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Weiße Schönheiten 96 Westphal Architekten, Bremen Die Schweiz ...

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Ein Atriumhaus ganz besonderer Art<br />

Atelier Kempe Thill, Rotterdam<br />

<strong>Die</strong> gartenstadt Vahr ist für ihre grüne Wohnqualität bekannt, die<br />

vorhandene „luftigkeit“ soll verträglich bebaut werden, in diesem fall ist<br />

das ein garagenhof, auf den in zukunft verzichtet werden kann. Kompakt<br />

heißt die parole mit größen von 50 bis 85 Quadratmeter für Singles oder<br />

jene Wohnform, die sich daraus ergeben könnte: junges familienwohnen.<br />

Der soziale Wohnungsbau gehört zu <strong>Bremen</strong> wie die Weser – allerdings gilt<br />

diese Übertragung nicht für die letzten zehn bis 20 Jahre; die Raten stagnierten,<br />

die technischen Anforderungen sind gestiegen und die Kriterien der Nachhaltigkeit<br />

werden anspruchsvoller. Das alles hat die Lage verändert. <strong>Die</strong> <strong>Architekten</strong><br />

Kempe und Thill sind die deutschen, das heißt sächsischen Botschafter in den<br />

Niederlanden, kombinieren deutsche Perfektion mit niederländischer Offenheit.<br />

Sie verstehen sich in der Tradition der SuperDutch aus den 1990er Jahren mit<br />

deutschen Wurzeln. Für ihren Bürostandort hat es sich ergeben, dass sie in der<br />

restaurierten Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam, in einem kleinen einstöckigen Gewerbe<br />

ihr Atelier eingerichtet haben; dort sind sie täglich konfrontiert mit den vielleicht<br />

bestproportionierten Glasfassaden an einer Fabrik, die die klassische Moderne je<br />

produziert hat (Architektur: Jan Brinkman und Leen van der Vlugt, mit Mart Stam).<br />

Der gekonnte Umgang mit Glas gehört auch zu den hervorragenden Fähigkeiten<br />

von Kempe Thill. Auf die Frage, was die Essenz ihrer Arbeit im Wohnungsbau hier<br />

in der Vahr sein könnte, erwidert Oliver Thill:<br />

„Wir sind hier sehr kompakt vorgegangen, legen Häuser und damit<br />

Wohnungsgrundrisse noch tiefer als bisher an. Das bringt den Vorteil<br />

mit sich, preisgünstiger zu werden, weniger fassade bedeutet kleineren<br />

preis usw. Doch dann drehen wir das Spiel um. Wir können uns<br />

nämlich auf diese Weise einen größeren glasanteil leisten und mit<br />

dem paar klaustrophobisch/offen bei der Wahrnehmung spielen. Das<br />

geht einher mit serienmäßigem Bauen und vorfabrizierten Elementen.<br />

Und wir begrenzen die zahl der zu entwickelnden Details.“<br />

Kempe Thill verfügen inzwischen über eine Erfahrung von mehr als 20 Jahren,<br />

nennen diese Erfahrung auch „krass“ und haben den Aufnahmetest in den<br />

Niederlanden tapfer bestanden, wobei dieses Land als sehr anspruchsvoll und<br />

erfahren im gut strukturierten Wohnungsbau gilt. Sie sind nun in der Lage, diese<br />

Erfahrungen nach Deutschland zurückzuimportieren und in <strong>Bremen</strong>, also in der<br />

Gartenstadt Vahr erweist sich dies als Glücksfall. Das Gebiet erinnert heute nicht<br />

mehr an die einst heroische Phase der Moderne, hier decken mächtige Baumdächer<br />

die Klötzchenstatements von einst einfach zu. Gepflegt und durchaus attraktiv<br />

wirkt das. Der Neubau ist auf dem Terrain eines alten Garagenhofes geplant,<br />

der durch eine offene Tiefgarage ersetzt würde. Oliver Thill:<br />

68 69 „UNGEWöHNLiCH WOHNEN!“<br />

„Im mittelpunkt musste erstens eine neue Idee stehen! So denken<br />

wir an ein großes Atrium, zweitens versuchen wir das Wohnen in der<br />

gemeinschaft zu forcieren. Und drittens wollten wir eben das grün<br />

nutzen, denn das ist wohl die sich aufdrängende Qualität des Areals.“<br />

In der Reaktion auf die alten Fassaden, die wegen ihrer Lochstruktur den<br />

Häusern etwas Martialisches verleihen, werden die Neubauten offen gestaltet – als<br />

Reaktion auf die Umgebung, auf die neuen hofartigen eingefassten Flächen. Der<br />

wertvolle Baumbestand, der den neuen Bauplatz einrahmt, formuliert einen optischen<br />

Schutzraum für die Neubauten. <strong>Die</strong> innere Erschließungsorganisation (siehe<br />

Skizzen) ergibt sich aus Optimierungsgedanken und Kosten-Nutzen-Denken, am<br />

Ende der Gedankenkette Mehrspänner – Erschließung – Laubengang steht hier<br />

das Modell doppelter gegenüberliegender Laubengänge, die ein Atrium umschließen.<br />

Auf diese Weise kann das Laubenganghaus neu konzipiert werden und gerät<br />

zum Atriumhaus – mit der Morgengabe, dass 40 Wohnungen mit einem Lift bzw.<br />

zwei Treppenhäusern erschlossen werden können. Es entsteht eine „flexible Ringzone“<br />

der Nutzungen mit verschiedenen Wohntypen mit Zwei- bis Vierzimmerwohnungen.<br />

Und in den seitlichen „Rundungen“ erhält man zusätzlichen Gemeinschaftsraum<br />

fast gratis. Auch außen lassen sich Kempe Thill Besonderes einfallen:<br />

„Wir denken an kleine Interventionen, nennen das Intarsie und Exot,<br />

entwickeln also eine entsprechend gestaltete feine fassade, weil sie<br />

sich stark vom Bestand unterscheidet und sich damit etwas neues<br />

entwickelt – der Dialog zwischen alt und neu allein ist schon positiv!“<br />

<strong>Die</strong> Konstruktion ist als einfache Schottenbauweise auch nachhaltig, wenn<br />

eine nicht tragende Holz- bzw. Glasfassade in kompakter Form vorgehängt werden<br />

kann. Oder statt teurer Wärmeverbundsysteme über gesprühte Energiesparhäute<br />

diskutiert wird. Oder Container als Schuppen auf dem Dach statt teure Keller<br />

angeboten werden. Dort entsteht als Ersatz der aufgegebenen Garagen eine<br />

natürlich ventilierte, halb eingegrabene Fläche für PKW unter dem hochgesetzten<br />

Erdgeschoss, das für Familien mit Gartenanschluss geeignet ist.<br />

<strong>Die</strong> Strategie von Kempe Thill heißt, eingefahrene Denkweisen zu hinterfragen<br />

und weiterzuentwickeln – hier geht sie auf!

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