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die komplette Ausgabe als PDF - Ulmer Echo

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ULMER ECHO 2008<br />

Drugs”, der auch dann ein Krieg ist,<br />

wenn <strong>die</strong> Waffen, wie in Afghanistan,<br />

aus übergeordneten taktischen Gründen<br />

schweigen. Eben erst hat das UN-<br />

Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung<br />

(UNODC) in seinem<br />

Jahresbericht 2006 festgehalten, dass<br />

<strong>die</strong> Opiumwirtschaft in Afghanistan<br />

ein „beispielloses Ausmaß” erreicht<br />

hat. Im Jahr 2006 habe <strong>die</strong> Produktion<br />

um 49 Prozent zugenommen. Mehr <strong>als</strong><br />

90 Prozent des weltweit produzierten<br />

Opiums stammten aus Afghanistan.<br />

Diese Zahl ist sicher zu hoch gegriffen,<br />

denn sie berücksichtigt nicht, dass südostasiatische<br />

Opiumhändler noch<br />

immer aktiv am Markt sind, auch wenn<br />

sie nicht mehr <strong>die</strong> Bedeutung haben,<br />

<strong>die</strong> sie in den Zeiten des „Goldenen<br />

Dreiecks” einmal hatten. Auch aus<br />

anderen traditionellen Anbauregionen<br />

wird der Drogenmarkt weiterhin beliefert.<br />

Wie hoch der Anteil am Heroinweltmarkt<br />

auch tatsächlich sein mag.<br />

Afghanistan hat das Opiummonopol.<br />

Das ist unstrittig. Die Drogenwirtschaft<br />

macht rund ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts<br />

aus. Auch der Hanfanbau<br />

und <strong>die</strong> Haschischproduktion<br />

gewinnen wieder an Bedeutung. Im<br />

Opiumanbau sind um <strong>die</strong> 15 Prozent<br />

der Landbevölkerung beschäftigt.<br />

In Parlament und Regierung<br />

Die Interessenvertreter der Opiumhändler<br />

sitzen im Parlament und in der<br />

Regierung. Die Behebung des Problems<br />

werde, so <strong>die</strong> Autoren des UN-<br />

Berichtes, nicht Jahre, sondern Jahrzehnte<br />

dauern, auch weil es keine ähnlich<br />

ertragreichen Agrarprodukte gibt,<br />

<strong>die</strong> zum Verzicht auf den Mohnanbau<br />

motivieren könnten. Wenn man<br />

bedenkt, dass eine UN-Konferenz für<br />

das Jahr 2008 eine „drogenfreie Welt”<br />

versprochen hatte, dann ist der<br />

UNODC-Report 2006 das Eingeständnis<br />

einer Niederlage auf ganzer Linie.<br />

Nicht Jahre, sondern Jahrzehnte werde<br />

es dauern, das Problem zu lösen, Jahrzehnte,<br />

in denen <strong>die</strong> Drogenökonomie<br />

den Krieg und den Terror am Laufen<br />

hält.<br />

Warum lässt es <strong>die</strong> europäische und<br />

insonderheit <strong>die</strong> deutsche Öffentlich-<br />

Schwerpunkt: Drogenpolitik<br />

keit völlig kalt, dass vor den Augen<br />

von Isaf-Truppen und Spezialeinheiten<br />

der US-Army afghanische Drogenhändler<br />

unbehindert den Weltmarkt<br />

mit Opium und Heroin beschicken<br />

können? Hat <strong>die</strong>se Ignoranz damit zu<br />

tun, dass der Heroinmarkt in Westeu-<br />

Weltweite Opiumproduktion<br />

2006<br />

ropa stagniert? Die Preise sind niedrig,<br />

<strong>die</strong> Qualität ist hoch - ein klassisches<br />

Zeichen für einen gesättigten Markt.<br />

Auch wenn der Stoff, der in Europa<br />

zirkuliert, vorwiegend aus afghanischen<br />

Labors kommt, so ist auf absehbare<br />

Zeit eine nennenswerte Steigerung<br />

