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WIRTSCHAFT<br />
Zeit zum Umdenken<br />
KRISEnbEWäLTIgung<br />
In DER gOLFREgIOn<br />
Die medien überschlagen sich täglich mit negativmeldungen.<br />
Die Finanzkrise hält die Welt im Würgegriff.<br />
und auch die sonst so privilegierten golfstaaten, in<br />
denen man bis vor kurzem glauben konnte, dass das<br />
stetige Wachstum nie ein Ende nehmen würde, sind ins<br />
Straucheln geraten.<br />
Ist die Weltuntergangsstimmung berechtigt? Ein klares Nein kommt<br />
von Bashar BaraKat, Regionaldirektor des Bereiches GCC und Jemen<br />
bei der Dresdner Bank. „Als Ökonom, Banker und Araber sehe ich kein<br />
Untergangsszenario, wie es anderswo auf dieser Welt gezeigt wird.“<br />
Man müsse nur seine Sichtweise anpassen, sagt der gebürtige Jemenite.<br />
„Es ist besonders für Europäer wichtig, die Dinge hier anders zu sehen<br />
als man das von zu Hause gewohnt ist.“ Die Golfregion ist seiner Meinung<br />
nach der Ort, an dem man in schweren Zeiten bestens aufgehoben<br />
sei. Unbestritten sei, dass die Welt derzeit mit einer schwierigen Zeit<br />
konfroniert wird, für die VAE allerdings gelten mildernde Umstände.<br />
„Wir müssen versuchen, die Kirche im Dorf zu lassen“, sagt Barakat, der<br />
auch schon in Kairo und Bonn gelebt hat. Denn nüchtern betrachtet,<br />
habe diese Region mehr zu bieten als der Rest der Welt. In schweren<br />
Zeiten reduziere sich alles auf das Notwendigste, auf Grundbedürfnisse.<br />
Und allein die könne die Region aus den reichhaltigen Ressourcen<br />
decken. „Trotz aller Bestrebungen, allein auf Tourismus und Bauboom<br />
zu setzen, lebe die Region noch immer von der Öl und Gasindustrie,<br />
immerhin gibt es hier 40 Prozent aller Vorkommen weltweit.“ Und so<br />
lange die fossile Energie existiere und diese genutzt werde, könne auch<br />
der Finanzstrom fließen. „Andere Länder haben zum Vergleich nur mehr<br />
oder weniger wertloses Papiergeld, die Region hier hat wahre Schätze.“<br />
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum der 47Jährige die<br />
Situation so optimistisch sieht. Wegen des demographischen Faktors<br />
sowie der Besonderheiten der Golfregion, insbesondere auch wegen der<br />
traditionellen Stammeskultur ließen sich Krisensituationen leichter<br />
bewältigen. „Ohne das jetzt werten zu wollen, kann hier viel schneller<br />
reagiert werden als beispielsweise in Deutschland.“ Deutschland, so<br />
erklärt Barakat, laufe beispielsweise Gefahr, in eine Krisenspirale abzudriften.<br />
Menschen verlieren ihre Arbeit, der Staat finanziert die Arbeitslosigkeit,<br />
die Kaufkraft nimmt ab, es gibt kein Geld zum Refinanzieren<br />
der Kosten. Wer hier seine Arbeit verliere, falle dem Staat nicht zu Last.<br />
Selbstverständlich stagniere auch hier die Kaufkraft, aber der Staat<br />
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bAsHAr bArAKAt, DresDner bAnK<br />
regionAlDireKtor Des bereicHes gcc unD JeMen<br />
habe nicht zusätzlich mit hohen Kosten zu kämpfen. Außerdem erlaube<br />
das politische System hier schnelle Entscheidungen. Es müsse keine<br />
Rücksicht auf Verbände, Institutionen oder Gewerkschaften genommen<br />
werden. „Entscheidungen werden hier im kleinen Kreis getroffen und<br />
sofort umgesetzt“, sagt der Volkswirt. Diese schnelle Reaktionszeit sei<br />
ein großer Vorteil in einer Krisenzeit.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt aber seien Kultur und Tradition der<br />
Golfaraber selbst. „Das öffentliche Bild von Dubai und der Region ist<br />
hyper modern. Man sieht Reichtum, Luxus, Glamour. Dahinter allerdings<br />
verbirgt sich bis heute eine Stammeskultur, ein Zusammenleben nach<br />
ganz bestimmten Regeln.“ Die Zeiten, in denen die Meinungsmacher<br />
von heute mit Zelt und Kamel als Beduinen lebten und der Zusammenhalt<br />
das Überleben sicherten, sind nicht noch allzu lange her. Zwischen<br />
den herrschenden Familien – nicht nur in den VAE, sondern auch über<br />
die Grenzen hinaus – bestehe ein Geflecht aus Interessen, Macht, Religion<br />
und nicht zuletzt aus familiärer Zusammengehörigkeit, welches<br />
als Stabilisator wirke. Insbesondere die vielen Hochzeiten zwischen den<br />
einzelnen Stämmen fördere das Miteinander. Als ein Beispiel für die<br />
andere Denkweise der Araber nennt Barakat die im Januar ausgerufene<br />
landesweite Staatstrauer für den verstorbenen Herrscher von Umm Al<br />
Quwain. „Drei Tage lang stand hier alles still, sogar das Jubiläum zur<br />
Amtseinführung von scheich mohammeD Bin rashiD al maKtoum<br />
wurde abgesagt.“ Die gemeinsame Trauer, die moralische Unterstützung<br />
für ein vergleichsweise unbedeutendes Emirat wie Umm Al Quwain sei<br />
wichtiger gewesen als die wirtschaftlichen Einbußen, die ein solcher<br />
Stillstand mit sich bringe. „Die Uhren hier ticken anders, hier zählt noch<br />
das Vertrauen in den Stamm. Und der muss trotz einer hypermodernen<br />
Fassade aufrecht erhalten werden.“<br />
Für Barakat persönlich ist die Krise ein Segen für die Region, auch<br />
wenn seiner Meinung nach der Höhepunkt dieser Krise noch nicht erreicht<br />
ist: „Eine Verschnaufpause, in der man Strukturen und Konzepte<br />
überdenken und neu durchstarten kann.“ ←<br />
Foto: Marion Englert