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M Y T H O S K A S T R A T I O N - gay-web.de

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satz: „Der Zweck heiligt die Mittel“. Denn obwohl im besagten Mittelalter die „Sün<strong>de</strong>“<br />

überall vermutet wur<strong>de</strong> (die Strafkataloge <strong>de</strong>r damaligen kirchlichen Bußbücher legen<br />

ein beredtes Zeugnis ab...), durfte sie <strong>de</strong>nnoch nicht sichtbar wer<strong>de</strong>n, vor allem nicht<br />

in <strong>de</strong>n Klöstern und Kirchen. Mönche und Nonnen durften nicht zusammenkommen<br />

und einen Blick aufeinan<strong>de</strong>r werfen: sie wur<strong>de</strong>n bei Prozessionen sogar durch aufgehängte<br />

Tücher von- einan<strong>de</strong>r getrennt und in <strong>de</strong>n Kirchen durften die Nonnen nicht<br />

singen (um die Klosterbrü<strong>de</strong>r nicht vom Gebet abzulenken....). Deswegen wur<strong>de</strong><br />

auch die Sitte eingeführt, kastrierte Knaben als Sänger bei kirchlichen Veranstaltungen<br />

einzusetzen – die Geburtsstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r zahllosen „castrati“, welche in <strong>de</strong>n darauf<br />

folgen<strong>de</strong>n Jahrhun<strong>de</strong>rten – jedoch speziell im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>s Barocks – zu <strong>de</strong>n<br />

Superstars <strong>de</strong>r Opernbühnen Europas wur<strong>de</strong>n. Der Volksmund allerdings sprach<br />

verächtlich von Kapaunen.<br />

Zu dieser Thematik erschien im Spiegel 50/1990 ein überaus interessanter Beitrag<br />

mit <strong>de</strong>m bezeichnen<strong>de</strong>n Titel “Scheinheiliger Kunst-Griff“. Darin heißt es:<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rtelang waren Kastraten die Stars <strong>de</strong>r europäischen Kultur. Tausen<strong>de</strong><br />

von Knaben ließen sich für die Musik verstümmeln.<br />

Wenn <strong>de</strong>r ‘Engel von Rom‘ seine Stimme erhob, wur<strong>de</strong>n die Zuhörer in ‘seliges<br />

Entzücken‘ versetzt, und das ausgerechnet in <strong>de</strong>r Sixtinischen Kapelle im Vatikan.<br />

Urheber <strong>de</strong>r Befriedigung war ein gewisser Alessandro Moreschi. Der Engelhafte<br />

hatte nur einen winzigen Makel: Er war Kastrat. Der letzte – zugleich<br />

<strong>de</strong>r einzige, von <strong>de</strong>m Aufnahmen erhalten sind. Sie entstan<strong>de</strong>n 1902 und 1904<br />

im Vatikan. Eine <strong>de</strong>m einst berühmten Hochtöner gewidmete CD ist jetzt auf<br />

<strong>de</strong>m Markt.<br />

Als Moreschi, zuletzt Leiter <strong>de</strong>s päpstlichen Chores in <strong>de</strong>r Sixtina, 1922 63jährig<br />

starb, ging eine zweischneidige Epoche <strong>de</strong>r Musikgeschichte zu En<strong>de</strong>, ein finsteres<br />

Kapitel, in <strong>de</strong>m die katholische Kirche ungestraft ihre messerscharf kalkulierte<br />

Doppelmoral praktizieren durfte.<br />

Denn immer wie<strong>de</strong>r hatten Päpste seit 1587 zwar die Kastration mit Exkommunikation<br />

o<strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sstrafe belegt, gleichzeitig aber mit Wonne die Entmannten<br />

für ihre Chöre o<strong>de</strong>r als Solisten engagiert.<br />

Schuld an <strong>de</strong>r Doppelstrategie hatte kein an<strong>de</strong>rer als <strong>de</strong>r Apostel Paulus, nach<br />

<strong>de</strong>ssen biblischem Verdikt die Frauen in <strong>de</strong>r Kirche zu schweigen hatten.<br />

Die katholische Kirche, seit <strong>de</strong>r Erfindung <strong>de</strong>r unbefleckten Empfängnis mit be-<br />

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