06.01.2013 Aufrufe

Die Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers nach ...

Die Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers nach ...

Die Arzneimittelhaftung des pharmazeutischen Unternehmers nach ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Die</strong> <strong>Arzneimittelhaftung</strong> <strong>des</strong> <strong>pharmazeutischen</strong> <strong>Unternehmers</strong> <strong>nach</strong> dem Arzneimittelgesetz<br />

§ 84 AMG um eine reine Gefährdungshaftung handelt, wie es die Gesetzesüberschrift<br />

proklamiert, muss bezweifelt werden 394 . Von einer Gefährdungshaftung kann man bei<br />

§ 84 AMG am ehesten noch bei § 84 S. 2 Nr. 1 AMG sprechen. <strong>Die</strong>ser beinhaltet die Haftung<br />

für Entwicklungsrisiken, weil gefährliche Arzneimittel als Gefahrenquelle wegen der nicht<br />

umfassenden Erkenntnisse und Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft über die Wirkungen<br />

von vor allem neuen Arzneimitteln, als Risiken nicht ausgeschlossen werden können.<br />

Geschieht als Folge der Verwirklichung eines Entwicklungsrisikos ein Schadenseintritt beim<br />

Verbraucher, so soll diese Schädigung ihn nicht als Schicksalsschlag treffen, sondern ein<br />

Schadensausgleich <strong>nach</strong> Gefährdungshaftungsgrundsätzen erfolgen. Insofern handelt es sich<br />

bei § 84 S. 2 Nr. 1 AMG um eine Gefährdungshaftung.<br />

<strong>Die</strong>se Haftung für die Verwirklichung von Entwicklungsrisiken <strong>nach</strong> dem Tatbestand <strong>des</strong><br />

§ 84 S. 2 Nr. 1 AMG stellt die einzige reine Gefährdungshaftung <strong>nach</strong> § 84 AMG dar 395 .<br />

Zwar ergibt sich diese Haftungsmöglichkeit nicht direkt aus dem Wortlaut <strong>des</strong> § 84 S. 2<br />

Nr. 1 AMG. <strong>Die</strong>ser will eine Haftung für schädliche Wirkungen eines Arzneimittels eintreten<br />

lassen, wenn sie aus dem Bereich der Entwicklung stammen. Damit könnten aber nur reine<br />

Konstruktionsfehler gemeint sein. Für eine Haftung bei der Verwirklichung von<br />

Entwicklungsrisiken spricht jedoch der historische Hintergrund, auf der die Schaffung der<br />

Haftungsnorm <strong>des</strong> § 84 AMG beruht. Als Hauptauslöser <strong>des</strong> Gesetzgebungsverfahrens zum<br />

AMG´76 müssen die Conterganfälle gelten. Bei diesen Fällen wäre eine Haftung neben der<br />

Problematik <strong>des</strong> Kausalitäts<strong>nach</strong>weises daran gescheitert, dass § 823 BGB keine Haftung für<br />

Entwicklungsrisiken beinhaltete. Wäre bei einem möglichen Zivilverfahren vom Vorliegen<br />

der Kausalität ausgegangen worden, hätten die Geschädigten in den meisten Fällen trotzdem<br />

keinen Erfolg gehabt, da nur bei einer Haftung für Entwicklungsrisiken ein Schadensersatzanspruch<br />

bestanden hätte. Denn die teratogenen Wirkungen <strong>des</strong> Thalidomids waren für den<br />

Arzneimittelhersteller nicht erkennbar oder vorhersehbar gewesen. Gerade aus diesem Grund<br />

wurde vom damaligen Gesetzgeber mit der Haftungsvorschrift <strong>des</strong> § 84 AMG eine Norm<br />

geschaffen, die diese Arzneimittelschädigungen mit umfasst. Der Arzneimittelgeschädigte<br />

sollte nicht wieder bei der Verwirklichung von Entwicklungsrisiken mit seinem Schaden<br />

allein gelassen werden. Aus diesem Grund musste für diese Fälle eine Gefährdungshaftung<br />

geschaffen werden. Bei der Verwirklichung von Entwicklungsrisiken gab es kein<br />

394 in BT-Dr. 7/5091 S. 9 wird die Haftung für Arzneimittelschäden als begrenzte besondere Gefährdungshaftung bezeichnet; Schmidt-<br />

Salzer, S. 113ff, 164 sowie Kullmann/Pfister KZ 3500 S. 2 sprechen in diesen Fällen von einer Unrechtshaftung oder<br />

verschuldensunabhängigen Haftung; <strong>nach</strong> BT-Dr. 12/8591 S. 268 handelt es sich bei der Haftung <strong>nach</strong> dem AMG nicht um eine<br />

Gefährdungshaftung, sondern um eine objektive Fehlerhaftung; Deutsch, Allg. Haftungsrecht Rdn. 665 spricht nicht von einer reinen<br />

Gefährdungshaftung, sondern von einer erweiterten Gefährdungshaftung - siehe auch in VersR 1992, 523<br />

395 ebenso Weitnauer Pharm.Ind. 1978, 426<br />

90 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!