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Wirtschaftliches Potenzial - AHK Italien

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Inhalt<br />

Vorwort ................................................................................................................................... 5<br />

1 <strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong>..................................................................................... 6<br />

1.1 Basisdaten........................................................................................................................ 6<br />

1.2 Regionen .......................................................................................................................... 7<br />

1.2.1 Emilia-Romagna ..................................................................................................... 8<br />

1.2.2 Toskana.................................................................................................................. 12<br />

1.2.3 Latium.................................................................................................................... 17<br />

1.2.4 Umbrien................................................................................................................ 23<br />

1.2.5 Marken.................................................................................................................. 26<br />

1.3 Außenhandel .................................................................................................................. 29<br />

2 Entwicklung des Unternehmenssektors ....................................................... 33<br />

2.1 Aussichten und Trends................................................................................................... 33<br />

2.2 Regionale Industriecluster ............................................................................................ 35<br />

2.3 Handel und Tourismus................................................................................................... 38<br />

2.4 Ausländische Direktinvestitionen .................................................................................. 41<br />

2.5 Wissenschaft und Technologie ...................................................................................... 43<br />

3 Regionaler Arbeitsmarkt ..................................................................................... 47<br />

3.1 Lohnniveau..................................................................................................................... 48<br />

3.2 Verfügbarkeit von Fachkräften ...................................................................................... 49<br />

4 Projekte ...................................................................................................................... 50<br />

5 Deutsche Unternehmen vor Ort......................................................................... 53<br />

5.1 Bevorzugte Standorte .................................................................................................... 53<br />

5.2 Hilfe für den deutschen Mittelstand .............................................................................. 54<br />

6 Internetadressen..................................................................................................... 55<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />

3


4 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Über die wirtschaftliche Bedeutung von Norditalien wird in Deutschland oft vergessen, dass auch<br />

Mittelitalien als Absatzmarkt interessant ist und oftmals günstige Standortbedingungen bietet.<br />

Mittelitalien ist vielfältiger als der Norden. Zwischen der industriell geprägten Emilia-Romagna<br />

und dem Dienstleistungsschwerpunkt Rom liegen die Toskana, die Marken und Umbrien - deren<br />

Bedeutung für den Tourismus bekannt ist, die als Wirtschaftsstandorte bisher aber kaum wahrgenommen<br />

werden.<br />

In der Emilia-Romagna und den Regionen Mittelitaliens sind aber nicht nur weltweit renommierte<br />

italienische Unternehmen angesiedelt, auch viele deutsche Firmen unterhalten hier Niederlassungen<br />

oder haben sich an lokalen Unternehmen beteiligt. Das Konzept der Bildung von Industrieclustern<br />

und Wissenschaftszentren in den Regionen erscheint für kleine und mittlere Unternehmen<br />

besonders interessant. Zukunftsbranchen, wie die Luft- und Raumfahrtindustrie (Provinz Rom),<br />

erneuerbare Energien (Toskana) und Medizintechnik (Bologna) sind hier vertreten, eines der größten<br />

deutschen Investitionsvorhaben in <strong>Italien</strong> wurde in Umbrien realisiert.<br />

Die in dieser Broschüre vorgestellten fünf Regionen <strong>Italien</strong>s haben sich, stärker als der Norden, ihre<br />

Eigenheiten bewahrt. Interesse für diesen attraktiven italienischen Wirtschaftsraum bei deutschen<br />

Unternehmen zu wecken, Informationsdefizite auszugleichen und Besonderheiten aufzuzeigen,<br />

ist Anliegen der Studie. Weiterführende und aktuelle Informationen hält Germany Trade &<br />

Invest in Deutschland für Sie bereit. Vor Ort steht Ihnen die Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer<br />

mit ihrem breit gefächerten Dienstleistungsangebot und ihren Repräsentanzen in den Regionen<br />

zur Verfügung.<br />

Michael Pfeiffer Norbert Pudzich<br />

Geschäftsführer Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />

Germany Trade & Invest Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />

5


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

1 <strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

1.1 Basisdaten<br />

<strong>Italien</strong> ist kein einheitlich strukturiertes Land, sondern wird geprägt von starken regionalen Unterschieden.<br />

Diese Unterschiede beschränken sich nicht auf die wirtschaftliche Entwicklung sondern<br />

sind auch bei Mentalität und Lebensbedingungen der Menschen zu beobachten. Für das <strong>Italien</strong>geschäft<br />

haben diese regionalen Eigenheiten große Bedeutung, sie zu vernachlässigen wäre grob<br />

fahrlässig. Die Einteilung des Landes in Norditalien (Oberitalien), Mittelitalien und Süditalien zur<br />

Bearbeitung des italienischen Marktes erscheint sinnvoll und notwendig. Nach der Region Norditalien<br />

sollen deshalb hier die Region Mittelitalien und Emilia-Romagna dargestellt werden.<br />

Das moderne <strong>Italien</strong> ist erst 1861 mit Ausrufung des Königreiches <strong>Italien</strong> beziehungsweise 1870 mit<br />

dem Anschluss des Kirchenstaates und der Wiedereinsetzung Roms als Hauptstadt entstanden.<br />

Vor dieser Zeit, etwa ab dem 6. Jahrhundert nach Christi, hat eine wechselhafte Geschichte die einzelnen<br />

Regionen geprägt, wobei sich unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme herausgebildet<br />

haben - die liberalen, merkantilistisch ausgerichteten Stadtrepubliken im Norden,<br />

der Kirchenstaat mit einem hohen Bildungsniveau in der Mitte und der Süden mit seiner spanischfeudalistischen<br />

Prägung. Wirtschaftsstruktur und wirtschaftliche Effizienz in den Regionen sind<br />

auf diese geschichtliche Entwicklung zurückzuführen und das Geschäftsgebaren wird heute noch<br />

davon beeinflusst. Vereinfacht kann man sagen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wie die<br />

Bereitschaft, sich den Anforderungen der modernen Wirtschaft zu stellen, von Norden nach Süden<br />

abnimmt.<br />

Aber auch wenn im Norden die verarbeitende Industrie konzentriert ist, Mittelitalien und (in noch<br />

geringerem Maße) auch der Süden haben die größeren Entwicklungschancen. Das liegt einerseits<br />

an der regional orientierten Förderpolitik der EU, andererseits daran, dass die Ballungsgebiete im<br />

Norden bereits überfüllt sind und gerade dort die infrastrukturelle Entwicklung mit den steigenden<br />

Anforderungen nicht Schritt halten konnte. Die Beschäftigungszahlen zeigen zudem - jedenfalls<br />

bis zur Wirtschaftskrise 2008 /2009 - dass der Arbeitsmarkt im Norden weitgehend ausgereizt<br />

ist.<br />

Für die nächsten Jahre werden Mittelitalien und der Emilia-Romagna besonders gute Wachstumschancen<br />

eingeräumt. Das zeigen unter anderem zwei unabhängige Studien über die Attraktivität<br />

von Wirtschaftsstandorten in <strong>Italien</strong>. Die Regionalstudie des italienischen Aspen-Instituts klassifiziert<br />

italienische Stadtregionen nach wirtschaftlicher Vitalität. Ein aus mehreren Faktoren gebildeter<br />

Strukturindex weist drei Provinzen der Emilia-Romagna, nämlich Reggio Emilia, Modena<br />

und Parma als weit überdurchschnittlich vital aus, die Beschäftigungsraten sind hier besonders<br />

hoch. Die Region Latium, insbesondere der Großraum Rom, profitiert von einer hohen Produktivität.<br />

Die Provinzen der Toskana (unter anderem Pisa, Pistoia, Prato, Florenz, Arezzo, Grosseto, Siena)<br />

liegen im Ranking sehr weit oben, unter anderem wegen der niedrigen Arbeitslosigkeit.<br />

Insgesamt, so Fabio Pammolli, einer der Verfasser der Studie, weist <strong>Italien</strong> keine so starke Konzentration<br />

von Wachstumszentren aus, wie etwa Frankreich mit Paris oder Großbritannien mit London<br />

- vitale Wirtschaftsräume sind in ganz <strong>Italien</strong> zu finden. Es besteht deshalb die Hoffnung, dass<br />

das Nord-Süd-Gefälle trotz Wirtschafts- und Finanzkrise künftig eher abgebaut als verstärkt wird.<br />

6 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Die Studie des Centro Studi Sintesi di Mestre versucht nach dem Vorbild des Economic Freedom Index<br />

der Heritage-Foundation, die Regionen anhand des Kriteriums der „wirtschaftlichen Freiheit“<br />

zu klassifizieren. Sie bestärkt die These Pammollis und lässt Mittelitalien in noch besserem Licht erscheinen.<br />

Die Emilia-Romagna liegt nach dem Ranking der „wirtschaftlichen Freiheit“ auf dem<br />

zweiten Platz unter allen italienischen Regionen (Spitzenreiter ist Trient-Südtirol), Umbrien auf<br />

dem vierten, die Marken auf dem fünften und die Toskana auf dem siebten Platz . Die Lombardei<br />

mit Mailand, bei allen anderen wirtschaftlichen Rankings Spitzenreiter, rangiert abgeschlagen auf<br />

Platz 13.<br />

Auch wenn beide Studien unterschiedliche Ansätze haben - die des Aspen Institute hat eher bestehende<br />

Industriestrukturen im Blick, die des Centro Studi Sintesi di Mestre eher künftige Wachstumschancen<br />

in der modernen Informationsgesellschaft, so machen sie doch beide deutlich, dass<br />

Mittelitalien und die Emilia-Romagna großes Wirtschaftspotential haben. Gerade für kleinere Unternehmen<br />

im Forschungs- und Entwicklungssektor bieten die italienischen Städte in Mittelitalien<br />

mit ihrer hohen Akademikerrate und alten Traditionen oft attraktivere Bedingungen, als die großen<br />

und teuren Industriestädte des Nordens mit ihren langen Wegen und schwierigen Verkehrsverhältnissen.<br />

1.2 Regionen<br />

<strong>Italien</strong> ist nach den Regeln des NUTS-Systems der EU in fünf Gruppen von Regionen, Nordwesten,<br />

Nordosten, Mitte, Süden und Inseln, unterteilt (NUTS1). Die Gruppen untergliedern sich in 21 Regionen<br />

(NUTS2) mit insgesamt 107 Provinzen (NUTS3) und 8.100 Kommunen. Die beiden autonomen<br />

Regionen Bozen (Südtirol) und Trient waren bisher in einer Region - Trient-Südtirol zusammengefasst.<br />

Zu Mittelitalien rechnen offiziell nur die vier Regionen Toskana, Umbrien, die Marken und<br />

das Latium. Die Emilia-Romagna kann historisch zwar ebenfalls zur Mitte gezählt werden, da große<br />

Teile zum Kirchenstaat gehörten, wird in der offiziellen Statistik aber dem Nordosten <strong>Italien</strong>s zugerechnet.<br />

Die Einbeziehung der Emilia-Romagna in diese Untersuchung beruht auf pragmatischen<br />

Erwägungen, die vor allem die Entwicklungschancen der Regionen berücksichtigen.<br />

Die 21 Regionen sind entfernt vergleichbar mit den deutschen Bundesländern, sie verfügen über<br />

eine gewisse politische und finanzielle Autonomie und eine direkt gewählte Volksvertretung (consiglio<br />

regionale), die die Regionalregierung unter dem Präsidenten (presidente della giunta regionale),<br />

der gleichzeitig Presidente della Regione ist, kontrolliert. Fünf dieser Regionen haben einen<br />

Sonderstatus, (statuto speciale), der besondere Autonomierechte in der Gesetzgebung, der Verwaltung<br />

und der Haushaltsführung garantiert.<br />

Im Rahmen einer Verfassungsreform von 2001 wurde den italienischen Regionen eine allgemeine<br />

Gesetzgebungsbefugnis übertragen. Der Zentralstaat darf seither nur noch Gesetze beschließen,<br />

die sich auf die Sachgebiete beziehen, die in der Verfassung ausdrücklich der Verantwortlichkeit<br />

des Zentralstaates zugeordnet werden. In allen anderen Bereichen obliegt die Gesetzgebung den<br />

Regionalräten (Parlamenten der Regionen). Die Regionen können auch Abkommen mit anderen<br />

Staaten oder Gebietskörperschaften schließen, soweit diese in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.<br />

Die finanzielle Autonomie der Regionen mit Normalstatus wird durch die Zuweisung bestimmter<br />

Steuern und einen regionalen Zuschlag auf die Einkommensteuer gewährleistet. Die Regionen<br />

werden dadurch in die Lage versetzt, bestimmte Investitionen, zum Beispiel im Gesundheitssektor<br />

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7


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

oder der Infrastruktur in eigener Regie und mit Förderung der EU durchzuführen. Der Prozess der<br />

Autonomiebewegung der Regionen gilt als noch nicht abgeschlossen, insbesondere die reichen<br />

norditalienischen Regionen drängen auf eine Ausweitung der finanziellen Autonomie.<br />

Mittelitalien und die Emilia-Romagna nehmen zusammen ein Fläche von 80.596 qkm ein, das sind<br />

26,7% des italienischen Staatsgebietes. Die Bevölkerung von 16,14 Mio. Einwohnern (2008) entspricht<br />

einem Anteil von 26,9% der gesamten italienischen Bevölkerung. Mit einem Bruttoinlandsprodukt<br />

von insgesamt 480,26 Mrd. Euro hat die Region 2008 einen Anteil von 30,6% an der gesamten<br />

italienischen Wertschöpfung. Die Zentren mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen sind Bologna<br />

(24.959 Euro), Siena (24.549), Rom (24.509) und Parma (24.456), gefolgt von Pisa (23.407), Modena<br />

(23.324) und Florenz (23.265). Mailand als einkommensstärkste Provinz <strong>Italien</strong>s hat zum Vergleich<br />

ein Pro-Kopf-Einkommen von 30.009 Euro im Jahr 2008. Diese Angaben beziehen sich allerdings<br />

lediglich auf die vom Finanzministerium zur Steuerzwecken erfassten Einkommen, die tatsächlichen<br />

Einkommen dürften deutlich höher liegen.<br />

In Bezug auf Lebensqualität sind Mittelitalien und Emilia-Romagna den Ballungszentren in Nordwestitalien<br />

überlegen. Nach einer Erhebung der angesehenen Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore<br />

wird der größte Teil der Provinzen der Region im oberen Drittel der Skala nach Lebensqualität eingestuft<br />

- lediglich die Regionen im Hinterland von Rom werden geringer geschätzt.<br />

Die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise hat der Region nach Schätzungen etwas geringere<br />

Einbußen gebracht, als ganz <strong>Italien</strong>, das einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 5% hinnehmen<br />

musste. Das liegt zum einen daran, dass in Mittelitalien der Dienstleistungssektor einen<br />

wesentlich höheren Stellenwert besitzt als im industriell ausgerichteten Norditalien. Zum anderen<br />

aber auch an der Unternehmensstruktur, die von Kleinunternehmen dominiert wird. Nur in der<br />

Emilia-Romagna (4,33) und in Latium (4,62) wird der italienische Durchschnitt von 3,98 Beschäftigten<br />

pro Unternehmen übertroffen, zum Vergleich: in der Lombardei liegt dieser Wert bei 5,05.<br />

1.2.1 Emilia-Romagna<br />

Emilia-Romagna<br />

Region Emilia-Romagna<br />

Hauptstadt Bologna (374.944 Einw.)<br />

BIP zu Marktpreisen 139.529 Mio. Euro<br />

Provinzen Bologna, Ferrara, Forlì-Cesena, Modena, Parma, Piacenza,<br />

Ravenna, Reggio nell’ Emilia, Rimini<br />

Fläche 22.117 qkm<br />

Einwohner 4,34 Mio.<br />

Bevölkerungsdichte 196 Einw./qkm<br />

Anzahl der Gemeinden 341<br />

Arbeitslosenrate 3,2%<br />

Erwerbsquote 70,2%<br />

Beschäftigung nach Sektoren Landwirtschaft Industrie Dienstleistung<br />

72.000 657.000 1.228.000<br />

Breitbandnetz 84,8% der Unternehmen<br />

Internetseite www.regione.emilia-romagna.it<br />

8 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Die Emilia-Romagna ist eine der reichsten Regionen <strong>Italien</strong>s und der EU. Das BIP pro Kopf liegt<br />

nach der italienischen Statistik 2008 um 24,4% über dem italienischen Durchschnitt, übertroffen<br />

nur durch Aosta (+30,1%), Bozen (+30,0%) und Lombardei (+28,8%). Auch im europäischen Kontext<br />

gehört die Emilia-Romagna zu den wohlhabenden Regionen. Das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf<br />

erreicht 128% des Durchschnitts der EU 27, das entspricht etwa dem Niveau von Düsseldorf (127,6)<br />

und übertrifft Flächenregionen wie Niederbayern (115,8) oder Oberfranken (113,1) deutlich (bleibt<br />

allerdings hinter Oberbayern mit 164,7 zurück). Mit Bologna und Modena sind nach einer Erhebung<br />

von Unioncamere auch reichsten Städte <strong>Italien</strong>s nach Milano und Biella (Piemont) in der<br />

Emilia-Romagna zu finden. Bologna mit seiner traditionsreichen Universität gilt zudem als eines<br />

der wichtigsten Bildungszentren <strong>Italien</strong>s.<br />

Historisch teilt die Region sich in die Emilia (benannt nach der Pömerstraße Via Aemilia) mit den<br />

Städten Ferrara, Modena, Reggio, Parma und Piacenza und die Romagna mit Ravenna, Bologna,<br />

Forlì und Rimini auf. Während die Romagna seit 755 mit kurzen Unterbrechungen zur napoleonischen<br />

Zeit zum zentralistisch geführten Kirchenstaat gehörte, konnten sich in den Städten der<br />

Emilia selbständige Herzogtümer herausbilden. Die heutige Emilia-Romagna umfasst ein Gebiet<br />

von 22.117 qkm (7,3% des italienischen Staatsgebietes) und ist in neun Provinzen untergliedert. Mit<br />

4,3 Mio. Einwohnern gehört die Emilia-Romagna nicht zu den bevölkerungsreichsten Regionen<br />

(die Lombardei zählt 9,7 Mio.), hat aber immerhin einen Anteil an der italienischen Gesamtbevölkerung<br />

von 7,2%. Die Bevölkerungsdichte liegt mit 196 Einwohnern/qkm beim italienischen<br />

Durchschnitt (Lombardei: 408 Einw./qkm), ist aber ungleich verteilt, denn die Provinz Bologna<br />

weist eine Bevölkerungsdichte von 264 Einw./qkm auf und die kleine Provinz Rimini kommt sogar<br />

auf 602 Einw./qkm.<br />

Von dem adriatischen Meer erstreckt sich die Region in westlicher Richtung bis zum Piemont, im<br />

Norden begrenzt durch Venetien und die Lombardei, im Süden durch die Marken, Toskana und<br />

Ligurien. Sie umschließt die kleine Republik San Marino, die sich als älteste Republik der Welt über<br />

nahezu zwei Jahrtausende die poltische Unabhängigkeit bewahren konnte. Nahezu die Hälfte des<br />

Gebietes liegt in der vom Po oder dem Meer geprägten Tiefebene, ein Viertel entfällt auf Hügellandschaft<br />

und ein Viertel wird dem Gebirge (Apennin) zugerechnet, das mit dem Monte Cimone<br />

eine Höhe von 2.165 m erreicht.<br />

Die Bevölkerung ist stark urbanisiert, vorwiegend allerdings in Räumen mit mittlerer Bevölkerungsdichte,<br />

die von kleineren Städten geprägt werden. Nach der Aufschlüsselung der italienischen<br />

Statistikbehörde ISTAT leben nur 13% in Kommunen, mit einer Bevölkerungsdichte von unter<br />

100 Einw./qkm, 53% in solchen mit einer Dichte von 100 bis 500 Einw./qkm und 34% in Ballungsgebieten.<br />

Von den 341 Kommunen haben 9 Städte über 100.000 Einwohner, Bologna ist mit 375.000<br />

die mit Abstand größte. Parma, Modena, Reggio Emilia, Ravenna, Rimini, Ferrara, Forli und Piacenza<br />

zählen alle weniger als 200.000 Einwohner.<br />

Der Bevölkerungszuwachs in der Emilia-Romagna liegt weit über dem italienischen Durchschnitt.<br />

Von 2001 bis 2008 ist die Bevölkerung jährlich um 1,2% gewachsen gegenüber 0,7% für ganz <strong>Italien</strong>.<br />

Nur das Latium mit Rom kann eine höhere Zuwachsrate (1,4%) ausweisen. Zurückzuführen ist das<br />

nicht primär auf einen natürlichen Zuwachs, sondern auf den Zuzug vom Ausland. Die Emilia-<br />

Romagna liegt mit einem Ausländeranteil an der Bevölkerung von 9,7% inzwischen an der Spitze<br />

der italienischen Regionen. Trotz dieses Zuzugs herrschte bis 2008 mit einer Arbeitslosenquote von<br />

3,2% praktisch Vollbeschäftigung. Seither hat die Wirtschaftskrise Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt<br />

gehabt, im dritten Quartal 2009 ist die Arbeitslosenquote auf 4,9% gestiegen - immer noch<br />

weit unter dem italienischen Durchschnitt von 7,3%.<br />

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9


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Die Familieneinkommen in der Emilia-Romagna liegen im Vergleich der italienischen Regionen<br />

mit einem Durchschnitt von 32.802 Euro (2007) an der Spitze, übertroffen nur von den Einkommen<br />

in Trient und Südtirol. Die Einkommensverteilung entspricht mit einem Gini-Koeffizienten von<br />

0,301 etwa dem italienischen Durchschnitt (und damit auch dem deutschen). Die Armutsquote,<br />

bezogen auf die Anzahl der residenten Familien, wird für 2008 mit 3,9% angegeben, das ist die geringste<br />

Quote in <strong>Italien</strong>, sie liegt weit unter dem italienischen Durchschnitt von 11,3%.<br />

Wirtschaftlich ist die Region einerseits sehr aktiv, andererseits wenig experimentierfreudig. Die<br />

Anzahl der Unternehmen pro 1.000 Einwohner übertrifft mit 80,0 den italienischen Durchschnitt<br />

(65,9) bei weitem. Die mittlere Beschäftigung pro Unternehmen wird von ISTAT mit 4,33 angegeben,<br />

das entspricht etwa dem norditalienischen Standard. Die italienischen Unternehmen generell<br />

werden von klein- und mittelständischen Familienunternehmen dominiert, lediglich in der<br />

Lombardei und im Latium ist eine stärkere Konzentration von Großunternehmen zu erkennen,<br />

wobei es sich in der Lombardei vorwiegend um Industrieunternehmen, im Latium um Dienstleistungsunternehmen<br />

handelt. Der Unternehmenssektor in der Emilia-Romagna ist bodenständig.<br />

Die Anzahl der Neugründungen und Schließungen von Unternehmen liegt unter dem italienischen<br />

Durchschnitt. Das bedeutet weniger, dass die Wirtschaft der Emilia-Romagna sich nicht an<br />

neue Entwicklungen anzupassen vermag - dazu sind die bestehenden mittelständischen Unternehmen<br />

durchaus in der Lage, das bedeutet eher, dass der Geschäftspartner hier auf alteingesessene,<br />

verlässliche Unternehmen trifft.<br />

Bei der Arbeitsproduktivität ist <strong>Italien</strong> während der letzten Jahre gegenüber den Konkurrenten in<br />

der EU generell ins Hintertreffen geraten, die Krise hat diese negative Entwicklung noch beschleunigt.<br />

Im Vergleich der italienischen Regionen, gemessen an der Wertschöpfung pro Arbeitsstunde<br />

schneidet die Emilia-Romagna relativ gut ab, kommt aber an die Lombardei und das Latium nicht<br />

heran.<br />

Obwohl die Emilia-Romagna für seine hochwertigen landwirtschaftlichen Produkte, wie Parmaschinken,<br />

