Ausgabe 3 2011 • Zentralfest zum 12. Mal in Sursee ... - Schw. StV
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Leserbriefe<br />
Bemerkungen zur «neuen Vision»<br />
für den <strong>Schw</strong>.<strong>StV</strong><br />
Den <strong>StV</strong> gleichsam am Reisbrett neu<br />
zu entwerfen, ist e<strong>in</strong> verlockender<br />
Ansatz. Man sollte bei diesem<br />
Vorgehen aber e<strong>in</strong>ige <strong>StV</strong>-Erfahrungswerte<br />
nicht ganz vergessen. In diesem S<strong>in</strong>ne erlaube<br />
ich mir e<strong>in</strong> paar Bemerkungen zur <strong>StV</strong>-Vision,<br />
welche laut Antrag der «Arbeitsgruppe<br />
Ewig» für die kommende GV <strong>Sursee</strong> <strong>in</strong> den<br />
nächsten zwei Vere<strong>in</strong>sjahren umgesetzt werden<br />
soll (vgl. Civitas 2/<strong>2011</strong>, S. 34 f.).<br />
E<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong> – zwei Mitgliederkategorien.<br />
Laut Vorschlag sollen Altherren und<br />
Aktive neu <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> unter Führung<br />
der Aktiven zusammengefasst werden. Die<br />
GV Engelberg hatte 2008 mit «Unisono»<br />
e<strong>in</strong> sehr ähnlich lautendes Projekt klar<br />
verworfen. Dies mit gutem Grund. Bei e<strong>in</strong>er<br />
Zusammenführung von Aktiven und<br />
Altherren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Generalversammlung<br />
stellt sich neben dem logistischen Problem<br />
(Raumgrösse) nämlich vor allem die Frage<br />
nach der Praktikabilität des Sitzungsablaufs.<br />
Der Ablauf e<strong>in</strong>er solchen Gross-GV<br />
müsste zwecks Durchführbarkeit – mehr als<br />
es heute die «E<strong>in</strong>zel-GVen» s<strong>in</strong>d – weitgehend<br />
standardisiert werden, womit e<strong>in</strong>e unflexible<br />
Massenabfertigung droht, weil den<br />
e<strong>in</strong>zelnen Traktanden und Voten weniger<br />
Aufmerksamkeit geschenkt werden kann.<br />
Die komplizierten separaten Abstimmungsmodi<br />
(nach Zuständigkeiten getrennte Traktandenlisten<br />
und Abstimmungen Aktive/<br />
Altherren) kosten zudem Zeit und schaffen<br />
zusätzliche organisatorische Fehlerquellen.<br />
E<strong>in</strong> junger CP könnte bei der Sitzungsführung<br />
schnell überfordert se<strong>in</strong>.<br />
Nach dem Motto «zwei Vere<strong>in</strong>e unter<br />
e<strong>in</strong>em Dach» kann das bisherige Modell<br />
den unterschiedlichen Aufgaben und Bedürfnissen<br />
von Altherren und Aktiven weit<br />
besser genügen.<br />
Die postulierte Führungsrolle, welche<br />
der <strong>StV</strong> als Me<strong>in</strong>ungsbildner <strong>in</strong> der<br />
Bildungspolitik übernehmen soll, ist e<strong>in</strong><br />
Wunsch, der nicht erst unter der aktuellen<br />
AHB-Führung regelmässig vorgebracht<br />
wurde. Schon früher musste man das Paradox<br />
feststellen, dass wir zwar Studentenvere<strong>in</strong><br />
heissen, bildungspolitische Fragen<br />
und Diskussionen (v. a. Zentraldiskussionen)<br />
den <strong>StV</strong>er aber kaum <strong>in</strong>teressierten.<br />
Dieser Tatsache gilt es Rechnung zu tragen,<br />
weshalb sich e<strong>in</strong>e Fokussierung des <strong>StV</strong> auf<br />
Bildungsfragen nicht empfiehlt. Wollte man<br />
den an Schul- und Bildungspolitik nicht<br />
wirklich <strong>in</strong>teressierten <strong>StV</strong>er dennoch entsprechend<br />
«sensibilisieren», geht das nicht<br />
ohne die tatkräftige Unterstützung durch<br />
<strong>in</strong> diesem Bereich engagierte Kräfte. Die<br />
absehbare Entwicklung liefe darauf h<strong>in</strong>aus,<br />
dass e<strong>in</strong>ige wenige Akteure im Namen des<br />
Vere<strong>in</strong>s Papiere und Vorschläge produzierten,<br />
deren Abstützung im Gesamtvere<strong>in</strong><br />
aber regelmässig prekär ausfallen würde.<br />
Denn es ist nicht anzunehmen, dass die <strong>in</strong><br />
der Schul- und Bildungspolitik der letzten<br />
Jahre zu verzeichnende Emotionalisierung<br />
der Diskussionen und Heterogenität der<br />
Positionen vor den Mitgliedern des <strong>StV</strong> haltmachen<br />
würde. In diesem Zusammenhang<br />
sei an die Warnung e<strong>in</strong>es der wichtigsten<br />
«<strong>StV</strong>-Väter» Joseph Gmür (CP 1843–45) er<strong>in</strong>nert,<br />
