Hinter der Mauer - Berliner Missionswerk
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froh sind, wenn <strong>der</strong> Ablauf irgendwie geordnet<br />
ist, als dass sie Vergnügen daran hätten, die<br />
Menschen zu demütigen. Wie wichtig es dann<br />
ist, sich vor Augen zu führen, dass die Situation<br />
hier niemals „normal“ ist und was für eine Qual<br />
dieses tägliche Spießrutenlaufen für die Palästinenser<br />
ist.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in Haft<br />
Letzte Woche fuhren wir nach Husan, ein Dorf<br />
direkt an <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong>. Das Dorf hat 6000 Einwohner,<br />
über die Hälfte davon Kin<strong>der</strong>. Die große<br />
Siedlung nebenan – es gibt eigentlich überall<br />
„nebenan“ eine Siedlung – hat insofern eine<br />
Beson<strong>der</strong>heit, als die Siedler<br />
hier nicht das Land einfach<br />
besetzt, son<strong>der</strong>n es ihren<br />
palästinensischen Besitzern<br />
abgekauft haben. Im Dorf treffen<br />
wir unseren Kontaktmann,<br />
einen Sozialarbeiter, <strong>der</strong> zum<br />
Dorf-Rat gehört und sich hervorragend<br />
auskennt. Er war<br />
Fatah-Aktivist, ist später zum<br />
islamischen Jihad gewechselt,<br />
um „aktiver“ zu sein. Er<br />
war schon mit 12 Jahren das<br />
erste Mal im Gefängnis und<br />
hat insgesamt 8 Jahre dort<br />
verbracht. Inzwischen ist er<br />
Palästina<br />
EAPPI-Freiwillige beobachten und dokumentieren Geschehnisse<br />
an den Checkpoints.<br />
davon überzeugt, dass nur Gewaltlosigkeit<br />
eine Chance für die nachfolgenden<br />
Generationen bietet. Er hat<br />
selbst Kin<strong>der</strong>, <strong>der</strong> älteste ist 8 Jahre<br />
alt; er möchte nicht, dass seine Kin<strong>der</strong><br />
um ihre Zukunft betrogen werden. Das<br />
Gefängnis schädigt sie nicht nur durch<br />
das Trauma, das sie erleiden, wenn sie<br />
den Soldaten und Wärtern ausgeliefert<br />
sind, son<strong>der</strong>n die Haft führt auch zu<br />
Nachteilen in <strong>der</strong> Schule, in <strong>der</strong> Entwicklung.<br />
Er erzählt: Die Lehrer, die er<br />
jetzt erlebt, haben eine so schlechte<br />
Ausbildung genossen, dass sie kaum<br />
in <strong>der</strong> Lage sind, den Kin<strong>der</strong>n etwas<br />
Richtiges beizubringen! Der Grund ist:<br />
Fast alle haben irgendwann in ihrer Jugend im<br />
Gefängnis gesessen und haben dadurch nur<br />
eine rudimentäre Ausbildung genossen. Allein<br />
in den letzten zwei Jahren sind mehr als 120<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche aus seinem Dorf inhaftiert<br />
worden. Er hat mit an<strong>der</strong>en eine Eingabe<br />
bei <strong>der</strong> Palästinensischen Autonomiebehörde<br />
gemacht, ein Programm zu etablieren, das die<br />
Kin<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Haftentlassung betreut und die<br />
Familien auch, um die traumatischen Erlebnisse<br />
wenigstens einigermaßen verarbeiten zu können.<br />
Mit ihm besuchen wir eine Familie, <strong>der</strong>en<br />
15-jähriger Sohn vor zwei Wochen verhaftet<br />
worden ist. Er wurde am Abend von Soldaten<br />
abgeholt. Die sieben Kin<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Familie mussten<br />
sich alle in einer Reihe<br />
aufstellen, dann hieß es:<br />
wer von Euch ist Fadi?<br />
Und dann bekam er Handschellen<br />
angelegt, die Augen<br />
verbunden und wurde<br />
so durch den ganzen Ort<br />
geführt bis zu dem Transporter<br />
<strong>der</strong> Armee. Seine<br />
Mutter hat ihn bisher nur<br />
einmal sehen, aber nicht<br />
berühren dürfen. Morgen<br />
ist die Verhandlung. Vorge-<br />
Sozialarbeiter in Husan<br />
worfen wird ihm „Steine