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Mitteilungen 80 - Geschichte in Schleswig-Holstein

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leuchtet, wieso es im deutsch-dänischen Grenzland ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Kulturerbe<br />

oder e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same <strong>Geschichte</strong> gibt (S.49). Zu glauben, dass dies<br />

e<strong>in</strong>e „harmonisierte“ <strong>Geschichte</strong> voraussetzt, ist nachweislich falsch. Denn,<br />

wer <strong>in</strong> der Grenzregion lebt, weiß aus eigener Erfahrung, dass zu e<strong>in</strong>em<br />

geme<strong>in</strong>samen Kulturerbe auch Kriege, Konflikte und Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

gehören. – Und es gehört der Wille dazu, den Dialog voran zu br<strong>in</strong>gen.<br />

„Das Kulturerbe ist als e<strong>in</strong> Werkzeug zu verstehen“, sagte Peter Dragsbo,<br />

Leiter des Sonderburger Schlossmuseums, als er 2009 anlässlich des Idstedt-<br />

Tages gebeten wurde, e<strong>in</strong>e Ansprache zu halten (GFH 1/2009, S.10), und<br />

er fuhr fort: „(Es ist) e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle Anstrengung, die es uns ermöglicht,<br />

größere Perspektiven zu erkennen und auch unsere eigene Nation <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Verhältnis zu den anderen Nationen dieser Welt zu setzen“. Das heißt, dass<br />

das Erkennen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Kulturerbes e<strong>in</strong> Aufe<strong>in</strong>ander-Zu-Gehen<br />

voraussetzt, und genau dafür steht Jan Schlürmann nicht. Es ist schon bemerkenswert,<br />

wie e<strong>in</strong>fach er es sich macht, <strong>in</strong>dem er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Artikel mit<br />

ke<strong>in</strong>er Silbe auf die verschiedenen Initiativen e<strong>in</strong>geht, die es zum<strong>in</strong>dest seit<br />

Ende der 1920er Jahre für e<strong>in</strong>e Rückführung des Idstedt-Löwen gegeben<br />

hat. Auch <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht ist es hilfreich, den schon mehrfach zitierten<br />

Aufsatz von Lars Henn<strong>in</strong>gsen heranzuziehen, weil dort zum e<strong>in</strong>en deutlich<br />

wird, was die Stoßrichtung jener Bemühungen war. Zum anderen ist daraus<br />

auch ersichtlich, dass es für die dänische M<strong>in</strong>derheit dabei niemals um<br />

die „Restauration“ ( S.44) nationalistischer Botschaften gegangen ist. Dazu<br />

nur zwei konkrete Beispiele: Der „<strong>Schleswig</strong>sche Vere<strong>in</strong>“ der dänischen<br />

M<strong>in</strong>derheit versuchte 1928 über se<strong>in</strong>en Sprecher <strong>in</strong> der Flensburger Ratsversammlung,<br />

den Kaufmann I.C.Møller, den Magistrat dazu zu bewegen,<br />

den Löwen zurück zu holen. Die Begründung lautet, dass man dadurch<br />

„unliebsame Gegensätze ausgleichen“ könnte. Der Löwe könnte „goldene<br />

Brücken“ bauen und zur Völkerverständigung beitragen. Die Antwort des<br />

Magistrats war e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges Ne<strong>in</strong>. Die letzte mehr oder weniger offizielle<br />

Anfrage an die Ratsversammlung <strong>in</strong> Sachen „Löwe“ kam 1982 vom „Borgerforen<strong>in</strong>gen“<br />

und erreichte vielleicht nicht e<strong>in</strong>mal den Tisch des Magistrats.<br />

Henn<strong>in</strong>gsen referiert jedenfalls nur e<strong>in</strong>e Notiz im Vorstandsprotokoll<br />

des Vere<strong>in</strong>s: „Bruno Uldall nimmt Kontakt mit Stadtarchivar Dr. Schütt<br />

auf <strong>in</strong> der schlauen Absicht, e<strong>in</strong>e breite deutsche Zustimmung dafür zu gew<strong>in</strong>nen,<br />

das Biest zurückzubekommen“ (GFH 2/2010, S.121).<br />

Erst zehn Jahre später kam es zu e<strong>in</strong>em neuen Vorstoß, <strong>in</strong>itiiert von Artur<br />

Thomsen, dem Vorsitzenden des Grenzfriedensbundes und früheren Stadtpräsidenten,<br />

der feststellte: „Die Zeit ist reif“. Se<strong>in</strong>e Begründung verdient es,<br />

noch e<strong>in</strong>mal zitiert zu werden, macht sie doch deutlich, dass es ke<strong>in</strong>e statische<br />

Geschichtsauffassung gibt: „Wir sollten alle unsere Kräfte <strong>in</strong> diesen Prozess<br />

der E<strong>in</strong>igung <strong>in</strong>vestieren und gleichzeitig anderen Völkern deutlich machen,<br />

dass da e<strong>in</strong> anderes Deutschland neu entstanden ist, e<strong>in</strong> Land näm-<br />

18.04.<strong>Mitteilungen</strong>_<strong>80</strong>_ Innenseiten.<strong>in</strong>dd 58 20.04.11 12:06

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