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Hinter der Mauer - Berliner Missionswerk

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44<br />

Das Kairos-Palästina-Dokument<br />

Die Christen in Palästina haben im Dezember<br />

2009 ein Dokument veröffentlicht, mit dem<br />

sie auf die Lage in Palästina aufmerksam machen<br />

wollen und von dem sie hoffen, mehr<br />

Unterstützung aus den Mitgliedslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Ökumene aber auch innerhalb <strong>der</strong> palästinensischen<br />

Gesellschaft zu bekommen. Es heißt<br />

KAIROS – also übersetzt etwa „<strong>der</strong> richtige<br />

Augenblick“ und ist einem ähnlichen Dokument<br />

aus Südafrika zu Zeiten <strong>der</strong> Apartheid nachempfunden.<br />

Veröffentlichung des KAIROS-Dokuments<br />

Die Zeremonie fand in Bethlehem statt und<br />

ich konnte dabei sein. Ein konkreter Antrag in<br />

diesem Papier ruft zum Warenboykott gegen<br />

Israel auf. Die Autoren sind <strong>der</strong> Meinung, dass<br />

politische Aktion notwendig ist, wollen an<strong>der</strong>erseits<br />

verhin<strong>der</strong>n, dass es wie<strong>der</strong> zur Gewalt wie<br />

während <strong>der</strong> Intifada kommt.<br />

Ich habe berichtet, was die Menschen in diesem<br />

Land erleben: eingeengt in ihrer Bewegungsfreiheit,<br />

beraubt ihres Landes, behin<strong>der</strong>t<br />

in den Möglichkeiten zu bauen, zu lernen, ihren<br />

Kin<strong>der</strong>n eine Zukunft zu geben; sie haben gewaltfreie<br />

und gewalttätige Aktionen probiert,<br />

um zu ihrem Recht zu kommen – was bleibt<br />

ihnen heute zu tun übrig?<br />

Wir haben hier „gelernt“, dass für Palästinenser<br />

Steine werfen gegen Soldaten o<strong>der</strong> Militärfahrzeuge<br />

nicht als Gewalt gilt – die Soldaten<br />

seien so gut geschützt und ihre Antwort sei<br />

immer unverhältnismäßig – auch wenn uns<br />

Palästina<br />

das an die unselige Diskussion aus den 60-er<br />

Jahren über Gewalt gegen Sachen und Gewalt<br />

gegen Personen erinnert. Für uns Deutsche ist<br />

ein Warenboykott natürlich mit einem großen<br />

Problem behaftet: „Kauft nicht beim Juden“<br />

ist noch zu gut in unserem Gedächtnis. So gibt<br />

es Überlegungen, den Boykott als nächsten<br />

Schritt auf Waren aus den Siedlungen zu konzentrieren,<br />

denn durch sie wird die Okkupation<br />

<strong>der</strong> Westbank direkt unterstützt. In England hat<br />

die Regierung im Dezember eine Kennzeichnungspflicht<br />

für Waren aus den Siedlungen<br />

in den besetzten Gebieten beschlossen. Und<br />

hier im „Heiligen“ Land? Es gibt Gruppen, die<br />

den Boykott unterstützen, wie BADIL, die palästinensische<br />

Organisation, die sich um die<br />

Rechte <strong>der</strong> Flüchtlinge kümmert. Sie sagen:<br />

Ja, Boykott bis zum Erreichen von drei Zielen:<br />

Ende <strong>der</strong> Okkupation, gleiche Rechte für alle<br />

Bürger Israels – also auch die Palästinenser,<br />

Rechte <strong>der</strong> Flüchtlinge (also Rückkehr o<strong>der</strong><br />

Kompensation).<br />

An<strong>der</strong>e sind skeptisch: Waren aus den Siedlungen<br />

sind häufig billiger als aus Palästina<br />

– in Husan, erzählte man uns, verkaufen die<br />

Siedler ihre Waren zu Niedrigpreisen und<br />

verdrängen die Einheimischen vom Markt.<br />

Werden die Menschen hier einen Boykott<br />

selbst durchhalten? Auch in <strong>der</strong> israelischen<br />

Friedensbewegung ist <strong>der</strong> Boykott umstritten<br />

– einige unterstützen ihn konsequent als<br />

Weg, die internationale Öffentlichkeit mit <strong>der</strong><br />

Situation zu konfrontieren und damit Druck<br />

auf Israel auszuüben. Sie glauben, wie z. B. Jeff<br />

Halper von ICAHD, nicht an die Chance, von innen<br />

eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> israelischen Politik zu<br />

erreichen. An<strong>der</strong>e, wie Uri Avneri, lehnen ihn<br />

ab mit <strong>der</strong> Begründung, er werde die Wagenburgmentalität<br />

<strong>der</strong> Israelis weiter verstärken,<br />

die sich sowieso von <strong>der</strong> ganzen Welt verlassen<br />

sehen, und dann unvorhersehbare Reaktionen<br />

hervorrufen. Das ist also eine Frage, <strong>der</strong><br />

auch wir uns stellen werden müssen, die wir<br />

ein Interesse an Frieden in diesem geplagten<br />

Land haben.

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