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UNION UND PAROCHIE Die Streitigkeiten zwischen ... - reckerdesign

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und so kam sie zur Ausführung. <strong>Die</strong> Gemeinde wurde mit einer kleinen Entschädigung<br />

abgefunden.<br />

Nun sollte die Reihe der Pfarreinziehungen an die reformirte Gemeinde kommen.<br />

<strong>Die</strong> reformirte Gemeinde hatte sich im J. 1661 gebildet, besonders auf Anregung des<br />

damaligen churbrandenburgischen Gouverneurs von Pöllnitz, auf dessen Gesuch der<br />

Churfürst gestattete, daß die reformirten Soldaten, die bisher im Hause des Gouverneurs<br />

ihren Gottesdienst gehalten hatten, sich der ursprünglich von dem Augustiner-<br />

Orden erbauten, später von den Jesuiten benutzten, und seit deren Vertreibung im J.<br />

1631 leer gestandenen Klosterkirche bedienen durften.<br />

Im J. 1679 bekam die Gemeinde durch einige aus Frankreich geflohene Familien einen<br />

kleinen Zuwachs, der den Churfürsten sofort veranlaßte, einen besonderen französischen<br />

Geistlichen einzustellen, auch die Pfarre mit reichen Schenkungen auszustatten,<br />

daß ihr Vermögen größer war, als das sämtlicher lutherischen Gemeinden<br />

zusammengenommen. Außerdem erhielten die Pfarrer sowohl von preußischer, wie<br />

von lippischer Seite noch einen nicht unbeträchtlichen Staatszuschuß.<br />

Wegen dieser reichen Dotierung lag dann nun auch für die reformirte Gemeinde gar<br />

kein Grund vor, die zweite Pfarrstelle, auch als die letzten Franzosen Lippstadt längst<br />

verlassen hatten, und die reformirte Gemeinde bis auf wenige Familien zusammengeschmolzen<br />

war, und es für den zweiten Pastor nichts anderes thun gab, als an hohen<br />

Festtagen die Nachmittagsgottesdienste zu halten und am Gymnasium einige Unterrichtsstunden<br />

zu geben (weshalb er den Titel „Rector" führte), eingehen zu lassen.<br />

Und so bestand diese Sinecure fort bis zum J. 1821, wo der letzte Inhaber derselben,<br />

der als Gelegenheitsdichter und Komiker bis auf den heutigen Tag noch nicht ganz<br />

vergessene „Rector“ Krägelius an das damals gegründete Landarmenhaus zu Benninghausen<br />

als Geistlicher (!) berufen wurde. – Seitdem stand nur ein Pfarrer an der<br />

reformirten Gemeinde, zuletzt der im J. 1832 verstorbene P. Verhoef.<br />

So waren denn 3 Pfarrstellen beseitigt. Aber „des Volkes ist noch zu viel" sprach der<br />

Herr zu Gideon. Auch Lippstadt hatte noch zu viele Kirchen und Prediger. Man suchte<br />

nach neuen Schlachtopfern. Als ein passendes Object dazu bot sich jetzt die Stiftskirche<br />

und Pfarre dar.<br />

<strong>Die</strong> Stiftskirche war zu ihrer Zeit ein Prachtbau. Mit ihren schlanken Säulen, ihren<br />

hohen Gewölben, ihrem stilvollen Fenstermaaßwerk gab es in Westfalen wenige Kirchen,<br />

die sie an erhabener Schönheit übertrafen, so daß sie sogar jetzt noch, wo sie<br />

als Ruine da steht, die Bewunderung jedes Besuchers erregt.<br />

Wer ihr Erbauer gewesen, ist unbekannt; nur soviel steht geschichtlich fest, daß der<br />

Graf Simon I. von der Lippe im Jahre 1321 den Altar fundiert hat. Sie führte zum Unterschiede<br />

von der Großen Marienkirche den Namen: „ad mariam minorem“, war<br />

lange Zeit die zur gräflich-lippische Stammburg gehörende Schloßkirche, wie denn<br />

noch verschiedene Grafen zur Lippe darin beerdigt worden sind.<br />

Im Anfange der 20ger Jahre zeigten sich die ersten Spuren von Baufälligkeit, die damals<br />

noch mit einem geringen Kostenaufwande hätten beseitigt werden können. Leider<br />

fehlte es aber der Kirchencasse an Mitteln, der Gemeinde an Opferwilligkeit und<br />

dem Lippischen Fürstenhause an jeder Spur von Pietät. Und so ließ man denn den<br />

herrlichen Bau immer mehr und mehr verfallen, bis er schließlich aus sicherheitspolizeilichen<br />

Gründen geschlossen werden mußte. Nach zehnjährigen fruchtlosen Verhandlungen<br />

<strong>zwischen</strong> der Gemeinde und der Staatsbehörde, während welcher Zeit die<br />

Kirche jeglichen Schutzes entbehrte und nicht nur den Einwirkungen von Wind und<br />

Wetter, sondern auch dem Muthwillen und der Zerstörungswuth der Jugend preisgegeben<br />

war – die nach und nach beinahe das gesammte Inventar herausstahl – wurde<br />

die Kirche für den Preis von 1500 rt dem adligen Damenstifte zugeschlagen. – Nach<br />

Abbruch von Thurm, Dach und Gewölbe sind jetzt noch die nackten Außenmauern und<br />

die schönen Fensterverzierungen vorhanden, von dem Stiftsrentmeister Blankenburg<br />

mit vielem Geschmack in die das Stift umgebenden Parkanlagen mit hinein gezogen,

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