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Ärzteblatt Mai 2006 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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auch Patienten selbst stellen müssen. Blech meint es ginge<br />

auch mit weniger. Doch zweifellos: „Medizin schafft Nachfrage<br />

nach noch mehr Medizin.“<br />

Am Ende seines Buches macht der Autor Vorschläge für ein<br />

gesundes Leben und nennt sieben Rezepte gegen eine Übertherapie.<br />

Auf 14 Seiten hat er seine Quellen aufgelistet.<br />

Der Glaube der Patienten an die Medizin ist groß und verständlich.<br />

Lesen sie aber dieses Buch, so wird dieser Glaube erschüttert.<br />

Also empfiehlt sich für alle Ärzte, es zu lesen, nachzudenken,<br />

sich zu besinnen und schließlich vor allem zu handeln!<br />

Literatur und Medizin<br />

Ein Lexikon<br />

Hrsg.: Bettina von Jagow und Florian Steger<br />

Vandenhoeck & Ruprecht 2005<br />

983 Seiten, € 59,00<br />

ISBN 3-525-21018-3<br />

AUSGABE 5 / <strong>2006</strong> 16. JAHRGANG<br />

Dr. C. Brock, Neubrandenburg<br />

Bildeten die Kreuzungspunkte<br />

von Heilkunde<br />

und Dichtkunst seit jeher<br />

ein attraktives und<br />

ergiebiges medizin- wie<br />

literarhistorisches Studienfeld,<br />

das bis in die<br />

europäische Frühzeit zurückreicht,<br />

so repräsentieren<br />

dessen in Einzeluntersuchungendargelegten<br />

Erträge gleichwohl<br />

nur mehr oder<br />

weniger begrenzte Ausschnitte<br />

aus dem entwicklungsgeschichtlichen<br />

Kontinuum beider<br />

Kulturbereiche. Es blieb gewissermaßen bei geistesgeschichtlichen<br />

Momentaufnahmen der jeweils anvisierten<br />

Zeiträume, deren ausgewählten Vertretern sich das wissenschaftliche<br />

Interesse mit seinen unterschiedlichen Fragestellungen<br />

zugewandt hatte.<br />

Wenn Dietrich von Engelhardt vor wenigen Jahrzehnten<br />

noch feststellen mußte, „daß eine umfassende Darstellung<br />

des Verhältnisses von Medizin und Literatur noch nicht veröffentlicht<br />

wurde“ (Dt. Vierteljahrsschr. f. Literaturwiss. u.<br />

Geistesgesch. 52, 3, S. 380), so konnte er nunmehr einem<br />

Opus von inhaltlich wie methodisch herausragender Qualität<br />

ein Geleitwort (Spalten 1-6) mitgeben, das sein 1978 formu-<br />

BUCHVORSTELLUNGEN<br />

liertes Desiderat im Gewande eines sachlich-systematisch angelegten<br />

Wissensspeichers mit über 250 Stichwörtern als lexikalisch<br />

verwirklicht erscheinen lassen kann. Dessen verdienstvolle<br />

Herausgeber Bettina v. Jagow und Florian Steger unterzogen<br />

sich zusammen mit 80 Fachvertretern der Literaturwissenschaft<br />

und der Medizingeschichte (Verzeichnis Sp. 981-<br />

984) in interdisziplinärer und internationaler Kooperation<br />

einer humanwissenschaftlichen Forschungsaufgabe von nicht<br />

zu überschätzendem Gewicht, deren Realisierung die vielschichtige<br />

und folgenreiche Wechselwirkung zweier großer<br />

Denksysteme ins Bewußtsein ruft und zur Transparenz verhilft.<br />

Das anspruchsvolle Unternehmen bewegt sich in einer zeitlichen<br />

Dimension, die mit der Antike beginnt und in der Gegenwart<br />

endet, wobei daran zu erinnern bleibt, daß die Entwicklungsphasen<br />

der Medizingeschichte und die der Literatur<br />

keineswegs identisch sind, worauf Dietrich v. Engelhardt in<br />

seinem Geleitwort (Sp. 3) noch einmal ausdrücklich hinweist.<br />

Wenn für die Aufnahme der Stichwörter der Grad ihrer wechselseitigen<br />

Gewichtigkeit für Literatur und Medizin zugrunde<br />

gelegt werden konnte, so dürfte die Selektion der die abgehandelten<br />

Begriffe literarisch repräsentierenden „Schnittstellen“<br />

angesichts ihrer kaum überschaubaren Fülle den Verfassern<br />

materialbegrenzende Entscheidungen und Verzichte<br />

nicht leicht gemacht haben. Neben der dank gründlicher Belesenheit<br />

allen denkbaren Gattungen schriftstellerischer Produktion<br />

entnommenen Zeugnisse „literarisierter Medizin“<br />

deutscher Sprache werden auch die in überraschender Reichhaltigkeit<br />

zitierten Textbelege englischer, französischer, italienischer,<br />

spanischer und russischer Autoren in die subtilen<br />

Analysen und zeitnah problemorientierten Interpretationen<br />

einbezogen. Ein Personenregister (Sp. 873-912) und ein ausführliches<br />

Werkregister (Sp. 912-980) schließen das Lexikon<br />

ab.<br />

Es wäre ungewöhnlich, wenn auch ein großer Wurf – wie der<br />

hier zu bewertende – keine Wünsche offen ließe. So ist die<br />

im Vorwort (Sp.11) jeweils für den „ersten Teil eines Lemmas“<br />

verheißene „begriffs-respektive kulturgeschichtliche“ Darstellung<br />

des jeweiligen Stichwortes leider nicht konsequent realisiert<br />

worden. Gerade im Interesse jüngerer, vor allem noch<br />

in der Ausbildung befindlicher Leser gehört aber die Verdeutlichung<br />

wortgeschichtlicher Zusammenhänge angesichts einer<br />

schockierenden Bildungsverflachung zu den philologischen<br />

Hilfestellungen von unbestrittener Dringlichkeit. Neben hinlänglich<br />

erläuterten Begriffen wie „Hypochondrie, Melancholie,<br />

Norm, Plazebo“ und sogar „Eifersucht“ oder „Heimweh“<br />

findet sich ein nicht unbeträchtlicher Anteil etymologisch<br />

unkommentiert belassener Lexik, beispielsweise „Inzest, Epilepsie,<br />

Euthanasie“ oder auch „Symptom“. Diese sprachlichen<br />

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