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die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo

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ULMER ECHO 2008<br />

laden wir ein, <strong>die</strong> nächsten Zeilen zu<br />

lesen und zu fragen: Warum darf das<br />

alles so sein?<br />

Wie viele Betroffene?<br />

Wie viel Heroin?<br />

Laut einer Stu<strong>die</strong> des Dresdener<br />

Professors Wittchen liegt <strong>die</strong> Zahl der<br />

Heroinabhängigen in Deutschland<br />

zwischen 168.000 und<br />

282.000. Er liegt damit<br />

deutlich über der regierungsoffiziellen<br />

Zahl:<br />

dort wird von 150.000<br />

gesprochen, von denen<br />

50.000 mit Ersatzstoffen<br />

substituiert werden.<br />

Für jeden nachvollziehbar<br />

ist <strong>die</strong> nun folgende<br />

Rechnung mit<br />

mittleren Schätzwerten.<br />

- Wir gehen, ausgesprochen<br />

vorsichtig, von<br />

nur 100.000 Heroinabhängigen in<br />

Deutschland aus.<br />

- JedeR KonsumentIn benötigt eine<br />

Tagesdosis von 3 Gramm Straßenheroin<br />

(Wirkstoffgehalt 10%).<br />

- Täglicher Gesamtbedarf: 300.000<br />

Gramm (300 kg).<br />

- Bedarf für ein Jahr: 109.500 kg<br />

(109 Tonnen) Straßenheroin.<br />

- Heroin in internationaler Handelsqualität<br />

hat einen Reinheitsgrad<br />

von mindestens 80%.<br />

- Daher jährlicher Importbedarf:<br />

ca. 13.000 kg (13 Tonnen).<br />

Wenn wir einen Kilopreis von nur<br />

20.000,- € ansetzen (Großhändlerpreis<br />

vor dem Strecken), wird jährlich Heroin<br />

für 260.000.000 € (260 Millionen €)<br />

importiert. Diese Geldmenge wird<br />

dem Binnenwirtschaftskreislauf<br />

Deutschlands dauerhaft entzogen.<br />

Täglich 9 Millionen<br />

Junkies beziehen ihren Stoff im<br />

Kleinhandel, wobei sie für ein Gramm<br />

(Wirkstoffgehalt 10%) ca. 30,- Euro<br />

aufwänden müssen. Der Tageskonsum<br />

liegt meist zwischen 2 und 8 Gramm<br />

Straßenheroin. Setzen wir durchschnittlich<br />

nur 3g pro Tag an, ergibt<br />

sich ein täglicher Bedarf von<br />

9.000.000,- €. Der Einzelhandel mit<br />

Schwerpunkt: Kriminalisierung<br />

Heroin kommt <strong>als</strong>o auf einen Jahresumsatz<br />

von ganz sicher mehr <strong>als</strong> 3<br />

Milliarden Euro. (Wir wollen nicht<br />

ausschließen, dass es in Wirklichkeit<br />

vielleicht auch 5 oder 10 Mrd € sind,<br />

aber wir bleiben, wie schon geschrieben,<br />

gaaanz vorsichtig). Ein wirklich<br />

erstaunliches Potential – in kriminellen<br />

und sicher oft skrupellosen Händen.<br />

Volkswirtschaftlicher Schaden<br />

Woher kommt <strong>die</strong>se riesige Summe<br />

Geld? Allen ist klar, dass Heroinabhängige<br />

sämtliche zur Verfügung stehenden<br />

Quellen nutzen: eigene Einkünfte<br />

aus Arbeit, Arbeitslosengeld<br />

oder Renten, aber u.U. auch Freunde<br />

und Eltern beklauen, Prostitution usw.<br />

Die legal zu beschaffenden Summen<br />

reichen in den allermeisten Fällen<br />

nicht aus. Ein großer Anteil des Drogengeldes<br />

stammt aus polizeilich<br />

erfassten kriminellen Aktivitäten wie<br />

Einbruch, Auto<strong>die</strong>bstahl usw. Ein Junkie,<br />

