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Jahresbroschüre der DGIM 2009 - Deutsche Gesellschaft für Innere ...

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Fremdnützige Forschung mit nicht einwilligungsfähigen<br />

Teilnehmern<br />

Mit dem Kriterium Minimal Risk/Minimal Burden<br />

bei fremdnütziger Forschung an nicht einwilligungsfähigen<br />

Patienten hat die Deklaration von Helsinki<br />

im letzten Satz des neuen § 27 eine Bedingung aufgenommen,<br />

die einen zusätzlichen Schutz <strong>für</strong> nicht<br />

einwilligungsfähige Studienteilnehmer darstellt.<br />

Forschung und Plazebo<br />

Beson<strong>der</strong>s umstritten bleibt das Problem <strong>der</strong> Forschung<br />

mit Plazebo, sofern eine geprüfte Standardtherapie<br />

vorhanden ist. Bis zur Version im Jahr 2000<br />

hatte die Deklaration von Helsinki diese Option<br />

kategorisch ausgeschlossen. 2002 setzt jedoch ein<br />

Paradigmenwechsel ein: Der damalige klarstellende<br />

Kommentar erlaubte, neue Präparate gegen Plazebo<br />

trotz vorhandener Standardtherapie zu testen,<br />

sofern wissenschaftliche Gründe eine solche Erforschung<br />

erfor<strong>der</strong>ten o<strong>der</strong> die Patienten nicht mit<br />

ernsthaften und irreversiblen Schäden zu rechnen<br />

hätten. Unter den zahlreichen Empfehlungen zur<br />

Forschung mit Plazebos nahm die Deklaration von<br />

Helsinki eine extrem freizügige Position ein.<br />

Unumstritten bleibt bei <strong>der</strong> aktuellen Überarbeitung<br />

<strong>der</strong> Vorschlag, den klarstellenden Kommentar<br />

in den Text aufzunehmen. Zudem bildete sich eine<br />

Mehrheit, die die beiden Bedingungen – wissenschaftliche<br />

Notwendigkeit, kein ernsthafter und<br />

irreversibler Schaden – mit einem „und“ verknüpft<br />

sehen wollte. Dieser Paragraf blieb allerdings umstritten.<br />

Bis zum Ende des Beratungsprozesses<br />

äußerten sich Stimmen, die ein völliges Verbot des<br />

Vergleichs einer neuen Therapie gegen Plazebo for<strong>der</strong>ten,<br />

sofern eine geprüfte Standardtherapie vorhanden<br />

sei. Nach ausgiebigen Beratungen ergänzte<br />

die Generalversammlung in Seoul im Rahmen <strong>der</strong><br />

Überarbeitung des neuen § 32 als Teilkompromiss<br />

den Satz: „Extreme care must be taken to avoid<br />

abuse of this option.“ Eine WMA-Arbeitsgruppe<br />

wird die weiterhin bestehende Kontroverse zu Plazebos<br />

in klinischen Studien beraten.<br />

Mit <strong>der</strong> Formulierung „Best current proven Intervention“<br />

hat die Deklaration den besten gesicherten<br />

Standard als Vergleich in klinischen Studien festgelegt<br />

und nur die beschriebenen Ausnahmen zugelassen.<br />

Mit <strong>der</strong> Festlegung auf die beste gesicherte<br />

Intervention hat die Deklaration den zweitbesten<br />

Standard als Vergleich ausgeschlossen und damit<br />

klinische Forscher in einigen Teilen <strong>der</strong> Welt vor ein<br />

Problem gestellt. Diese Regelung könnte die ohne-<br />

hin mangelhafte Forschung in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

noch weiter einschränken.<br />

Rechte <strong>der</strong> Studienteilnehmer<br />

Auch die Rechte <strong>der</strong> Studienteilnehmer nach Abschluss<br />

einer Studie wurden kontrovers diskutiert.<br />

Die alte Formulierung legte fest, dass alle Patienten<br />

nach Abschluss <strong>der</strong> Studie Zugang zu den als<br />

überlegen bewerteten Methoden haben sollten.<br />

Diese Norm ist unscharf: Wer ist da<strong>für</strong> verantwortlich<br />

– finanziell und organisatorisch – wo<strong>für</strong><br />

genau und wie lange? Gilt die Vorschrift auch, wenn<br />

sich <strong>der</strong> Standard als überlegen herausstellen sollte?<br />

Aufgrund dieser Unklarheiten gab es bei den<br />

Beratungen zwischenzeitlich den Vorschlag, den<br />

Patienten nur noch ein Recht zuzubilligen, über die<br />

„Post Study Arrangements“ im Voraus informiert<br />

zu werden. Die jeweiligen Vereinbarungen wären<br />

demnach nicht weiter inhaltlich bewertet worden,<br />

jede Regelung wäre akzeptabel gewesen. Dies hätte<br />

jedoch die Rechte <strong>der</strong> Studienteilnehmer deutlich<br />

geschwächt und galt deswegen als inakzeptabel.<br />

Deshalb hat <strong>der</strong> neue § 33 (und zum Teil <strong>der</strong> neue<br />

§ 14) die alte Formulierung des klarstellenden Kommentars<br />

aufgenommen, jedoch etwas unschärfer<br />

formuliert: „… for example, access to interventions<br />

identified as beneficial in the study or to other appropriate<br />

care or benefits …“ Mit dem „for example“<br />

bleiben die Interpretationsschwierigkeiten vorhanden,<br />

die – wenn auch unklaren – Rechte des Patienten<br />

werden aber nicht zurückgenommen.<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Für eine weitere Revision bieten sich jetzt bereits<br />

mehrere Themen an. Hierzu zählen die Rechte <strong>der</strong><br />

Studienteilnehmer nach Abschluss einer Studie<br />

sowie die Forschung mit Plazebo. Man darf den Wert<br />

und die Vorteile dieses Dokuments jedoch nicht unterschätzen:<br />

Es erhebt den Anspruch internationaler<br />

Gültigkeit oberhalb von Gesetzen, ist ein Dokument<br />

von Ärzten <strong>für</strong> Ärzte, ist weithin bekannt und verfügbar,<br />

besitzt mittlerweile eine lange Tradition und<br />

enthält deutlich mehr Unstrittiges als Umstrittenes.<br />

Die neue Fassung hat zudem Lücken geschlossen,<br />

wichtige Details ergänzt, <strong>der</strong> Text wurde sprachlich<br />

überarbeitet und stellt nach Auffassung des WMA<br />

eine Verbesserung dar. Daran än<strong>der</strong>n auch die Punkte<br />

nichts, die weiterer Bearbeitung bedürfen.<br />

Nach einem Beitrag im Dt. Ärzteblatt:<br />

Wiesing, Urban; Parsa-Parsi, Ramin W.:<br />

Deklaration von Helsinki: Neueste Revision<br />

Dtsch Ärztebl <strong>2009</strong>; 106: A 503-506<br />

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