Parmigiano Reggiano (Parmesankäse), oder den Balsamico-Essig aus Modena bekannt<br />

ist (184 landwirtschaftliche Produkte aus der Region dürfen das Gütesiegel „tradizionali“ tragen)<br />

und auch die Rebsorte Sangiovese mit einigem Erfolg gekeltert wird, trägt die Landwirtschaft zur<br />

Entstehung des BIP lediglich 2,4% bei. Der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten liegt bei<br />

4,5%. Die Agrarwirtschaft konzentriert sich auf Schweine und Rinderzucht, in der Po-Ebene werden<br />

Getreide und Reis angebaut.<br />

Wesentlich wichtiger ist die Nahrungsmittelindustrie, die auf der Landwirtschaft aufbaut und mit<br />

14% Anteil an der Wertschöpfung der verarbeitenden Industrie, der drittwichtigste Industriesektor<br />

nach der Maschinen- und Kfz-Industrie (36%) und der metallverarbeitenden Industrie (16%) ist. Daneben<br />

sind die Sektoren Elektronik, Textilien, Möbel und Keramik (weltgrößtes Fliesenproduktionszentrum<br />

in Sassuolo, südlich von Modena) gut vertreten. Auch in der verarbeitenden Industrie<br />

kann die Region auf eine gewisse Exklusivität verweisen: Nicht nur der weltweit agierende Pasta-<br />

Konzern Barilla hat in Parma seinen Hauptsitz, die Emilia-Romagna trägt auch den Namen „Terra<br />

di Motori“ (Land der Motoren). Ferrari, Lamborghini, Maserati, De Tomaso und Pagani produzieren<br />

hier ihre Luxusautos und Ducati, Moto Morini und Bimota ihre Zweiräder.<br />

Die Industrie einschließlich Bausektor ist an der Wertschöpfung der Region mit 33,1% beteiligt, davon<br />

entfallen 6,1 % auf die Bauwirtschaft. Der Anteil der Beschäftigten entspricht in etwa dem der<br />

Wertschöpfung - 33,6% finden in der Industrie Arbeit (davon 7,9 % in der Bauwirtschaft).<br />

10 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Wichtigster Wirtschaftssektor ist der Dienstleistungsbereich, der 64,5% zur Wertschöpfung beiträgt<br />

und 62,7% der Beschäftigten aufnimmt. Das Spektrum ist umfassend, die Schwerpunkte liegen<br />

im Finanzsektor, bei Immobiliendienstleistungen, Forschung und Lehre, Handel und Gastgewerbe,<br />

Gesundheitswesen und Transport, Lagerhaltung, Kommunikation.<br />

Eine wichtige Komponente der Nachfrage nach Dienstleistungen stellt der hochentwickelte Tourismus<br />

dar, der von den Stränden am adriatischen Meer, von den historischen Städten, aber auch<br />

von den Bildungseinrichtungen, wie der Universität Bologna, angezogen wird. Insgesamt verfügt<br />

die Region über 432.000 Gästebetten, davon der größte Teil in Hotels. Der sogenannte Agrotourismus<br />

(Urlaub in kleinen ländlichen Anwesen) hat hier noch nicht den Stellenwert wie zum Beispiel<br />

in der benachbarten Toskana. Im Unterschied zu anderen Tourismusregionen <strong>Italien</strong>s wird die<br />

Emilia Romagna vor allem von <strong>Italien</strong>ern als Feriengebiet genutzt - von den knapp 40 Mio. Übernachtungen<br />

pro Jahr entfallen drei Viertel auf Besucher aus dem eigenen Land.<br />

Die Wirtschaft der Emilia-Romagna ist exportorientiert und verbucht einen hohen Handelsbilanzüberschuss.<br />

Exporten von 47,53 Mrd. Euro stehen Importe von 28,72 Mrd. (2008) gegenüber. Damit<br />

hält die Region 12,9 % an den italienischen Gesamtexporten - übertroffen nur von der Lombardei<br />

(38,2%) und Venetien (13,6%) - und übernimmt 7,5% der Gesamteinfuhren. Nahezu die Hälfte der<br />

Exporte entfällt auf Maschinen, Transportausrüstung und Kfz, mit großem Abstand folgen chemische<br />

Produkte und Lebensmittel (unter 10% der Gesamtexporte). Diese Reihenfolge wird auch bei<br />

den Importen eingehalten während bei Maschinen ,Transportausrüstung und Kfz der Importwert<br />

nur circa 40% des Exportwertes erreicht, sind Ein- und Ausfuhren von Nahrungsmitteln und chemischen<br />

Produkten nahezu ausgeglichen.<br />

Deutschland ist wichtiges Abnehmerland für Produkte aus der Region, 12,4% des Exportwertes entfallen<br />

auf den Handelspartner jenseits von Po und Alpen. Als Lieferland kann Deutschland mit<br />

15,3% der regionalen Importe eine noch bedeutendere Position einnehmen. Drei Produktgruppen<br />

dominieren den bilateralen Handel und zwar sowohl auf der Einfuhrseite, als auch auf der Ausfuhrseite:<br />

Maschinen Transportausrüstung und Kfz, industrielle Vorprodukte und Nahrungsmittel. In<br />

allen drei Gruppen sind Importe wie Exporte annähernd ausgeglichen - ein Hinweis auf die enge<br />

Verzahnung zwischen deutschen Industrieunternehmen und denen aus der Region.<br />

Die Verkehrsinfrastruktur in der Emilia-Romagna ist gut ausgebaut. Die Region verfügt über ein<br />

Autobahnnetz mit einer Dichte von 25,7 km pro 1.000 qkm. In Bologna treffen Autobahnen aus allen<br />

Himmelsrichtungen zusammen, die Hauptstadt der Region ist das Straßendrehkreuz zwischen<br />

Nordosten, Nordwesten und Süden <strong>Italien</strong>s. Allerdings sind die Autobahnen nördlich von Bologna<br />

sehr ausgelastet und oft verstopft. Überragende Bedeutung hat Bologna auch für den Eisenbahnverkehr,<br />

noch vor Verona ist es der wichtigste Knotenpunkt des Landes. Besondere Bedeutung im<br />

Personen- und Warenverkehr kommt dem Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecken in <strong>Italien</strong><br />

zu. Die wichtigste Verbindung führt von Mailand über Bologna nach Rom - die Strecke wird in drei<br />

Stunden zurückgelegt.<br />

Mit Ravenna verfügt die Emilia-Romagna über einen wichtigen Seehafen <strong>Italien</strong>s. Ravenna hat einen<br />

Anteil von 5,3% an der gesamten in italienischen Häfen umgeschlagenen Tonnage, und von<br />

2,5% am Containerumschlag. In Boretto, Ferrara und Piacenza befinden sich zudem drei Flusshäfen.<br />

Logistikknotenpunkte sind der Interporto di Bologna, der Interporto di Parma, der Polo<br />

logistico di Piacenza und der Autoporto di Cesena. Der wichtigste Flughafen befindet sich in<br />

Bologna (Bologna-G. Marconi), drei weitere größere Flughäfen in Forlì, Parma und Rimini.<br />

Daneben existieren sieben Kleinflughäfen.<br />

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11


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

In Bezug auf Ausbildung und Innovationen ist die Emilia-Romagna in <strong>Italien</strong> führend. Vier der besten<br />

italienischen Universitäten sind hier angesiedelt, die Wichtigste ist die altehrwürdige Universität<br />

von Bologna mit circa 100.000 Studenten aus dem In- und Ausland. Daneben wird in Parma,<br />

Modena-Reggio Emilia und Ferrara höheres Wissen vermittelt. Hinzu kommen externe autonome<br />

Fakultäten, die sich über die Region verteilen, zum Beispiel der Universität Bologna (mit Campus<br />

Forlì, Cesena, Ravenna und Rimini) oder der Università Cattolica di Milano und des Politecnico di<br />

Milano. Es ist daher kein Wunder, dass die Emilia-Romagna nach dem Latium die Region in <strong>Italien</strong><br />

mit dem höchsten Anteil an Studentenzahlen bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 19 bis<br />

25 Jahren ist.<br />

Bei der Quote der Akademiker mit einem technisch-wissenschaftlichen Abschluss nimmt die Region<br />

den Spitzenplatz in <strong>Italien</strong> ein. Das gleiche gilt für die Anzahl der registrierten Patente. Anbetracht<br />

dieser Voraussetzungen ist es nicht verwunderlich, dass auch der Anteil der innovativen<br />

Unternehmen bezogen auf die Gesamtunternehmen mit 35,5% deutlich über dem italienischen<br />

Durchschnitt (30,7%) liegt. Die Unternehmen der Region nutzen moderne Kommunikation ebenfalls<br />

stärker als der Durchschnitt, nach den Angaben der ISTAT verfügen 84,8 % der Unternehmen<br />

über einen Breitband-Internetanschluss.<br />

Im Umweltsektor hat die Emilia-Romagna noch Nachholbedarf. Die Region zeichnet sich durch die<br />

niedrigsten Pro-Kopf-Ausgaben für den Umweltschutz in <strong>Italien</strong> aus. Bei der Nutzung von erneuerbaren<br />

Energiequellen bildet die Emilia-Romagna ebenfalls eines der Schlusslichter, nur 6,8% des<br />

Stromverbrauchs kommen aus solchen Quellen, gegenüber 16,6% im Durchschnitt der italienischen<br />

Regionen. Das mag allerdings auch zum Teil daran liegen, dass die Emilia-Romagna selbst<br />

relativ viel konvetionellen Strom erzeugt und das Versorgungsdefizit der Region nur bei 9,2% liegt,<br />

gegenüber 24,7% in der Lombardei und 49,5% im Latium.<br />

Die Müllentsorgung dagegen ist relativ gut geregelt. 151,4 kg Hausmüll pro Einwohner werden in<br />

Verbrennungsanlagen verbracht (das ist der höchste Wert unter den italienischen Regionen) weitere<br />

254,4 kg/Einwohner in Mülldeponien gelagert. Der Anteil der Mülltrennung liegt bei 37,7% des<br />

gesamten Müllaufkommens, im italienischen Durchschnitt sind es nur 27,5%.<br />

1.2.2 Toskana<br />

Toskana<br />

Region Toskana<br />

Hauptstadt Florenz (365.659 Einw.)<br />

BIP zu Marktpreisen 106.073 Mio. Euro<br />

Provinzen Arezzo, Florenz, Grosseto, Livorno, Lucca, Massa e Carrara,<br />

Pisa, Pistoia, Prato, Siena<br />

Fläche 22.993 qkm<br />

Einwohner 3,71 Mio.<br />

Bevölkerungsdichte 161 Einw./qkm<br />

Anzahl der Gemeinden 287<br />

Arbeitslosenrate 5,0%<br />

Erwerbsquote 65,4%<br />

Beschäftigung nach Sektoren Landwirtschaft Industrie Dienstleistung<br />

55.000 450.000 1.062.000<br />

Breitbandnetz 79,6% der Unternehmen<br />

Internetseite www.regione.toscana.it<br />

12 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Nicht nur die deutsche Toskana-Fraktion liebt die Toskana mit ihren mittelalterlichen Städten,<br />

schönen Stränden, milden Klima, den exquisiten Weinen und der traditionellen Küche. Auch die<br />

<strong>Italien</strong>er stufen die Toskana in Bezug auf Lebensqualität ganz oben ein. Grosseto, Siena, Florenz<br />

und Livorno liegen nach einer Studie der Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore auf der Rangliste der lebenswerten<br />

Städte weit vorne. Der Reichtum der Region, gemessen am Pro-Kopf-Einkommen, liegt<br />

zwar nur geringfügig über dem italienischen Durchschnitt (+9% nach den Zahlen von ISTAT), aber<br />

im kaufkraftbereinigten EU-Vergleich kommt die Toskana immerhin auf 112,8% des EU-27-Durchschnitts<br />

und ist damit zwischen den deutschen Bundesländern Rheinland-Pfalz (106,3%) und Saarland<br />

(114,5%) angesiedelt.<br />

Im 15. und 16. Jahrhundert war die Toskana, beherrscht von Florenz, der kulturelle Mittelpunkt Europas.<br />

Schon früh hatten sich die größeren Städte der Toskana aus der Vorherrschaft des Kirchenstaates<br />

(im südlichen Teil) oder des deutschen Kaisers befreien und zu eigenständen Republiken<br />

oder Fürstentümer entwickeln können. Florenz wurde die mächtigste der Stadtrepubliken. Es<br />

konnte seine Macht im 15. Jahrhundert nahezu die gesamte Toskana ausweiten. Der Stadtstaat wurde<br />

daraufhin in ein erbliches Herzogtum (später Großherzogtum) umgewandelt und stand bis 1737<br />

unter der Herrschaft der Familie Medici. Nach dem Tod des letzten Medici fiel das Großherzogtum<br />

an das Haus Habsburg zurück und blieb, bis auf ein kurzes französisches Intermezzo unter Napoleon,<br />

in österreichischer Hand bis es 1860 dem Königreich Sardinien-Piemont angeschlossen wurde,<br />

aus dem ein Jahr später das Vereinigte Königreich <strong>Italien</strong> hervorging. Bis zur Eroberung Roms und<br />

der Arrondierung des italienischen Staates war Florenz die provisorische Hauptstadt <strong>Italien</strong>s.<br />

Heute umfasst die Toskana ein Gebiet von knapp 23.000 qkm, das entspricht 7,6% des italienischen<br />

Staatsgebietes. Die Region grenzt im Nordwesten an Ligurien, im Norden an die Emilia-Romagna<br />

im Osten an die Marken und Umbrien und im Süden an das Latium. Eine Festlandküste am Ligurischen<br />

Meer von 397 km Länge ist für den Tourismus vollständig erschlossen, vorgelagert sind eine<br />

Reihe von Inseln, darunter Elba, Giglio, und Montecristo. Zwei Drittel der Festlandfläche bestehen<br />

aus der allbekannten toskanischen Hügellandschaft, ein Viertel wird als Gebirge klassifiziert (der<br />

Monte Prado ist mit 2054 m der höchste Berg) und nur 8% sind Flachland. 44% des Gebietes sind mit<br />

Wald bedeckt, 39% werden landwirtschaftlich genutzt.<br />

Die Region ist unterteilt in 10 Provinzen mit 287 Kommunen. Mit 3,7 Mio. Einwohnern ist sie die bevölkerungsreichste<br />

Region in Mittelitalien hinter dem Latium (5,6 Mio.), aber dünner besiedelt (161<br />

Einw./qkm) als der Durchschnitt <strong>Italien</strong>s. Der Fläche nach ist Grosseto mit 4.500 qkm die größte Provinz<br />

in der Toskana, gefolgt von Siena (3.821 qkm) und Florenz (3.515 qkm), aber mit einer Einwohnerzahl<br />

von 985.000 verteilt auf 44 Kommunen übertrifft die Florenz alle anderen Provinzen bei<br />

weitem. Auch als Stadt ist Florenz mit circa 370.000 Einwohnern nahezu doppelt so groß wie jede<br />

andere Stadt in der Toskana.<br />

Nahezu die Hälfte der Bevölkerung (47,6%) lebt in Gebieten mit einem mittleren Urbanisierungsgrad<br />

(100 bis 500 Einw./qkm), meist in kleineren Städten von weniger als 100.000 Einwohnern -<br />

Arezzo, Pisa, Lucca, Grosseto, Siena und andere mehr. In Ballungsgebieten (über 500 Einw/qkm), so<br />

in Florenz-Prato-Pistoia, Livorno oder im Küstengebiet von Massa und Carrara, sind 31,7% der<br />

Bevölkerung angesiedelt, der Rest (20,6%) lebt in ländlichen Gebieten, in den Berggegenden des im<br />

Appennin oder der Maremma um Grosseto. Es scheint gesund zu sein, in der Toskana zu leben, insbesondere<br />

für Männer, deren Lebenserwartung mit 79,3 Jahren hier am zweithöchsten in <strong>Italien</strong> ist<br />

- Frauen leben zwar noch erheblich länger (84,3 Jahre), schneiden im Ranking der italienischen<br />

Regionen aber schlechter ab (Platz 9).<br />

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13


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Obwohl die Zuwachsrate der Bevölkerung von 2001 bis 2008 mit 0,8% jährlich nahe beim italienischen<br />

Durchschnitt (0,7%) und weit unter der des Latium oder der Emilia-Romagna liegt, hat auch<br />

die Toskana ein Immigrationsproblem. 2008 erreicht der Ausländeranteil 8,4% der Bevölkerung<br />

gegenüber 3,1% im Jahr 2001. In Florenz, Arezzo und Siena liegt die Ausländerquote um knapp 50%<br />

über dem italienischen Durchschnitt. In einigen Gebieten in Prato und Florenz haben sich starke<br />

Kolonien von chinesischen Zuwanderern gebildet, die nach chinesischem Muster Waren herstellen,<br />

die dadurch vollkommen zu Recht das Label „Made in Italy“ tragen.<br />

Die Arbeitslosigkeit hat während der letzten Jahre konstant zwischen 4% und 5% gelegen, deutlich<br />

unter dem Durchschnitt ganz <strong>Italien</strong>s. Im dritten Quartal ist sie krisenbedingt auf 5,6% gestiegen<br />

und dürfte 2010 die Sechs-Prozent-Marke überschreiten, obwohl die Toskana von der internationalen<br />

Wirtschaftskrise nicht so stark betroffen ist, wie die stärker industrialisierten Regionen <strong>Italien</strong>s.<br />

Ein Strukturproblem stellt die Jugendarbeitslosigkeit dar (14,4% der 15- bis 24-jährigen), gegenüber<br />

dem Süden <strong>Italien</strong>s mit Raten zwischen 30 und 40% relativiert sich diese Problematik allerdings.<br />

Die Einkommensverteilung mit einem Gini-Koeffizienten von 0,275 ist ausgeglichener als in den<br />

meisten anderen Regionen <strong>Italien</strong>s. Die Armutsquote liegt mit 5,3% der Familien etwa beim Niveau<br />

der norditalienischen Regionen und weit unter dem italienischen Durchschnitt, der von den extrem<br />

hohen Armutsquoten im Süden des Landes (25 bis 30%) nach unten gezogen wird. Das Durchschnittseinkommen<br />

einer Familie wird für 2007 mit 31.880 Euro jährlich angegeben - in Mittelitalien<br />

liegt die Toskana damit an der Spitze der Einkommensskala.<br />

Bezogen auf die Einwohner sind in der Toskana weitaus mehr Unternehmen angesiedelt als in allen<br />

anderen Regionen <strong>Italien</strong>s, außer dem Aosta-Tal. Nach den Zahlen von ISTAT entfallen auf 1.000<br />

Einwohner 81,4 Unternehmen, im italienischen Durchschnitt liegt diese Kennziffer bei 65,9. Mit<br />

durchschnittlich 3,48 Beschäftigten sind die Unternehmen allerdings kleiner als in den nördlichen<br />

Regionen. In der Toskana, wie in ganz Mittelitalien, übertrifft die Anzahl von Gründungen und<br />

Schließungen von Unternehmen den italienischen Durchschnitt. Der Grund liegt wahrscheinlich<br />

in der Dominanz der Kleinunternehmen, die anfälliger gegenüber Konkurrenz und einem sich<br />

verändernden wirtschaftlichen Umfeld sind, als die relativ großen Unternehmen im Norden. Die<br />

Arbeitsproduktivität, gemessen an der Wertschöpfung pro Arbeitsstunde erreicht in der Toskana<br />

nicht ganz den nationalen Durchschnitt.<br />

Nach der offiziellen Statistik werden 70% der Wertschöpfung in der Toskana vom Dienstleistungssektor<br />

erbracht, 28% von verarbeitender Industrie, Bergbau und Bauwirtschaft und nur 2% von der<br />

Landwirtschaft. In Wirklichkeit dürfte die Landwirtschaft einen höheren Stellenwert haben, denn<br />

die Erfassung ist gerade in diesem Sektor oft lückenhaft. Jedenfalls hat sich die Toskana mit seinen<br />

qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten hohes Ansehen im In- und Ausland erworben.<br />

Sie war übrigens die erste Region in Europa, die den Anbau und den öffentlichen Konsum<br />

von genmanipulierten Nahrungsmitteln verboten hat (April 2000).<br />

Ideal geeignet sind hügelige Landschaft und das ausgeglichene Klima für den Anbau von Wein<br />

und Oliven, die auch die landwirtschaftlichen Hauptexportprodukte darstellen. Für Olivenöl existieren<br />

fünf geschützte Anbaugebiete (DOP), für Wein sechs kontrollierte und geschützte (DOCG)<br />

und 34 kontrollierte (DOC) Anbaugebiete. Esskastanien, Pilze und Trüffel, die ebenfalls hervorragende<br />

natürliche Bedingungen vorfinden, werden zwar auch exportiert, vor allem aber in der<br />

heimischen Küche verwendet. Mit der Rinderrasse Chianina verfügt die Toskana über die größten<br />

Rindviecher der Welt. Berühmt ist die Region auch für den Marmor, der in der Provinz Carrara<br />

gewonnen wird.<br />

14 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Die Modebranche ist der wichtigste Sektor der verarbeitenden Industrie. Die Produktion von Textilien,<br />

Bekleidung, Schuhen und Accessoires trägt 27% zur Wertschöpfung der verarbeitenden Industrie<br />

bei. Es folgen der Maschinenbau (einschließlich Kfz) mit 22% und die metallverarbeitende<br />

Industrie mit 12%. Auch die chemische/pharmazeutische Industrie, die Lebensmittelindustrie und<br />

die Papierindustrie sind gut vertreten.<br />

In der Toskana ist das Bankenwesen entstanden und die Tradition des verantwortungsvollen<br />

Bankiers hat sich bis in unsere Zeit retten können. Die italienischen Banken jedenfalls sind unbeschadet<br />

aus der internationalen Finanzkrise hervorgegangen, weil sie halbseidene Verbriefungen<br />

erst gar nicht in die Hand genommen haben. Der Finanzsektor im engeren Sinn hat einen Anteil<br />

von 8% an der Wertschöpfung des Dienstleistungssektors, weitere 31% entfallen auf Immobilienvermittlung,<br />

Informationstechnologie, Forschung und professionelle Dienstleistungen. Handel und<br />

Gastgewerbe sind verantwortlich für 17% des Dienstleistungsbereichs, das Gastgewerbe allein trägt<br />

7% dazu bei.<br />

Der Tourismus steht hinter einem Großteil der Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich, 6,8%<br />

aller Beschäftigten werden dem Tourismussektor direkt zugerechnet - nur in Südtirol und dem<br />

Aosta-Tal liegt der Anteil höher. Etwa 40% des Tourismus entfallen auf Badeurlaube an der etruskischen<br />

Riviera und der Küste der Maremma, aber die überwiegende Zahl der Besucher wird von<br />

dem toskanischen Kulturerbe angezogen, das sich in den Städten manifestiert. Allen voran<br />

Florenz, das mit 7 Mio. Besuchern jährlich Hauptziel des Tourismus in der Toskana ist. Gut entwickelt<br />

sich der sogenannte Agrotourismus mit seinem Beherbergungsangebot in kleinen ländlichen<br />

Anwesen in landschaftlich reizvoller Lage.<br />

Mit einem Angebot von insgesamt 483.500 Betten (2007) verfügt die Region nach Venetien über<br />

die größten Kapazitäten in <strong>Italien</strong>. Die Struktur unterscheidet sich deutlich von der in anderen<br />

italienischen Touristikregionen. Auf Hotels entfallen nur knapp 40% des Bettenangebots, nahezu<br />

gleichgroß ist das Angebot von Ferienwohnungen. Der Agrotourismus ist mit circa 10% der gesamten<br />

Bettenzahl stärker ausgeprägt, als in allen anderen Regionen <strong>Italien</strong>s. Ein Großteil des Wachstums,<br />

den der Tourismussektor in den letzten Jahren verbuchen konnte, beruht auf dem Agrotourismus.<br />

