler Kapitalkreisläufe<br />
mit Politik und organisiertem<br />
Verbrechen informieren. Wie es<br />
funktioniert und dass es genau so<br />
geschieht, müsste mündigen BürgerInnen<br />
klar sein. Bereits in den achtziger<br />
Jahren existierte eine funktionierende<br />
Lobby, deren Zweck ausschließlich<br />
darin bestand, dafür zu sorgen, dass<br />
der Status Quo der Illegalität erhalten<br />
bliebe. Nur so konnte <strong>die</strong> Kontrolle<br />
über den Markt und vor allem über <strong>die</strong><br />
Preise überhaupt in der Hand mafiöser<br />
Strukturen unter Einbindung von<br />
Kapital und Politik verbleiben. Die<br />
Verquickung von Kapital und Drogen-