3. Preis Philipp Blumhardt - Christentum und Kultur
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VI Moderne Schöpfungstheologie<br />
84<br />
schwarzer leerer Raum) vor oder neben Gott, sondern ist theologischer Aus-<br />
druck dafür, dass sich Welt <strong>und</strong> Mensch samt Raum <strong>und</strong> Zeit Gott allein <strong>und</strong><br />
keiner anderen Ursache verdanken.“ (HANS KÜNG) 82<br />
2 creatio continua<br />
„Die Schöpfung geht weiter, Gottes Schöpfungsakt geht weiter!“ (HANS<br />
KÜNG) 83<br />
Mit diesen Worten beschreibt HANS KÜNG, was man unter dem lateinischen<br />
Fachausdruck creatio continua verstehen kann. Es geht dabei in erster Linie<br />
darum, dass Gottes Schöpfung keineswegs ein singuläres Ereignis am Anfang des<br />
Kosmos, vielleicht sogar noch vor dem Urknall war, von dem an sich die Welt frei<br />
<strong>und</strong> ohne Lenkung entwickelt hat, sondern dass Gottes Schöpfung über den<br />
Urknall hinaus weiter andauert. Gott hat nach der Idee einer andauernden<br />
Schöpfung, während der Entwicklung des Kosmos, weiterhin in dessen Schicksal<br />
eingegriffen. Ein oft als wahrscheinlich angenommener Zeitpunkt für ein erneutes<br />
schöpferisches Eingreifen Gottes ist der Beginn der Evolution. Diese Idee bietet<br />
uns eine vollkommen neue Gr<strong>und</strong>lage, das Sieben-Tage-Werk am Anfang der<br />
Bibel auf eine etwas andere Art zu verstehen, wobei an dieser Stelle um Missver-<br />
ständnissen vorzubeugen, nochmals an die Aussageabsicht dieses Textes erin-<br />
nert werden sollte.<br />
Eine naturwissenschaftliche Erklärungsmöglichkeit, die keineswegs ein Hinweis<br />
liefert, sondern lediglich den physikalischen Spielraum für eine creatio continua<br />
bietet, ist die moderne Quantenphysik, deren Zufälle den Glauben an ein schöp-<br />
ferisches Handeln Gottes ermöglichen. Der hier vorliegende Indeterminismus, auf<br />
dessen Gr<strong>und</strong>lage die Welt sich zufällig entwickelt, kann auch als schöpferisches<br />
Handeln gesehen werden. Es gibt naturwissenschaftlich keine Möglichkeit, die<br />
Beeinflussung der uns als zufällig erscheinenden Quantenprozesse durch Gott<br />
auszuschließen. Es ginge jedoch zu weit, auf dieser Gr<strong>und</strong>lage von einem Hinweis<br />
für eine andauernde Schöpfung zu sprechen. 84<br />
82 Hans Küng, „Credo“, München 1992, Seite 33<br />
83 Hans Küng, „Credo“, München 1992, Seite 32<br />
84 Vgl. Wolfhart Pannenberg, „Die Frage nach Gott als Schöpfer der Welt <strong>und</strong> die neuere<br />
Kosmologie“, erschienen in Helmut A. Müller (Hrsg.), „Kosmologie – Fragen nach Evolution<br />
<strong>und</strong> Eschatologie der Welt“, Göttingen 2004, Seite 203