Organisationen, Ideologien und Strategien - Eurasisches Magazin
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© Eurasischer Verlag Hans Wagner 2009<br />
<strong>Eurasisches</strong> <strong>Magazin</strong> – Mai 2009 · Seite 30<br />
westlichen Partnern kooperiert. Davon verspricht man sich auch bessere Absatzchancen auf<br />
dem europäischen Markt. So ist das italienische Luft- <strong>und</strong> Raumfahrtunternehmen Alenia<br />
Aeronautica mit 25 Prozent plus einem Anteil an dem Superjet-Hersteller SCAC beteiligt.<br />
Eine enge Geschäftsverbindung der Russen gibt es auch mit der französischen Triebwerk-<br />
Firma Snecma, die in einem Joint Venture mit dem russischen Unternehmen NPO Saturn die<br />
Triebwerke für den Superjet produziert.<br />
Die Krise machte aber auch vor dem Superjet-Hersteller nicht halt. Durch den Fall des<br />
Rubel-Kurses hat sich der Verkaufspreis des Superjets von 28 auf 22 Millionen Dollar<br />
reduziert. Man habe das Personal „etwas“ reduzieren müssen, berichtet der Direktor.<br />
Moderne Stahl-Hütte hofft auf Staats-Hilfen<br />
Noch stärker als die Flugzeugbauer, leidet die Stahlhütte Amurmetall unter der Krise. Sie ist<br />
die zweite von insgesamt drei großen Industriebetrieben, welche in Komsomolsk am Amur,<br />
der erst 1932 als fernöstliches Zentrum der sowjetischen Rüstungsindustrie gebauten Stadt,<br />
errichtet wurde. Die Hütte verarbeitet Metallschrott. Die Hälfte der Produktion von<br />
Stahlerzeugnissen geht in den Export nach Korea, Vietnam <strong>und</strong> auf die Philippinen. Größter<br />
Konkurrent in der Fernost-Region ist China. Die Hütte sei vollständig modernisiert, berichtet<br />
Direktor Sergej Chochlow, doch seit der Finanzkrise ist die Nachfrage drastisch<br />
eingebrochen. Nun müsse man 1.600 der 6.200 Mitarbeiter in den unbezahlten Urlaub<br />
entlassen. Doch vor Arbeiter-Aufständen habe er keine Angst. Im russischen Fernen Osten,<br />
gäbe es keine Tradition von Protesten. Putin habe die Hütte vor kurzem besucht. Da habe er<br />
händeringend um Not-Kredite staatlicher Banken gebeten.<br />
Ljudmilla Nikolajewna, Abteilungsleiterin in einem Schönheitssalon von Komsomolsk,<br />
meint, die Krise in ihrem Betrieb sei noch nicht zu spüren, doch in der Stahlhütte schon. Ihr<br />
Sohn arbeitete für 13.000 Rubel (300 Euro) als Helfer in dem Stahl-Werk. Jetzt sei er in den<br />
unbezahlten Urlaub entlassen worden. Doch die 49jährige mit den blondierten Haaren gibt<br />
sich optimistisch. „Wir haben schon so manche Krise überstanden“. In Krisenzeiten würden<br />
die Familien meist von den Renten der Pensionäre <strong>und</strong> „kleinen Dienstleistungen“ leben.<br />
Auch ihr Mann habe keine Angst vor der Krise, denn der repariere Fernseher <strong>und</strong> die würden<br />
immer gebraucht.<br />
Proteste gegen die Erhöhung der Import-Zölle<br />
Völlig kalt lässt die Krise die Menschen im russischen Fernen Osten jedoch keineswegs. Im<br />
Dezember gab es in den Städten Primorje, Wladiwostok <strong>und</strong> auch in Chabarowsk eine<br />
Protestwelle gegen die von Putin angeordnete Erhöhung der Importzölle für japanische<br />
Gebrauchtwagen. In Chabarowsk fahren fast alle rechtsgesteuerte Autos aus Japan. „Über<br />
russische Autos lachen wir nur“, meint der 29jährige Denis, der in der Medienwirtschaft<br />
arbeitet. „Die kann man einfach nicht ernst nehmen.“ Auch die 48jährige Juristin Irina, die<br />
sich lange in der Umweltbewegung für den vom Aussterben bedrohten Amur-Tiger engagiert<br />
hat – im Gebiet Chabarowsk leben noch etwa 80 Exemplare - , hält nicht viel von der<br />
Erhöhung der Zollgebühren, wobei sie die Absicht von Putin, die heimische Autoindustrie zu<br />
unterstützen, natürlich verstehe. „In Chabarowsk ein russisches Auto zu kaufen, ist einfach<br />
nicht attraktiv.“ Ein japanischer Gebrauchtwagen sei viel billiger als ein russischer Neuwagen<br />
<strong>und</strong> biete zudem viel mehr Komfort.<br />
An den EU-Russland-Gipfel hatte Denis keine Erwartungen. Er würde sehr gerne mal nach<br />
Salzburg fahren. Dort soll es schön sein. Aber Reisen von Chabarowsk nach Europa könnten<br />
sich nur Wenige leisten. Meistens fahren die Städter zum Nachbarn China, einfach zum<br />
Shoppen oder nach Thailand, um Urlaub zu machen. Bis zur chinesischen Grenze ist es nur<br />
ein Katzensprung von 20 Kilometern. Der Grenzfluss Amur leidet unter den chinesischen<br />
Industrieabwässern. Baden kann man in dem Fluss schon lange nicht mehr. Wenn man den