Die Toskana ist nicht nur bei Touristen aus dem Ausland beliebt, die Besucher (11,4 Mio.<br />

2007) sind zur Hälfte <strong>Italien</strong>er.<br />

Im Außenhandel erwirtschaftet die Toskana einen Exportüberschuss. Sie hat einen Anteil von 6,8%<br />

an den italienischen Ausfuhren und von 5,2% an den Gesamteinfuhren. Die Exportwirtschaft der<br />

Region zeigt sich relativ krisenfest, die Ausfuhren sind 2009 lediglich um 8,9% zurückgegangen,<br />

während die italienischen Exporte insgesamt einen Einbruch von 21,4% verbucht haben.<br />

Die Exporte konzentrieren sich auf industrielle Fertigprodukte - hier vor allem hochwertige Bekleidung,<br />

Schuhe und Accessoires - Kfz und -teile, Generatoren, Werkzeugmaschinen und andere Industriemaschinen,<br />

chemische und pharmazeutische Produkte, Lebensmittel und Getränke. Bei<br />

den Einfuhren liegen Kfz- und -teile an erster Stelle, gefolgt von industriellen Vorprodukten, chemischen<br />

und pharmazeutischen Produkten, Rohstoffen und industriellen Endprodukten. Interessant,<br />

dass die Einfuhren von Nahrungsmitteln mit 804 Mio. Euro die Ausfuhren von 327 Mio. Euro<br />

(2008) weit übertreffen.<br />

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15


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Deutschland hat an den Importen der Toskana einen Anteil von 9,8%, bei den Ausfuhren sind es<br />

10,4%. Die mit Abstand wichtigste Einfuhrgruppe sind Chemikalien, gefolgt von Maschinen und<br />

Transportausrüstung (darunter vor allem Kfz- und -teile, sowie Werkzeugmaschinen) und industrielle<br />

Vorprodukte. Die Ausfuhren nach Deutschland konzentrieren sich auf industrielle Vorprodukte,<br />

Maschinen und Transportausrüstungen (vor allem Kfz- und -teile, aber auch Generatoren),<br />

chemische Produkte und industrielle Fertigprodukte, insbesondere Bekleidung und Schuhe.<br />

Die Verkehrsinfrastruktur in der Toskana ist nur teilweise zufriedenstellend entwickelt, wird aber<br />

weiter ausgebaut. Das Netz der Autobahnen hat eine Dichte von 18,4 km/1.000qkm, in seinem Mittelpunkt<br />

liegt die Industrieregion von Florenz-Prato-Pistoia. Die A1 von Mailand über Bologna nach<br />

Rom und Neapel tangiert Florenz und Arezzo, die A11 von Florenz nach Pisa bindet die Städte Prato,<br />

Pistoia, Terme und Lucca ein, die A12 führt an der Küste entlang von Genua nach Rosignano und<br />

wird nach Fertigstellung des Teilstückes Rosignano - Civitavecchia, bis Rom führen. Neben den<br />

Autobahnen existiert ein Netz von Schnellstraßen, das zum Beispiel Siena und den Hafen Livorno<br />

mit Florenz verbindet.<br />

Die wichtigste Eisenbahnlinie von Milano nach Rom, parallel zur A1 tangiert Prato, Florenz und<br />

Arezzo. Sie wird inzwischen ergänzt durch zwei Direktverbindungen für Hochgeschwindigkeitszüge<br />

von Bologna nach Florenz und von Florenz nach Rom. Diese Hochgeschwindigkeitsbahnen,<br />

die weiter ausgebaut werden, passen das ansonsten nicht besonders leistungsfähige Eisenbahnnetz<br />

an die heutigen Anforderungen an.<br />

Die Toskana verfügt mit Livorno über einen wichtigen Seehafen, an den die Ballungsgebiete um<br />

Florenz und Pisa angeschlossen sind und über den 4,7% des Stückgutumschlags und 6,5% des<br />

Containerumschlags <strong>Italien</strong>s abgewickelt werden. Der Fährhafen in Piombino (mit seinem Gegenstück<br />

in Portoferraio auf Elba) dient vorwiegend dem Passagiertransport zwischen dem Festland<br />

und der Insel Elba.<br />

Wichtigster Flughafen in der Toskana ist Galileo Galilei in Pisa (auch San Giusto genannt), der Verbindungen<br />

mit italienischen und europäischen Städten bietet. Sekundäre Flughäfen, die vor allem<br />

dem Tourismus dienen, sind in Florenz, Grosseto, auf Elba, in Siena, Arezzo und Lucca angesiedelt.<br />

Die Anbindung der Toskana per Flugzeug ist nicht optimal, da der ein Ausbau des Flughafens von<br />

Florenz bisher nicht vorangekommen ist.<br />

Nur durchschnittliche Werte erreicht die Region in Bezug auf Ausbildung und Innovation. Von<br />

den drei Universitäten in Florenz, Siena und Pisa (neben der Universität existiert in Pisa noch eine<br />

Scuola Normale Superiore) hat lediglich Pisa den Ruf einer besonders guten Universität kommt<br />

aber an Bologna nicht heran. In Siena sind ausländische Studenten besonders willkommen und<br />

werden in einer gesonderten Universität für Ausländer betreut, aber diese Ausbildung hat viel mit<br />

Sprachunterricht und wenig mit wissenschaftlicher Lehre und Forschung zu tun.<br />

Die Kennzahlen für den Bildungssektor der Region zeigen einen mittleren Standard. Die Studentenzahlen<br />

im Verhältnis zur Bevölkerung im Alter zwischen 19 und 25 Jahren liegen mit 55,8% zwar<br />

über dem italienischen Durchschnitt, aber deutlich unter dem der Regionen Latium, Emilia-<br />

Romagna, Umbrien oder Abruzzen. Auch der Indikator für den Besuch einer höheren Schule übertrifft<br />

mit 78,2% nur leicht über dem italienischen Durchschnitt und wird von anderen Regionen<br />

übertrumpft. Allerdings hat die Quote der Schulbesucher in den letzten Jahren stärker zugenommen<br />

als im übrigen <strong>Italien</strong>.<br />

16 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Bei den Patentanmeldungen steht die Toskana nicht gut da. Bezogen auf die Bevölkerung kommt<br />

sie auf weniger als die Hälfte der Anzahl, die in den Regionen Emilia-Romagna oder Lombardei registriert<br />

werden. Der Anteil der innovativen Unternehmen an der Gesamtzahl der Unternehmen<br />

liegt mit 26,8% unter dem italienischen Durchschnitt (30,7%). Gleiches gilt für die Internetnutzung,<br />

nur 79,6% der Unternehmen haben einen Breitbandanschluss, gegenüber 81,1% im Landesdurchschnitt.<br />

Auch bei den Ausgaben für den Umweltschutz liegt die Toskana im letzten Drittel der italienischen<br />

Regionen. Das mag allerdings teilweise daran liegen, dass die Region bei weitem nicht die Umweltprobleme<br />

hat, wie sie in den nördlichen Ballungsgebieten auftreten. Nach den Erhebungen von<br />

ISTAT leiden hier 37,9% der Bevölkerung unter der Luftverschmutzung, in der Lombardei sind es<br />

59,6%. Die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen ist bereits weit fortgeschritten, 28,3% des<br />

Stromkonsums werden aus solchen Quellen gespeist. Die Toskana muss 18,8% seines Stroms importieren.<br />

Mülltrennung erfolgt für 31,3% des anfallenden Haushaltsmülls, pro Einwohner werden<br />

65,9 kg Müll in Verbrennungsanalgen versorgt, 353,2 kg wandern in Mülldeponien.<br />

1.2.3 Latium<br />

Latium<br />

Region Latium<br />

Hauptstadt Rom (2,72 Mio. Einw.)<br />

BIP zu Marktpreisen 171.300 Mio. Euro<br />

Provinzen Frosinone, Latina, Rieti, Roma, Viterbo<br />

Fläche 17.235 qkm<br />

Einwohner 5,63 Mio.<br />

Bevölkerungsdichte 326 Einw./qkm<br />

Anzahl der Gemeinden 378<br />

Arbeitslosenrate 7,5%<br />

Erwerbsquote 60,2%<br />

Beschäftigung nach Sektoren Landwirtschaft Industrie Dienstleistung<br />

40.000 393.000 1.794.000<br />

Breitbandnetz 80,2% der Unternehmen<br />

Internetseite www.regione.lazio.it<br />

Das Latium mit der italienischen Hauptstadt Rom gilt als Region mit dem größten Wachstumspotenzial<br />

in <strong>Italien</strong>, konnte diesem Anspruch bisher aber nur teilweise gerecht werden. Die Wachstumsraten<br />

des BIP in den letzten sechs Jahren bis 2008 weichen nicht signifikant von denen im übrigen<br />

Mittelitalien ab und liegen nur geringfügig über dem nationalen Niveau (einzige Ausnahme<br />

ist 2004, in diesem Jahr wurde im Latium ein Wachstum von 4,4% gegenüber 2,9% in ganz Mittelitalien<br />

und 1,5% in ganz <strong>Italien</strong> erzielt). Mit seiner Ausrichtung auf den Dienstleistungssektor muss der<br />

Region zwar auch weiterhin Wachstumspotenzial eingeräumt werden, aber die zunehmenden Infrastrukturprobleme<br />

im Ballungsraum von Rom bremsen die Entwicklung ab. Da in Rom nicht nur<br />

die Regierung, sondern auch die Zentralbank und wichtige Verbände (zum Beispiel der Banken<br />

und Versicherungen) ihren Sitz haben, ist das Latium vor allem für die Hauptverwaltungen von Unternehmen<br />

und Dienstleister attraktiv. Die Lebensbedingungen in Rom, abgesehen von Luftverschmutzung,<br />

Bürokratie und leistungsschwacher Transportinfrastruktur, gelten als ausgesprochen<br />

attraktiv.<br />

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17


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Um 340 v. Chr. wurden die im Latium siedelnden Latiner von den Römern unterworfen und die Region<br />

zum Kernland des Römischen Reiches. Nach dem Verfall des weströmischen Reiches beurkundete<br />

der Frankenkönig Pippin III dem Papst die Schenkung des Dukats (Verwaltungsbezirk)<br />

Rom, gemeinsam mit anderen Gebieten in <strong>Italien</strong> (Pippinische Schenkung, 754 n. Chr.). Mit einer<br />

kurzen Unterbrechung in der napoleonischen Zeit blieb das Latium bis zum Anschluss an das<br />

Vereinte Königreich <strong>Italien</strong> im Jahr 1870 der Kirche in Rom unterstellt (Patrimonium Petri). Die<br />

Eingliederung in das Königreich verschaffte Rom wieder den Status der Hauptstadt <strong>Italien</strong>s. Als<br />

moderne Verwaltungseinheit besteht die Region seit 1947.<br />

Mit einer Fläche von 17.235 qkm nimmt das Latium 5,7% des italienischen Staatsgebietes ein. Es<br />

grenzt im Nordwesten an die Toskana, im Norden an Umbrien, im Westen an die Abruzzen und im<br />

Süden an Molise und Kampanien. Die Landschaft besteht, ähnlich wie in der Toskana, zum überwiegenden<br />

Teil aus Hügelland (54%), in dem drei große Seen gelegen sind. Die Abruzzen mit dem<br />

Monte Gorzano (2.458 m) und die vorgelagerten Berggegenden, die sich von Norwesten nach<br />

Südosten ziehen, nehmen 26% der Fläche ein. Nur 20% entfallen auf Tiefebenen - die Maremma laziale<br />

im Nordwesten, das Mündungsgebiet des Tiber südwestlich von Rom und ganz im Süden die<br />

Pontinische Ebene, ein früheres Sumpfgebiet, das erst zwischen 1930 und 1940 trockengelegt wurde.<br />

Der Küste am Thyrrhenischen Meer vorgelagert sind die Pontinische Inselgruppe mit Ponza,<br />

Ventotene und San Stefano.<br />

Im Latium leben 5,6 Mio. Einwohner (9,4% der italienischen Bevölkerung). Die Region ist nach der<br />

Lombardei und Kampanien die bevölkerungsreichste und am dichtesten besiedelte <strong>Italien</strong>s. Aufgeteilt<br />

auf fünf Provinzen verteilt sich die Bevölkerung sehr unterschiedlich. Die Provinz Rom mit<br />

seinen 4,1 Mio. Einwohnern, davon 2,7 Mio. in der Stadt Rom, weist mit circa 770 Einw./qkm die<br />

größte Bevölkerungsdichte aus - erreicht bei weitem aber nicht die Konzentration, wie sie in der<br />

Provinz Milano zu finden ist (knapp 2.000 Einw./qkm). In der Provinz Rom konzentrieren sich circa<br />

70% aller Unternehmen der Region, über 80% der Beschäftigten haben hier ihren Arbeitsplatz. Die<br />

einzige Stadt außer Rom, die im Latium über 100.000 Einwohner zählt, ist das südlich gelegene<br />

Latina (117.000), dem im Gegensatz zu Rom wenig Lebensqualität zugesprochen wird (auch Frosinone,<br />

die dritte größere Stadt im Latium, rangiert in der Skala der Städte nach Lebensbedingungen<br />

relativ weit unten).<br />

Der Urbanisierungsgrad ist relativ hoch und nimmt weiter zu. 2008 waren 61% der Bevölkerung in<br />

den Ballungsgebieten angesiedelt, 31% in Gebieten mit einer Dichte von 100 bis 500 Einw./qm und<br />

lediglich 8,2% in ländlichen Gebieten. Die Bevölkerung im Latium wächst mit 1,4% jährlich am<br />

schnellsten von allen italienischen Regionen (Durchschnitt 0,7%), wobei die Provinz Rom mit 1,5%<br />

den Takt vorgibt. Auch im Latium ist das Bevölkerungswachstum vornehmlich auf Zuwanderung<br />

zurückzuführen, die Ausländerquote hat sich von 3,0% 2001 auf 8,0% 2008 erhöht, 12% aller in <strong>Italien</strong><br />

registrierten Ausländer leben in der Region. Dabei handelt es sich vor allem um Zuwanderer aus<br />

Südamerika und China.<br />

Mit knapp 60% fällt die Beschäftigungsquote im Latium deutlich geringer aus als im übrigen Mittelitalien<br />

oder der Emilia-Romagna. Die Arbeitslosenquote liegt mit 7,0% etwas höher als in Mittelitalien,<br />

hat sich 2009 gegenüber dem Vorjahr aber leicht verringert. Das deutet darauf hin, dass die<br />

Region von der internationalen Wirtschaftskrise nicht so stark berührt wird, wie <strong>Italien</strong> insgesamt<br />

und die Zuwanderung im Großen und Ganzen gut verkraftet. Weit über dem italienischen Durchschnitt<br />

ist die Jugendarbeitslosigkeit angesiedelt, allerding hat sie in den letzten zehn Jahren leicht<br />

abgenommen, von über 30% 1999 ist sie auf 26% 2008 gesunken.<br />

18 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Das Pro-Kopf-Einkommen im Latium hat sich von 2000 bis 2008 nur leicht erhöht, es ist von<br />

24.102 Euro auf 24.976 Euro gestiegen und liegt damit bei 117% des durchschnittlichen Pro-Kopf-<br />

Einkommens in <strong>Italien</strong>. Nach der EU-Statistik kommt die Region kaufkraftbereinigt auf einen Wert<br />

von 123% des EU-27-Durchschnitts. Sie liegt damit in Mittelitalien an der Spitze und etwa gleichauf<br />

mit Tübingen in Deutschland. Die Familieneinkommen werden von ISTAT mit durchschnittlich<br />

31.419 Euro angegeben wobei die Verteilung, gemessen am Gini-Index, mit 0,316 im Vergleich mit<br />

den anderen italienischen Regionen relativ ungleich ist. 8,0% der Familien werden als arm klassifiziert,<br />

die Quote ist höher als in den anderen mittelitalienischen Regionen, bleibt aber unter dem<br />

nationalen Durchschnitt von 11,3%.<br />

Bezogen auf die Bevölkerung ist die Anzahl der Unternehmen im Latium mit 63,2 pro Tausend etwas<br />

geringer als der nationale und deutlich geringer als der mittelitalienische Durchschnitt. Dafür<br />

sind die Unternehmen hier größer, mit 4,62 Beschäftigten pro Unternehmen wird der Wert für<br />

ganz <strong>Italien</strong> (3,98) überschritten, nur die Lombardei weist einen höheren Wert aus. Zurückzuführen<br />

ist das auf die Existenz von Großunternehmen im Dienstleistungs- (Alitalia) oder im Energiesektor<br />

(Enel). Der Wert für die Neugründungen und Schließungen von Unternehmen (netto, bezogen<br />

auf die Anzahl aller in der Region arbeitenden Unternehmen) fällt mit 0,93% geringer aus als im übrigen<br />

Mittelitalien, das heißt die Dynamik im Unternehmenssektor muß als relativ gering eingestuft<br />

werden.<br />

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19


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

In keiner anderen Region <strong>Italien</strong>s ist die Wirtschaft so auf den Dienstleistungssektor fixiert wie im<br />

Latium. 84% der Wertschöpfung entstehen im tertiären Bereich, das produzierende Gewerbe trägt<br />

nur wenig mehr als 10% bei (verarbeitende Industrie: 7%), die Landwirtschaft begnügt sich mit 1%<br />

des BIP, die restlichen 5% entfallen auf die Bauwirtschaft. Wichtigster Dienstleistungsbereich sind<br />

die Immobilien, Informationstechnologie, Forschung und Entwicklung und sonstige Dienstleistungen<br />

für Unternehmen, die etwas mehr als ein Viertel der gesamten Wertschöpfung ausmachen.<br />

Etwa 11% entfallen jeweils auf Handel und Reparaturbetriebe beziehungsweise Transport,<br />

Lagerhaltung und Kommunikation, und 9% auf die öffentliche Administration.<br />

Die verarbeitende Industrie ist klein aber fein, das Latium ist ein Zentrum der italienischen Luftund<br />

Raumfahrttechnik. In der Umgebung von Rom unterhält nicht nur die größte italienische<br />

Hi-Tech Industriegruppe (Finmeccanica) eine Reihe von Produktionsbetrieben, 29 Großunternehmen<br />

der Branche mit circa 250 Betrieben der Luft- und Raumfahrttechnik geben rund 30.000 Beschäftigten<br />

Brot und Arbeit und machen einen Umsatz von etwa 5 Mrd. Euro. Daneben hat die chemische<br />

und pharmazeutische Industrie Gewicht, die Modebranche und nicht zuletzt die Filmindustrie<br />

(Filmstadt Cinecittà).<br />

Mit jährlich etwa 11 Mio. Besuchern, davon 7 Mio. aus dem Ausland, gehört das Latium zu den wichtigsten<br />

Tourismusregionen in <strong>Italien</strong>. Die Besucher, vor allem wenn sie aus dem Ausland kommen,<br />

konzentrieren sich stark auf Rom. Im Städtetourismus ist die Verweildauer generell relativ kurz,<br />

mit einem Durchschnitt von 2,97 Tagen macht das Latium da keine Ausnahme. Insgesamt stehen in<br />

der Region circa 270.000 Betten zur Verfügung, davon über die Hälfte in Hotels. Die Beschäftigung<br />

im Tourismussektor bezogen auf die Bevölkerung wird von ISTAT mit 4,7% angegeben, das entspricht<br />

dem italienischen Durchschnitt.<br />

Der Außenhandel des Latium ist stark defizitär. 2008 standen Einfuhren von 27,3 Mrd. Euro (7,2%<br />

des italienischen Einfuhrvolumens) lediglich Ausfuhren von 14,5 Mrd. Euro (3,9%) gegenüber. 2009<br />

sind die Ausfuhren um 17,6% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, die Wirtschaftskrise hat<br />

die Exportbetriebe des Latium nicht ganz so hart getroffen wie <strong>Italien</strong> als Ganzes (-21,4%). Der<br />

deutsche Anteil an den Exporten ist 2008 auf 12,5% gestiegen, 15,2% der Importe kommen aus<br />

Deutschland (für 2009 liegen noch keine detaillierten Zahlen vor).<br />

Die wichtigste Gruppe der Einfuhren besteht aus Maschinen und Transportausrüstung, gefolgt von<br />

industriellen Vorprodukten, chemischen Produkten und Nahrungsmitteln. Innerhalb der Gruppe<br />

Maschinen und Transportausrüstung stellen Kfz den mit Abstand größten Posten, daneben ist Telekommunikationsausrüstung<br />

stark gefragt. 36% der Einfuhren von Kfz kommen aus Deutschland,<br />

das ansonsten noch nennenswerte Lieferanteile bei chemischen Produkten, industriellen Vorprodukten<br />

sowie Tabak und Getränken hat. Bei den Ausfuhren des Latium dominieren chemische<br />

Produkte, gefolgt von Maschinen und Transportausrüstungen sowie industriellen Fertigprodukten,<br />

darunter Bekleidung, wissenschaftliche Instrumente, Apparate und optische Geräte. Nach<br />

Deutschland werden vor allem chemische Produkte , Maschinen, Transportmaterial und industrielle<br />

Vorprodukte geliefert.<br />

Eines der größten Probleme im Latium ist die Verkehrsinfrastruktur im Ballungszentrum von Rom.<br />

Die Einbindung des Verkehrs der wichtigsten Nord-Süd-Strecke (A1 - Autostrada del Sole über die<br />

Ringautobahn um Rom (Grande Raccordo Anulare) und die Verteilung des Verkehrs von der Ringautobahn<br />

zum Zentrum ist unzureichend und in Anbetracht des starken Pendlerverkehrs auch in<br />

Zukunft kaum zu bewältigen. Der Verkehrskollaps in und um Rom gehört zum Alltag im Latium.<br />

Neben der A1 gehen von der Ringautobahn die Strecken Roma-Civitavecchia, Roma-Fiumicino<br />

(Flughafen) und Rom-Teramo ab. Das Autobahnnetz im Latium hat eine Dichte von 27,3 km/pro<br />

1.000 qkm, ein Wert, der geringfügig über dem nationalen Durchschnitt liegt.<br />

20 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Mit dem Eisenbahnknotenpunkt Rom und seinen sechs Bahnhöfen ist das Latium gut in das italienische<br />

Schienennetz integriert, mit 7,2 km Schiene je 100 qkm verfügt die Region über das dichteste<br />

Eisenbahnnetz in <strong>Italien</strong> nach dem Piemont (7,4 km). Die wichtigsten neueren Entwicklungen hier<br />

liegen im Ausbau der Hochgeschwindigkeitsbahnen, die inzwischen Mailand und Neapel direkt<br />

mit Rom verbinden und vom Zeitaufwand her den Flugverbindungen ebenbürtig, je nach Verkehrslage,<br />

sogar überlegen sind.<br />

Die Hafeninfrastruktur der Region ist wenig entwickelt, lediglich zwei Fährhäfen, die primär dem<br />

Personen- und Lastwagenverkehr dienen, sind von Bedeutung. Von Civitavecchia aus (Aufkommen<br />

circa 2,5 Mio. Passagiere pro Jahr) wird vor allem Sardinien regelmäßig bedient, es gehen von<br />

dort aber auch Fähren nach Sizilien, Spanien, Frankreich, Malta und Tunesien ab. Der Hafen von<br />

Anzio, südlich von Rom dient der Anbindung der Pontinischen Inseln.<br />

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21


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Drei zivile Flughäfen existieren in der Region, alle drei in der Großregion von Rom. Der mit Abstand<br />

wichtigste ist der Flughafen von Fiumicino (Leonardo da Vinci), der etwa 30 km von Rom entfernt<br />

am Meer liegt. Fiumicino stellt inzwischen das wichtigste internationale Drehkreuz für die Luftfahrt<br />

in <strong>Italien</strong> dar, denn die nationale Fluglinie Alitalia hat ihren internationalen Verkehr weitgehend<br />

von Malpensa bei Mailand abgezogen und nach Rom verlagert. Der zweite internationale<br />