der Nachfrage unwahrscheinlich,<br />

denn Heroin <strong>als</strong> Modedroge ist out.<br />

Heroin für <strong>die</strong> Armen<br />

Wohin <strong>als</strong>o fließt der Stoff, der am<br />

westeuropäischen Markt und in den<br />

USA keine Abnehmer mehr findet? Er<br />

fließt in großen Mengen in <strong>die</strong> Länder,<br />

<strong>die</strong> unmittelbar an Afghanistan grenzen:<br />

Pakistan, In<strong>die</strong>n, der Osten des<br />

Iran, <strong>die</strong> südlichen Republiken der früheren<br />

Sowjetunion, aber auch <strong>die</strong><br />

Ukraine, Weißrussland, <strong>die</strong> baltischen<br />

Staaten und Russland selbst sind <strong>die</strong><br />

Hauptabsatzmärkte für afghanisches<br />

Opium und Heroin.<br />

Der Osten holt auf auch an der<br />

Drogenfront: Nicht nur in Düsseldorf,<br />

7<br />

Mailand und Zürich, sondern auch in<br />

Kiew, Minsk und Moskau ist Kokain<br />

für <strong>die</strong> Leistungseliten so leicht verfügbar<br />

wie Cannabis für <strong>die</strong> Kiffer. Die<br />

Droge der Unterschicht ist Heroin.<br />

Mehrere Millionen Menschen sind<br />

abhängig von <strong>die</strong>ser Droge. Die<br />

Weltgesundheitsorganisation registriert<br />

eine dramatische Zunahme von<br />

HIV-Infektionen und Aidserkrankungen<br />

im Osten Europas und in Zentralasien,<br />

wo das Hygieneniveau schon im<br />

alltäglichen Medizinbetrieb beklagenswert<br />

niedrig ist.<br />

Wie üblich schließt der Jahresbericht<br />

des UN-Büros für Drogen- und<br />

Verbrechensbekämpfung mit dem<br />

Appell an <strong>die</strong> Verbraucherländer, <strong>die</strong><br />

Nachfrage zu verringern. Mit <strong>die</strong>sem<br />

Gewäsch enden alle UN-Berichte zur<br />

Drogenfrage seit mehr <strong>als</strong> drei Jahrzehnten.<br />

Dabei steht ein in der „Neuen<br />

Zürcher Zeitung” zitierter Drogenfahnder<br />

in Bogota, der davon ausgeht,<br />

dass „nur <strong>die</strong> Entkriminalisierung des<br />

Kokaanbaus und eine kontrollierte<br />

Legalisierung des Kokains <strong>als</strong> Suchtmittel<br />

einen Ausweg bietet”, nicht<br />

alleine. Eine im Juli 2005 bekannt<br />

gewordene Stu<strong>die</strong> der britischen<br />

Regierung, <strong>die</strong> bis heute unter Verschluss<br />

gehalten wird, bescheinigt dem<br />

„War on Drugs”, gescheitert zu sein.<br />

Dogma wird in Frage gestellt<br />

In der Stu<strong>die</strong>, <strong>die</strong> in Teilen der<br />

englischen Tageszeitung „Observer”<br />

vorliegt, werden darüber hinaus auch<br />

<strong>die</strong> Repressionskosten auf eine Summe<br />

von über 20 Milliarden Pfund hochgerechnet.<br />

Nicht nur in der angelsächsischen<br />

Presse, auch in deutschsprachigen<br />

Mainstreamme<strong>die</strong>n wie der „FAZ”<br />

und der „NZZ” wird das Prohibitionsdogma<br />

in Frage gestellt. In Lateinamerika<br />

regt sich Widerstand<br />

gegen den von Präsident Clinton eingefädelten<br />

Plan Colombia, der auf eine<br />

militärische Lösung setzt. Der künftige<br />

Präsident von Ecuador grenzt sich<br />

scharf ab von der in Kolumbien betriebenen<br />

Drogenpolitik. Die wieder<br />

aufgenommene Besprühung der<br />

Kokapflanzen mit giftigen Chemikalien<br />

schädigte <strong>die</strong> Nutzpflanzen, das

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