der dem jungen Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong>sbesondere<br />
bei tagespolitischen Fragen grösstmögliche<br />
Zurückhaltung empfahl. Diese erreicht<br />
man nicht durch dessen Fokussierung auf<br />
kon troverse Themen. Die von Gmür empfohlene<br />
Zurückhaltung <strong>in</strong> der tagespolitischen<br />
Arena wurde im Übrigen an der GV<br />
<strong>in</strong> <strong>Sursee</strong> 1864 ausdrücklich bestätigt (vgl.<br />
Schönenberger, Geschichte des <strong>Schw</strong>. <strong>StV</strong>,<br />
Immensee 1941, S. 127 ff.). In diesem S<strong>in</strong>ne<br />
appelliere ich anlässlich der diesjährigen<br />
GV <strong>Sursee</strong> an den genius loci.<br />
Der <strong>StV</strong> ist sich selbst genug. Er ist<br />
e<strong>in</strong> «self-conta<strong>in</strong>ed system», e<strong>in</strong>e «societas<br />
perfecta» und lebt von se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrierten<br />
Vielfalt, die er etwa im Rahmen der Zentraldiskussion,<br />
der <strong>Zentralfest</strong>e oder der<br />
unzähligen gemischten Stämme und Anlässe<br />
auf den Plätzen und <strong>in</strong> den Regionen<br />
<strong>zum</strong> Ausdruck br<strong>in</strong>gen kann. E<strong>in</strong>e politische,<br />
noch dazu monothematische Aussenwirkung<br />
ist nichts, was der Tradition<br />
des Vere<strong>in</strong>s entsprechen würde. Er braucht<br />
sich <strong>in</strong> bildungspolitischen und überhaupt<br />
politischen Fragen als Ganzes nicht für die<br />
e<strong>in</strong>e oder andere Me<strong>in</strong>ung zu entscheiden<br />
und schon gar nicht nach aussen zu positionieren.<br />
Dies wäre jedoch unumgänglich,<br />
wollte er die vorgeschlagene Me<strong>in</strong>ungsführerschaft<br />
<strong>in</strong> Bildungsfragen übernehmen.<br />
Solcherlei Ambitionen bergen angesichts<br />
der <strong>in</strong> diversen sachpolitischen Fragen nicht<br />
zu überhörenden Heterogenität des Vere<strong>in</strong>s<br />
e<strong>in</strong> beträchtliches Spaltpotenzial. Auch<br />
wenn der Vere<strong>in</strong> aufgrund se<strong>in</strong>er Positionierung<br />
möglicherweise Mitglieder gew<strong>in</strong>nen<br />
könnte; er würde wahrsche<strong>in</strong>lich ebenso<br />
viele Interessenten und Mitglieder aus demselben<br />
Grund wieder verlieren.<br />
Dem Vorschlag, die e<strong>in</strong>jährige Zentraldiskussion<br />
durch mehrjährige «Zentralaktionen»<br />
zu ersetzen, muss Folgendes<br />
entgegengehalten werden: In unserer kurzlebigen<br />
Zeit mit ihren schnell wechselnden<br />
Aufmerksamkeiten ist der Jahrestakt zur<br />
gründlichen Aufarbeitung e<strong>in</strong>er Thematik<br />
ausreichend und angemessen. Länger<br />
dauernden Aktionen droht erfahrungsgemäss<br />
das Ausfransen und Versanden,<br />
<strong>zum</strong>al dann, wenn die immer personenabhängige<br />
Führung fehlen sollte. Überdies<br />
implizieren mehrjährige «Aktionen» e<strong>in</strong>e<br />
Entfernung von der Scientia, von der wissenschaftlichen<br />
Beschäftigung mit e<strong>in</strong>em<br />
konkreten Thema, h<strong>in</strong> zu – sicherlich gut<br />
geme<strong>in</strong>tem, aber schnell verpuffendem<br />
– sozialem Aktionismus. Der <strong>StV</strong> hat als<br />
akademischer Vere<strong>in</strong> immer den Anspruch<br />
verfolgt, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er glaubwürdigen Weise<br />
mit unterschiedlichen Fragen geistig ause<strong>in</strong>anderzusetzen.<br />
In diesem S<strong>in</strong>ne ist die Zentraldiskussion<br />
als solche beizubehalten. Für<br />
das andere bestand <strong>in</strong> der Vergangenheit im<br />
Bedarfsfall immer auch genügend Raum.<br />
Man darf und soll sich Gedanken<br />
über die Aufgabe des <strong>StV</strong> machen und<br />
kann im E<strong>in</strong>zelnen durchaus konkrete und<br />
gut begründete Änderungen der Statuten<br />
vorschlagen. Grundsätzlich bieten die geltenden<br />
Strukturen aber e<strong>in</strong>e ausreichende<br />
Flexibilität, um den <strong>StV</strong> auf die Anforderungen<br />
und Fragen unserer Zeit e<strong>in</strong>zustellen.<br />
David R. Wenger v/o Zw<strong>in</strong>gli<br />
Dr. iur., AL, HR, CP 2001/02<br />
civitas 3-<strong>2011</strong> 47