Flughafen Ciampino (G.B. Pastine), südlich von Rom, wird vor allem von Low-cost-Fluggesellschaften<br />

angeflogen. Roma-Urbe, im Norden Roms, dient der allgemeinen Luftfahrt (keine Linien), unter<br />

anderem werden hier Rundflüge, Helicopterflüge und ähnliches angeboten. Neben den zivilen<br />

Flughäfen existieren noch fünf Militärflughäfen im Latium.<br />

Noch vor der Lombardei oder der Emilia-Romagna gilt das Latium als Innovationszentrum <strong>Italien</strong>s.<br />

Das liegt einmal an den hervorragenden Universitäten in Rom, zum anderen an dem Industriecluster<br />

für Luft- und Raumfahrttechnik mit seinen hochinnovativen Unternehmen. In den Statistiken<br />

von ISTAT spiegelt sich das nur teilweise wider. Der Anteil der Unternehmen, die mit einem Breitband-Internetanschluss<br />

arbeiten, liegt nur bei unterdurchschnittlichen 80,2%, auch die Anzahl der<br />

innovativen Unternehmen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Unternehmen ist mit 26% wesentlich<br />

geringer als zum Beispiel in der Emilia-Romagna (35,5%). Beide Werte erklären sich aber daraus,<br />

dass die Unternehmen des Latiums zu einem ungewöhnlich hohen Teil aus Handwerksbetrieben<br />

bestehen, die naturgemäß weniger innovativ sind.<br />

Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung dagegen liegt das Latium mit 1,7% des BIP an der<br />

Spitze, ebenso beim Anteil der 19 bis 25jährigen, die an einer Universität eingeschrieben sind<br />

(64,9%). Drei staatliche Universitäten existieren in Rom, davon ist La Sapienza eine der ältesten und<br />

mit 147.000 Studenten angeblich auch die größte in Europa. La Sapienza hat einen ausgezeichneten<br />

Ruf und unterhält in Latina, Rieti und Viterbo Zweigstellen. Tor Vergata und Roma Tre sind die<br />

beiden anderen staatlichen Hochschulen, sie wurden erst in neuerer Zeit gegründet. Daneben<br />

existieren in Rom mehrere katholische Universitäten und die italienische Hauptstadt ist unter anderem<br />

Sitz der Nationalen Akademie der Wissenschaften, der Päpstlichen Akademien, der Accademia<br />

di San Luca und anderer wissenschaftlichen Institutionen. Außerhalb von Rom haben die Städte<br />

Cassino und Viterbo eine Universtität.<br />

Die ansonsten hoch bewertete Lebensqualität im Latium wird ein wenig durch die Umweltprobleme<br />

der Region geschmälert. Gegenmaßnahmen werden erst in jüngster Zeit und nur in begrenztem<br />

Umfang getroffen - jedenfalls haben die Pro-Kopf-Ausgaben für den Umweltsektor von 2002<br />

bis 2006 kontinuierlich abgenommen und wurden erst seit 2007 wieder leicht angehoben. Auch<br />

von Erneuerbarer Energie halten die Latiner anscheinend nicht viel. Der Anteil von „grünem“<br />

Strom am gesamten Stromkonsum liegt mit 5% niedriger als in allen anderen Regionen, ausgenommen<br />

Ligurien. Bei der Hausmüllentsorgung besteht ebenfalls noch großer Nachholbedarf, die<br />

Mülltrennung und -verwertung ist auf niederem Niveau, es fehlen Verbrennungsanlagen. 52% der<br />

Bevölkerung klagen über Probleme mit der Luftverschmutzung - in diesem Punkt nimmt das Latium<br />

mit der Lombardei (59,6%) die Spitzenposition im Regionenranking ein.<br />

22 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


1.2.4 Umbrien<br />

Umbrien<br />

Region Umbrien<br />

Hauptstadt Perugia (165.207 Einw.)<br />

BIP zu Marktpreisen 21.748 Mio. Euro<br />

Provinzen Perugia, Terni<br />

Fläche 8.456 qkm<br />

Einwohner 0,89 Mio.<br />

Bevölkerungsdichte 106 Einw./qkm<br />

Anzahl der Gemeinden 92<br />

Arbeitslosenrate 4,8%<br />

Erwerbsquote 65,4%<br />

Beschäftigung nach Sektoren Landwirtschaft Industrie Dienstleistung<br />

15.000 101.000 246.000<br />

Breitbandnetz 74,9% der Unternehmen<br />

Internetseite www.regione.umbria.it<br />

Die kleinste mittelitalienische Region ist Umbrien. Nach Maßgabe des Pro-Kopf-Einkommens ist es<br />

auch die ärmste. Umbrien verfügt jedoch über einen Vorzug, den die meisten italienischen Regionen<br />

inzwischen verloren haben. Weitgehend unberührt vom Massentourismus, konnte die Region<br />

sich seine Ursprünglichkeit erhalten und trotzdem am italienischen Wirtschaftswunder partizipieren<br />

und sich harmonisch entwickeln. Dass die Region nicht nur touristisch von Interesse ist,<br />

zeigt das Engagement von ThyssenKrupp in Terni, wo das deutsche Unternehmen seit 1998 ein<br />

Spezialstahlwerk mit circa 3.000 Beschäftigten betreibt.<br />

Die Hauptstadt der Region Umbrien, Perugia (damals Perusia) war 400 v. Chr. als Mitglied des etruskischen<br />

Zwölfstädtebundes eine der mächtigsten Städte der Region, fiel aber 217 v. Chr. an die<br />

Römer. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches wurde Umbrien von Karl dem Großen<br />

dem Kirchenstaat zugeschlagen. Im 14. Jahrhundert erlangten einige der Städte eine weitgehende<br />

Autonomie, aber die Zugehörigkeit des Gebietes zum Kirchenstaat endete endgültig erst 1860 mit<br />

der Eingliederung zunächst in das Königreich Sardinien-Piemont aus dem 1861 das geeinte <strong>Italien</strong>ische<br />

Königreich hervorging.<br />

Umbrien hat keine eigene Küste, es ist umgeben von den Marken im Nordosten, der Toskana im<br />

Nordwesten und dem Latium im Südwesten. Auf einer Fläche von 8.456 qkm (2,8% der Gesamtfläche<br />

<strong>Italien</strong>s) leben 0,89 Mio. Einwohner (1,5% der italienischen Bevölkerung). Damit zählt Umbrien<br />

zu den am wenigsten besiedelten Regionen in <strong>Italien</strong>. 83% des Gebietes sind Hügelland, 31% werden<br />

als Gebirge klassifiziert. In der Ebene (6%), die sich von der Hauptstadt Perugia bis Spoleto zieht, lebt<br />

der größte Teil der Einwohner, hier ist auch die Industrie konzentriert. Mit dem Trasimenischen See<br />

westlich von Perugia verfügt Umbrien über den viertgrößten See <strong>Italien</strong>s (128 qkm).<br />

Administrativ teilt sich die Region in zwei Provinzen, Perugia und Terni, mit insgesamt 92 Kommunen<br />

auf. Die beiden gleichnamigen Provinzhauptstädte sind die einzigen Städte, die über 100.000<br />

Einwohner zählen. Während die Bevölkerung der Provinz Perugia in den letzten 8 Jahre gestiegen<br />

ist, war in Terni eine Abwanderungsbewegung zu beobachten. Der Ausländeranteil ist mit 9,6% der<br />

Bevölkerung relativ groß und wächst, konzentriert sich auf Perugia, rasch.<br />

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23


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Die Erwerbsbevölkerung der Region umfasst 387.000, die Beschäftigungsquote liegt 2009 bei 62% -<br />

ein im mittel- und norditalienischen Vergleich relativ geringer Wert. Die Arbeitslosigkeit konnte<br />

in den letzten zehn Jahren von über 8% auf unter 5% reduziert werden, stieg ab 2008 jedoch rasch an<br />

und erreichte 2009 über 7%. Die Jungendarbeitslosigkeit liegt mit circa 15% höher, bewegt sich aber<br />

in einem für <strong>Italien</strong> als normal anzusehenden Bereich.<br />

In den Jahren 2006 und 2007 hat Umbrien ein höheres Wirtschaftswachstum ausweisen können<br />

als ganz <strong>Italien</strong>, 2008 setzte jedoch ein Schrumpfungsprozess ein, der sich 2009 verstärkt hat. Es ist<br />

der Region nicht gelungen, das Wohlstandsdefizit gegenüber dem italienischen Durchschnitt aufzuholen.<br />

Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 19.838 im Jahr 2008 erreicht es 93% des italienischen<br />

Niveaus. Das Einkommen einer Durchschnittsfamilie liegt bei 29.634 Euro pro Jahr und ist nach<br />

Maßgabe des Gini-Koeffizienten (0,270) relativ gleichmäßig verteilt. Die Armutsquote wird mit<br />

6,2% angegeben, sie hat damit nach dem Latium das höchste Niveau in Mittelitalien. Innerhalb der<br />

EU-27 liegt das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf mit 96,9% geringfügig unter dem Durchschnitt.<br />

Auf 1.000 Einwohner kommen 69,6 Unternehmen - ein unterer Wert im mittel- und norditalienischen<br />

Vergleich. Es handelt sich bis auf wenige Ausnahmen um kleine Unternehmen - die durchschnittliche<br />

Beschäftigungszahl wird mit 3,73 pro Unternehmen angegeben.<br />

Wie in den übrigen Regionen Mittelitaliens konzentriert sich auch in Umbrien die Wirtschaft auf<br />

den Dienstleistungsbereich, 69% der Wertschöpfung erfolgen hier. Handel und Reparaturdienste<br />

(12% des BIP), Transport und Kommunikation (6%) und das Gastgewerbe (4%) sind wichtige Branchen.<br />

Neben den öffentlichen Dienstleistungen erwirtschaften aber Immobilien, IT, Forschung<br />

und professionelle Dienstleistung den größten Beitrag (21%) zum BIP. Einen wichtigen Wirtschaftsfaktor<br />

bilden die Universitäten in Perugia, die unter anderem durch ihre Konzentration auf die<br />

Ausbildung von ausländischen Studenten für einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung im<br />

Dienstleistungsbereich verantwortlich sind.<br />

Das produzierende Gewerbe hat einen Anteil von 22% an der Entstehung des BIP der Region, der<br />

Bausektor trägt 7% bei. In der verarbeitenden Industrie ist die Stahlerzeugung in Terni von überragender<br />

Bedeutung, auf sie allein entfallen 24% der Wertschöpfung der verarbeitenden Industrie, es<br />

folgt der nachgelagerte Maschinenbau mit 20%. Insgesamt muss circa die Hälfte der Wertschöpfung<br />

der verarbeitenden Industrie Stahlerzeugung, Metallverarbeitung und Maschinenbau zugerechnet<br />

werden. Wichtig außerdem die hochentwickelte Lebensmittelindustrie und der Textilsektor,<br />

der vor allem von der Kaschmirspinnerei und -weiterverarbeitung vor den Toren Perugias lebt.<br />

Umbrien hat in den letzten Jahren stark auf die Entwicklung des Tourismus gesetzt und die Bettenkapazitäten<br />

von 2000 bis 2007 um circa 40% aufgestockt. Im Vergleich zu anderen Regionen steckt<br />

in diesem Sektor noch viel Entwicklungspotenzial, vorausgesetzt, die Region kann eine Überbeanspruchung<br />

vermeiden (ansatzweise ist sie bereits anzutreffen, zum Beispiel in Assisi, dem Geburtsort<br />

des heiligen Franziskus). Mit 93,4 Betten pro 1.000 Einwohner (82.628 Betten insgesamt) liegt<br />

Umbrien noch deutlich hinter der Toskana (131,5), aber auch hinter den benachbarten Marken<br />

(146,1). 2,2 Mio. Besucher zählt die Region jährlich, davon kommen weniger als 30% aus dem Ausland.<br />

Die Aufenthaltsdauer ist mit durchschnittlich 2,85 Tagen die geringste unter allen italienischen<br />

Regionen - Grund dafür ist, dass Umbrien keine Küste aufweisen kann, die zu längerem Verweilen<br />

einladen würde. Der Agrotourismus bildet die Basis für die Entwicklung im Tourismussektor<br />

der letzten 10 Jahre. Die Anzahl der Betriebe in diesem Bereich hat sich von 440 im Jahr 1988 auf<br />

1.052 im Jahr 2008 erhöht.<br />

24 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Abgesehen vom Aostatal ist Umbrien die Region in <strong>Italien</strong> mit den geringsten Exporten - der Anteil<br />

an den italienischen Gesamtausfuhren liegt bei unter 1%, davon allerdings geht ein überdurchschnittlich<br />

hoher Teil (14,3%) nach Deutschland. Auch bei den Importen bildet Umbrien das Schlusslicht<br />

(0,7% der nationalen Einfuhren), und auch hier liegt Deutschland als Lieferland mit einem Anteil<br />

von 15,8% weit vorn. Geschuldet ist der hohe deutsche Anteil am Außenhandel Umbriens dem<br />

ThyssenKrupp-Stahlwerk und den nachgelagerten Unternehmen, aber auch der Textil- und Bekleidungsindustrie.<br />

Die Straßeninfrastruktur in Umbrien ist wenig entwickelt, was sich durch die geringe Bevölkerungsdichte<br />

und gebirgige Landschaft erklärt. Die Dichte der Autobahnen fällt mit 7 km/1.000 qkm<br />

Fläche sehr gering aus (ganz <strong>Italien</strong>: 21,9 km). Knotenpunkt des Schnellstraßennetzes ist Perugia,<br />

die Anbindung an Florenz und Rom ausreichend. Umbrien verfügt über ein zufriedenstellend ausgebautes<br />

Eisenbahnnetz, das teilweise modernisiert werden muss.<br />

In der Region befinden sich zwei Flughäfen, einer bei Perugia, der andere bei Foligno. Foligno ist<br />

allerdings lediglich Zentralflughafen für die Luftflotte des nationalen Zivilschutzes und nicht für<br />

den öffentlichen Verkehr freigegeben. Der Flughafen Perugia-Sant’Egidio (A. Giuglietti) wird als<br />

internationaler Flughafen klassifiziert und liegt etwa 12 km außerhalb der Stadt.<br />

International ist Umbrien durch seine beiden Universitäten in Perugia bekannt geworden. Hier<br />

wurde bereits Anfang des 14. Jh. die Università degli Studi di Perugia gegründet, die heute unter anderem<br />

als Exzellenzzentrum für die Nanoforschung anerkannt ist. Die Stadtuniversität unterhält<br />

ein Lehr- und Forschungszentrum in Terni, das eng mit der Industrie zusammenarbeitet. Die zweite<br />

Universität, die Università per Stranieri (Ausländeruniversität), ist eine von zwei Hochschulen in<br />

<strong>Italien</strong> (die andere befindet sich in Siena), die speziell für ausländische Studenten gegründet wurden.<br />

Der Anteil der Studenten an der Bevölkerung zwischen 19 und 25 Jahren liegt wegen dieser<br />

beiden Universitäten in Umbrien mit 61,1% weit über dem italienischen Durchschnitt.<br />

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Region sind dagegen mit nur 0,9% des BIP unterdurchschnittlich.<br />

Der Anteil der innovativen Unternehmen wird mit 32,3% angegeben, er liegt<br />

höher als in allen anderen mittelitalienischen Regionen. Einen Breitband-Internetanschluss haben<br />

jedoch nur 74,9% der Unternehmen (<strong>Italien</strong>: 81,1%).<br />

Umbrien gibt jährlich etwas mehr als 300 Euro pro Kopf der Bevölkerung für den Umweltschutz<br />

aus. Damit liegt die Region auf einem mittleren Platz in <strong>Italien</strong>. Auch die Nutzung von erneuerbaren<br />

Energiequellen ist durchschnittlich entwickelt, 18,8% des konsumierten Stroms kommen aus<br />

solchen Quellen (vor allem Wasserkraft). Die Luftqualität ist allenfalls in der Ebene von Terni ein<br />

Problem, 30% der Bevölkerung klagen über Probleme mit der Luftverschmutzung, halb so viele wie<br />

in der Lombardei. 25% des Hausmülls (366,5 kg pro Einwohner) werden getrennt gesammelt.<br />

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25


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

1.2.5 Marken<br />

Marken<br />

Region Marken<br />

Hauptstadt Ancona (102.047 Einw.)<br />

BIP zu Marktpreisen 41.612 Mio. Euro<br />

Provinzen Ancona, Ascoli- Piceno, Macerata,Pesaro e Urbino<br />

Fläche 9.694 qkm<br />

Einwohner 1,57 Mio.<br />

Bevölkerungsdichte 162 Einw./qkm<br />

Anzahl der Gemeinden 246<br />

Arbeitslosenrate 4,7%<br />

Erwerbsquote 64,7%<br />

Beschäftigung nach Sektoren Landwirtschaft Industrie Dienstleistung<br />

20.000 263.000 376.000<br />

Breitbandnetz 79,8% der Unternehmen<br />

Internetseite www.regione.marche.it<br />

Die im Ausland wenig bekannten Marken als Fortsetzung Umbriens bis zum adriatischen Meer einzustufen,<br />

würde der Region nicht gerecht. Die Marken konnten seit dem Jahr 2000 ein über dem<br />

italienischen Durchschnitt liegendes und sehr konstantes Wirtschaftswachstum verbuchen und<br />

sind Sitz von zwei weltbekannten italienischen Unternehmen, dem Haushaltsgerätehersteller Indesit<br />

und dem Modekonzern Tod’s. Eine gute Verkehrsinfrastruktur mit Anbindung an die Ballungsgebiete<br />

von Mailand und Rom und sehr angenehme Lebensbedingungen lassen diese mittelitalienische<br />

Provinz attraktiv erscheinen, auch wenn sie etwas abseits der großen Wirtschaftszentren<br />

<strong>Italien</strong>s liegt.<br />

Die Geschichte der Marken unterscheidet sich von der der anderen mittelitalienischen Regionen<br />

insofern, als hier in früher Zeit (387 v. Chr.) Griechen aus Syrakus mit der Gründung der Hafenstadt<br />

Ancona das Land kolonisiert haben. Später fiel es, wie die griechischen Siedlungen in Süditalien, an<br />

Rom. Ancona wurde angeblich aber erst von Julius Cesar 49 v. Chr. nach der berühmten Überschreitung<br />

des Rubikon erobert. Nach den Wirren des Mittelalters kamen die Marken unter den Einfluss<br />

des Papstes, lediglich das Herzogtum Urbino im Norden konnte sich bis ins 17. Jahrhundert hinein<br />

seine Unabhängigkeit bewahren. Mit Umbrien wurden 1860 auch die Marken an das Königreich<br />

Sardinien-Piemont angeschlossen.<br />

Mit einer Fläche von 9.694 qkm (3,2% des italienischen Staatsgebietes) sind die Marken nur wenig<br />

größer als das benachbarte Umbrien, aber die Einwohnerzahl liegt mit 1,57 Mio. (2,6% der italienischen<br />

Bevölkerung) weit höher. Im Norden grenzen die Marken an die Emilia-Romagna, die Republik<br />

San Marino und (im Norwesten) an die Toskana, im Westen an Umbrien und an das Latium, im<br />

Süden an die Abruzzen. Die Küste am adriatischen Meer ist 173 km lang, hier verbergen sich einige<br />

der schönsten Buchten <strong>Italien</strong>s. Die Marken bestehen zu 31% aus Gebirge und 69% sind Hügelland,<br />

das sich bis zur Küste hinzieht. 97% der Marken werden als erdbebengefährdet mit mittlerem oder<br />

hohem Risiko eingestuft.<br />

26 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Die Marken sind aufgeteilt in fünf Provinzen mit insgesamt 239 Kommunen, Hauptstadt ist Ancona,<br />

die einzige Stadt in der Region mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die Bevölkerung konzentriert<br />

sich auf eine Vielzahl kleiner Städte, nur 19% leben in ländlichen Gebieten. Der Bevölkerungszuwachs<br />

von 2001 bis 2008 liegt mit 0,9% leicht über dem italienischen Durchschnitt. 8,3% der Bevölkerung<br />

sind Ausländer, das entspricht etwa der toskanischen Quote und übertrifft das italienische<br />

Mittel geringfügig. Im Ranking der Provinzen nach Lebensqualität, das von der Wirtschaftszeitung<br />

Il Sole 24 Ore Ende 2009 vorgenommen wurde, liegen vier der Provinzen auf den vorderen<br />

Plätzen, lediglich die südlichste, Ascoli Piceno wird nur dem oberen Mittelfeld zugeordnet.<br />

Die Beschäftigungsquote entspricht mit 64% 2009 etwa dem Durchschnitt in Mittelitalien und ist<br />

deutlich höher als in ganz <strong>Italien</strong>. Die internationale Wirtschaftskrise hat sich auf die Marken relativ<br />

stark ausgewirkt. Die Arbeitslosenquote, die 2008 noch auf 4,3% gesunken war, steigt seither<br />

deutlich an und wird 2010 voraussichtlich die 8-Prozentmarke überspringen. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit<br />

(12,6%) stellt sich in geringerem Maß als im übrigen mittelitalienischen Raum.<br />

Auch das BIP ist bereits 2008 mit -1,2% etwas stärker zurückgegangen als in ganz <strong>Italien</strong> (-1,0%), für<br />

2009 liegen noch keine Zahlen vor, aber es muss ein Einbruch von mindestens 5% vermutet werden.<br />

Nominal liegt das Pro-Kopf-Einkommen in der Region 2008 bei 21.617 Euro, wenig über dem<br />

Landesdurchschnitt. Die Familieneinkommen mit 31.108 Euro pro Jahr sind ebenfalls etwas höher<br />

als in ganz <strong>Italien</strong>, ein Gini-Kooeffizient von 0,281 lässt auf ein relativ gleichmäßige Verteilung<br />

schließen.<br />

Die Unternehmensdichte, gemessen an der Bevölkerung, fällt mit 76,5 pro 1.000 Einwohner deutlich<br />

höher aus als in der Nachbarregion Umbrien, während die Unternehmensgröße mit 3,87 Beschäftigten<br />

pro Unternehmen auf gleichem Niveau liegt. Es handelt sich nahezu ausschließlich um<br />

Familienunternehmen, auch wenn sie, wie einige wenige, als Großunternehmen einzustufen sind.<br />

Die verarbeitende Industrie hat in den Marken einen weit höheren Stellenwert, als im Durchschnitt<br />

der mittelitalienischen Regionen, ihr Anteil an der Wertschöpfung erreicht (2008) 25% gegenüber<br />

14% in ganz Mittelitalien. Etwa 40% der Arbeitsplätze sind in der verarbeitenden Industrie angesiedelt.<br />

Wichtigster Zweig ist die Herstellung von Maschinen und Apparaten, hier sind es insbesondere<br />

elektrische Küchengeräte und Telekommunikationsausrüstung. Schuhe, modische Bekleidung<br />

und Textillien des gehobenen Bedarfs sind ein weiterer Schwerpunkt der industriellen Produktion,<br />

daneben Mieder- und Strickwaren. Schließlich ist die Möbelindustrie mit einigen wichtigen Produzenten,<br />

insbesondere von Einbauküchen, hier vertreten.<br />

Ein geringeres Gewicht als in den anderen mittelitalienischen Regionen hat der Dienstleistungssektor<br />

mit 66% des BIP. Handel, Transport und Gastgewerbe sind mit 32% an der Wertschöpfung des<br />

Tertiärsektors beteiligt, 28% steuert der öffentliche Sektor bei. Wie in den meisten italienischen<br />

Regionen stellt der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle dar. Nach Angaben der ISTAT kommen<br />

in diesem Sektor 5,2% der Beschäftigten unter, das entspricht dem italienischen Durchschnitt.<br />

Mit 146 Betten pro 1.000 Einwohner weisen die Marken ein höhere Bettenquote aus als die Toskana.<br />

In absoluten Zahlen liegt die Bettenzahl in den Marken mit 226.980 zwar nur bei der Hälfte der<br />

