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Hinter der Mauer - Berliner Missionswerk

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12<br />

Leben auf <strong>der</strong> Straße<br />

Zum Schluss fahren wir an einem Haus vorbei,<br />

das kürzlich „umgewidmet“ wurde. In diesem<br />

Stadtteil haben findige Siedler herausgefunden,<br />

vor 1948 hätten in bestimmten Häusern Juden<br />

gelebt. Betroffen sind 28 palästinensische Familien.<br />

In zwei Fällen haben die Siedler bereits<br />

vor Gericht gesiegt und die Häuser wurden geräumt,<br />

das letzte vor 2 Wochen. Seitdem wohnt<br />

die palästinensische Familie auf <strong>der</strong> Straße vor<br />

dem Haus, das sofort von Siedlern bezogen<br />

wurde. Eine Leine voll Israelischer Fähnchen<br />

zieht sich über das gesamte Dach. Für ein drittes<br />

Haus war gestern Gerichtstermin. Er endete<br />

mit Vertagung und <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung an die Palästinenser,<br />

mehr Unterlagen beizubringen. So<br />

dürfen sie zumindest noch 3 Monate in ihrem<br />

Haus wohnen bleiben – aber am Ende, das ist<br />

abzusehen, werden sie verlieren. Wenn man<br />

dann daran denkt, dass das Recht auf Rückkehr,<br />

das die palästinensischen Flüchtlinge für ihren<br />

Besitz aus <strong>der</strong> Zeit vor 1948 z. B. in Jaffa und<br />

Akko für sich beanspruchen, natürlich vor Gericht<br />

keinerlei Anerkennung findet …<br />

Unser Jerusalemer Team ist regelmäßig am Ort,<br />

denn hier gibt es fast täglich Zwischenfälle mit<br />

Siedlern und Polizei.<br />

Informationszentrum in Beit Sahour<br />

Besuch im „Alternativen Informations-Center“<br />

in Beit Sahour, einem Nachbarort von Bethlehem<br />

– das ist ein Treffpunkt für Leute, die sich<br />

für die palästinensische Sache engagieren, eine<br />

Reihe Auslän<strong>der</strong>, aber auch Einheimische, meist<br />

junge Leute. Der Empfang ist freundlich. Für 20<br />

Uhr ist ein Vortrag eines Mannes aus Silwan<br />

angekündigt, einem Viertel von Ost-Jerusalem,<br />

das nach Vorstellung <strong>der</strong> Israelis umgewandelt<br />

werden soll in ein Parkgelände – damit man die<br />

Araber loswird, die dort leben, viele seit mehreren<br />

Generationen. Das geht am besten über<br />

Stadtplanung: Es ist ihnen, wie schon gesagt,<br />

verboten zu bauen – also auch keine Schule,<br />

bei einem Anteil von Menschen unter 20 Jahren<br />

von 75%. 2008 haben 9000 palästinensische<br />

Palästina<br />

Kin<strong>der</strong> keinen Schulplatz bekommen wegen<br />

des Klassenraummangels. Ein Einwohner hat<br />

sein Haus an einen Israeli verkauft, nachdem<br />

er eine Abriss-Mitteilung bekommen hatte –<br />

und siehe da: Binnen kürzester Zeit wurde <strong>der</strong><br />

Abriss-Beschluss aufgehoben; auch dies ein<br />

Hinweis auf die Absicht, die hinter diesen Aktionen<br />

steckt.<br />

Was diese Abrissor<strong>der</strong> auch psychologisch für<br />

die Menschen bedeutet, zeigt die Geschichte<br />

einer Familie, <strong>der</strong>en 7-jähriger Sohn plötzlich in<br />

<strong>der</strong> Schule in seinen Leistungen absackte; als<br />

<strong>der</strong> Lehrer daraufhin die Eltern besuchte und<br />

mit ihnen sprach, stellte sich heraus, dass <strong>der</strong><br />

Junge in seiner Schultasche keine Schulbücher<br />

son<strong>der</strong>n seine Spielsachen spazieren trug. Der<br />

Grund war einfach zu finden: Die Abrisse erfolgen<br />

ohne Vorwarnung irgendwann während<br />

des Tages, <strong>der</strong> Junge hatte ein Gespräch seiner<br />

Eltern über die Situation belauscht und trug<br />

seitdem seine Spielsachen mit sich, um nicht<br />

alles zu verlieren, wenn er nach Hause käme<br />

und das Haus wäre nicht mehr da.<br />

Als Deutscher in Palästina<br />

Die Bereitschaft, auf Verhandlungen mit den Israelis<br />

zu setzen, die in den letzten Jahren noch<br />

relativ groß war, ist in diesem Viertel jedenfalls<br />

auf den Nullpunkt gesunken, so schließt <strong>der</strong><br />

Referent seinen Vortrag. Er befürchtet als Folge<br />

eine zunehmende Gewaltbereitschaft in <strong>der</strong><br />

jungen Generation. Und das bringt mich an den<br />

Anfang dieser Veranstaltung zurück – da hatte<br />

nämlich mein Sitznachbar, nachdem er erfahren<br />

hatte, dass ich aus Deutschland komme, mich<br />

nach meiner Meinung zu Adolf Hitler gefragt.<br />

Er sei überzeugt, dass dieser Mann ganz wesentlich<br />

die „unmenschlichen“ Friedensbedingungen<br />

des ersten Weltkrieges für Deutschland<br />

beseitigt habe und, wenn er wohl auch<br />

„schlechte Dinge“ gemacht habe, so doch dafür<br />

gesorgt habe, dass Deutschland in <strong>der</strong> Welt wie<strong>der</strong><br />

eine Rolle spielen konnte. Ich erzähle ihm,<br />

dass die Nazis die Demokratie in Deutschland<br />

abgeschafft, den zweiten Weltkrieg verursacht

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