der ein Auto aufbricht und den<br />

Radiorekorder unsachgemäß „ausbaut”,<br />

verursacht mit Leichtigkeit<br />

einen Schaden, der 500,- € weit übersteigt.<br />

Für <strong>die</strong>se Beute zahlt ein Hehler<br />

mit Glück 100,- €, meist aber nur 20<br />

bis 50,- €. Wenn wir <strong>als</strong>o (wir sind<br />

wieder sehr vorsichtig) annehmen,<br />

dass nur ein Viertel des täglichen<br />

Finanzbedarfs der Drogenabhängigen<br />

aus Laden<strong>die</strong>bstählen, Einbrüchen und<br />

ähnlichen kriminellen Aktivitäten<br />

stammt, ist davon auszugehen, dass<br />

Beschaffungskriminalität jeden Tag<br />

Schäden von Zig Millionen Euro verursacht<br />

und pro Jahr viele Milliarden.<br />

Darüber freuen sich vielleicht Versicherungsunternehmen;<br />

insgesamt<br />

9<br />

bleibt eine Riesenbelastung für <strong>die</strong><br />

Volkswirtschaft. Die Folgekosten im<br />

Bereich Polizei, Justiz und Strafvollzug<br />

sind hier nicht einmal mitgerechnet;<br />

ebenso wenig <strong>die</strong> Summen, <strong>die</strong> der<br />

Handel mit anderen illegalen Drogen<br />

verursacht.<br />

Drogenpolitische Sünden<br />

In Geld nicht zu berechnen<br />

sind <strong>die</strong> psychosozialen Konsequenzen<br />

der Beschaffungskriminalität.<br />

Gerade Straßenkriminalität<br />

wie Handtaschenraub<br />

und Wohnungseinbrüche verursachen<br />

nicht nur bei älteren<br />

Opfern erhebliche seelische<br />

Beschädigungen und Einbußen<br />

der Lebensqualität. Doch<br />

scheint das politisch kaum<br />

jemand zu kümmern; jedenfalls<br />

werden <strong>die</strong>se Folgen nicht zum<br />

Anlass genommen, drogenpolitische<br />

Prämissen zu überdenken. Die<br />

entstehenden Ängste sind Wasser auf<br />

<strong>die</strong> Mühlen jener Politiker, <strong>die</strong> mit<br />

allen Mitteln alles und jedeN kontrollieren<br />

wollen. Alle anderen können<br />

über <strong>die</strong> entstehende Kriminalitätsfurcht<br />

in der Bevölkerung genauso<br />

wenig erfreut sein wie über <strong>die</strong> Verelendung<br />

der Abhängigen, <strong>die</strong> entstehenden<br />

wirtschaftlichen Schäden und<br />

<strong>die</strong> Gewinne in den Händen der Drogenmafia<br />

(wen oder was kontrollieren<br />

und beeinflussen <strong>die</strong> eigentlich mit<br />

ihren Milliardengewinnen: nur<br />

bestimmte Wirtschaftszweige oder<br />

längst auch <strong>die</strong> Politik, <strong>die</strong> in beharrlicher<br />

Verbohrtheit ihre Gewinne<br />

ermöglicht?).<br />

Die nun wirklich nicht mehr lässlichen<br />

Sünden der Politik liegen klar<br />

auf der Hand; dass z.B. nicht viel getan<br />

wird, um durch ärztliche Vergabemöglichkeiten<br />

so viele Menschen wie möglich<br />

aus dem Teufelskreis von Kriminalität,<br />

Strafverfolgung und Verelendung<br />

heraus zu holen, spült weiter<br />

Geld und Einfluss in dunkle Kanäle.<br />

Kein Mensch möchte dass Heroin an<br />

jedem Kiosk frei zu erwerben ist, aber<br />

<strong>die</strong> Kriminalisierung macht nur für <strong>die</strong><br />

Drogenmafia Sinn. �

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