Anzahl in der Toskana, aber gleichauf mit der im weit größeren Latium.<br />

In den Marken sind die <strong>Italien</strong>er noch unter sich. Nur 16% der Besucher von jährlich circa 1,8 Mio.<br />

entfallen auf Ausländer. Vielleicht ist deshalb die Verweildauer mit einem Durchschnitt von 6,26<br />

Tagen die mit Abstand höchste unter allen italienischen Provinzen. Der wichtigste Tourismuszweig<br />

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27


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

ist der Strandurlaub, der Agrotourismus im Landesinnern hat sich in den letzten Jahren zwar auch<br />

positiv entwickelt, erreicht aber nicht das Gewicht wie in der Toskana oder in Umbrien.<br />

Die Exportorientierung in den Marken ist ,wie in ganz Mittelitalien nicht sehr ausgeprägt, aber es<br />

existieren einige stark exportorientierte Unternehmen. Der Anteil an den gesamten italienischen<br />

Ausfuhren liegt bei 2,9%, nach Deutschland gehen 8,6% der von dieser Region exportierten Waren,<br />

weit weniger als im italienischen Durchschnitt. Bei den Einfuhren sind die Marken noch genügsamer,<br />

sie verantworten 1,7% des italienischen Importvolumens, 8% davon stammen aus Deutschland.<br />

Die internationale Wirtschaftskrise hat die Exporteure in den Marken überdurchschnittlich<br />

hart betroffen. Bereits 2008 sind die Ausfuhren um 14% zurückgegangen, 2009 wurde nochmals ein<br />

Einbruch von 25% registriert.<br />

Diese starke Reaktion beruht darauf, dass zwei sehr konjunkturabhängige Produktgruppen die<br />

Ausfuhren dominieren: Schuhe und elektrische Küchengeräte. Als Abnehmer von Schuhen aus der<br />

Region fällt Deutschland durchaus ins Gewicht (circa 12%), bei Küchengeräten ist der Absatz in<br />

Deutschland dagegen sehr schwach. Die wichtigsten Importe der Region sind Vorprodukte für die<br />

Schuhherstellung und die Bekleidungsindustrie, sowie Vorprodukte für den Elektromaschinenbau.<br />

Aus Deutschland werden vor allem Kfz eingeführt, aber auch bei den Komponenten für den<br />

Maschinenbau hat Deutschland eine relativ starke Marktstellung.<br />

Die Marken verfügen über eine angemessen ausgebaute, aber etwas überalterte Verkehrsinfrastruktur.<br />

Das Autobahnnetz hat eine Dichte von 17,3 km/1.000 qkm Fläche und besteht im Wesentlichen<br />

aus der Adria-Autobahn (A 14), die von Bologna über Rimini und Bari bis nach Tarent führt,<br />

und von der Schnellstraßen zu allen wichtigen Städten der Region (auch nach Rom) abgehen.<br />

Damit ist eine relativ gute Anbindung an die Ballungszentren im Norden, an die italienische<br />

Hauptstadt und an die südlichen Regionen gegeben. Dass Eisenbahnnetz, ist mit 4,0 km/100 qkm in<br />

Mittelitalien am geringsten entwickelt und wie die Autobahnen auf den Hauptstrang entlang der<br />

Küste konzentriert.<br />

Trotz der langen Küste verfügen die Marken über keinen großen Seehafen. Der Hafen von Ancona<br />

ist im wesentlichen ein Fährhafen, in dem Lastwagen und Passagiere eingeschifft werden. Angeschlossen<br />

an diesen sehr alten Hafen (auch dorischer Hafen genannt) ist eine Werft, die dem Bau<br />

kleinerer Schiffe dient. Ansonsten verfügen die meisten der Küstenstädte über kleine Häfen, die<br />

aber vornehmlich dem Fährverkehr oder der Sportschifffahrt dienen. Einziger internationaler Verkehrsflughafen<br />

der Region ist der Aeroporto di Ancona-Falconara (Raffaello Sanzio), 21 km von Ancona<br />

entfernt. Ein zweiter (nationaler) Flugplatz in Fano dient lediglich Geschäfts- und Privatflugzeugen<br />

und nimmt keine Linienflugzeuge auf.<br />

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den Marken sind mit einem Anteil von 0,7% des<br />

BIP deutlich geringer als im italienischen Durchschnitt (1,2%). In der Region existieren zwei Universitäten,<br />

die Università Politecnica delle Marche in Ancona und die Università degli Studi in Urbino.<br />

Der Anteil der Studenten an der Bevölkerung zwischen 19 und 25 Jahren erreicht 49,6%, das ist der<br />

niedrigste Wert in Mittelitalien, liegt aber immer noch leicht über dem italienischen Durchschnitt.<br />

Die Quote der innovativen Unternehmen wird von ISTAT mit 28,3% angegeben, ein Wert, der unter<br />

dem nationalen Durchschnitt, aber über dem der Toskana liegt. 79,8% der Unternehmen verfügen<br />

über einen Breitband-Internetanschluss, 80,1% ist italienischer Durchschnitt.<br />

Die Ausgaben für den Umweltschutz pro Kopf der Bevölkerung erreichen in den Marken nicht<br />

ganz den Durchschnitt der italienischen Regionen, gehören mit 223,6 Euro aber zu den höchsten<br />

in Mittelitalien. Der Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energiequellen liegt mit 5% des ge-<br />

28 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


samten Stromverbrauchs am unteren Ende der italienischen Skala und erreicht damit nicht einmal<br />

ein Drittel des italienischen Durchschnitts. Von den 354 kg Hausmüll pro Einwohner, die in den<br />

Marken eingesammelt werden, unterliegen 21% der Mülltrennung, ebenfalls ein geringer Wert.<br />

Über schlechte Luft klagt die Bevölkerung der Region dagegen kaum, nur 27% der Bevölkerung<br />

haben ein Problem mit der Luftverschmutzung, im benachbarten Latium sind es 52%.<br />

1.3 Außenhandel<br />

Der Außenhandel spielt für die Wirtschaft <strong>Italien</strong>s nicht die Rolle wie für die deutsche. Nahezu ausgeglichen<br />

erreichen Exporte wie Importe nur rund ein Viertel des BIP (2009: 24%, Güter und Dienstleistungen).<br />

Trotzdem muss die abnehmende internationale Wettbewerbsfähigkeit <strong>Italien</strong>s durch<br />

zu geringe Produktivitätsfortschritte Sorgen bereiten. Die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

der Jahre 2008/2009 haben das Problem noch verstärkt, geringe Kapazitätsauslastung und<br />

Kurzarbeit drücken die Produktivität weiter. 2009 ist das BIP um 5% geschrumpft, real haben die<br />

Einfuhren von Waren und Dienstleistungen um 14,5%, die Ausfuhren um 19,1% abgenommen.<br />

Allein auf den Warenhandel bezogen sind die Ausfuhren 2009 um 20,7%, die Einfuhren um 22,0%<br />

zurückgegangen.<br />

Exporte der Regionen (in Mio. Euro, Anteil an den Gesamtexporten und Veränderung<br />

gegenüber dem Vorjahr in %)<br />

Region 2007 Anteil 2008 Anteil Veränderung<br />

gegenüber d.<br />

Vorjahr<br />

Nord-Westitalien 144.958 39,7 147.951 40,0 2,1<br />

Piemont 37.275 10,2 37.935 10,3 1,8<br />

Valle d’Aosta 876 0,2 718 0,1 -18,0<br />

Lombardei 102.083 28,0 104.102 28,2 2,0<br />

Ligurien 4.725 1,3 5.197 1,4 10,0<br />

Nord-Ostitalien 115.498 31,7 116.972 31,7 1,3<br />

Trient-Südtirol 6.183 1,7 6.186 1,7 0,0<br />

Venetien 50.557 13,9 50.014 13,6 -1,1<br />

Friaul-Julisch-<br />

Venetien<br />

12.413 3,4 13.244 3,6 6,7<br />

Mittelitalien +<br />

Emilia Romagna<br />

102.436 28,1 101.332 27,9 -1,1<br />

Emilia Romagna 46.344 12,7 47.528 12,9 2,6<br />

Mittelitalien 56.092 15,4 53.804 14,6 -4,1<br />

Toskana 26.528 7,3 25.262 6,8 -4,8<br />

Umbrien 3.628 1,0 3.400 0,9 -6,3<br />

Marken 12.458 3,4 10.665 2,9 -14,4<br />

Latium 13.477 3,7 14.476 3,9 7,4<br />

Süditalien 27.120 7,4 27.514 7,5 1,5<br />

Inseln 14.386 4,0 15.877 4,3 10,4<br />

Sonstige Exporte 6.690 1,8 6.897 1,9 3,1<br />

Insgesamt 364.744 100,0 369.016 100,0 1,2<br />

Quelle:ISTAT<br />

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29


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Die italienischen Regionen zeigen eine sehr unterschiedliche Exportstärke. 2009 entfallen allein<br />

auf die Lombardei knapp 30% der italienischen Gesamtexporte (28,3%, unverändert gegenüber<br />

dem Vorjahr) und auch die Emilia-Romagna ist mit 12,6% (Vorjahr 12,9%) stark exportorientiert. Alle<br />

Regionen Mittelitaliens zusammen (ohne Emilia-Romagna) vereinen 15,7% der italienischen Exporte<br />

auf sich, die Hälfte davon kommt aus der Toskana, während das Latium nur etwa ein Viertel<br />

beiträgt. Erstaunlich ist, dass die Ausfuhren aus der Toskana 2009 mit -8,9% die mit Abstand geringsten<br />

Einbußen unter allen italienischen Regionen zu verzeichnen hatte.<br />

Deutschland ist der größte Exportmarkt <strong>Italien</strong>s, es nimmt 12,8% der gesamten italienischen Ausfuhren<br />

ab (2009, unverändert zum Vorjahr). Die Exporte nach Deutschland kommen vor allem aus<br />

den nördlichen Regionen aber auch die Emilia-Romagna liegt noch nahe beim Durchschnitt<br />

(12,4%). Mittelitalien ist mit 10,8% nicht ganz so stark auf Deutschland fixiert, eine Ausnahme stellt<br />

lediglich Umbrien dar, wo ThyssenKrupp ein großes Stahlwerk unterhält (14,3%).<br />

Importe der Regionen (in Mio. Euro, Anteil an den Gesamtimporten und Veränderungen<br />

gegenüber dem Vorjahr in %)<br />

Region 2007 Anteil 2008 Anteil Veränderung<br />

gegenüber d.<br />

Vorjahr<br />

Nord-Westitalien 163.699 43,9 159.470 41,7 -2,6<br />

Piemont 29.259 7,8 28.118 7,4 -3,9<br />

Valle d’Aosta 539 0,1 411 0,1 -23,7<br />

Lombardei 124.178 33,3 120.022 31,4 -3,3<br />

Ligurien 9.723 2,6 10.919 2,9 12,3<br />

Nord-Ostitalien 81.308 21,8 81.828 21,4 0,6<br />

Trient-Südtirol 5.866 1,6 6.081 1,6 3,7<br />

Venetien 39.844 10,7 39.502 10,3 -0,9<br />

Friaul-Julisch-<br />

Venetien<br />

6.671 1,8 7.522 2,0 12,8<br />

Mittelitalien +<br />

Emilia Romagna<br />

86.854 23,3 85.225 22,3 -1,9<br />

Emilia Romagna 28.927 7,7 28.722 7,5 -0,7<br />

Mittelitalien 57.927 15,5 56.503 14,8 -2,5<br />

Toskana 19.847 5,3 19.950 5,2 0,5<br />

Umbrien 2.882 0,8 2.551 0,7 -11,5<br />

Marken 7.365 2,0 6.655 1,7 -9,6<br />

Latium 27.832 7,5 27.347 7,2 -1,7<br />

Süditalien 25.076 6,7 25.831 6,8 3,0<br />

Inseln 6,6 27.922 7,3 13,0<br />

Sonstige Importe 5,5 30.497 8,0 47,9<br />

Insgesamt 373.340 100,0 382.050 100,00 2,3<br />

Quelle:ISTAT<br />

30 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Bei den Importen hält Deutschland einen Marktanteil von 16%. Hier zeigt sich das gleiche Bild wie<br />

bei den Ausfuhren - der Norden ist dominant und gegen Süden nimmt der Anteil der Lieferungen<br />

ab. Die Emilia-Romagna liegt mit 15,7% beim Durchschnitt, in Mittelitalien insgesamt liegt die Quote<br />

bei 12,5%, in Umbrien bei 15,8% und im Latium bei 15,2%. Die beiden Regionen mit den absolut<br />

höchsten Importen sind die Emilia-Romagna (28,7 Mrd. Euro 2008) und das Latium (27,3 Mrd.).<br />

Exporte der Regionen (in Mio. Euro, Anteil Deutschlands in %)<br />

Region 2007 Deutscher<br />

Anteil<br />

Quelle:ISTAT<br />

2008 Deutscher<br />

Anteil<br />

Nord-Westitalien 144.958 14,3 147.951 13,8<br />

Piemont 37.275 15,2 37.935 14,7<br />

Valle d’Aosta 876 18,3 718 18,4<br />

Lombardei 102.083 14,3 104.102 13,7<br />

Ligurien 4.725 8,8 5.197 9,2<br />

Nord-Ostitalien 115.498 13,6 116.972 13,5<br />

Trient-Südtirol 6.183 27,1 6.186 27,1<br />

Venetien 50.557 13,3 50.014 13,1<br />

Friaul-Julisch-<br />

Venetien<br />

12.413 13,7 13.244 12,9<br />

Mittelitalien +<br />

Emilia Romagna<br />

102.436 11,2 101.332 11,6<br />

Emilia Romagna 46.344 12,2 47.528 12,4<br />

Mittelitalien 56.092 10,3 53.804 10,8<br />

Toskana 26.528 10,3 25.262 10,4<br />

Umbrien 3.628 13,7 3.400 14,3<br />

Marken 12.458 8,1 10.665 8,6<br />

Latium 13.477 11,3 14.476 12,5<br />

Süditalien 27.120 13,1 27.514 13,3<br />

Inseln 14.386 3,3 15.877 2,9<br />

Sonstige Exporte 6.690 13,3 6.897 12,3<br />

Insgesamt 364.744 13,0 369.016 12,8<br />

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31


<strong>Wirtschaftliches</strong> <strong>Potenzial</strong><br />

Importe der Regionen (in Mio. Euro, Anteil Deutschlands in %)<br />

Region 2007 davon aus<br />

Deutschland<br />

Quelle: ISTAT<br />

32 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna<br />

2008 davon aus<br />

Deutschland<br />

Nord-Westitalien 163.699 20,6 159.470 19,3<br />

Piemont 29.259 17,7 28.118 15,6<br />

Valle d’Aosta 539 16,7 411 18,7<br />

Lombardei 124.178 22,1 120.022 21,1<br />

Ligurien 9.723 10,1 10.919 9,2<br />

Nord-Ostitalien 81.308 21,2 81.828 21,0<br />

Trient-Südtirol 5.866 38,6 6.081 38,6<br />

Venetien 39.844 23,3 39.502 23,5<br />

Friaul-Julisch-<br />

Venetien<br />

6.671 14,6 7.522 14,4<br />

Mittelitalien +<br />

Emilia Romagna<br />

86.854 14,4 86.225 13,4<br />

Emilia Romagna 28.927 16,4 28.722 15,7<br />

Mittelitalien 57.927 13,5 56.503 12,5<br />

Toskana 19.847 9,6 19.950 9,7<br />

Umbrien 2.882 14,6 2.551 15,8<br />

Marken 7.365 8,1 6.655 8,0<br />

Latium 27.832 17,5 27.347 15,2<br />

Süditalien 25.076 12,8 25.831 11,2<br />

Inseln 24.710 1,8 27.922 1,6<br />

Sonstige Importe 20.620 6,7 30.497 9,1<br />

Insgesamt 373.340 17,1 382.050 16,0


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

2 Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

2.1 Aussichten und Trends<br />

Während der letzten Jahre waren Anzeichen zu beobachten, dass die Unternehmen die Ballungsräume<br />

im Norden künftig eher meiden und Standorte in Mittelitalien vorziehen würden. Trotz der<br />

weiterhin generell guten Bedingungen in Mittelitalien, ist ein solcher Trend aber aus zwei Gründen<br />

unsicher geworden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise bewirkt vor allem im Norden einen<br />

Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten, der wieder mehr Platz für Neuansiedlungen schafft. In der<br />

Lombardei führt die Vergabe der Weltausstellung 2015 an die Stadt Mailand zu neuen Investitionen<br />

in die Infrastruktur des Ballungsraums, die den größten Engpass in der wichtigsten Wirtschaftsregion<br />

des Landes, die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur, wohl zumindest teilweise beheben<br />

wird.<br />

Durch diese Entwicklung kann Norditalien seinen Vorteil gegenüber Mittelitalien, die geographische<br />

Nähe zu den Märkten in Europa in Zukunft voraussichtlich wieder stärker ausspielen. Die Entwicklung<br />

des Latiums zum Dienstleistungszentrum <strong>Italien</strong>s zeigt aber auch die Entwicklungschancen<br />

Mittelitaliens in einer Welt, in der die Industrie immer weiter durch Dienstleistungen zurückgedrängt<br />

wird. Die kleineren Universitätsstädte in Mittelitalien bieten sich als Standort für IT-basierte<br />

Dienstleistungsbetriebe geradezu an. Zudem ist die Regionalförderung der EU auf die strukturschwachen<br />

Gebiete in Mittelitalien und im Süden des Landes ausgerichtet. Sie führt zu erheblichen<br />

Investitionen in die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Regionen.<br />

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33


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Für ausländische Unternehmen bieten sich in Mittelitalien und der Emilia-Romagna gerade nach<br />

der Krise gute Möglichkeiten der Kooperation. Die italienischen Unternehmen müssen ihre Stellung<br />

auf den internationalen Märkten verteidigen und sind dabei verstärkt auf Partner angewiesen,<br />

die nicht nur ihre Finanzierungsmöglichkeiten erweitern und aktuelles Know-how über die<br />

Zielmärkte mitbringen, sondern auch neue Technologien beherrschen, die auf dem nationalen<br />

Markt, zum Beispiel wegen neuer Umwelt- oder Energieeffizienzauflagen von entscheidender Bedeutung<br />

für die Konkurrenzfähigkeit sind. Bei solchen Kooperationen sind von ausländischen Unternehmen<br />

aber einige italienische Besonderheiten zu berücksichtigen.<br />

In ganz <strong>Italien</strong> werden Industrie und Handel von kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />

(KMU) dominiert, rund 95% aller Unternehmen gehören diesem Segment an. In Unternehmen, die<br />

weniger als 100 Beschäftigte zählen, arbeiten 70% der gesamten Erwerbstätigen. Zum Vergleich: in<br />

Frankreich und im Vereinigten Königreich sind es circa 30%, in Deutschland und USA lediglich nur<br />

circa 20%.<br />

In Mittelitalien und der Emilia-Romagna haben KMU einen größeren Stellenwert als im Norden<br />

des Landes, lediglich im Großraum Rom sind auch eine Reihe von Großunternehmen angesiedelt,<br />

allerdings meist aus dem Dienstleistungssektor, weniger aus der Industrie. Das Familienunternehmen<br />

mit einem streng hierarchischen Aufbau und personenbezogenen Entscheidungen ist hier<br />

die Regel. Nach Angaben von Paolo Preti von der Wirtschaftsuniversität Bocconi in Mailand wird<br />

sich an dieser Unternehmensstruktur auf absehbare Zeit nichts ändern, dass familiengeführte<br />

Kleinunternehmen, insbesondere in Mittelitalien, dominierend bleiben und gerade im Exportsektor<br />

weiterhin den Ton angeben.<br />

Das kleine Familienunternehmen hat im internationalen Kontext einen entscheidenden Nachteil -<br />

die Größe. Dieser Nachteil soll durch Clusterbildung ausgeglichen werden. Es kann aber auch, gerade<br />

in Krisenzeiten, eine Reihe von Vorteilen ausspielen. Es ist höchst anpassungsfähig an Veränderungen<br />

des Geschäftsumfeldes und kann extrem schnell reagieren. Durch den Familienbezug<br />

kann es Ressourcen mobilisieren, die einem nur aus Angestellten bestehenden Unternehmen<br />

nicht oder zu hohen Kosten zur Verfügung stehen würden. Die Finanzierung dieser Unternehmen<br />

ist in der Regel solider und weniger von den Banken abhängig als die von familienfremden Gesellschaften.<br />

Schließlich haben diese Unternehmen in <strong>Italien</strong> sich in starken Industrieverbänden zusammengeschlossen,<br />

die eine effiziente Lobbyarbeit gegenüber der Regierung machen und die<br />

Vernetzung unter den Firmenchefs ist eng.<br />

Deutsche Unternehmen müssen sich auf diese, in Mittelitalien besonders personenbezogene<br />

Unternehmenskultur einstellen und die oft auf eine einzige Person fixierten Entscheidungsstrukturen<br />

berücksichtigen. Gelingt das, können wenig störungsanfällige, vertrauensvolle und lange<br />

währende Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Bei einer Ansiedlung eines Unternehmens in<br />

Mittelitalien oder der Emilia-Romagna entscheidet die Integration in das informelle Netzwerk der<br />

persönlichen Beziehungen über Erfolg oder Misserfolg.<br />

Neben diesen grundsätzlichen Strukturen existiert noch eine andere Eigenheit im italienischen<br />

Geschäftsverkehr, auf die deutsche Unternehmen sich einstellen müssen: Die ungewohnt langen<br />

Zahlungsziele. Die in Deutschland übliche Zahlungsweise innerhalb von 30 Tagen ist nur schwer<br />

durchsetzbar, die italienischen Unternehmen gehen generell davon aus, dass 90 bis 120 Tage als<br />

Zahlungsziel gewährt werden. Viele Unternehmen haben ihre Liquiditätsplanung an diesen Fristen<br />

ausgerichtet, d.h. sie können kurzfristig gar nicht auf ein kürzeres Zahlungsziel umstellen.<br />

Gerade bei Kleinunternehmen ist der Zahlungsaufschub ein wichtiges Finanzierungselement.<br />

34 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich die Zahlungsmoral deutlich verschlechtert.<br />

Nach einem Bericht des Kreditinformationsbüros Cribis D&B ist der Prozentsatz der pünktlichen<br />

Zahler von 50,1% im Jahr 2007 auf 48,6% im Jahr 2008 und 41,9% im Durchschnitt der ersten neun<br />

Monate 2009 gefallen. Die Analyse des Cash Managements italienischer Unternehmen bestätige,<br />

so ein Sprecher von Cribis D&B, dass die Krise die finanzielle Leistungsfähigkeit vieler Unternehmen<br />

deutlich geschwächt habe.<br />

Mehr als 54% der italienischen Unternehmen haben nach Maßgabe der Erhebung seit 2007 ihre<br />

Zahlungsgewohnheiten zu Lasten ihrer Lieferanten geändert, 32% sind bei den alten Modalitäten<br />

geblieben und 14% haben ihr Cash-Management auf kürzere Zahlungsziele umgestellt. Zwischen<br />

Unternehmensgröße und Länge der Zahlungsziele besteht in doppelter Hinsicht ein Zusammenhang.<br />

Kleine Unternehmen haben einerseits nicht die Marktmacht, kurze Zahlungsziele gegenüber<br />

ihren Kunden durchzusetzen, große Unternehmen, die auf ihre kleinen Lieferanten angewiesen<br />

sind, bemühen sich andererseits gerade in der Krise, den Zeitraum zwischen Lieferung und<br />

Zahlung kurz zu halten, um die Existenz ihrer Lieferanten nicht zu gefährden. Kleine Unternehmen,<br />

das ergibt die Studie, haben in <strong>Italien</strong> generell eine bessere Zahlungsmoral als viele Großunternehmen.<br />

Dabei gibt es nicht nur nach Branchen Unterschiede in den Zahlungsmodalitäten, auch die geographische<br />

