Vision
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<strong>Vision</strong><br />
M08 Hildegard und Friedrich I. Barbarossa<br />
Friedrich I. Barbarossa wird am 4. März 1152 in<br />
Frankfurt zum König gewählt. Hildegard nimmt sofort<br />
mit dem neugewählten König Kontakt auf und<br />
schreibt:<br />
Es ist wunderbar, dass der Mensch einer solchen anziehenden<br />
Persönlichkeit bedarf, wie du, König, es bist. Höre: Ein Mann stand auf einem hohen Berge,<br />
blickte in alle Täler hinein und schaute, was jeder darin tat. Er hielt einen Stab in der Hand und teilte alles<br />
richtig ein, so das grünte, was dürr war, und aufwachte, was schlief. […] Sei vielmehr ein bewaffneter<br />
Streiter, der dem Teufel widersteht, damit Gott dich nicht stürze und dadurch Schande über dein irdisches<br />
Reich komme […] Gott schütze dich, mögest du leben in Ewigkeit! Wirf also die Habsucht ab und wähle<br />
Enthaltsamkeit: das ist es, was der höchste Gott liebt.<br />
Nachdem ihm Hildegard die Kaiserkrone prophezeit hat, wird Barbarossa am 18. Juni 1155 von<br />
Papst Hadrian heimlich, ohne Wissen der Römer, die sowohl dem Papst als auch Barbarossa feindlich<br />
gesinnt waren, zum Kaiser gekrönt. Barbarossa schreibt an Hildegard:<br />
[…] Wir machen deiner Heiligkeit bekannt: Das, was du uns vorausgesagt hast, als wir dich bei unserem<br />
Aufenthalt in Ingelheim gebeten hatten, vor uns zu erscheinen, halten wir bereits in Händen. [..] Du darfst<br />
aber die sichere Überzeugung haben, dass wir bei jedwedem Anliegen, das du uns vorträgst, weder auf<br />
die Freundschaft noch auf den Hass irgendeiner Person Rücksicht nehmen werden.<br />
Einige Jahre später bedankt sich Hildegard für die Schutzurkunde, die Barbarossa dem Kloster Rupertsberg<br />
ausgestellt hat und es damit endgültig aus der Abhängigkeit der Klosters Disibodenberg<br />
befreit hat. Hildegard weiss darum, dass der Kaiser noch auf ein Kind als Thronfolger wartet. Sie<br />
tröstet ihn:<br />
Und wisse, dass ich Gott aus ganzem Herzen bitten werde, Er möge dich trösten durch einen ihm wohlgefälligen<br />
Erben und wunderbar an dir Seine Barmherzigkeit erweisen, damit du durch ein gutes und<br />
gerechtes Leben in dieser Zeitlichkeit verdienst, nach dem Tod von ihm hinübergeführt zu werden in die<br />
ewigen Freuden.<br />
Barbarossa und seiner Frau werden zwei Söhne geboren, der zweite übernimmt ab 1190 als Heinrich<br />
VI. die Regierung des Reiches.<br />
Später geraten der Papst und Barbarossa in Konflikt. Barbarossa ernennt selbst Gegenpäpste, um<br />
die Macht des Papstes zu schwächen. Hildegard schreibt:<br />
O König, es ist dringend notwendig, dass du in deinen Handlungen vorsichtig bist. Ich sehe dich nämlich<br />
in der geheimnisvollen Schau wie ein Kind, einen unsinnig Lebenden vor den Augen [Gottes]. Noch hast<br />
du Zeit, überirdische Dinge zu herrschen. Gib acht, dass der höchste König dich nicht zu Boden streckt<br />
wegen der Blindheit deiner Augen, die nicht richtig sehen, wie du das Zepter zum rechten Regieren in<br />
deiner Hand halte musst. Darauf hab acht: Sei so, dass die Gnade Gottes nicht in dir erlischt!<br />
Und wenig später:<br />
Der da IST, spricht: Die Widerspenstigkeit zerstöre Ich, und den Widerstand derer, die mir trotzen, zermalme<br />
Ich durch mich selbst. Wehe, wehe, diesem bösen Tun der Frevler, die Mich verachten! Das höre,<br />
König, wenn du leben willst! Sonst wird Mein Schwert dich durchbohren!<br />
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