Arbeiten? Ja, arbeiten! - Lebenshilfe Wien

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„Gemma Arbeit anschauen!“ „Morgen Ausflug?“ Wenn er durch das Schulhaus geht, wird Hannes Seidl so von Schülerinnen und Schülern daran erinnert, dass er sie doch bald wieder zu einer berufskundlichen Realbegegnung mitnehmen soll. Wie diese Ausflüge im Rahmen der unverbindlichen Übung „Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufswelt“ im Sonderpädagogischen Zentrum Herchenhahngasse im 21. Bezirk genannt werden. Ingrid Wick fragte nach. ? Wie sieht die Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufwelt aus? In manchen Schulstunden bearbeiten wir Themen wie die selbstständige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, den Umgang mit Geld etc. Wir vergleichen auch den Tagesablauf in der Schule mit dem in einer Arbeitsstelle. Manchmal stellen wir uns vor, wir wären bei einer Arbeit, und spielen Chef und Arbeiter oder Berufe erraten. Jeden Donnerstag nehme ich eine Gruppe ab der 9. Klasse zu Exkursionen mit. Wir besuchen die Tageswerkstätten von verschiedenen Organisationen, aber auch das Sonderprojekt der Wiener Gärten, wo man Gartenarbeiter werden kann. Auf dem Weg dorthin sprechen wir viel über Traumberufe, über das, was man dafür können muss und was besonders wichtig ist. Die Fotos vom Ausflug bauen wir zu einer Bildgeschichte zusam- men und hängen ein Plakat im Schulhaus auf. Die besten Ausflüge ergeben sich, wenn wir ehemalige Mitschüler/ innen an ihren Arbeitsplätzen besuchen und sie uns stolz durch ihre Arbeitsstätte führen. ? Gibt es auch Schnuppertage innerhalb des Schuljahres? Wer sich etwas genauer ansehen möchte, kann später Schnuppertage oder eine Schnupperwoche ausmachen, meistens ab dem 10. Schuljahr. Die Eltern fixieren einen Termin. ? Gibt es Gespräche mit Eltern und Kindern? In meiner Sprechstunde reden wir gemeinsam, welche Arbeitsmöglichkeiten es gibt und was man vorher machen, beachten muss, z. B. Formulare ausfüllen oder zu welcher Stelle man gehen kann oder muss. ? Ist es leicht einen Arbeitsplatz bzw. einen Werkstattplatz zu bekommen? Meine Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem unauffällige Jugendliche oft gleich nach einer Schnupperwoche in Beschäftigungsgruppen aufgenommen werden. Verhaltensauffällige Jugendliche mit erhöhtem Pflegeaufwand werden mit Hinweis auf noch erforderliche Nachreife gerne auf später vertröstet. Manche Arbeitsplätze sind sehr begehrt, da muss man vielleicht zuerst etwas Anderes beginnen, um z. B. später in einer Küche arbeiten zu können. ? Welche Probleme gibt es? Mein größtes Problem ist, wenn die Jugendlichen nach der Schule zu Hause sitzen und nichts machen. Manche Eltern glauben auch, dass ihre Kinder gar nichts arbeiten können. Das stimmt aber nicht, und dann haben die 20 www.lebenshilfe-wien.at >>> MITMACHEN Herbst 2012
Kinder auch keine Arbeitskollegen, keine Abwechslung und verlernen die Dinge, die sie in der Schule schon einmal gekonnt haben. Für viele ist das Ausfüllen von Formularen zu schwer, ich muss beim Ausfüllen helfen. Manche Eltern sind sehr aufgeregt, ob es auch der richtige Platz ist. Ich sage dann, man kann ja später auch seinen Arbeitsplatz wieder wechseln. ? Gibt es genug Angebote? Die Angebote für unsere Schulabgänger erweitern sich laufend: Neue Vereine bieten neue Arbeitsbereiche, alte Vereine erproben neue Konzepte und realisieren neue Standorte. Alle sprechen von integrativen Möglichkeiten und einige englische Wörter hören wir immer häufiger: Clearing, Outplacement, Peer- Group, Jobready, Empowerment … MITMACHEN Herbst 2012 >>> www.lebenshilfe-wien.at Einige Vereine benannten sich um, so bringen wir immer neue bunte Folder und Prospekte von unseren Ausflügen mit. Die große Bandbreite von Möglichkeiten überfordert Eltern und Kinder. Was ist das Richtige? Was ist für mich (noch) zu schwierig? Wo fühlt sich mein Kind wohl? Hannes Seidl Lehrer, betreut zur Zeit 53 junge Menschen im 9., 10., 11. oder 12. Schuljahr im Sonderpädagogischen Zentrum Herchenhahngasse im 21. Bezirk und begleitet sie gemeinsam mit Eltern und Erzieher/innen in das Berufsund Erwachsenenleben Foto: H. Seidl Kurz erklärt: Clearing: Klärung der Fähigkeiten und Möglichkeiten eines Menschen mit Hilfe von Fachleuten Outplacement: Professionelle Hilfe zur beruflichen Neuorientierung (wörtlich: woanders hin platzieren) Peer Group: Gruppe von Menschen mit ähnlichen Fähigkeiten, die voneinander lernen Jobready: Bereit für die Arbeit auf einem normalen Arbeitsplatz Empowerment: Stärkung der Fähigkeiten eines Menschen (power = Kraft) Fotos: Angelika Löffler, Richard Pobaschnig 21
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