Lage spielt eine große Rolle. Das Nord-Südgefälle, das in <strong>Italien</strong> nahezu alle Wirtschaftsbereiche<br />

prägt, hat auch starken Einfluss auf Zahlungsgewohnheiten und -moral. Norditalienische<br />

Unternehmen verhalten sich in der Regel disziplinierter als Unternehmen aus Mittelitalien<br />

und die wiederum sind deutlich bessere Zahler als die Unternehmen im Süden <strong>Italien</strong>s.<br />

Eine Umfrage der Banca d’Italia zu den Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen in den Regionen<br />

bestätigt das: 68% der Industrieunternehmen in Mittelitalien geben an, dass die Zahlungsprobleme<br />

mit Kunden eine wichtige Ursache für die eigenen Probleme seien. Im Mezzogiorno liegt<br />

diese Zahl mit 74,8% noch weit darüber, im Nordwesten mit 62,5% und 61,0% deutlich darunter. Bei<br />

den Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten von Industrieunternehmen ist übrigens<br />

das gleiche Gefälle anzutreffen. 19,5% beziehungsweise 19,7% der Unternehmen im Norden geben<br />

an, die Krise habe zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung geführt, in Mittelitalien sind es 28,9%<br />

und im Süden 32,1%.<br />

2.2 Regionale Industriecluster<br />

Kernpunkt der italienischen Industriepolitik ist der regionale Zusammenschluss von Unternehmen<br />

in sogenannten Distretti Industriali, Industriedistrikten oder Clustern. Diese Clusterbildung,<br />

die inzwischen weltweit als vorbildlich für Entwicklung und Erfolg von Kleinunternehmen in einer<br />

globalisierten Welt gilt, ist in <strong>Italien</strong> aus der Eigeninitiative der Unternehmen, weniger durch<br />

staatliche Unterstützung, entstanden. Inzwischen allerdings haben sich die „Distretti“ so gut organisiert,<br />

dass sie auf die Industriepolitik des Landes, vor allem aber auf die Wirtschaftsförderung der<br />

einzelnen Regionen, in denen sie angesiedelt sind, erheblichen Einfluss nehmen können.<br />

Nach einer Erhebung der nationalen Statistikbehörde ISTAT haben sich in <strong>Italien</strong> insgesamt 192<br />

Industriedistrikte herausgebildet, in denen 215.000 Betriebe mit 2 Mio. Beschäftigten arbeiten. Der<br />

italienische Verband der Industriedistrikte hat die 92 wichtigsten Distrikte des Landes mit 188.000<br />

Unternehmen (36,1% aller Unternehmen der verarbeitenden Industrie) erfasst und kategorisiert.<br />

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35


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Diese Unternehmen haben 1,45 Mio. Beschäftigte (31,4% der gesamten verarbeitenden Industrie),<br />

die Wertschöpfung liegt bei 67 Mrd. Euro (28,3%) und der Exportwert bei 96 Mrd. Euro (27%). In<br />

einigen dieser Cluster nimmt der Export mehr als 50% des Umsatzes ein. 84% der Unternehmen in<br />

diesen Distrikten beschäftigen weniger als 10 Personen. Die Federazione dei Distretti Italiani informiert<br />

neuerdings auf einer eigenen Website über die Struktur und Aktivitäten der Distrikte<br />

(www.osservatoriodistretti.org) und hat im Januar 2010 einen ersten Report über die Art der<br />

Cluster und ihre Situation nach der Krise erstellt.<br />

In Mittelitalien und der Emilia-Romagna werden 74 Industriecluster registriert, die größte Zahl<br />

davon (30) in den Marken, jeweils 13 in der Emilia-Romagna und in der Toskana, 12 im Latium und 6<br />

in Umbrien. In diesen Clustern haben sich Unternehmen des gleichen oder ähnlichen Wirtschaftszweiges<br />

zusammengeschlossen, in Mittelitalien sind es vor allem die Schuhhersteller, die Modeindustrie,<br />

die Lebensmittelindustrie, die Verpackungsindustrie (einschließlich Maschinenbau), die<br />

Möbelindustrie, Marmorsteinbruch und -bearbeitung sowie Keramik. Zusammengefasst in diesen<br />

Distrikten sind also nicht nur Betriebe mit vertikaler Verbindung in der Wertschöpfungskette<br />

(Zuliefer- und Endmontagebetriebe oder Serviceunternehmen), sondern auch direkte Konkurrenten.<br />

Das Erfolgsgeheimnis der Cluster wird denn auch neben den Agglomerationsvorteilen auf die<br />

Konkurrenzbeziehungen, einhergehend mit einem direkten und intensiven Informationsaustausch,<br />

zurückgeführt.<br />

Emilia-Romagna<br />

Distrikt Branche Anzahl der<br />

Firmen<br />

Beschäftigte<br />

Carpi(MO) Textilien 1.882 14.639<br />

Mirandola (MO) Kunststoffprodukte für<br />

medizinische Ausrüstung<br />

290 3.833<br />

Parma-Langhirano Nahrungsmittel 538 5.513<br />

S.Mauro Pascoli(FO) Schuhe 221 3.669<br />

Sassuolo (MO) keramischen Fliesen 451 24.647<br />

Forlì Möbel 498 3.680<br />

36 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Toskana<br />

Distrikt Branche Anzahl der<br />

Firmen<br />

Beschäftigte<br />

Arezzo Goldschmiede 1.441 12.008<br />

Carrara(MS) Marmor 803 4.291<br />

Santa Croce sull’Arno/<br />

Castelfiorentino (PI)<br />

Lederverarbeitung 5.317 34.741<br />

Empoli Textilien u. Bekleidung 1.789 14.184<br />

Capannori(LU) Papier 242 8.203<br />

Roggibonsi/Sinalunga (SI) Holz und Möbel 1.268 5.523<br />

Prato Textilien u. Bekleidung 5.145 35.269<br />

Casentino-Val Tiberina<br />

(AR)<br />

Textilien u. Bekleidung 386 5.299<br />

Valdarno Superiore (AR) Lederverarbeitung 348 5.122<br />

Valdinievole (pistoia) Schuhe 390 2.929<br />

Marken<br />

Distrikt Branche Anzahl der<br />

Firmen<br />

Beschäftigte<br />

Recanati-Osimo-<br />

Castelfidardo<br />

Musikinstrumente 1.016 14.264<br />

Pesaro/Fossombrone/<br />

Piandimeleto<br />

Möbel aus Holz 1.109 11.562<br />

Civitanova marche (MC) Schuhe 1.447 13.484<br />

S.Angelo in vado/Pergola/ Textilien u. Bekleidung<br />

Sassocorvaro/Mondolfo<br />

(AN)<br />

405 4.489<br />

Fabriano (AN) Mechanik, Elektrohaushaltsgeräte<br />

75 7.887<br />

Fermo Schuhe 2.643 24.478<br />

Montappone und Massa<br />

Fermana (Ascoli)<br />

San Benedetto del Tronto<br />

(Ascoli)<br />

Kopfbedeckungen,<br />

Verpackungen<br />

367 2.904<br />

Nahrungsmittel 32 404<br />

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37


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Latium<br />

Distrikt Branche Anzahl der<br />

Firmen<br />

Beschäftigte<br />

Civita Castellana (VT) Keramik 233 3.313<br />

Frosinone Papier und Pappe, für<br />

Industrie und Haushalt<br />

52 1.513<br />

Valle del Liri Bekleidung(Arbeitskleidung,<br />

Unterwäsche,<br />

Sportartikel)<br />

290 2.283<br />

Monti Ausoni Marmor 126 714<br />

Quelle: www.osservatoriodistretti.org (Osservatorio Nazionale Distretti italiani)<br />

2.3 Handel und Tourismus<br />

In Bezug auf den Handel ist <strong>Italien</strong> ein altmodisches Land. Die traditionellen Vertriebskanäle, wie<br />

Kleinhandel oder Wochenmärkte können sich behaupten, auch wenn der moderne Einzelhandel<br />

mit seinen Mini- Super- und Hypermärkten im Vormarsch ist. Die jüngste Studie des Verbandes für<br />

den Einzelhandel, Confcommercio, über die Entwicklung des Einzelhandels in <strong>Italien</strong> zeigt, dass<br />

von 2002 bis 2009 die Anzahl der Verkaufspunkte von 905.629 auf 972.201 zugenommen hat. Nahezu<br />

die Hälfte dieses Zuwachses entfällt auf den traditionellen Kleinhandel, der 2009 mit 758.709<br />

Läden zu Buche schlägt. Neu entstanden (beziehungsweise klassifiziert) sind in dieser Zeit 5.302<br />

Minimärkte, die Anzahl der Supermärkte hat sich um 32% auf 9.133 erhöht, die der Hypermärkte<br />

um 45% auf 552 und der ambulante Handel um 32% auf 167.064 Anbieter. Beim ambulanten Handel,<br />

der vornehmlich die in <strong>Italien</strong> sehr beliebten Wochenmärkte bedient, geht der Lebensmittelhandel<br />

zurück (zugunsten der Mini- und Supermärkte), Anbieter von Textilien, Bekleidung und Schuhen<br />

nehmen hingegen zu.<br />

Unter der Wirtschaftskrise hat der italienische Einzelhandel relativ wenig gelitten. Nach der Statistik<br />

von ISTAT ist der Index für den Food-Bereich 2009 um 1,5% zurückgegangen, der für den Nonfood-Bereich<br />

um 1,6%. Bei der Unterscheidung nach Verkaufsfläche zeigt sich allerdings, dass die<br />

kleinen Läden deutlichere Verluste hinnehmen mussten als die Super- und Hypermärkte.Vor diesem<br />

gesamtitalienischen Bild des Einzelhandels ausgehend kann nach Regionen eine abgestufte<br />

Entwicklung von Nord nach Süd beobachtet werden. Während im Norden die Verkaufspunkte des<br />

Kleinhandels im Verhältnis zur Bevölkerung bereits deutlich rückläufig sind, zeigt Mittelitalien<br />

und der Süden kein so klares Bild. In Mittelitalien ist die Anzahl der Geschäfte bezogen auf die Bevölkerung<br />

von 2002 bis 2009 sogar leicht gestiegen, allerdings ist das auf eine isolierte Sonderentwicklung<br />

im Latium zurückzuführen, in allen anderen Regionen Mittelitaliens wird, wie im Norden,<br />

eine rückläufige Tendenz registriert.<br />

Die geringe Verbreitung der Hypermärkte zeigt die traditionelle Verwurzelung Mittelitaliens auf.<br />

Bis Ende 2008 existieren in allen vier Regionen Mittelitaliens nur 82 Hypermärkte, weitere 40 kommen<br />

in der Emila-Romagna dazu. In der Toskana ist die Zahl der Hypermärkte von 2002 bis 2008<br />

mit 29 konstant geblieben, im bevölkerungsreichen Latium hat sie sich lediglich um fünf auf 25 erhöht.<br />

Die Verkaufsfläche der Hypermärkte in Bezug auf die Bevölkerung liegt in Mittelitalien<br />

38 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


durchschnittlich bei 4,0 qm/100 Einwohner, gegenüber 9,3 qm/100 Einwohner im Nordwesten und<br />

5,9 qm/100 Einwohner im Nordosten. Der ambulante Handel ist besonders beliebt in der Toskana<br />

und im Latium, aber auch sehr verbreitet in der Emilia-Romagna - in allen drei Regionen hat die Anzahl<br />

der Händler seit 2002 deutlich zugenommen. Angemerkt werden sollte noch, dass im Non-<br />

Food-Bereich der Wochenmärkte in <strong>Italien</strong> neben Billigware auch ein Angebot von hochwertigen<br />

Produkten existiert.<br />

Einzelhandel in <strong>Italien</strong> 2008 (Anzahl der Verkaufspunkte)<br />

Region Kleinhandel<br />

Quelle: Confcommercio<br />

Minimärkte<br />

Supermärkte<br />

Hypermärkte<br />

Kaufhäuser<br />

SpezialAmbulantmärktehandel Neben diesen Vertriebskanälen haben sich in <strong>Italien</strong> Outlet-Center etablieren können, die nicht<br />

ganz aktuelle Markenware zu reduzierten Preisen anbieten. Die großen Outlet-Center mit Dutzenden<br />

von Ladengeschäften, oft in Form kleiner Dörfer angelegt, befinden sich außerhalb der städtischen<br />

Ballungsgebiete. In den Innenstädten existieren kleinere Outlet-Läden, die ebenfalls Waren<br />

von unterschiedlichen namhaften Herstellern zu Diskontpreisen anbieten. Das Angebot dieser<br />

Center ist nicht beschränkt auf Bekleidung und Schuhe, auch Porzellan, Keramik, Haushaltswaren<br />

und anderes mehr wird feilgeboten.<br />

Der Großhandel hat in <strong>Italien</strong> noch eine relativ starke Stellung. Nach der Analyse von Confcommercio<br />

existieren in ganz <strong>Italien</strong> 2008 circa 650.000 Unternehmen, die sich mit Großhandel, Zwischenhandel<br />

oder Kfz-Handel (ohne Werkstätten) befassen. Die Zahl der Zwischenhändler ist seit 2002<br />

leicht rückläufig, die der Kfz-Händler stagniert, aber die der Großhändler im engeren Sinn hat um<br />

17% zugenommen. In Mittelitalien und der Emilia-Romagna kommt dem Großhandel mehr Bedeutung<br />

zu, als in Norditalien, allein knapp 180.000 Großhandelsunternehmen sind in den fünf Regionen<br />

registriert, der Zuwachs seit 2002 war besonders ausgeprägt in der Region Latium (+13,6%).<br />

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Sonstige<br />

<strong>Italien</strong> 758.709 5.302 9.133 552 1.352 1.465 167.046 28.642<br />

Nord-<br />

West<br />

162.870 1.350 2.448 230 297 533 36.306 9.661<br />

Nord-Ost 121.459 1.088 2.404 123 192 429 22.664 4.610<br />

Mittelitalien<br />

151.586 755 1.732 82 426 209 32.307 6.124<br />

Emilia-R. 48.240 350 734 40 56 133 9.568 1.509<br />

Toskana 49.332 175 499 29 124 73 12.045 1.435<br />

Latium 71.093 252 706 25 167 56 13.721 3.857<br />

Umbrien 11.832 113 211 8 68 29 1.916 371<br />

Marken 19.329 215 316 20 67 51 4.625 461<br />

Süden 322.794 2.109 2.549 117 437 294 75.769 8.247<br />

39


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Großhandel 2008 (Anzahl der Betriebe)<br />

Region Großhandel Zwischenhandel Kfz-Handel Insgesamt<br />

<strong>Italien</strong> 243.732 251.690 153.970 649.392<br />

Nord-West 67.782 72.440 37.511 177.733<br />

Nord-Ost 48.010 59.142 26.081 133.233<br />

Mittelitalien 43.907 54.356 28.931 127.194<br />

Emilia-Romagna 18.265 23.185 10.536 51.986<br />

Toskana 15.986 20.287 8.658 44.931<br />

Latium 18.939 20.300 13.882 53.121<br />

Umbrien 2.799 4.292 2.239 9.330<br />

Marken 6.183 9.477 4.152 19.812<br />

Süden 84.033 65.752 61.447 211.232<br />

Quelle: Confcommercio 2009<br />

Der Internethandel ist in <strong>Italien</strong> noch relativ wenig entwickelt. Zum einen liegt das daran, dass der<br />

flächendeckende Ausbau des Breitbandnetzes bisher nicht vorangetrieben wurde, zum anderen<br />

daran, dass die italienischen Kaufgewohnheiten, die auch im Einzelhandel stark auf persönlichen<br />

Beziehungen basieren, sich nur langsam wandeln. Nach einer Studie des Politecnico di Milano hat<br />

der Umsatz des e-commerce (B2C) 2009 circa 5,8 Mrd. Euro erreicht und liegt damit nur um 1% über<br />

dem Niveau des Vorjahres. Der größte Teil der Internetgeschäfte entfällt auf die Buchung von Reisen<br />

(2,99 Mrd.), gefolgt von elektronischer Ausrüstung (0,58 Mrd.), Versicherungen (0,48 Mrd.) und<br />

Bekleidung (0,34 Mrd.). Für die geringe Nachfrage ist symptomatisch, dass die weltweit verbreitete<br />

Internetplattform Amazon keine italienische Webseite unterhält.<br />

<strong>Italien</strong> ist als Tourismusland bekannt, aber nach den offiziellen Statistiken hat dieser Sektor nur einen<br />

Anteil an der Wertschöpfung von leicht unter 5%. Der nationale Tourismus ist für 7% der Inlandsnachfrage<br />

verantwortlich und knapp 10% der Beschäftigten arbeiten in diesem Sektor. Eine<br />

OECD-Studie über den italienischen Tourismus von Anfang 2010 stellt fest, dass der Trend seit 2004<br />

rückläufig ist.<br />

Die Regierung bemüht sich, den Tourismussektor wieder zu stärken und hat eigens ein Ministerium<br />

für die Entwicklung und Konkurrenzfähigkeit des Tourismussektors (Dipartimento per lo Sviluppo<br />

e la Competitività del Turismo) geschaffen. Wichtigste Durchführungsbehörde für die Fördermaßnahmen<br />

ist das Nationale Tourismusbüro, Ente Nazionale Italiano per il Turismo (ENIT), das<br />

im Haushaltsjahr 2009 von einem Tourismusbudget in Höhe von 76,5 Mio. Euro, 33,5 Mio. Euro verwaltet<br />

hat. Zu den Ausgaben des Nationalstaates gesellt sich die Tourismusförderung der Regionen,<br />

die insgesamt jährlich knapp 2 Mrd. Euro für die Fremdenverkehrsförderung ausgeben. Im<br />

Mai 2008 wurde vom Tourismusministerium eine Nationale Strategie zur Stärkung des Tourismussektors<br />

vorgestellt, die von 2009 an umgesetzt wird und unter anderem interregionale Projekte im<br />

Infrastrukturbereich vorantreiben soll. So haben die Abruzzen, die Marken und Umbrien ein Gemeinschaftsprojekt<br />

zur Verbesserung des Tourismusangebots entwickelt, das Latium, die Emilia-<br />

Romagna und die Marken arbeiten gemeinsam an der Entwicklung von Routen für den kulturorientierten<br />

Tourismus, die Toskana und die Emilia-Romagna wollen bei der Förderung des Bergtourismus<br />

zusammenarbeiten.<br />

40 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Entwicklung im Tourismus (Ausländische Besucher in 1.000, Einnahmen in Mio. Euro)<br />

2004 2005 2006 2007 2008<br />

Internationale<br />

Besucher<br />

Davon aus:<br />

59.483 60.220 67.456 71.200 71.683<br />

Deutschland 11.997 11.059 10.835 11.521 11.596<br />

Schweiz 9.490 8.703 10.293 11.157 12.195<br />

Frankreich 8.262 8.434 10.328 9.913 10.139<br />

Österreich 5.576 5.939 6.367 6.818 6.611<br />

Großbritannien 3.822 4.226 4.514 4.808 4.129<br />

Einnahmen 28.665 28.453 30.368 31.121 31.107<br />

Quelle: Banca d’Italia, 2009<br />

2.4 Ausländische Direktinvestitionen<br />

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen<br />

einbrechen lassen. Für 2009 erwartet die Unctad weltweit einen Rückgang von 30%, nachdem im<br />

Vorjahr bereits ein Minus von 14% registriert worden war. Die OECD geht für ihre Mitgliedsländer<br />

für 2009 sogar von einer Reduzierung auf die Hälfte des Vorjahresniveaus aus. Dieser Entwicklung<br />

konnte sich <strong>Italien</strong> nicht entziehen. 2008 sind nach den Unctad- Zahlen die eingehenden Direktinvestitionen<br />

um 58% gefallen (gegenüber -35% im Durchschnitt aller OECD-Staaten), die ausgehenden<br />

um 52% (-19%). Allerdings verfälscht die Statistik den Trend bei den ausgehenden italienischen<br />

Direktinvestitionen. Mit 43,8 Mrd. US$ liegen sie 2008 noch immer über dem Niveau der<br />

Jahre 2005 und 2006 (42 Mrd.), lediglich 2007 war ein einsamer Rekordwert von 90,8 Mrd. US$<br />

registriert worden.<br />

Die Zahlen bestätigen den Eindruck, den die italienische Wirtschaft seit einigen Jahren vermittelt.<br />

Die italienischen Unternehmen interessieren sich zunehmend für Standorte im Ausland, während<br />

die Attraktivität des eigenen Landes für ausländische Investoren graduell abnimmt. Von dieser<br />

Entwicklung sollte Deutschland profitieren können. Nord- und Mittelitalien ist traditionell auf<br />

eine Kooperation mit dem südlichen Deutschland ausgerichtet und für die Bedienung des europäischen<br />

Marktes nimmt der Standort Deutschland eine zentrale Stellung ein. Andererseits ist nach<br />

der Auskunft von Anwaltskanzleien in <strong>Italien</strong>, die auf die Firmenkooperation zwischen Deutschland<br />

und <strong>Italien</strong> spezialisiert sind, seit Ausbruch der Krise auch wieder ein verstärktes Interesse<br />

deutscher Unternehmen am italienischen Markt zu erkennen. Die Bedingungen des Standortes<br />

<strong>Italien</strong> als Alternative zu Mittel-/Osteuropa, so die Anwälte, würden wieder intensiver geprüft, den<br />

mittelitalienischen Regionen und der Emilia-Romagna käme dabei besonderes Gewicht zu.<br />

Eine Studie des Istituto Nazionale per il Commercio Estero (ICE) in Rom hat ergeben, dass 44% aller<br />

italienischen Unternehmen, die Beteiligungen im Ausland haben, im Nordosten (Venetien, Friaul<br />

Julisch Venetien und Trient-Südtirol) und 35% im Nordwesten (Lombardei, Piemont, Ligurien und<br />

Aostatal) angesiedelt sind, 15% haben ihren Sitz in Mittel- und 6% in Süditalien. Diese Konzentration<br />

der Wirtschaftsverflechtungen auf Norditalien ist auch umgekehrt feststellbar. Im Nordwesten<br />

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41


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

des Landes, hier insbesondere in der Lombardei mit dem Großraum Milano, sind 64% der ausländischen<br />

Beteiligungen anzutreffen, 19% entfallen auf den Nordosten, 13% auf Mittelitalien und der<br />

Rest auf Süditalien und die Inseln.<br />

Ausländische Direktinvestitionen (Fluss) in Mrd. US$<br />

Jahr Ausl. Investitionen<br />

in <strong>Italien</strong><br />

*) Jahresdurchschnitt<br />

Quelle: United Nations Conference on Trade and Development (Unctad)<br />

Nach den Statistiken von ISTAT haben 2008 insgesamt 7.316 italienische Unternehmen eine ausländische<br />

Beteiligung, diese Unternehmen beschäftigen knapp 1 Mio. Arbeitnehmer. Mit einem Anteil<br />

von 58% kommen die meisten Beteiligungen aus der EU, gefolgt von Nordamerika mit 25%, dem übrigen<br />

Europa (7%) und Ostasien (6%). Handel (40%) und verarbeitende Industrie (33%) sind die wichtigsten<br />

Sektoren, in denen ausländische Beteiligungen zu finden sind, aber auch in Logistik/Transport,<br />

Telekommunikation und professionellen Dienstleistungen ist ausländisches Kapital<br />

investiert.<br />

Quelle: ICE, Istituto Nazionale per il Commercio Estero<br />

42 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna<br />

<strong>Italien</strong>ische<br />

Investitionen im Ausl.<br />

Saldo<br />

1990-2000 *) 5,08 8,43 -3,35<br />

2005 19,98 41,83 -21,85<br />

2006 39,24 42,07 -2,83<br />

2007 40,20 90,75 -50,55<br />

2008 17,03 43,84 -26,81<br />

<strong>Italien</strong>ische Unternehmen mit ausländischer Beteiligung nach Sektoren 2008<br />

