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Die Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers nach ...

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<strong>Die</strong> <strong>Arzneimittelhaftung</strong> <strong>des</strong> <strong>pharmazeutischen</strong> <strong>Unternehmers</strong> <strong>nach</strong> dem Arzneimittelgesetz<br />

Aus den beigezogenen Akten <strong>des</strong> Versorgungsamtes ergab sich nämlich der begründete<br />

Verdacht, dass die Klägerin mit einem Immundefekt belastet war. Aufgrund <strong>des</strong><br />

Immundefektes bestand bei der Klägerin die ernsthafte Möglichkeit, dass dieser Defekt die<br />

Resistenz <strong>des</strong> Körpers der Klägerin gegenüber den abgeschwächten TBC–Erregern <strong>des</strong><br />

Impfstoffes herabgesetzt hatte und diese schwere und bisher bei der Impfung mit diesem<br />

Mittel noch nicht aufgetretene Schädigung verursachte. Damit bestand neben der Möglichkeit<br />

der Verursachung <strong>des</strong> Schadens durch einen Herstellungs- oder Entwicklungsfehler eine<br />

weitere ernsthafte und in Betracht zu ziehende Möglichkeit der Erkrankung bei der Klägerin.<br />

Der Anscheinsbeweises kam als Nachweismöglichkeit nicht mehr in Betracht. <strong>Die</strong> Klägerin<br />

war daher verpflichtet, den vollen Beweis <strong>des</strong> Vorliegens eines Herstellungsfehlers zu<br />

erbringen. <strong>Die</strong>ses war ihr aber in diesem Fall nicht möglich.<br />

Eine Haftung <strong>des</strong> beklagten <strong>pharmazeutischen</strong> Unternehmens <strong>nach</strong> der weiteren<br />

Haftungsvorschrift <strong>des</strong> § 84 S. 2 Nr. 2 AMG war aus denselben Gründen wie bei einem<br />

Anspruch <strong>nach</strong> § 84 S. 2 Nr. 1 AMG für die Klägerin nicht gegeben, da es sehr zweifelhaft<br />

war, dass angesichts <strong>des</strong> Immundefektes bei der Klägerin ein Instruktionsfehler die Ursache<br />

für die Schädigungen war. <strong>Die</strong> Reaktionen <strong>des</strong> Arzneimittels bei einem Immundefekt musste<br />

als unvorhersehbar angesehen werden, da <strong>nach</strong> der amtlichen Auskunft eine solche<br />

schwerwiegende Gesundheitsverletzung verursacht durch das Impfungsmittel noch nicht<br />

aufgetreten war. Aus dem gleichen Grunde bestand auch keine Haftung <strong>des</strong> Herstellers wegen<br />

einer Arzneimittelschädigung gemäß § 823 BGB.<br />

6.5.2.2 <strong>Die</strong> Beweislastumkehr bei § 84 S. 2 Nr. 1 AMG<br />

Anhaltspunkte dafür, dass dem Geschädigten zum Nachweis der haftungsbegründenden<br />

Kausalität und der Anspruchsvoraussetzungen eine Beweislastumkehr 544 zu Hilfe kommen<br />

kann, sind bis jetzt in der Rechtsprechung noch nicht zu finden und werden von der wohl<br />

überwiegenden Auffassung in der Literatur, da die Haftungsvorschrift <strong>des</strong> § 84 AMG sie<br />

ausdrücklich nicht vorsieht, als zweifelhaft abgelehnt 545 .<br />

Eine andere Auffassung in der Literatur will die Beweislastumkehr bei § 84 S. 2 Nr. 1 AMG<br />

dann eingreifen lassen, wenn ein schwerer Entwicklungs- oder Herstellungsfehler dem<br />

<strong>pharmazeutischen</strong> Unternehmer <strong>nach</strong>zuweisen ist 546 .<br />

Angelehnt wird diese Forderung der Etablierung einer Beweislastumkehr sowohl für<br />

544 zu den Reformbestrebungen siehe unten 14.1.2<br />

545 Kullmann/Pfister KZ 3800 S. 46; Kullmann, Aktuelle Rechtsfragen S. 144; Sander AMG § 84 S. 17; Schiwy AMG § 84 S. 32 <strong>nach</strong> ihm<br />

soll eine direkte Anwendung der Beweislastumkehr nicht möglich sein; so jetzt auch Deutsch, Medizinrecht Rdn. 884; grundlegend kann<br />

man zu den Beweiserleichterungen für den §84 S. 2 Nr. 2 AMG sagen, dass die zu den Beweiserleichterungen vertretenen Auffassungen<br />

doch sehr verworren und umstritten sind<br />

124 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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