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Die Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers nach ...

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<strong>Die</strong> <strong>Arzneimittelhaftung</strong> <strong>des</strong> <strong>pharmazeutischen</strong> <strong>Unternehmers</strong> <strong>nach</strong> dem Arzneimittelgesetz<br />

Nr. 2 AMG auf die im Zivilprozess anerkannten herkömmlichen Beweiserleichterungen, wie<br />

den Anscheinsbeweis, zurückzugreifen 536 .<br />

Das bedeutet für die <strong>Arzneimittelhaftung</strong> aus § 84 S. 2 Nr. 1 AMG, dass der Beweis, das<br />

Arzneimittel habe beim bestimmungsgemäßen Gebrauch für den Verbraucher eine schädliche<br />

Wirkung, vom Geschädigten durchaus mit Hilfe <strong>des</strong> Anscheinsbeweises erbracht werden<br />

kann. <strong>Die</strong>ser Beweis setzt dann einen typischen Geschehensablauf der Art voraus, dass aus<br />

der Lebenserfahrung oder aus den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft infolge<br />

eines bestimmten Schadens beim Verbraucher von einer schädlichen Wirkung <strong>des</strong><br />

Arzneimittels für den Menschen ausgegangen werden kann 537 .<br />

Erleichtert wird der Nachweis der schädigenden Wirkung <strong>des</strong> Arzneimittel beim<br />

bestimmungsgemäßen Gebrauch für den Geschädigten, wenn durch eine gleiche<br />

Arzneimittelcharge bei mehreren Verbrauchern infolge der Verwendung <strong>des</strong> Arzneimittels<br />

eine Rechtsgutsverletzung und damit eine Schädigung eintrat 538 .<br />

Ist dieser Beweis durch den Geschädigten aber erst einmal als erbracht anzusehen, dann<br />

spricht häufig auch ein Anscheinsbeweis zu Gunsten <strong>des</strong> Beweispflichtigen dafür, dass die<br />

Anwendung <strong>des</strong> fehlerhaften Arzneimittels für die Rechtsgutsverletzung <strong>des</strong> Geschädigten<br />

ursächlich war 539 . Hier wird allgemein der Erfahrungssatz eines Anscheinsbeweises<br />

eingreifen, wo<strong>nach</strong> beim bestimmungsgemäßen Gebrauch <strong>des</strong> Arzneimittels mit seinen<br />

schädlichen Wirkungen, die beim Verbraucher eingetretenen Schädigungen aufgrund ihrer<br />

Gleichartigkeit mit den anderen typischerweise aufgetretenen Schäden von der Anwendung<br />

<strong>des</strong> Arzneimittels durch den Geschädigten stammen. <strong>Die</strong> Häufigkeit der aufgetretenen<br />

Schädigungen mag dann auch als Anschein dafür gewertet werden, dass es sich um einen<br />

Entwicklungs- 540 oder Herstellungsfehler handelt 541 .<br />

Des Weiteren wird für den sog. Fehlerbereichs<strong>nach</strong>weis vom Vorliegen eines Anscheins-<br />

beweis gesprochen, wenn der pharmazeutische Unternehmer nicht überzeugend glaubhaft<br />

536<br />

Sander AMG § 84 S. 15; Deutsch, Medizinrecht Rdn. 884 derselbe in FS für Larenz S. 113 und in VersR 1979, 689 sowie in Allg.<br />

Haftungsrecht Rdn. 663, 667, 682ff; Wiedemann, S. 37f; Kullmann, Aktuelle Rechtsfragen S. 143; Nicklisch, FS für Niederländer S. 347;<br />

Weitnauer Pharm.Ind. 1978, 428; Reinelt VersR 1990, 566; Rolland, S. 303; Cloidt-Stotz, S. 149; Kloesel/Cyran AMG § 84 Blatt 105; BT-<br />

Dr. 12/8591 S. 174; BT-Dr. 12/8591 S. 584 (Gutachten–Hart); Schiwy AMG § 84 S. 32; Simitis, Grundfragen der Produzentenhaftung<br />

S. 87ff; v. Bar NJW 1998, 6 (Beilage); OLG Celle VersR 1983, 1144; OLG Stuttgart VersR 1990, 632f (beide Entscheidungen lehnen zwar<br />

im konkreten Fall einen Anscheinsbeweis ab, schließen seine Anwendung aber grundsätzlich nicht aus)<br />

537<br />

OLG Celle VersR 1983, 1143; Kullmann/Pfister KZ 3800 S. 45; Wiedemann, S. 38; Rolland, S. 303; Kloesel/Cyran AMG § 84 Blatt 105;<br />

Schiwy AMG § 84 S. 32<br />

538<br />

Kullmann, Aktuelle Rechtsfragen S. 143; Kullmann/Pfister KZ 3800 S. 46; das Allheilmittel ist diese Sachverhaltsgegebenheit aber auch<br />

nicht, wie die Schwierigkeiten <strong>des</strong> Nachweises der Kausalität in den Conterganfällen, aufgrund <strong>des</strong> unvollkommenen Wissens der Menschen<br />

in diesem Bereich, offenbart hat<br />

539<br />

Kloesel/Cyran AMG § 84 Blatt 105; Kullmann, Aktuelle Rechtsfragen S. 144; Schiwy AMG § 84 S. 32<br />

540<br />

Deutsch, Medizinrecht Rdn. 891; OLG Celle VersR 1983, 1143; a.A. Kullmann/Pfister KZ 4371 S. 8, die annehmen, dass der<br />

Geschädigte nicht darzutun braucht, das es sich um einen Herstellungsfehler handelt<br />

541<br />

wobei hier wieder auf die Kausalitätsschwierigkeiten beim Conterganfall hingewiesen werden muss, mit dem Ergebnis, dass für den<br />

Arzneimittelbereich solche Verallgemeinerungen nicht pauschal getroffen werden können<br />

122 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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