Sektoren <strong>Italien</strong> Emilia-R. Toskana Latium Umbrien Marken<br />

Bergbau 28 2 3 4 0 0<br />

Verarbeitende Industrie<br />

Darunter:<br />

2.448 282 137 109 19 27<br />

Lebensmittel 131 18 5 9 2 1<br />

Chemieprodukte 374 26 21 28 1 1<br />

Gummi-u. Kunststoffwaren<br />

194 16 4 3 3 1<br />

Baustoffe, Glas, Keramik 120 11 13 5 1 0<br />

Metall 273 26 10 7 5 3<br />

Mechanische Maschinen/<br />

Apparate<br />

500 100 23 10 1 5<br />

Elektrische Maschinen/<br />

Apparate<br />

339 42 16 23 1 1<br />

Energie, Gas u. Wasser 166 9 7 13 5 3<br />

Bauwesen 113 12 10 12 2 1<br />

Großhandel 2.859 219 108 187 14 13<br />

Logistik u. Transport 409 25 29 33 1 5<br />

Telekommunikation 451 20 12 46 2 4<br />

Andere Dienstleistungen 842 34 18 101 0 1


<strong>Italien</strong>ische Unternehmen mit ausländischer Beteiligung nach Ursprungsregion 2008<br />

Länder <strong>Italien</strong> Emilia R. Toskana Latium Umbrien Marken<br />

EU 4.268 368 204 261 30 37<br />

Sonst. Europa 569 37 19 15 2 2<br />

Afrika 50 5 1 8 1 0<br />

Amerika 1.862 154 83 170 9 10<br />

Naher Osten 71 3 2 12 0 0<br />

Asien u. Ozeanien 496 36 15 39 1 5<br />

Insgesamt 7.316 603 324 505 43 54<br />

Quelle: ICE, Istituto Nazionale per il Commercio Estero<br />

An 1.187 italienischen Unternehmen sind nach einer Erhebung von REPRINT-Politecnico, deutsche<br />

Kapitalgeber beteiligt, sie haben die Kontrolle über 1.098 Unternehmen mit einer Belegschaft von<br />

113.000 und einem jährlichen Umsatz von 58,9 Mrd. Euro. In der verarbeitenden Industrie sind 385<br />

dieser Unternehmen angesiedelt, mit 65.000 Beschäftigten und 24,2 Mrd. Euro Umsatz. Nach den<br />

Angaben der Bundesbank nimmt <strong>Italien</strong> Rang 7 auf der Skala der wichtigsten Zielländer deutscher<br />

Direktinvestitionen ein, nach USA, Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg und<br />

Belgien.<br />

Bestand deutscher Direktinvestitionen in <strong>Italien</strong><br />

2004 2005 2006 2007<br />

Investitionen 22,6 32,4 27,1 28,3<br />

Anteil an deutschen Investitionen<br />

im Ausland insgesamt (%)<br />

3,3 4,1 3,4 3,2<br />

Anteil an Investitionen in der<br />

EU (%)<br />

6,3 7,9 6,0 5,6<br />

Anzahl der Unternehmen 1.093 1.095 1.121 1.220<br />

Anzahl der Beschäftigten 146.000 155.000 160.000 164.000<br />

Jahresumsatz (Mrd. Euro) 72,7 81,6 87,9 91,5<br />

Quelle: Deutsche Bundesbank, Bestandserhebung über Direktinvestitionen April<br />

2.5 Wissenschaft und Technologie<br />

Wissenschaft und Technologie sind nicht die Stärken der italienischen Industrie. Besorgniserregend<br />

schlecht schneidet das Land im jüngsten Ranking des „Science, Technology and Industry Scoreboard<br />

2009“ der OECD, ab. Die von Wirtschaftsexperten bereits seit Jahren geäußerte Sorge, das<br />

südeuropäische Land verliere an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und blicke in eine ungewisse<br />

Zukunft, werden durch den Bericht untermauert. Da die Ausgaben für Forschung und Technologie<br />

in <strong>Italien</strong> in hohem Maß mit der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung korrelieren, verschärft<br />

die internationale Wirtschaftskrise die Problematik.<br />

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43


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

Die Ausgaben für Innovation in <strong>Italien</strong> liegen signifikant unter dem OECD-Durchschnitt - 2007, so<br />

die OECD, erreichten sie lediglich 1,1% des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Damit bildet <strong>Italien</strong> unter<br />

den G7-Staaten (USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, <strong>Italien</strong>) mit deutlichem<br />

Abstand das Schlusslicht und liegt um mehr als die Hälfte unter dem Durchschnitt aller<br />

OECD-Staaten. Auf die Unternehmen entfallen in <strong>Italien</strong> nur 40% der Gesamtausgaben für Forschung<br />

und Entwicklung gegenüber 53% im OECD-Durchschnitt, auch hier rangiert das Land im<br />

Vergleich der G7-Staaten weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.<br />

Die Zusammenarbeit von staatlichen Forschungseinrichtungen, wie den Universitäten, und der<br />

privaten Wirtschaft ist wenig ausgeprägt. Nur in Japan liegt der Anteil der Finanzierung von Forschung<br />

in öffentlichen Institutionen durch Privatunternehmen noch knapp unter dem in <strong>Italien</strong>.<br />

Überdurchschnittlich stark dagegen beteiligt sich der italienische Staat an den Forschungs- und<br />

Entwicklungsausgaben der Privatunternehmen. Die Steuersubventionen für Großunternehmen<br />

sind über dem OECD-Durchschnitt angesiedelt, die für KMU entsprechen dem Durchschnitt. Der<br />

Einsatz von Venture Capital für junge Unternehmen ist in <strong>Italien</strong> minimal, der Anteil am BIP erreicht<br />

2008 lediglich 0,025%, demgegenüber verbuchen die Spitzenreitern in der OECD, Dänemark<br />

und Luxemburg knapp 0,3%, Großbritannien immerhin noch 0,21%. Deutschland ist hier mit 0,05%<br />

im G7-Vergleich an drittletzten Stelle hinter Japan und <strong>Italien</strong> placiert.<br />

Die geringe Innovationsfähigkeit zeigt sich auch an der Anzahl der Patente pro Kopf der Bevölkerung.<br />

Während der Jahre 2005 bis 2007 kommen in <strong>Italien</strong> 13 Patente auf 1 Mio. Einwohner - weit abgeschlagen<br />

liegt das Land damit innerhalb der G7 auf dem letzten Platz und im Vergleich aller<br />

OECD-Länder auf einem der hintersten Ränge. Nach dem Index der OECD, der den Durchschnitt bei<br />

100 setzt, erhält <strong>Italien</strong> bei den Patenten insgesamt einen Punktwert von 38,4, Deutschland im Vergleich<br />

dazu, kann 222,1 Punkte buchen, Spitzenreiter der G7 ist Japan mit 335,3 Punkten. Allerdings<br />

scheidet <strong>Italien</strong> bei den Patenten im Umweltbereich (133,0) und im Gesundheitswesen (148,6) deutlich<br />

besser als der Durchschnitt ab und übertrifft in diesen Sektoren auch einige G7-Staaten. Biound<br />

Nanotechnologie dagegen sind keine italienischen Stärken.<br />

In der internationalen Forschungszusammenarbeit spielt das Land eine untergeordnete Rolle. 14%<br />

der italienischen Patente insgesamt entfallen auf internationale Co-Patente (zwei oder mehr Erfinder<br />

von unterschiedlichen Ländern), der OECD-Durchschnitt liegt bei 20%. Auf eine geringe internationale<br />

Einbindung lässt auch die Zahlungsbilanz für Technologie schließen, die nur geringe Zuund<br />

Abflüsse ausweist. Als weiteres Kriterium für die globale Vernetzung von Forschung und Entwicklung<br />

nennt die OECD die Anzahl der aus dem Ausland kommenden Doktoranden - hier rangiert<br />

<strong>Italien</strong> im OECD-Vergleich ebenfalls sehr weit unten, unter den G7-Staaten nimmt es die letzte<br />

Stelle ein.<br />

Besser sieht die Bilanz im Bildungsbereich aus. Leicht überdurchschnittliche Werte registriert die<br />

OECD bei Hochschulabschlüssen, sowohl für den weiblichen als auch für den männlichen Teil der<br />

Bevölkerung. Natur- und Ingenieurwissenschaften sind relativ gut vertreten. Erfolgreiche Studienabgänger<br />

werden in <strong>Italien</strong> überdurchschnittlich belohnt: Die Gehaltsprämie eines Hochschulabsolventen<br />

fällt in <strong>Italien</strong> höher aus als im Durchschnitt der OECD-Länder - der entsprechende<br />

OECD-Index weist einen Wert von 124,9 aus (Durchschnitt = 100). In Deutschland zahlt sich das Studium<br />

übrigens wesentlich weniger aus, mit 71,5 Punkten liegt die Prämie für deutsche Akademiker<br />

weit unter dem OECD-Durchschnitt.<br />

Ganz besonders schrill klingen die Alarmglocken der OECD bei der Beurteilung der internationalen<br />

Wettbewerbsfähigkeit <strong>Italien</strong>s. Die Arbeitsproduktivität ist während der Jahre 1998 bis 2008<br />

mit einer Rate von 0,4% gestiegen, das ist das geringste Produktivitätswachstum in der OECD. Die<br />

44 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Handelsbilanz für Hochtechnologiegüter einschließlich Informations- und Kommunikationstechnik<br />

zeigt ein signifikantes Defizit.<br />

Ein Grund dafür könnte die relativ geringe Nutzung des Internets für gewerbliche Zwecke sein.<br />

2008 erreicht <strong>Italien</strong> in Bezug auf Abonnenten von Breitbandtechnik lediglich 69,6 Punkte auf der<br />

OECD-Skala, weit abgeschlagen hinter den übrigen G7-Staaten. Der Abstand wird sich voraussichtlich<br />

noch vergrößern, da die italienische Regierung ein Programm zum Ausbau des Breitbandnetzes<br />

zurückgestellt hat. E-Commerce ist bei den Unternehmen noch wenig verbreitet, bisher werden<br />

lediglich 3% der Verkäufe per Internet getätigt, bei den Beschaffungen sind es 12% - mit beiden<br />

Werten bildet <strong>Italien</strong> das Schlusslicht unter den G7-Staaten. Auch die geringe Anzahl der neu registrierten<br />

Warenzeichen pro Kopf der Bevölkerung - Indikator für die Neueinführung von Produkten<br />

und Marketingtechniken - weist auf geringe internationale Wettbewerbsfähigkeit hin. Mit 37 neuen<br />

Markenzeichen auf 1 Mio. Einwohner erreicht <strong>Italien</strong> den Durchschnitt der OECD (62) bei weitem<br />

nicht.<br />

Internationales Ranking hat generell Schwächen, die notwendige Kategorisierung der Kriterien<br />

kann oft nicht ausreichend Rücksicht auf länderspezifische Faktoren nehmen. Deshalb sollte auch<br />

das OECD Science, Technology and Industry Scorebord nicht als alleiniger Maßstab zur Beurteilung<br />

der Zukunftsfähigkeit eines Landes genommen werden. Im Fall <strong>Italien</strong>s allerdings stimmt bedenklich,<br />

dass die Stimme der OECD nur eine in einem Chor von Warnrufen ist. Auch die EU-Kommission<br />

zum Beispiel sieht die internationale Wettbewerbsfähigkeit <strong>Italien</strong>s auf mittlere Sicht bedroht. Insbesondere<br />

das geringe Produktivitätswachstum macht Sorgen.<br />

Wichtige Technologie- und Forschungszentren<br />

Name Partner* Provinz Beschreibung der Aktivität<br />

ISAC CNR Bologna Klima u. atmosphärische<br />

Wissenschaften<br />

IMAMOTER CNR Cassana Landmaschinen<br />

ISTEC CNR Faenza Keramik<br />

ASCLAB Aster Bologna Stammzellen<br />

ALMA 2 Aster Bologna Industrielle Forschung<br />

ERG Aster Bologna Energiesektor<br />

MATMEC Aster Bologna mechanische Konstruktion<br />

LARCO ICIE Bologna Energieeffizienz<br />

NANOFABER CNR Bologna Nanotechnologie<br />

CEREALAB Aster Reggio Emilia Biotechnologie<br />

TECAL Aster Parma Lebensmittel<br />

Die Regierung hat diese Schwäche erkannt und bemüht sich, unter anderem durch die Einrichtung<br />

und verstärkte Förderung von Technologie- und Forschungszentren wissenschaftliches Know-how<br />

auf die Unternehmen zu übertragen. Die Zusammenarbeit des Unternehmenssektors mit Universitäten<br />

und anderen Forschungsinstituten soll gestärkt, die Forschung auf wirtschaftlich nutzbare<br />

Anwendungen konzentriert werden. Das Consiglio Nazionale delle Ricerche ist Koordinator der<br />

staatlichen Förderung von Forschung und Entwicklung und Partner von Technologie- und Forschungszentren.<br />

Konzentriert sind Forschung und Entwicklung auf den Norden und Rom, aber<br />

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45


Entwicklung des Unternehmenssektors<br />

auch in der Emilia-Romagna (vor allem im Wissenschaftszentrum von Bologna) und im übrigen<br />

Mittelitalien sind eine Reihe beachtenswerter Technologiezentren angesiedelt.<br />

Toskana<br />

Name Partner* Provinz Beschreibung der Aktivität<br />

IPP CNR Sesto Fiorentino Pflanzenschutz<br />

IBIMET CNR Florenz Biometeorologie<br />

IN CNR Pisa Neurowissenschaft<br />

IIT CNR Pisa Informatik<br />

IGG CNR Pisa Geowissenschaft<br />

Umbrien<br />

Name Partner* Provinz Beschreibung der Aktivität<br />

IRPI CNR Perugia Nationaler Hydrogeologische<br />

Schutz<br />

IBAF CNR Porano Naturschutz<br />

Marken<br />

Name Partner* Provinz Beschreibung der Aktivität<br />

ISMAR CNR Ancona Meereswissenschaft<br />

Latium<br />

Name Partner* Provinz Beschreibung der Aktivität<br />

IGAG CNR Rom Umweltgeologie u. Geotechnik<br />

IRSA CNR Rom Wasserforschung<br />

IFN CNR Rom Nanotechnologie<br />

IMC CNR Rom Chemie<br />

IBPM CNR Rom Molekularbiologie und Pathologie<br />

INM CNR Rom Neurobiologie und Molekulare<br />

Medizin<br />

*CNR: Consiglio Nazionale delle Ricerche (nationaler Verband der Forschung); ICIE: Istituto cooperativo per l’innovazione (Forschungsinstitut für die<br />

Innovation); Aster: Associazione scienza e tecnologia Emilia-Romagna (Verband der Wissenschaft und Technologie Emilia Romagna)<br />

Quelle: www.aster.it; www.cnr.it<br />

46 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Regionaler Arbeitsmarkt<br />

Regionaler Arbeitsmarkt<br />

3 Regionaler Arbeitsmarkt<br />

Die internationale Wirtschaftskrise schlägt auf den italienischen Arbeitsmarkt mit einer gewissen<br />

Verzögerung durch, da Kurzarbeit die Situation zunächst entschärft hatte. Seit Anfang 2009 steigen<br />

die Arbeitslosenzahlen aber kontinuierlich und für 2010 wird eine Arbeitslosenquote von über<br />

10% für ganz <strong>Italien</strong> erwartet (gegenüber 6,7% 2008 und 7,8% im Durchschnitt des Jahres 2009).<br />

Nach Regionen ist die Arbeitslosigkeit in <strong>Italien</strong> sehr unterschiedlich verteilt. Im Norden herrschte<br />

bis 2008 praktisch Vollbeschäftigung, während in den südlichen Regionen Arbeitslosenraten von<br />

deutlich über 10% registriert wurden. Die Emilia-Romagna sticht mit einer Beschäftigungsquote<br />

von circa 70% (höher als in der Lombardei) und einer Arbeitslosigkeit von nur 3,2% im Jahr 2008<br />

heraus, bekam bis zum 4. Quartal 2009 aber die Krise deutlich zu spüren - die Beschäftigung ging<br />

auf 67% der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren zurück, die Arbeitslosenquote ist auf 5,7% angestiegen.<br />

In der Toskana, Umbrien und den Marken liegt die Beschäftigung traditionell etwas niedriger<br />

(bei circa 65%) und die Arbeitslosigkeit um circa 2 Punkte über dem Niveau der Emilia-Romagna,<br />

die Krise zeigt ähnliche Auswirkungen. Etwas problematischer ist die Situation im Latium, das<br />

2008 nur auf eine Beschäftigungsquote von circa 60% kommt. Die Arbeitslosigkeit ist dort von Ende<br />

2008 mit 7,5% auf 9,7% Ende 2009 gestiegen.<br />

Arbeitsmarktdaten (in %)<br />

Beschäftigungsrate (15-64 Jahre) Arbeitslosenrate (15-64 Jahre)<br />

2008 2009 2008 2009<br />

<strong>Italien</strong> 58,7 57,5 6,7 7,8<br />

Nord-West 66,2 65,1 4,2 5,8<br />

Nord-Ost 67,9 66,3 3,4 4,7<br />

Mittelitalien 62,8 61,9 6,1 7,2<br />

Emilia-Romagna 70,2 68,5 3,2 4,8<br />

Toskana 65,4 64,8 5,0 5,8<br />

Latium 60,2 59,4 7,5 8,5<br />

Umbrien 65,4 63,0 4,8 6,7<br />

Marken 64,7 63,8 4,7 6,6<br />

Süden 46,1 44,6 12,0 12,5<br />

Quelle: ISTAT, Istituto Nazionale di Statistica 2009<br />

Die Reform des italienischen Arbeitsmarktes zählt zu den wichtigsten Themen in der politischen<br />

Diskussion. Die vom Unternehmerverband Confindustria wiederholt präsentierten Vorschläge,<br />

die Arbeits- und Tarifverträge regional und nicht, wie bisher, national zu gestalten, stießen bei den<br />

Gewerkschaften bislang auf taube Ohren. Das Gefälle der Lebenshaltungskosten zwischen Nordund<br />

Süditalien kann durch betriebliche Tarifabkommen, die in der Regel nur in großen Firmen<br />

existieren, nur zum Teil aufgefangen werden. Durch betriebliche Abkommen kann eine Anhebung<br />

der nationalen Tariflöhne um maximal 10% vereinbart werden. Nach Angaben von Maurizio del<br />

Conte von der Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi nutzen etwa 30% der mittelständischen<br />

und großen Unternehmen solche betrieblichen Abkommen um das Preisgefälle teilweise auszugleichen.<br />

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47


Regionaler Arbeitsmarkt<br />

Der Unterschied der Lebenshaltungskosten zwischen den Regionen des Nordens und dem Mezzogiorno<br />

machen dagegen bis zu 30% aus. In den Ballungsgebieten der Emilia-Romagna um Bologna<br />

ist ein dem Norden ähnliches Preisgefüge anzutreffen, in den ländlichen Gebieten und in Mittelitalien<br />

liegen die Preise ein wenig unter diesem Niveau.<br />

Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in ganz <strong>Italien</strong> ist hoch, die Streikbereitschaft generell<br />

groß. Insbesondere ausländische Unternehmen müssen damit rechnen, dass Entlassungen oder<br />

Betriebsstilllegungen (auch wenn sie selbständige italienische Zulieferbetriebe betreffen) durch<br />

Demonstrationen oder Streiks öffentlich an den Pranger gestellt werden. Die drei großen italienischen<br />

Gewerkschaftsverbände CGIL, CISL und UIL zählen mit rund 12 Mio. Mitgliedern zu den<br />

mächtigsten Gewerkschaften in Europa.<br />

3.1 Lohnniveau<br />

Nach den Zahlen der OECD liegen die durchschnittlichen Nettolöhne in <strong>Italien</strong> aufgrund der hohen<br />

Steuerabgaben im Schlussfeld der OECD-Staaten. Im Jahr 2008 erreichte der durchschnittliche<br />

Netto-Jahreslohn für Unverheiratete ohne Kinder in <strong>Italien</strong> 21.374 US-Dollar - 17% weniger als der<br />

Durchschnitt der OECD-Länder. Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts Prometeia<br />

liegen die durchschnittlichen Bruttolöhne 2009 bei 37.000 Euro pro Jahr (+1,8% gegenüber dem<br />

Vorjahr)<br />

In <strong>Italien</strong> gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn. Die effektive Lohnuntergrenze (brutto) liegt<br />

laut Angaben des Industrieverbandes Confindustria bei 14,10 Euro pro Stunde. Zwischen in- und<br />

ausländischen Unternehmen gibt es kein Lohngefälle, allenfalls die Tendenz, dass ausländische<br />

Unternehmen weniger nicht-deklarierte Nettozahlungen leisten. Zwischen großen und kleinen<br />

Unternehmen dagegen sind deutliche Unterschiede im Lohnniveau festzustellen. Die multinationalen<br />

Unternehmen in <strong>Italien</strong> zahlen nach eigenen Angaben etwa die Gehälter, die auch in den<br />

italienischen Großunternehmen, wie Fiat, Telecom Italia, Eni oder Enel gezahlt werden.<br />

Durchschnittliche Bruttojahreslöhne nach Regionen (in Euro)<br />

2007 2008 2009<br />

Landesdurchschnitt 35.300 36.400 37.000<br />

Nordwest-<strong>Italien</strong> 37.300 38.500 39.100<br />

Nordost-<strong>Italien</strong> 35.200 36.300 36.800<br />

Mittelitalien 36.300 37.800 38.600<br />

Süditalien und Inseln 32.300 33.200 33.500<br />

Quelle: Prometeia, Scenari per le economie locali<br />

48 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Durchschnittliche Bruttojahreslöhne nach Sektoren (in Euro)<br />

Branche 2007 2008 2009<br />

Landwirtschaft 18.900 19.000 19.100<br />

Industrie 36.700 37.900 38.600<br />

Bau 28.600 29.500 29.800<br />

Dienstleistungen 36.100 37.300 37.000<br />

Quelle: Prometeia, Scenari per le economie locali<br />

Nord- und mittelitalienische Industriebetriebe zahlen in der Regel jährliche Produktionsprämien<br />

von 1.000 bis 2.000 Euro. So zum Beispiel das in den Marken angesiedelte Modeunternehmen<br />

Tod´s, Fiat und Benetton. Leistungsabhänge Lohn- oder Bonuszahlungen sind bei Großunternehmen<br />

üblich, fallen in <strong>Italien</strong> aber bei weitem nicht so stark ins Gewicht, wie in den angelsächsischen<br />

Ländern. Confindustria will die Lohnsteigerung künftig an Produktionsfortschritte koppeln,<br />

stößt mit dieser Forderung bei den Gewerkschaften bisher aber auf harten Widerstand.<br />

Nach den Berechnungen von Destatis sind die Arbeitskosten je geleistete Stunde in Deutschland<br />

2009 um 4,1% auf 30,9 Euro angestiegen, während in anderen europäischen Ländern der Anstieg<br />

geringer war, in Einzelfällen sogar ein Rückgang beobachtet wurde. Für <strong>Italien</strong> liegen die entsprechenden<br />

Zahlen bei Abfassung des Berichts für 2009 noch nicht vor. 2008 lagen die durchschnittlichen<br />

Arbeitskosten hier bei 25,60 Euro, sie dürften 2009 (unter anderem aufgrund der Kurzarbeit)<br />

in etwa dem gleichen Maß gestiegen sein wie in Deutschland, das heißt die Rangfolge in der EU,<br />

Deutschland an achter, <strong>Italien</strong> an neunter Stelle, hat sich nicht geändert. Die Lohnnebenkosten in<br />

<strong>Italien</strong> übersteigen mit 46% des Bruttolohnes deutlich das Niveau in Deutschland (32%).<br />

3.2 Verfügbarkeit von Fachkräften<br />

In den Ballungsgebieten des Nordens war in den letzten Jahren ein Mangel an Fachkräften zu beobachten,<br />

der sich durch die Wirtschaftskrise zumindest teilweise beheben wird. In der Emilia-<br />

