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Weiße Schönheiten 96 Westphal Architekten, Bremen Die Schweiz ...

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Aus Einfamilienhäusern Stadt bauen<br />

zweimeterzehn, <strong>Bremen</strong><br />

zweimeterzehn ist ein fast subversiver name für ein Architekturbüro,<br />

einer, der fragen nach seiner Bedeutung aufwirft. Aber er ist nicht das<br />

einzige, was an den Stadthausentwürfen für den Stadtwerder überrascht<br />

– in einer Kombination aus vernünftiger größe und hanseatischer geste,<br />

jenseits der üblichen Erwartungshaltungen an Einfamilienhäuser.<br />

Jost Herbert und Wolfgang Tobias, die Inhaber von zweimeterzehn, arbeiten<br />

mit ihrem Architekturbüro im Erdgeschoss einer bescheidenen, aber gewohnt gut<br />

proportionierten Ausgabe des Bremer Hauses und erleben täglich die Vorteile dieses<br />

traditionellen Haustypus. Und das passt gut zu ihrer Arbeit. Bauen in <strong>Bremen</strong><br />

fassen Jost Herbert und Wolfgang Tobias in etwa so zusammen:<br />

„Schon im Voraus heißt es immer: Egal, was da steht, Hauptsache, es<br />

sieht hanseatisch aus!“<br />

Aber was ist bremisch, hanseatisch? Vermutlich definiert sich das vor allem<br />

über das Material, eben den roten Klinker. <strong>Die</strong> Gestaltungsfibel, die für den<br />

Stadtwerder von der entsprechenden Projektentwicklungsgesellschaft aufgrund<br />

der Wettbewerbsergebnisse und deren Schnittmenge entwickelt wurde 1 , nimmt<br />

darauf Rücksicht und gibt entsprechende Hinweise. Sinn und Zweck ist es natürlich,<br />

städtebaulichen Zusammenhang und dadurch Quartierscharakter zu erzeugen<br />

– auch in diesem Teil des Stadtwerder, der recht locker durch Einzelgänger<br />

besiedelt wird. Sie korrespondieren durch einheitliche Kubatur oder Traufhöhen<br />

und Flachdach. Bei den Materialien führt Backstein die Liste der Empfehlungen<br />

an, doch werden auch Holz, Glas und anderes befürwortet. In diesem Fall spielen<br />

die <strong>Architekten</strong> mit der Farbe: statt Blaurot fein geschlemmte Steine in Richtung<br />

Braungelb. Ihr dreigeschossiger Vorschlag einer Stadtvilla mit 200 oder 300<br />

Quadratmetern für größere Grundstücke ist so entwickelt, dass er als Bautypus<br />

verwendet, also auch anderswo gebaut werden könnte. Auch wenn das Bremer<br />

Haus im Original ein Reihenhaus ist, werden Grundmotive an diesem Einzelhaus<br />

wiederholt:<br />

„<strong>Die</strong> Aufteilung in zonen zum Beispiel Erschließung, Wohnen/Arbeiten,<br />

privat/halböffentlich, durchlaufende Räume mit unterschiedlichem<br />

Charakter und ihre Belichtungsmöglichkeiten.“<br />

<strong>Die</strong> Erschließung erinnert tatsächlich an den Geist des Bremer Hauses,<br />

übereinander sind verschiedene Raum- und Nutzungsangebote gestapelt, immer<br />

auch im Stil des Durchwohnens, also mit einer möglichen Belichtung und Besonnung<br />

über den ganzen Tag. Das führt soweit, dass Etagen „getauscht“ werden<br />

können, sich also unten eine Einliegerwohnung (zum Beispiel Altenwohnen)<br />

befindet und darüber erst die Beletage des Hauptmieters. Oder der Bereich für<br />

126 127 STADTWERDER ii<br />

alltägliche Abläufe mit Küche und Essraum wird nach unten gelegt und darüber<br />

kann dann eine Art frei zu gestaltender Multifunktionsraum entstehen. Und darüber<br />

dann wieder ein Einliegerbereich usw.:<br />

„man muss allerdings immer damit rechnen, dass all die schönen<br />

Vorschläge wieder auf konventionelle Ansprüche zurückgeschraubt<br />

werden. Das soll heißen: Wenn diese Häuser dann wirklich über den<br />

Bauträger verkauft werden, muss der Entwurf auch Klischees befriedigen.<br />

Das ist zwar manchmal frustrierend, weil man vorher freiräume<br />

gefunden hatte, die offensichtlich keiner will.“<br />

Gestalterisch arbeiten die <strong>Architekten</strong> mit wenigen durchgehenden Motiven<br />

wie raumhohen Fenstern. Sie verzichten auf plastischen Schmuck. Vieles wird<br />

nach innen gelegt, so werden Loggien aus der Wand ausgestanzt, damit außen<br />

alles schlicht und einfach wirkt: Eine homogene Haut aus Klinker umhüllt die Wohnung.<br />

Sie stellt die harmonische Beziehung her zu den anderen neuen Bauten auf<br />

dem Stadtwerder und zur „Umgedrehten Kommode“ – man begreift schnell, es<br />

gehört hier alles zusammen!<br />

Es gibt wohl – nicht nur in <strong>Bremen</strong> – nur wenige gelungene Versuche, mit<br />

dem Typ Einfamilienhaus innerstädtischen Städtebau zu markieren. <strong>Die</strong>ser Versuch<br />

kann wegen seiner materiellen und auch stadträumlichen Qualität beweisen,<br />

dass die richtige Antwort auf unkontrollierten Wildwuchs nur die Stringenz von<br />

Architektur sein kann; eine gute Voraussetzung dafür ist es, dass alle Baufelder<br />

des Stadtwerder über Wettbewerbe entschieden wurden.<br />

<strong>Die</strong> Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet übrigens: <strong>Die</strong> ersten gemeinsamen<br />

Büroräume von Jost Herbert und Wolfgang Tobias lagen im Souterrain<br />

und besaßen die lichte Deckenhöhe von 2,10 Metern. Da die vollständigen<br />

Namen der beiden <strong>Architekten</strong> ausschließlich aus Vornamen bestehen, hätte das<br />

zu Verwirrungen geführt, denn die familiennamentliche Büromarke (Herbert + Tobias)<br />

eignet sich eher für den Brand eines deutschen Schlagerduos; da war doch<br />

zweimeterzehn der willkommene Ausweg für eine Firmierung mit programmatischer<br />

Deutungsfähigkeit.<br />

1 Spengler/Wiescholek/Höing u. a.: Strukturplan Stadtwerder. Gestaltungsfibel für die<br />

Bebauung des Baufeldes B3 für die Stadthäuser. <strong>Bremen</strong> 2010

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