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Tagungsband Naturgartentage 2011 - Naturgarten eV

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Hortus Insectorum<br />

oder der Versuch einer Wiedergutmachung<br />

Steintürme im Hinterhof<br />

Die intensiven Eindrücke einer 2,5 jährigen<br />

langen Radreise, die Schönheit und Vielfalt<br />

der Natur, aber auch die Zerstörung<br />

und Vernichtung derselben, gaben Markus<br />

Gastl die Motivation nahezu im Alleingang<br />

aus einer 6000 m 2 großen Fettwiese ein Paradies<br />

zu schaffen für einheimische Tiere<br />

und Pflanzen.<br />

Wie geht man nun also vor?<br />

Was ist das Ziel? Wo fängt man an?<br />

Die Fragestellungen bei diesem Gartenprojekt<br />

sind die gleichen wie zu Beginn der Reise.<br />

Start ist Ushuaia in Patagonien und Ziel<br />

ist Inuvik in Alaska. Ausgang ist eine Fettwiese<br />

mit wenigen typischen Zeigerpflanzen<br />

und Ziel ist ein artenreicher, vor Leben<br />

strotzender <strong>Naturgarten</strong>. Der Beginn und<br />

das angestrebte Ende sind in beiden Fällen<br />

klar. Dazwischen liegt hier wie dort eine unglaubliche,<br />

auf den ersten Blick nicht zu bewältigende<br />

Entfernung und Aufgabe. Eine<br />

Vorgabe Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr<br />

für Jahr. Kein Grund zum Verzweifeln.<br />

Ganz entspannt bleiben, das Prinzip der<br />

Schritt­für­Schritt­Methode verfolgen und<br />

sich sicher sein, dass alles zu einem glücklichen<br />

Ende führt und es SO KOMMT WIE ES<br />

KOMMEN MUSS. Bei der Reise hat dies sehr<br />

gut funktioniert und beim Garten wird es<br />

ebenso funktionieren.<br />

Garten heißt Obst und Gemüse, deswegen<br />

werden zuerst 24 Obstbäume gepflanzt<br />

und ein großes Beet umgepflügt. Auf der<br />

Wiese blühen nur Löwenzahn und gelber<br />

Hahnenfuß, deswegen eine notwendige<br />

Farbexplosion durch einen Steingarten.<br />

Die auftretenden Insekten wollen Wohnraum,<br />

das erste Insektenhotel entsteht.<br />

Nicht alle Wildbienen nehmen künstliche<br />

Nisthilfen an, sondern brauchen natürliche<br />

Strukturen. Ein langer Sandwall und Lesesteinhaufen<br />

werden errichtet. Die ersten<br />

ökologischen Vernetzungen sind wiederhergestellt<br />

und bauen aufeinander auf. Vertikale<br />

Strukturen und Raupenfutterpflanzen<br />

für die Schmetterlinge sind angezeigt. Die<br />

einheimische Hecke wird gepflanzt. Hier<br />

wird der Laubfrosch entdeckt, der erste<br />

Teich kommt zur Ausführung, immer mehr<br />

Insekten brauchen mehr Blüten, die Blumenwiese<br />

wird notwendig. Blumenwiesen<br />

brauchen viel Zeit, der Ungeduld wird mit<br />

Blumenzwiebeln nachgeholfen usw. und<br />

so fort....Eines ergibt sich aus dem anderen,<br />

man muss nur achten, was die Bewohner<br />

uns mit ihren Bedürfnissen vorgeben und<br />

selber drauf reagieren.<br />

Woher all das benötigte Material nehmen?<br />

Eine Kostenexplosion trotz zunehmender<br />

Begeisterung vermeiden! Und auch<br />

hier passiert etwas sehr Interessantes. Die<br />

Was ist ein <strong>Naturgarten</strong><br />

Wahrnehmung verändert sich ganz automatisch<br />

in Bezug auf Dinge, die wichtig<br />

werden und vorher bedeutungslos waren.<br />

Plötzlich erkennt man den Steinhaufen, an<br />

dem man schon so oft vorüber gekommen<br />

ist, als potenzielle Quelle. Das Abbruchhaus<br />

in der Nachbarsortschaft bekommt eine<br />

andere Bedeutung und ist ein möglicher<br />

Steinbruch. Vermodernde Stämme in einer<br />

feuchten Ecke auf einem Bauernhof sind<br />

bestes Totholz, wenn sie woanders in der<br />

Sonne liegen. Bei einer Straßenbauaktion<br />

fallen 30 Wurzelstöcke an, die jetzt die Hecke<br />

beleben. Überall ungenutztes Potenzial,<br />

welches in anderer Zusammenstellung<br />

Lebensraum schaffen könnte und auf eine<br />

neue Aufgabe wartet. Man muss nur die<br />

Augen offen halten und fragen.<br />

Auch auf der Reise hat man mehr gesehen,<br />

weil sich die Wahrnehmung verändert hat.<br />

DEN BLICK SCHÄRFEN, DAS KLEINE ERKEN­<br />

NEN, DAS UNBEDEUTENDE SCHÄTZEN. Hier<br />

ist ein toller Campingplatz, dort fließt ein<br />

Bächlein, aus dem man Wasser nehmen<br />

kann, dieser Käfer ist wunderschön....<br />

Im Hortus Insectorum stellen sich nach<br />

nur 3 Jahren, gerade bei Schmetterlingen<br />

und Wildbienen, sichtbare Erfolge ein und<br />

bestätigen den eingeschlagenen Weg. Die<br />

Vorgehensweise ist überraschend anders<br />

und doch so einfach, wenn man den Garten<br />

als einen kleinen Ausschnitt des allumfassenden<br />

Lebens betrachtet und beginnt<br />

die ökologischen Zusammenhänge zu verstehen<br />

und bereit ist einen anderen Weg zu<br />

gehen.<br />

Der Lohn ist ein Zustand, der am leichtesten<br />

beschrieben werden kann mit UMGE­<br />

BEN VON VIELFALT UND LEBEN. Und es ist<br />

eigentlich ein einfacher Weg...vom Start hin<br />

zum Ziel, ein sehr spannender Weg, der Erfüllung<br />

bringt und vor allem ein einfacher<br />

Weg … Danke zu sagen …<br />

Markus Gastl,<br />

D - Beyerberg-Ehingen.<br />

Natur- und Landschaftsführer.<br />

Privatgärtner, der<br />

gerade eine Arche Noah für<br />

Pflanzen und Tiere baut.<br />

www.hortus-insectorum.de<br />

Natur & Garten April <strong>2011</strong> 17

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