Romagna und in Mittelitalien ist der Arbeitsmarkt etwas entspannter. In ganz <strong>Italien</strong> existiert ein<br />

großes Potential an Jungakademikern, die in gewissem Maße zu der relativ hohen Jugendarbeitslosigkeit<br />

betragen, weil ihre Ausbildung den Anforderungen der Wirtschaft nur begrenzt entspricht.<br />

Generell ist die Verfügbarkeit von Fachkräften in Mittelitalien größer als in Norditalien.<br />

Das Berufsschulwesen ist nur schwach ausgebildet. Fachhochschulen nach deutschem Muster gibt<br />

es nicht. In der Regel werden Fachausbildungen von den Unternehmen selbst vorgenommen, was<br />

zu erheblichen Zusatzkosten führt. Die akademische Ausbildung ist sehr theoretisch orientiert.<br />

Auch aus diesem Grund liegen die Anfangsgehälter für Akademiker in <strong>Italien</strong> bis zu 30% unter denen<br />

in Deutschland. In Mittelitalien existiert infolge der hohen Immigration ein großes Potential<br />

an ungelernten Arbeitskräften. Flexibilität in Bezug auf Wechsel des Arbeitsplatzes ist in ganz <strong>Italien</strong>,<br />

besonders aber in Mittelitalien, nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Industriestaaten.<br />

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49


Projekte<br />

Projekte<br />

4 Projekte<br />

<strong>Italien</strong> hat 2010 zum Jahr der Infrastrukturentwicklung erklärt. Anfang Februar wurden 15 Großprojekte<br />

vorgestellt, die 2010 begonnen oder wiederaufgenommen werden sollen. Mehr als<br />

20 Mrd. Euro sind für diese Projekte vom interministeriellen Ausschuss für Wirtschaftsplanung<br />

(CIPE - Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica) für die Jahre 2010 bis 2013<br />

freigegeben worden. Der überwiegende Teil der Mittel wird in Vorhaben in den Süden <strong>Italien</strong>s<br />

fließen, um die infrastrukturelle Erschließung dieses besonders rückständigen Gebietes zu fördern,<br />

aber auch die Emilia-Romagna und die mittelitalienischen Regionen profitieren von dem<br />

Programm.<br />

Die Regierung will mit der Forcierung des Infrastrukturausbaus zwei Fliegen mit einer Klappe<br />

schlagen. Einerseits soll die seit zwei Jahren unter der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

leidende Bauindustrie neuen Auftrieb erhalten und zum anderen die Leistungsfähigkeit der italienischen<br />

Wirtschaft generell durch Modernisierung und Ausbau der Infrastruktur gefördert werden.<br />

Wirtschaftsexperten kritisieren die unzureichende Infrastruktur bereits seit Jahren als wesentlichen<br />

Faktor für die nachlassende internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes.<br />

Die Investitionen werden zu 64% über die Vergabe von Konzessionen im Rahmen von Betreibermodellen<br />

durch private Unternehmen und Banken finanziert, 36% steuert der italienische Staat über<br />

den Fonds für unterentwickelte Gebiete (Fondo per le aree sottoutilizzate - FAS) bei. Das Programm<br />

umfasst aber bei weitem nicht alle Infrastrukturprojekte, die in den nächsten Jahren anstehen. Neben<br />

dem Zentralstaat verfügen die Regionen über eine weitgehende finanzielle Autonomie und<br />

sind für die Durchführung der strategischen Infrastrukturprojekte der EU zuständig. In die Zuständigkeit<br />

der Regionen fällt insbesondere das Gesundheitswesen, für das jährlich mehr als 110 Mrd.<br />

Euro aufgewendet werden. Gerade in Mittelitalien besteht noch Nachholbedarf beim Bau und der<br />

Modernisierung von Krankenhäusern.<br />

Für deutsche Unternehmen eröffnet sich durch den Infrastrukturausbau in <strong>Italien</strong> ein weites Tätigkeitsfeld.<br />

Allerdings sollten Grundkenntnisse der italienischen Usancen vorhanden sein. Die Erfahrung<br />

zeigt, dass eine direkte Beteiligung eines ausländischen Unternehmens an öffentlichen Ausschreibungen<br />

im Bausektor sehr kostenintensiv und wenig erfolgversprechend ist. In Kooperation<br />

mit einem starken italienischen Partner oder als Unterauftraggeber eines italienischen Generalunternehmers<br />

dagegen werden die Chancen für deutsche Unternehmen als sehr gut eingeschätzt.<br />

Die wichtigsten Projekte der Verkehrsinfrastruktur, die Emilia-Romagna oder Mittelitalien<br />

tangieren:<br />

Autobahn Parma-Spezia; Projektträger: Autocamionale della Cisa; Kosten 513 Mio. Euro. Die Autobahn<br />

wird auch „Autocamionale della Cisa genannt“. Sie stellt eine wichtige Verbindung zwischen<br />

der Po-Ebene und der ligurischen Riviera dar. Das bisher genehmigte Teilstück verbindet die beiden<br />

Autobahnen A15 und A22 auf einer Länge von 12 km.<br />

Autobahn La Maremmana (Cecina-Civitavecchia); Projektträger: Società Autostrada Tirrenica;<br />

Kosten: 3,8 Mrd. Euro; Fertigstellung: 2015. Seit knapp einem Jahr ist die Autobahnverbindung zwischen<br />

Cecina-Civitavecchia von der Region Lazio genehmigt, jetzt hat CIPE sie auf die Liste der prioritären<br />

Großprojekte gesetzt. Die Autobahn hat eine Länge von 206 km.<br />

50 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Hochgeschwindigkeitsbahn Terzo Valico dei Giovi; Projektträger: TAV S.p.A.; Kosten 500 Mio. Euro<br />

(Vorbereitungsarbeiten); Fertigstellung: 2015. Die Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung<br />

führt von Tortona über Novi Ligure nach Genua (54 km) und firmiert unter dem Namen „Terzo Valico<br />

dei Giovi“. Die Planung reicht bis in das Jahr 1991 zurück. Die Strecke ist Teilstück der EU-Schienentrasse<br />

24, die unter anderem Mailand mit Genua verbindet. Die Gesamtkosten werden mit 5<br />

Mrd. Euro veranschlagt.<br />

In Rom ist die Modernisierung des Nahverkehrs und der Ausbau der U-Bahnstrecken ein immerwährendes<br />

Thema, in die Flughäfen in Rom soll bis zum Jahr 2020 eine Summe von 3,5 Mrd. Euro<br />

investiert werden. Die Marken haben beschlossen, ihre Sporthäfen auszubauen und dafür 600<br />

Mio. Euro bereitgestellt. In der Toskana bestehen Pläne die Nahverkehrssystem der Städte Prato,<br />

Pisa, Livorno, Pistoia und Massa-Carrara im Rahmen eines Verbundsystems auszubauen, auch<br />

Siena und Grosseto im Süden wollen sich zusammenschließen.<br />

<strong>Italien</strong> ist der drittgrößte Nutznießer der europäischen Kohäsionspolitik nach Polen und Spanien.<br />

Im Zeitraum 2007 bis 2013 erhält das Land 28,8 Mrd. Euro unter den Programmen für Konvergenz,<br />

Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie Territoriale Zusammenarbeit. Diese<br />

EU-Fördermittel werden von <strong>Italien</strong> um Investitionen in Höhe von 31,6 Mrd. Euro ergänzt, das Land<br />

stellt weitere 64,4 Mrd. Euro aus nationaler Finanzierung für die regionale Entwicklung.<br />

Die EU-Gelder kommen aus zwei verschiedenen Fonds, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung<br />

(EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Die Emilia-Romagna und die mittelitalienischen<br />

Regionen fallen nicht mehr unter die maßgebenden Kriterien für die Konvergenzregionen<br />

(nur fünf süditalienische Regionen gehören noch dazu), erhalten aber beträchtliche Mittel im<br />

Rahmen der Wettbewerbs- und Beschäftigungsförderung. Grundlage für die Mittelverteilung sind<br />

die Operationellen Programme, in denen jede Region ihre Prioritäten auflistet.<br />

Operationelle Programme (in Mio. Euro)<br />

Region/Priorität<br />

Emilia-Romagna<br />

Industrielle Forschung und Technologietransfer<br />

Innovative Unternehmensentwicklung<br />

Energie-, Umweltqualifizierung<br />

und nachhaltige Entwicklung<br />

Valorisierung und Qualifizierung<br />

des Umwelt- und Kulturerbes<br />

EU-Finanzierung Nationale<br />

öffentliche<br />

Finanzierung<br />

Öffentliche<br />

Finanzierung<br />

insgesamt<br />

42,2 72,1 114,3<br />

25,7 43,9 69,6<br />

29,4 50,2 79,5<br />

25,7 43,9 69,6<br />

Technische Hilfe 5,1 8,7 13,9<br />

Gesamtausgaben<br />

Toskana<br />

128,1 218,8 346,9<br />

Forschung u. Entwicklung, Technologietransfer,<br />

Innovation, Unternehmertum<br />

127,8 273,3 401,1<br />

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51


Projekte<br />

Operationelle Programme (in Mio. Euro) (Forts.)<br />

Region/Priorität EU-Finanzierung Nationale<br />

öffentliche<br />

Finanzierung<br />

Quelle: Inforegio, Regional Policy (http://ec.europa.eu)<br />

52 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna<br />

Öffentliche<br />

Finanzierung<br />

insgesamt<br />

Nachhaltige Umwelt 30,9 62,8 93,7<br />

Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges<br />

Energiesystem<br />

17,2 36,3 53,4<br />

Zugänglichkeit zu Verkehrs- und<br />

Telekommunikationsdienstl.<br />

88,8 177,7 266,5<br />

Valorisierung endogener<br />

Ressourcen zur nachhaltigen<br />

Landesentwicklung<br />

60,3 214,8 275,2<br />

Technische Hilfe 13,5 23,2 36,8<br />

Gesamtausgaben<br />

Latium<br />

338,5 788,1 1.126,7<br />

Forschung und Entwicklung,<br />

Technologietransfer, Innovation<br />

u. Unternehmertum<br />

127,5 127,5 255,0<br />

Nachhaltige Umweltpolitik 94,5 94,5 189,0<br />

Verkehrsanbindung 136,0 136,0 272,0<br />

Technische Hilfe 13,8 13,8 27,5<br />

Gesamtausgaben<br />

Umbrien<br />

371,8 371,8 743,5<br />

Innovation und Wissenswirtschaft<br />

70,0 91,1 161,1<br />

Umwelt und Naturrisikoprävention<br />

22,5 29,7 52,2<br />

Energieeffizienz und Entwicklung<br />

erneuerbarer Energien<br />

22,5 29,7 52,2<br />

Zugänglichkeit und Stadtentwicklung<br />

31,5 41,6 73,1<br />

Technische Unterstützung 4,5 5,9 10,4<br />

Gesamtausgaben<br />

Marken<br />

151,0 198,0 349,0<br />

Innovation und wissensbasierte<br />

Wirtschaft<br />

46,8 72,9 119,7<br />

Informationsgesellschaft 13,1 20,4 33,5<br />

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz<br />

14,7 22,9 37,6<br />

Zugänglichkeit von Verkehrsdiensten<br />

15,9 24,8 40,6<br />

Territoriale Entwicklung 18,0 28,0 46,0<br />

Technische Hilfe 4,3 7,0 11,3<br />

Gesamtausgaben 112,8 176,0 288,8<br />

Regionen insgesamt 1.102,2 1.752,7 2.854,8


Deutsche Unternehmen vor Ort<br />

Deutsche Unternehmen vor Ort<br />

5 Deutsche Unternehmen vor Ort<br />

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich mit Siemens und Bayer deutsche Großunternehmen<br />

in <strong>Italien</strong> niedergelassen, zwischen den zwei Weltkriegen kamen Beiersdorf, Vaillant, KSB, Zschimmer<br />

und Schwarz dazu, aber die eigentliche Investitionswelle rollte erst in den 50-iger Jahren an.<br />

Zunächst siedelten sich Unternehmen der verarbeitenden Industrie an, dann Logistikunternehmen<br />

(Danzas, Schenker), in den 70-iger Jahren folgten Böhringer Ingelheim und Metro. Mitte der<br />

80-iger Jahre gewann das Engagement deutscher Unternehmen an Dynamik: 1986 erwarb Allianz<br />

die Kontrolle über die zweitwichtigste italienische Versicherungsgruppe, Riunione Adriatica di<br />

Sicurtà, und die Deutsche Bank kaufte die Banca d’America e d’Italia. 1994 übernahm Thyssen-<br />

Krupp den Spezialstahlhersteller Terni, Siemens weitete sein <strong>Italien</strong>geschäft aus und Volkswagen<br />

erwarb Lamborghini.<br />

In der gleichen Periode wurde der italienische Logistiksektor von deutschen Unternehmen endgültig<br />

entdeckt, heute haben 75 Logistikunternehmen eine deutsche Beteiligung, die Investoren<br />

sind unter anderem Deutsche Bahn, Deutsche Post, Eurokai (Häfen Gioia Tauro und La Spezia, Livorno,<br />

Cagliari, Salerno), Fiege Logistik, TUI und die Dr. Oetger-Gruppe. Vertreten sind seit dieser<br />

Zeit auch die Verlagshäuser Bertelsmann (Übernahme von Ricordi) und Burda Media. Lufthansa<br />

hat zunächst Kapitalanteile von Air Dolomiti übernommen und 2009 eine eigene italienische Fluggesellschaft,<br />

Lufthansa Italia, gegründet.<br />

Nach Branchen konzentrieren sich die deutschen Investitionen auf die Bereiche Maschinenbau,<br />

Metallverarbeitung, Elektronik (ThyssenKrupp, Siemens, MAN, Robert Bosch, Linde, Koerber, ZF),<br />

auf das Verlagswesen (Bertelsmann, Burda, Springer), auf Chemie und pharmazeutische Industrie<br />

(Altana, Bayer, BASF, Beiersdorf, Boehringer Ingelheim, Henkel, Merck, Schering), Kfz-Teile (Robert<br />

Bosch, Getrag, Mahle, Siemens). In den letzten Jahren hat E.ON sich stark im Energiesektor und im<br />

Bereich der öffentlichen Versorger engagiert (insbesondere Trinkwasserversorgung).<br />

In der Kooperation zwischen italienischen und deutschen Unternehmen gelten als besonders entwicklungsfähig<br />

die Bereiche Luft- und Raumfahrtindustrie, in der bereits wichtige Kooperationsvorhaben<br />

angelaufen sind (unter anderem mit OHB Bremen und Astrium Deutschland). Elektrotechnik<br />

und Automatisierung stehen ebenfalls im Fokus. Der Ausbau der erneuerbaren Energie in<br />

<strong>Italien</strong> bietet insbesondere mittelständischen deutschen Firmen <strong>Potenzial</strong>. Wenn sich das Großprojekt<br />

DESERTEC (Solarstrom aus dem Saharagürtel für Europa) durchsetzen sollte, könnte eine<br />

Kooperation mit italienischen Unternehmen den Einstieg in die nordafrikanischen Märkte erleichtern.<br />

Die italienischen Pläne für den Bau von Atomkraftwerken eröffnen neue Chancen für Unternehmen<br />

mit Nukleartechnologie und Erfahrung mit der atomaren Abfallentsorgung.<br />

5.1 Bevorzugte Standorte<br />

Für deutsche Unternehmen ist die Emilia-Romagna die attraktivste unter den hier abgehandelten<br />

fünf italienischen Regionen. Etwa 120 Betriebsstätten mit deutscher Beteiligung sind hier angesiedelt,<br />

der mit Abstand größte Teil in der Provinz Bologna (mehr als 50), aber auch in Modena, Reggio<br />

Emilia, Parma und Ferrara sind jeweils eine ganze Reihe von deutschen Unternehmen vertreten.<br />

Die meisten Niederlassungen dienen dem Handel, aber Unternehmen wie die GEA-Gruppe, Volkswagen<br />

(Lamborghini), Koerber, Siemens (Software), Robert Bosch, Daimler,Vossloh und Putzmeister<br />

unterhalten auch Produktionsbetriebe in der Region.<br />

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53


Deutsche Unternehmen vor Ort<br />

Im Latium, und hier vor allem im Großraum Rom, haben sich vorwiegend Dienstleister, Handelsniederlassungen,<br />

Versicherungen und Banken angesiedelt. Etwa 60 Firmen mit deutscher Beteiligung<br />

sind registriert, wobei einige deutsche Unternehmen mehrere Niederlassungen unterhalten<br />

(Daimler allein ist zum Beispiel in Rom an sieben verschiedenen Firmen beteiligt). Allianz, Rohde&Schwarz,<br />

Siemens, Rewe, Bertelsmann, Gerling, Deutsche Bank, um nur einige zu nennen, sind<br />

in Rom vertreten.<br />

ThyssenKrupp mit seinem Spezialstahlwerk und angegliederten Betrieben ist der dominierende<br />

Investor in Umbrien, die Stadt Terni ist nahezu vollständig abhängig von dem Stahlwerk. Aber auch<br />

in Perugia sind deutsche Unternehmen zu finden, zum Beispiel Vitakraft oder Linde. In den Marken<br />

haben nur 15 deutsche Unternehmen Interessen, darunter Villeroy&Boch, Schieder-Möbel, Altana<br />

und Grammer.<br />

Die Toskana scheint anziehender zu sein, mehr als 50 Firmen mit deutscher Beteiligung sind hier<br />

registriert, die meisten in Florenz, aber auch in Siena, Massa, Luca, Pisa, Livorno und Prato. Merck<br />

Pharma, Wincor Nixdorf, Körber, Böhringer Ingelheim, Knauf Gips, Continental und die Deutsche<br />

Post sind hier zu nennen.<br />

5.2 Hilfe für den deutschen Mittelstand<br />

Erste Informationen über die Märkte oder die Konjunkturentwicklung, das Rechtssystem oder<br />

Infrastrukturprojekte in <strong>Italien</strong> können über die Datenbanken von Germany Trade and Invest -<br />

Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH im Internet, weitgehend kostenfrei,<br />

abgerufen werden (www.gtai.de). Die Außenwirtschaftsinformationen von Germany Trade &<br />

Invest sind speziell auf die Interessen der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland<br />

ausgerichtet, die ausländische Märkte im Visier haben.<br />

Vor Ort bietet die Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer (www.ahk-italien.it), beziehungsweise<br />

deren Dienstleistungstochter „DEinternational Italia Srl.“ ein umfangreiches Angebot von Dienstleistungen<br />

für Unternehmen aus Deutschland. Dieses Angebot umfasst unter anderem die individuelle<br />

Beratung über Markteintrittsstrategien, die Vermittlung potentieller Geschäftspartner, die<br />

Organisation von Geschäftsterminen und die Unterstützung bei Verhandlungen. Marktstudien<br />

können bei DEinternational in Auftrag gegeben werden. DEinternational vermittelt Unternehmen,<br />

die für eine Übernahme oder Beteiligung in Frage kommen, sucht nach gewerblichen Immobilien<br />

und Personal. Eine eigene Abteilung für Recht und Steuern bietet Beratung bei Firmengründung,<br />

Bonitätsprüfungen, Mediation bei Streitfällen, einen Inkassodienst und die Abwicklung des<br />

Verfahrens zur Mehrwertsteuerrückerstattung. (www.DEinternational.it) Die Deutsch-<strong>Italien</strong>ische<br />

Handelskammer unterhält regionale Repräsentanzen in <strong>Italien</strong>, so in der Emilia-Romagna<br />

(Bologna), im Latium (Rom) und in der Toskana (Florenz).<br />

Insbesondere wenn es um Fragen geht, die offizielle italienische Stellen involvieren, steht die Deutsche<br />

Botschaft in Rom mit ihrer Wirtschaftsabteilung als Ansprechpartner zur Verfügung.<br />

54 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


Internetadressen<br />

Internetadressen<br />

6 Internetadressen<br />

Region Emilia-Romagna<br />

Internet: www.regione.emilia-romagna.it<br />

Region Toskana<br />

Internet: www.regione.toscana.it<br />

Region Latium<br />

Internet: www.regione.lazio.it<br />

Region Umbrien<br />

Internet: www.regione.umbria.it<br />

Region Marken<br />

Internet: www.regione.marche.it<br />

ISTAT (Istituto Nazionale di Statistica)<br />

Internet: www.istat.it<br />

ICE (Istituto Nazionale per il Commercio Estero)<br />

Internet: www.ice.gov.it<br />

Confcommercio (Confederazione Generale Italiana delle Imprese)<br />

Internet: www.confcommercio.it<br />

Confindustria (Confederazione Generale dell’Industria Italiana)<br />

Internet: www.confindustria.it<br />

Distretti Industriali<br />

Internet: www.osservatoriodistretti.org<br />

ENIT (Agenzia Nazionale del Turismo)<br />

Internet: www.enit.it<br />

Dipartimento per lo sviluppo e la competitività del turismo<br />

Internet: www.governo.it<br />

CNR (Consiglio Nazionale delle Ricerche)<br />

Internet: www.cnr.it<br />

ASTER (Associazione Scienza e Tecnologia Emilia-Romagna)<br />

Internet: www.aster.it<br />

ISAE (Istituto di Studi e Analisi Economica)<br />

Internet: www.isae.it<br />

Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />

55


Internetadressen<br />

ENEA (Ente per le Nuove tecnologie, l’Energia e l’Ambiente)<br />

Internet: www.enea.it<br />

OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development)<br />

Internet: www.oecd.org<br />

Deutsche Botschaft<br />

Internet: www.rom.diplo.de<br />

Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer<br />

Internet: www.ahk-italien.it<br />

DEinternational Italia Srl<br />

Internet: www.deinternational.it<br />

Germany Trade & Invest<br />

Internet: www.gtai.de<br />

56 Region Mittelitalien und Emilia-Romagna


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Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Germany Trade and Invest<br />

Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH<br />

Agrippastraße 87-93<br />

50676 Köln, Tel.: +49 (0)221 2057-0<br />

Fax: +49 (0)221 2057-212<br />

E-Mail: info@gtai.de<br />

Internet: www.gtai.de<br />

Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer<br />

Camera di Commercio Italo-Germanica<br />

Via Napo Torriani 29<br />

20 124 Mailand/<strong>Italien</strong><br />

E-Mail: info@ahk-italien.it<br />

Internet: www.ahk-italien.it<br />

Autor: Siegfried Breuer, Mailand<br />

Redaktion: Karl-Heinz Dahm, Dr. Elfi Schreiber, Köln<br />

Ansprechpartner: Karl-Heinz Dahm, Tel.: 0221/20 57-274, E-Mail: Karl.Dahm@gtai.de;<br />

in <strong>Italien</strong>: Nele Hormann, Tel.: 0039 02 67 91 3 221, E-Mail: info@ahk-italien.it<br />

Redaktionsschluss: März 2010<br />

Bestell-Nr.: 15096<br />

Alle Rechte vorbehalten.© Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung.<br />

Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt.<br />

Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin<br />

Geschäftsführer: Dr. Jürgen Friedrich, Michael Pfeiffer<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg<br />

Registernummer: HRB 107541 B<br />

Germany Trade & Invest wird gefördert vom Bundesministeristerium für Wirtschaft und Technologie sowie vom<br />

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.


Wege der FreundschaFt<br />

müssen begangen Werden,<br />

sonst Wachsen sie zu.<br />

Die Deutsch-<strong>Italien</strong>ische Handelskammer (<strong>AHK</strong> <strong>Italien</strong>) fördert seit mehr<br />

als 80 Jahren aktiv die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen.<br />

Heute gilt sie als wichtigster deutsch-italienischer Unternehmerverband.<br />

Was bedeutet die Mitgliedschaft in der <strong>AHK</strong> <strong>Italien</strong>?<br />

• Information • Kommunikation • Problemlösung<br />

Werden auch Sie Teil des Netzwerks.<br />

www.ahk-italien.it

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