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Kerzen aus der Domstadt Fulda - in Fulda

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8<br />

IST TRAUERN<br />

NOCH ZEITGEMÄSS?<br />

Trauer begleitet das menschliche Leben von<br />

<strong>der</strong> Geburt bis zum Tod.<br />

Wenn e<strong>in</strong> Mensch geboren wird, dann we<strong>in</strong>t<br />

er laut, die Umstehenden aber lachen. Am<br />

Ende se<strong>in</strong>es Lebens ist es genau umgekehrt:<br />

dann we<strong>in</strong>en die Umstehenden, er selber aber<br />

lacht, denn er geht nach H<strong>aus</strong>e.<br />

Es wird immer Abschied,Trennung und Trauer<br />

geben, so lange Menschen auf dieser Erde<br />

leben. Aber jedem Abschied entspricht auch<br />

e<strong>in</strong>e Ankunft. An Bahnhöfen und Flugplätzen<br />

kann man manchmal ergreifende Abschiedsszenen<br />

sehen. Abschied ist immer schmerzlich.<br />

Wenn aber die Zurückbleibenden die ersehnte<br />

Nachricht erreicht: „B<strong>in</strong> gut angekommen!“,<br />

dann herrscht große Freude.<br />

Ist nicht <strong>der</strong> Tod wie e<strong>in</strong>e Geburt? Haben wir<br />

nicht alle diesen Vorgang schon e<strong>in</strong>mal erlebt?<br />

Ausgestoßen <strong>aus</strong> dem Mutterschoß, <strong>der</strong> für<br />

uns e<strong>in</strong> Raum <strong>der</strong> Geborgenheit war, wurden<br />

wir vom Kreislauf des Lebens getrennt und auf<br />

uns selbst gestellt. E<strong>in</strong>e neue Form des Lebens<br />

begann – schöner und fasz<strong>in</strong>ieren<strong>der</strong> als zuvor.<br />

Oft höre ich Menschen sagen: „An das<br />

Weiterleben nach dem Tod würde ich ja gerne<br />

glauben, aber es ist noch ke<strong>in</strong>er zurückgekehrt.“<br />

Man stelle sich vor: e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das im Mutterleib<br />

sagt: „An e<strong>in</strong> Leben ‚draußen‘ würde ich ja<br />

gerne glauben, aber es ist noch niemand<br />

zurückgekommen.“<br />

Der S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Geburt ist eben nicht das<br />

Zurückkehren <strong>in</strong> den Schoß <strong>der</strong> Mutter, son<strong>der</strong>n<br />

das neue Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt außerhalb.<br />

In <strong>der</strong> Antike gebrauchte man gerne das Bild<br />

von Raupe und Schmetterl<strong>in</strong>g. Die Raupe<br />

gleicht dem sterblichen Menschen.<br />

Sie ist hässlich, kriecht auf <strong>der</strong> Erde, ist bl<strong>in</strong>d<br />

und nährt sich von Blättern und Gräsern.<br />

Doch dann geschieht das Wun<strong>der</strong>: die Raupe<br />

„stirbt“, <strong>in</strong>dem sie sich verpuppt. Nun wird sie<br />

zu e<strong>in</strong>em neuen Leben „geboren“.<br />

W<strong>in</strong>fried Abel, Dechant<br />

Mit bunt schillernden Flügeln erhebt sie sich <strong>in</strong><br />

die Lüfte, strahlt <strong>in</strong> wun<strong>der</strong>barer Schönheit<br />

und nährt sich vom Nektar <strong>der</strong> Blumen. Das<br />

Leben <strong>der</strong> Raupe wurde nicht zerstört, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Lebensform verwandelt.<br />

Genau das ist die tröstliche Botschaft: „…den<br />

Gläubigen wird das Leben gewandelt, nicht<br />

genommen" – heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kirchlichen<br />

Lobpreisgebet.<br />

E<strong>in</strong>em Patienten, <strong>der</strong> wegen se<strong>in</strong>er tränenden<br />

Augen e<strong>in</strong>en Arzt aufsuchte, sagte <strong>der</strong><br />

Mediz<strong>in</strong>er: „We<strong>in</strong>en ist völlig normal.<br />

Menschen müssen ständig we<strong>in</strong>en, weil das<br />

menschliche Auge <strong>in</strong> die Tränenflüssigkeit e<strong>in</strong>gebettet<br />

ist – darum ist <strong>der</strong> Mensch Tag und<br />

Nacht e<strong>in</strong> We<strong>in</strong>en<strong>der</strong>.“<br />

Trauer gehört also zum menschlichen Leben<br />

wie die Luft, die wir atmen. Unser Leben vollzieht<br />

sich ja <strong>in</strong> ständigen Übergängen. Die<br />

Trauer markiert e<strong>in</strong>en solchen Übergang. Der<br />

Trauernde wird mit e<strong>in</strong>er ganz neuen<br />

Lebenssituation konfrontiert. Er bleibt zurück,<br />

<strong>der</strong> Sterbende aber schreitet durch die Pforte<br />

des Lebens. Die Zurückbleibenden we<strong>in</strong>en.<br />

Darum hat das Trauerritual e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Bedeutung:Trauer als Abschiedsschmerz, nicht<br />

aber als Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.<br />

Jesus Christus sagt: „Amen, amen, ich sage<br />

euch: Ihr werdet we<strong>in</strong>en und klagen, ihr werdet<br />

traurig se<strong>in</strong>, aber eure Trauer wird sich <strong>in</strong><br />

Freude verwandeln.“ (Joh.16,20).<br />

Bevor Christus <strong>in</strong> die Welt kam, wussten die<br />

Menschen vom Leben nur wenig, weil sie den<br />

Tod nicht „entziffern“ konnten. Nun aber wissen<br />

wir:Wenn das Weizenkorn <strong>in</strong> die Erde fällt<br />

und stirbt, br<strong>in</strong>gt es hun<strong>der</strong>tfache Frucht (vgl.<br />

Joh.12,24). Gläubige Menschen f<strong>in</strong>den im Tod<br />

das „Leben <strong>in</strong> Fülle“. Seit Jesu Christi Kommen<br />

heißt die bange Frage nicht mehr: „Gibt es e<strong>in</strong><br />

Leben nach dem Tod?“ – son<strong>der</strong>n: „Gibt es e<strong>in</strong><br />

Leben vor dem Tod?“

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